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Fracking:

Industrie will nicht länger warten

 

01. Juli 2017 Die deutsche Öl- und Gasindustrie will nicht länger warten. Der Bundesverband Erdöl, Erdgas, Geoenergie (BVEG) verkündet, die Gesetzeslage nun ausnutzen und wieder Fracking-Projekte vorantreiben zu wollen. Beim Fracking wird ein Chemikalien-Mix meist geheimgehaltener Zusammensetzung gemeinsam mit viel Wasser in den Untergrund gepresst, um Gesteinsporen aufzubrechen und das darin enthaltene Gas freizusetzen. Auch in verschiedenen Regionen Schleswig-Holstein, gibt es Gesteinsformationen, in denen Man hofft, fündig zu werden.

 

Fünf Jahre habe die Branche freiwillig auf die Bearbeitung von Anträgen für entsprechende Förderprojekte verzichtet, um die Verabschiedung einer neuen Fracking-Gesetzgebung zu ermöglichen. Mit dem Abwarten soll nun Schluss sein, ließ kürzlich der BVEG-Vorsitzende Martin Bachmann auf der Jahrestagung seines Verbandes die Zuhörer wissen. BVEG-Mitglieder sind unter anderem Tochterunternehmen von RWE, Shell, Exxon, Halliburton – dem großen Profiteur des US-Kriegs gegen den Irak – und EWE, ein Regionalversorger aus Nordwest-Niedersachsen, der sich sonst gerne ein grünes Mäntelchen umhängt.

 

Bachmann ließ es nicht an markigen Worten fehlen. Die Blockade von Investitionen müsse jetzt enden. „Dafür brauchen Entschlossenheit und Geschlossenheit, sowohl innerhalb der Branche als auch im Einklang mit der niedersächsischen Landesregierung." Ansonsten erklärte er – man höre und staune –, dass Erdgas und -öl eine „bedeutende Rolle in der Energiewende erhalten“ müssten und „die heimische Produktion von Erdgas und Erdöl (..) ein Beitrag zum Klimaschutz“ sei.

 

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), der von Bachmann indirekt zur Mithilfe aufgefordert wurde, erklärt dazu, dass das Fracking derzeit erlaubt sei und auch schon praktiziert wurde. Sein Land verfolge das Ziel, dass „der Bund endlich einen neuen, zeitgemäßen Rechtsrahmen mit verschärften Umweltstandards und deutlich mehr Transparenz und Einbindung der Öffentlichkeit schafft.“ Von einem Fracking-Verbot war in seiner Erklärung hingegen nicht die Rede.

 

Lies: „Das aktuelle Berg- und Umweltrecht enthält kein Verbot der Erdgasförderung und auch kein Verbot des Einsatzes der Fracking-Technologie. Im Gegenteil: Das Bundesberggesetz von 1980 lässt der Bergbehörde kein Ermessen über die Entscheidung zu derartigen Vorhaben der Industrie. Sobald die Voraussetzungen des § 55 Bundesberggesetz erfüllt sind, haben die Unternehmen einen Rechtsanspruch auf Genehmigung ihrer Vorhaben. Nach geltendem Recht gibt es innerhalb der Rahmenbedingungen keine Möglichkeit, Frackvorhaben zu verhindern. Fracking ist also bereits erlaubt. Der Bund muss jetzt endlich seiner Verantwortung gerecht werden und die notwendigen Verbesserungen des Berg- und Umweltrechts vornehmen.“

 

Franziska Buch, Referentin für Energie und Klima am Umweltinstitut München, findet unterdessen, dass sich der SPD-Minister zum Erfüllungsgehilfen der Industrie macht. „Die Regierungsparteien dürfen sich nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen von den Drohungen der Gasindustrie unter Druck setzen lassen.“ Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen würden die Gefahren von Fracking für Grundwasser und Klima belegen.

 

So hätten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrum München kürzlich herausgefunden, dass auch harmlose Fracking-Chemikalien im Untergrund für den Menschen gefährliche Transformationsprodukte bilden. Was das Klima angeht, hätten Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) Anfang des Jahres mit atmosphärischen Hintergrundmessungen bewiesen, dass der Anstieg des hocheffektiven Klimagases Methan in der Atmosphäre seit 2007 in direktem Zusammenhang mit dem Fracking-Boom in den USA stehe.

 

Ein Methanmolekül bleibt zwar nicht all zulange in der Luft, weil es mit anderen Bestandteilen reagiert und aufgespalten wird. Nach etwa zehn Jahren ist bereits die Hälfte der Moleküle verschwunden. Im Gegensatz dazu bleibt jene Hälfte des emittierten Kohlendioxids, die nicht in den ersten Wochen oder Monaten von den Ozeanen oder der Biosphäre aufgenommen wird, einige Jahrtausende in der Luft. Daraus könnte man nun schließen, dass Methan im Verhältnis zum Kohlendioxid kaum eine Rolle spielt, zumal die Emissionen wesentlich kleiner sind. Allerdings muss man noch die Wirkung der einzelnen Moleküle miteinander zu vergleichen, um eine realistische Gewichtung zu bekommen. Und da stellt man fest, dass Methan die Wärmestrahlung, um die es beim Treibhauseffekt geht, wesentlich besser absorbiert, als Kohlendioxid. Und zwar 28 bis 36mal so gut.

 

Das Umweltinstitut kritisiert, dass sich die Große Koalition bisher nicht auf ein Fracking-Verbot einigen konnte. Das räche sich jetzt, wie Franziska Buch meint: „Es gibt immer mehr handfeste wissenschaftliche Beweise der Schäden für Umwelt, Gesundheit und Klima durch Fracking. Die Bundesregierung darf das Thema deshalb nicht länger auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben, sondern muss zügig ein generelles Fracking-Verbot beschließen, um dem angekündigten Bruch des Moratoriums zuvor zu kommen.“

 

(wop)

 

   

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