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Blockupy 2015:

Unterm Strich ein großer Erfolg

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Bilder attac

01. April 2015 Am 18.3.2015 versammelten sich anlässlich der Eröffnungsfeier der neuen EZB (Europäischen Zentralbank) über 20.000 Menschen aus ganz Europa, um die “Party“ zu blockieren und gegen die undemokratische und sozial zynische Politik der sog. Troika zu demonstrieren. Innerhalb der Troika spielt die EZB eine zentrale Rolle. So knüpft sie Kreditvergaben im Rahmen sog. “Hilfspakete“ an einschneidende Kürzungen der Sozialleistungen, an die Deregulierung der Tarifsysteme und die verstärkte Privatisierung öffentlicher Güter. Das Ganze läuft unter dem Slogan “Strukturreformen“ und ist Ausdruck einer neoliberalen Agenda für alle Staaten innerhalb der EU.

Die desaströsen Folgen dieser Politik sind besonders in Südeuropa sichtbar und drücken sich in wachsender Armut, in Arbeitslosigkeit, Lohnsenkungen, in der ständigen Zunahme unbehandelter kranker Menschen und in einer steigenden Obdachlosigkeit aus. So haben allein in Spanien seit 2010 fast eine Million Menschen ihre Wohnungen durch Zwangsräumungen verloren.

Doch der Widerstand gegen den Demokratie- und Sozialabbau im Interesse der wirtschaftlichen und politischen Eliten wächst in ganz Europa. Die Hochglanzfolien für Euro und EU lassen sich angesichts der europäischen Krise mit ihren sozialen Verwerfungen nur noch schwer an die Frau und an den Mann bringen.

attac

BLOCKUPY ein Bündnis gegen den Klassenkampf von oben

Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Krise in Europa bieten auch einen fruchtbaren Nährboden für Nationalisten und Rassisten. Das kann jedoch kein Grund sein, wie das vorwiegend im medialen Mainstream geschieht, den Widerstand und Protest gegen die Politik der EU und ihr Krisenregime in Gänze als anti-europäisch zu diskriminieren. Im Gegenteil, linke Parteien bzw. Netzwerke wie Syriza in Griechenland, Podemos in Spanien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen kämpfen für ein anderes, demokratisches, solidarisches und soziales Europa. Sie haben das Krisenregime der EU unter der Regie der deutschen Regierung als einen Klassenkampf von oben begriffen, der in allen Ländern der EU geführt wird. Genau das ist die Basis für eine linke europäische Solidarität und der gravierende Unterschied zu dem rechten und nationalistischen Protest á la AfD und Pegida.

In diesem linken Protest und Widerstand liegt auch die zentrale Bedeutung von BLOCKUPY.

BLOCKUPY ist es gelungen, strömungsübergreifend eine breites kapitalismuskritisches bzw. antikapitalistisches Bündnis gegen diese Politik zu schmieden, das von Gewerkschaften, Jugend- und Studierendenverbänden über ATTAC, die LINKE bis zur Interventionstischen Linken und dem Bündnis UMS GANZE reicht. Darüber hinaus ist es BLOCKUPY in diesem Jahr mehr als in den Jahren davor gelungen, den Protest stärker zu internationalisieren.

So beteiligten sich mehr als tausend Menschen aus Skandinavien, Italien, Spanien und Griechenland an den diesjährigen Aktionen. Allen war bewusst, dass sie hier in Deutschland und speziell in Frankfurt im ökonomischen und politischen Zentrum dieser zynischen neoliberalen Politik protestieren und Widerstand leisten. So heißt es im Bündnisaufruf auch zutreffend: „Deutschland ist eine der treibenden Kräfte hinter dieser Spar- und Austeritätspolitik. Es ist gewissermaßen das Herz der Bestie und das relativ ruhige Auge des Sturms zugleich“.

Vielfältige Aktionen und Protestformen

Blockaden als Widerstandsform, die Vermittlung politischer Inhalte in Kundgebungen und Veranstaltungen sowie eine Großdemonstration waren,wie auch in den Vorjahren, die zentralen Aktionsformen von BLOCKUPY 2015.

An den Blockadepunkten zeigte sich, dass sich die EZB mit Stacheldraht und hohen Zäunen selbst blockierte. Ein Großaufgebot von mehr als 7.000 Polizisten, 28 Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und Hubschraubern schützte die inzwischen deutlich heruntergefahrene kleine Einweihungsparty in der EZB vor „ungebetenem Besuch“. Jeder Versuch der insgesamt etwa 6.000 Blokierer_innen, sich der kleinen Feier mit Herrn Dragi zu nähern und „mitzufeiern“, wurde letztlich durch schnellen Reizgas- und Wasserwerfereinsatz verhindert.

Der Wert der Blockaden lag weniger in einem „militärischen“ Erfolg als im Ausdruck der politischen Entschlossenheit des Aktionsbündnisses, der letztlich zu einer Selbstblockade der EZB führte.

Ein Komiker kommentierte die Situation so: „Was wollen wir denn? Die Täter sitzen hinter Gittern, die sie selbst um die EZB gezogen haben. Sie haben sich selbst blockiert. Die Party ist verhagelt. Statt Champagner und “großem Kino“ gibt es Schnittchen im kleinen Kreis.“ Ein schönes Bild, auch wenn es die realen Machtverhältnisse leider nicht genau abbildet.

Neben verschiedenen Einzelveranstaltungen und einer Gewerkschaftsdemonstration am frühen Nachmittag mit mehreren tausend Teilnehmer_innen fand ab 15.00 Uhr eine zentrale Kundgebung mit über zehntausend Zuhörer_innen auf dem Römer statt. Die Redebeiträge beschäftigten sich zentral mit dem Krisenregime der EU, der Rolle der EZB und den sozialen Verwüstungen in Südeuropa. Auf Letzteres wiesen besonders Redner_innen aus Griechenland, Italien und Spanien hin. Sie betonten dabei auch die Notwendigkeit einer linken europäischen Solidarität.

Naomi Klein beleuchtete die verheerenden sozialen und ökologischen Folgen des Finanzkapitalismus im globalen Zusammenhang und Sarah Wagenknecht betonte die Notwendigkeit eines wachsenden Widerstands gegen diese Politik auch in Deutschland.

Urban Priol sorgte mit seiner scharfzüngigen satirischen Betrachtung der derzeitigen politischen Verhältnisse für viele Lacher und ein wenig Entspannung. Natürlich können die Inhalte aller Redebeiträge der zweistündigen Kundgebung hier auch nicht annähernd wiedergegeben werden.

Nach dem Abschluss formierten sich am Römer über 20.000 Demonstrant_innen zu einem bunten Demonstrationszug mit kämpferischen Parolen, Sambagruppen, kreativen Transparenten und Installationen zu einer eindrucksvollen Demonstration, die durch die Frankfurter Innenstadt zur Alten Oper zog.

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Rauchschwaden sollten nicht den klaren Blick vernebeln

Auch innerhalb des Aktionsbündnisse stoßen brennende Autos, zertrümmerte Schaufenster und Bushaltestellen auf Kritik. Solche Aktionen entsprechen mit Sicherheit nicht dem im Bündnis ausgehandelten Konsens zu den Aktionsformen von BLOCKUPY. Das bedeutet natürlich nicht, dass man über die rituell hochgehaltenen Distanzierungsstöckchen der bürgerlichen Parteien und des mediale Mainstream springen muss. Ihnen geht es in erster Linie nur um die Dramatisierung und Skandalisierung, damit die Inhalte des Protests im Hintergrund bleiben.

In Frankfurt zeigte sich einmal mehr, dass Massenproteste nicht immer nach dem Kochbuch verlaufen. Sie entwickeln oft eine aktuelle Dynamik, die auch durch Reaktionen auf die martialische Drohkulisse der Staatsmacht und auf brutale Polizeieinsätze mit Reizgas, Pfefferspray und Wasserwerfern ausgelöst wird. Das allein begründet natürlich nicht die Militanz, mit der einige Gruppierungen vorgegangen sind.

Dazu kommen auch die Wut und der Frust auf ein politisches und wirtschaftliches System, das viele Menschen in Europa in soziales Elend und in die Perspektivlosigkeit treibt. Für einige Gruppierungen gehören solche militanten Aktionen allerdings auch zu ihrem Widerstandskonzept gegen dieses System. Ob das politisch klug ist, ist eine andere Frage und soll hier nicht diskutiert werden.

Natürlich sind die materiellen Schäden, die in Frankfurt entstanden, gemessen an der sozialen und ökologischen Verwüstungsspur des globalen Kapitalismus Peanuts. Folgenschwerer sind möglicherweise die politischen Folgen von zertrümmerten Bushaltestellen und brennenden Polizeiwagen, wenn die Gewaltdebatte auch innerhalb des linken Spektrums wieder zu einem Thema wird, das andere überlagert. Der bisherige Aktionskonsens von BLOCKUPY, der sich auch an den Erfahrungen des Wendlands und der Anti-AKW-Bewegung orientierte, hat sich als erfolgreich erwiesen. Dieser Konsens umfasst verschiedene Aktionsformen des zivilen Ungehorsams und bietet darüber hinaus die Möglichkeit zu massenhaften Beteiligungen an Veranstaltungen und Demonstrationen. Genau diese Mischung macht die besondere Qualität von BLOCKUPY aus.

Dabei wird es immer auch um die Balance zwischen der Entschlossenheit des Protests bzw. des Widerstands und der politisch wichtigen gesellschaftlichen Anschlussfähigkeit gehen. Ob eine solche Balance gelingt, zeigt sich jedoch letztlich in der massenhaften Beteiligung an Aktionen und Demonstrationen auf der Straße und nicht im Spiegel des Mainstream-Journalismus, der uns die Stöckchen zur Distanzierung von Aktionen hinhält, die wir nicht zu verantworten haben.

(Andreas Meyer)