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Endlich herrscht wieder deutsche Ordnung in Europa!

B11

01. August 2015 Seit Jahren bemüht sich die deutsche Regierung unter der weitsichtigen Führung unserer Kanzlerin Europa deutsche Tugenden beizubringen. Dabei dient “die schwäbische Hausfrau“ als Wirtschaftsmodell. Das bedeutet: Sparen, den Gürtel enger schnallen, weniger für Soziales ausgeben und grundsätzlich für weniger Geld mehr arbeiten. “Schaffe, schaffe – europäisches Häusle baue!“ Natürlich stören dabei auch starre Vorschriften im Arbeitsrecht und im Kündigungsschutz. Schließlich müssen die Betriebe Luft zum Atmen haben. Bei einer solchen Politik ist unvermeidlich, dass oben mehr landet als unten.

Dass ist aber auch okay, weil damit Investitionen ermöglicht werden. Wenn schon nicht in Betrieben, so mindestens auf Finanzmärkten und in Immobilien. Schließlich muss der Rubel rollen. Deswegen wäre es im Übrigen auch völlig falsch, reiche Erben von Betrieben zu besteuern. Wir wissen doch, nur wenn es den Reichen gut geht, fällt für den Rest etwas ab. Nun gut, manchmal rollt der Rubel auch ins abseits, wie 2008, als sich die Banken und Finanzmärkte verzockten. Dann muss man schon einmal mit Milliarden Steuergeldern nachhelfen, bevor die Kiste völlig gegen die Wand fährt.

Die Politik unserer Kanzlerin nach dem Modell der “Schwäbischen Hausfrau“ schienen alle europäischen Regierungen begriffen zu haben. Nur François Hollande muckte bei den letzten französischen Wahlen noch einmal kurz auf und wollte sich in einer frechen Tonart der sogenannten “deutschen Spar- und Kürzungspolitik“ widersetzen und wetterte sogar gegen die “deutsche Dominanz“ in Europa. Doch das war nur blanker Populismus und Wahlkampfgetöse. Inzwischen macht auch er seine Hausaufgaben und sitzt (bildlich) wie viele andere vernünftige Regierungschefs, auf Muttis Schoß.

Geht doch ! Schließlich ging es auch bei den Spaniern, Portugiesen und Iren. Auch die Balten und Slowaken waren sehr emsig. Sie haben alle brav ihre Löhne und Renten gesenkt, Sozialleistungen gestrichen und das Arbeits- und Kündigungsrecht “durchlüftet“. Jetzt gibt es dort zwar Massenarbeitslosigkeit, besonders bei den jungen Leuten, Obdachlosigkeit und steigende Armut, aber dafür steigt auch das Bruttosozialprodukt wieder. “Für wen?“ werden natürlich wieder linke Kritiker fragen. Für eine passende Antwort ist hier nicht der Raum. Sie wäre auch zu kompliziert.

 Während also alle ihre Hausaufgaben machten, um wieder wettbewerbsfähiger zu werden, wählten ausgerechnet die faulen Griechen eine Regierung, die nicht mehr mitspielen wollte. Der Populist Tsipras rief zum Kampf gegen die angeblich “sozial brutalen Sparmaßnahmen“ und gegen die Bevormundung Griechenlands durch die sogenannte Troika auf. Dafür bekam er zwar mit großer Mehrheit die Zustimmung der naiven Griechen, hatte seine Rechnung aber ohne die Mächtigen in der EU und vor allem ohne unsere eiserne Kanzlerin und ihre Getreuen Schäuble und Gabriel gemacht. Die ließen Tsipras, nachdem er sich mit seinem komischen Referendum verzockt hatte, damit natürlich nicht durchkommen. Strafe muss schließlich sein ! Nach dem bockigen “Nein“ der Griechen zu den Kürzungsauflagen für die letzten Kredite war der Bock in Berlin und Brüssel fett.

Jetzt gibt es neues Geld nur noch nach der Entmündigung der chaotischen Griechen, denn die können eh nicht damit umgehen. Gott sei Dank übernimmt die Troika wieder die Regie, schreibt praktisch die Gesetze in Griechenland und übernimmt den Ausverkauf des griechischen Staatseigentums an private Investoren, damit die Gläubiger wieder zu Geld kommen. Griechenland ein Protektorat der Troika ? Demokratie hin, Demokratie her, wenn es ums Geld geht, hört der Spaß auf!

 Natürlich bedeutet diese Rettungspolitik auch viel Elend für das griechische Volk. Doch von nichts kommt eben nichts! Außerdem hätten die ja auch nicht links wählen müssen. Jetzt sieht man mal, was dabei raus kommt. Hoffentlich wird das in Europa bei den nächsten Wahlen allen klar, besonders auch den Spaniern und Portugiesen Ende dieses Jahres.  Wenn ein Aufstand gegen unsere Spar- und Kürzungspolitik in Europa Schule macht, können wir einpacken. Da muss zur rechten Zeit schon einmal ein Exempel statuiert werden. Daher war es auch richtig, den Griechen zu zeigen,wo der Hammer hängt. Man kennt die Südländer ja. Die sind schnell auf der Straße, machen Randale und wählen auch noch falsch. Da ist es schon besser, Europa orientiert sich an uns. Ich verzichte mal an dieser Stelle auf den Spruch : “Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“. Der wird einem dann wieder als Nationalismus ausgelegt. Andererseits muss man es auch mal sagen dürfen. Schließlich haben wir es zu etwas gebracht, auch wenn manche bösen Zungen behaupten, auch auf Kosten anderer. Leute: “ Wir sind Exportweltmeister!“

Auch bei uns haben viele den Gürtel im sogenannten Niedriglohnsektor enger schnallen müssen. Jahrelang sanken die Durchschnittslöhne gemessen an ihrer Kaufkraft. Doch Gerhard Schröder hat uns mit der Agenda 2010 letztendlich geheilt. So sorgt Hartz IV dafür, dass die Menschen in diesem Land nicht übermütig werden. Genau das ist es, was Europa braucht! Das wird unsere Kanzlerin stellvertretend für unsere Eliten den Regierungen und Menschen in Europa schon verklickern. Dazu braucht man heute auch keine Waffen mehr, sondern die Macht der Märkte und die Vormachtstellung der deutschen Wirtschaft.

In einem etwas veraltetem Bild kann man es auch so sagen: “Europa wird die preußische Pickelhaube aufgesetzt.“ So zeigte auch die BILD- Zeitung Angela Merkel treffend mit diesem Helm und forderte, sie solle hart bleiben. Das hat sie doch jetzt in Brüssel toll hingekriegt. Wir sollten auf unsere Kanzlerin stolz sein! Das Bild zu unserer Vormachtstellung in Europa muss ja nicht mehr die veraltete Pickelhaube sein, vielleicht macht es zurzeit auch der Hosenanzug und die Raute.

Doch bei aller Dankbarkeit gegenüber unserer Kanzlerin sollten wir auch Sigmar Gabriel nicht vergessen. Er steht treu an ihrer Seite und unterstützt wortgewaltig ihre Politik. Schließlich wollten die Sozialdemokraten noch nie “Vaterlandsverräter“ sein. Wenn es Spitz auf Knopf steht, haben auch bei den Sozis deutsche Wirtschaftsinteressen Vorrang vor europäischer Solidarität. Über die kann man dann wieder an Festtagen reden, wenn sich die Wogen geglättet haben. Dazu eignet sich dann unser Herr Gauck in geschmeidig festlichem Ton besonders gut.


Mensch Meyer