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Aktuelles aus Kiel:

Zähe Entwicklung der Kieler Energiepolitik

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Aufstellungsplan GHKW, Quelle: Stadtwerke Kiel

01. Januar 2016 Die Kieler Energiepolitik beginnt in diesem Jahr mit vielen offenen Fragen. Es hat ja in Kiel viel Ärger um das Nachfolgekraftwerk für das Kohlekraftwerk gegeben, denn MVV (Mehrheitsanteilseigner mit 51% bei den Kieler Stadtwerken) wollte sich vor einem Jahr ganz aus Kiel zurückziehen, weil das geplante Gasmotorenkraftwerk für Mannheim nicht profitabel genug war und sie es deshalb nicht finanzieren wollten. Sie haben der Stadt Kiel angeboten ihre Anteile zurückgeben, so dass die Stadtwerke Kiel wieder rekommunalisiert werden könnten. Die Stadt, die Parteien und der Betriebsrat waren alle komplett erbost über so viel Arroganz bei den Mannheimer Energieversorgern. Auf einer Veranstaltung die die Kieler BI umweltfreundliche Energieversorgung. Attac, BUND und GRÜNE organisierten sprachen sich fast alle zumindest für den Rückkauf der Mehrheitsanteile aus. Die BI umweltfreundliche Energieversorgung macht sich seit dem stark für eine Bürger-Energie-Genossenschaft, in der Hoffnung sich dann mit Bürgeranteilen an den Stadtwerken beteiligen zu können.

Der Druck auf die MVV wurde immer größer und es gab schon die Hoffnung, dass sie aus Kiel verschwinden, bis es plötzlich hieß, die Stadt Kiel und MVV hätten ein gemeinsames Finanzierungskonzept für das neue Kraftwerk.

„Wie Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer und der Vorstandsvorsitzende von MVV Energie, Dr. Georg Müller, am Freitag (15. Mai 2015) in einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten, haben sich die beiden Partner in ihren monatelangen Verhandlungen darauf verständigt, das Projekt für ein neues Gasmotoren-Kraftwerk nun konsequent und planmäßig weiter voranzutreiben. … Grundlage der Einigung zwischen der Stadt und dem Mannheimer Energieunternehmen sind insbesondere die in den politischen Diskussionen der letzten Wochen deutlich gestiegenen Aussichten auf unverzichtbare Verbesserungen der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen des neuen Kraftwerks.“ hieß es in einer Presseerklärung.

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Die Stadt Kiel hatte ja schon eine Beteiligung von 40 Mio. für den Baubeginn beschlossen und der Stadtwerkevorstand auch schon mit den Vorbereitungen des Baus des Energiespeichers angefangen. Wo das Geld für die Finanzierung (ca. 280 Mio.) plötzlich hergekommen sind, war unklar und es heißt, es fehlen immer noch 80 Mio.

Jetzt ist von Rekommunalisierung gar keine Rede mehr. Immerhin hatte die MVV angeboten die städtischen Anteile bei der Finanzierung zu verrechnen, so dass die Stadt wenigstens die Mehrheitsanteile erhält als Gegenleistung für die Beteiligung an der Finanzierung. Jetzt gibt es totales Schweigen. Keine Diskussion mehr über den mangelnden Einfluss der Stadt auf die Energiepolitik der Stadtwerke. Alle Probleme mit der MVV und die Zukunftsausrichtung der Stadtwerke sind vergessen.

Der Hintergrund für den Sinneswandel bei der MVV-Geschäftspolitik erklärt sich offenbar aus dem Versprechen des Energieministers Sigmar Gabriel. Er soll der Landesregierung bei einem Besuch eine erhöhte Förderung für das geplante Kraftwerk zugesagt haben, das auf Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) beruht. Die Experten im Kieler Rathaus gehen davon aus, dass der Zuschuss von gegenwärtig 2,1 Cent pro Kilowattstunde um die Hälfte auf 3,1 Cent in den ersten Betriebsjahren steigen würde. Das ergäbe einen Betrag von 120 Millionen Euro für das Kieler Kraftwerk (über welchen Zeitraum?).

„Entsprechend werden auch die laufenden Planungen und Vorbereitungen für das Kraftwerksprojekt planmäßig fortgeführt, um in den nächsten Monaten dann die notwendigen Finanzierungs- und Bauentscheidungen im Aufsichtsrat der Stadtwerke Kiel treffen zu können. … Andere Mehrheitsverhältnisse sind damit vom Tisch und der gemeinsame Weg zur GHKW- Realisierung wird fortgesetzt. An der Partnerschaft von Landeshauptstadt Kiel und MVV Energie wird sich nichts ändern. … Auf seiner Sitzung am 10. Juli 2015 hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke Kiel AG weitere wichtige Entscheidungen im Rahmen des Kraftwerk-Projekts getroffen. Unter anderem ist die detaillierte Ausführungsplanung für das Gasheizkraftwerk (GHKW), das so genannte Detail Engineering, freigegeben und der Start des Finanzierungsprozesses beschlossen. … Am 3. August wurden in Kiel maßgebliche Verträge für ein Kraftwerksprojekt unterzeichnet. Die Stadtwerke Kiel erklären hiermit ihre Absicht, das Gasmotorenheizkraftwerk (GHKW) mit dem Generalunternehmer Kraftanlagen München (KAM) und seinem Partner Jenbacher Gasmotoren von GE zu bauen. Das GHKW soll mit Kraft-Wärme-Kopplung ausgerüstet sein und aus 20 Gasmotoren bestehen. Die geplante Anlage setzt in Sachen Flexibilität, Nutzungsgrad und Umweltfreundlichkeit neue Maßstäbe. Sie soll zukünftig das Kohlekraftwerk auf dem Kieler Ostufer ersetzen. … Die abschließende Bauentscheidung für eine Errichtung des eigentlichen Kraftwerks in Form einer Auslösung der zweiten Projektphase ist für das Frühjahr 2016 vorgesehen. Parallel werden die Stadtwerke Kiel ein tragfähiges Finanzierungskonzept auf Basis einer ehrgeizigen Wirtschaftsplanung entwickeln.“ so heißt es in Presseerklärungen der Stadtwerke

Allerdings können wir in Kiel froh sein, dass das Kohlekraftwerk irgendwann abgeschaltet wird. Es ist zzt. auch nicht erkennbar, dass es auf die Schnelle regenerative oder „wirtschaftlichere“ Modelle für die Kieler Fernwärmeversorgung gibt. Das geplante Gasmotorenkraftwerk ist schon von der Konstruktion her mit einem großen Energiespeicher und variabel zuschaltbaren Gasmotoren auf dem neusten Stand und vielleicht sogar auf Hybridtechnik (Verknüpfung aller vorhandene regenerativen Energien) erweiterbar. Es wird immer über die Technik diskutiert, aber nicht über die sozialen Auswirkungen.

Bisher profitieren von den erneuerbaren Energien wieder nur die Konzerne. Auf die Verbraucher und hier besonders auf die Fernwärmekunden kommen in Zukunft höhere Preise zu, denn die Betreiber wie MVV/EON/RWE wollen daran verdienen. Sie nehmen ja schließlich „das Geld in die Hand“. So steht uns deshalb in Kiel auch die Auseinandersetzung mit den steigenden Fernwärmepreisen ins Haus. Die Stadtwerke haben schon mal alle Verträge gekündigt und für die Verbraucher, die wenig verbrauchen, gibt es jetzt hohe Grundpreise. Energiesparmaßnahmen lohnen sich also nicht.

Früher haben die Konzerne an der schmutzigen und billigen Kohle verdient und die Gewinne kassierten die Aktionäre. Fernwärme war damals ein Nebenprodukt und daher billiger, weil man am Kohlestrom verdient hat. Heute gibt es die billige Windenergie im Überfluss. Aber auf dem Markt nur für die großen Konzerne. Die Preise werden nicht weitergegeben.

Es müsste also eine Gesamtkalkulation geben und das ginge nur über den kommunalen Einfluss auf die Strom- und Wärmeerzeugung. Aber so ist das nicht, die Preise werden über den angeblichen Markt bestimmt und dabei wird alles für die Verbraucher immer teurer. Hier kann nur eine Rekommunalisierung der gesamten Energie-Produktion helfen, um zu den tatsächlichen Preisen zu kommen. Die Rekommunalisierung der Stadtwerke wäre hier ein Anfang um zu verhindern, dass in Kiel die Fernwärme- und Stromkunden abgezockt werden.

(uws)