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Nach den Verbotsdrohungen gegen die Rote Hilfe:
Jetzt geht die Hetze los
Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass im noch immer von Horst Seehofer (CSU) geführten Bundesinnenministerium die Absicht besteht, die Rote Hilfe verbieten zu lassen.
Und er will damit einem von den Hitlerfaschisten gegebenen Beispiel zu folgen. Dies geschieht in gleicher, althergebrachter und unwiderlegbarer Logik: Wer sozialen Kahlschlag, Rassismus, Militarismus und Zerstörung demokratischer Errungenschaften organisiert, muss den solidarischen Widerstand der Angegriffenen fürchten und zu sabotieren suchen. Zu solchen Versuchen zählt, neben vielem Anderen, der Angriff auf eine Organisation, die ihre Ziele wie folgt definiert:
„Die Rote Hilfe ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation. Die Rote Hilfe organisiert nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der ArbeiterInnenbewegung, die Internationale Solidarität, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische und gewerkschaftliche Kampf sowie der Kampf gegen Antisemitismus, Militarismus und Krieg. Unsere Unterstützung gilt denjenigen, die deswegen ihren Arbeitsplatz verlieren, Berufsverbot erhalten, vor Gericht gestellt und zu Geld- oder Gefängnisstrafen verurteilt werden oder sonstige Nachteile erleiden. Darüber hinaus gilt die Solidarität der Roten Hilfe den von der Reaktion politisch Verfolgten in allen Ländern der Erde.“ (aus §2 der Satzung der Roten Hilfe)
„Wir wollen nicht nur materielle, sondern auch politische Unterstützung leisten, wollen also das, wofür jemand verfolgt wird, soweit es uns möglich ist, auch in der Öffentlichkeit vertreten. Deshalb suchen wir mit denen, die wir unterstützen, die politische Auseinandersetzung, nehmen eventuell auch zu ihrer Aktion Stellung. Aber wir machen vom Grad der Übereinstimmung nicht unsere Unterstützung abhängig. Diese politische Offenheit war für die Rote Hilfe nicht immer selbstverständlich.“ (vgl. dazu die Broschüre: „20/70 Jahre Rote Hilfe“, erhältlich im Literaturvertrieb der Roten Hilfe.)
Dass sie heute nicht nur in der Satzung steht, sondern alltägliche Praxis ist, erkennt mensch vielleicht am ehesten an den Fällen konkreter Unterstützungszahlungen. Die Fälle der unterstützten oder abgelehnten Anträge des jeweils letzten Quartals werden auszugsweise in jeder Rote Hilfe-Zeitung veröffentlicht.“ (Ausführlicher in: „Wer ist die Rote Hilfe?“ auf www.rote-hilfe.de/über-uns.)
Ich selbst gehöre der Roten Hilfe seit ihrer Gründung an und bin froh über die Entwicklung, die sie in den vergangenen Jahren genommen hat.
Die Rote Hilfe leistet wertvolle, notwendige Solidaritätsarbeit und verdient die Unterstützung der Antifaschist*innen und Demokrat*innen in unserem Land. Denn unsere gemeinsamen Feinde stehen rechts.
Nach dem Bekanntwerden des beabsichtigten Verbotsverfahrens schießen sich nun allerdings die reaktionären Kräfte des Landes auf die bedrohte Organisation ein. Organisationen und Gremien, die mit der Roten Hilfe Veranstaltungen durchführen, werden angefeindet, und ein Teil der medialen Netzwerke leistet Hilfestellung. (Dass profaschistische Zeitungen wie die „Junge Freiheit“ davon begeistert sind, versteht sich von selbst, darauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.)
Am 15. Dezember 2018 erschien in den „Kieler Nachrichten“ ein gut halbseitiger Artikel von Niklas Wieczorek unter der reißerischen fünfspaltigen Überschrift „Paktiert der Asta mit Linksextremisten?“
Gemeinsam mit der Roten Hilfe hatte der AStA der CAU Kiel am 4.12.2018 in der Hansa 48 eine Film- und Diskussionsveranstaltung durchgeführt. Gezeigt wurde der Film „Hamburger Gitter“ über die „moderne Polizeiarbeit“, der sich Teilnehmer*innen an den Protesten gegen den G20 zu ihrem Leidwesen ausgesetzt sahen. (Darunter, das sollte immer mal wieder erwähnt werden – nicht zuletzt gegenüber der GdP – , etliche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter.) Dem Artikel vorangestellt ist ein ebenfalls fünfspaltiges Foto, das einen Wasserwerferangriff auf Demonstrant*innen zeigt. Bildunterschrift: „Auf welcher Seite steht der Asta der Uni Kiel? Beim G20- Gipfel kam es zum Aufeinandertreffen von Polizei und Linksextremisten. (...)“
Auf welcher Seite stehst du?
„... dass der Verfassungsschutz die Rote Hilfe beobachtet, interessiert den Asta nicht“, so heißt es im Artikel. Ja, sollte es etwa anders sein? Die Studierendenvertreter*innen Julian Schüngel und Lisa-Marie Fricke geben eine passende Antwort:
„Insbesondere im Zuge der aktuellsten Skandale um den Verfassungsschutz gibt es eine breite Diskussion und kritische Meinung zu dessen Veröffentlichungen und Arbeitsweisen (...) Der Verfassungsschutz ist daher auch für uns keine Grundlage, welche vom Asta bei der Auswahl seiner Kooperationspartner zu Rate gezogen wird.“ - Bravo! Vorbildlich! Auch für gewerkschaftliches Verhalten. Und so praktizieren wir es ja auch bei uns in Kiel.
Also gehört auch dem AStA der CAU in dieser Frage unsere uneingeschränkte Solidarität! Auf welcher Seite stehst du? Diese Frage, in der Bildunterschrift an den AStA gerichtet, gebe ich gern weiter, nun bezogen auf das drohende Verbot der Roten Hilfe und die versuchte Kriminalisierung der Zusammenarbeit mit dieser Organisation. Indifferenz in dieser Frage ist inakzeptabel.
Die KN lässt einen „facebook-Nutzer“ zu Wort kommen, der erklärt, angesichts der Kooperation des AStA mit der RH wäre es vergleichbar „legitim, eine Doku mit der Identitären Bewegung zum Thema Asylpolitik auszustrahlen“. Dieser Nutzer gehört möglicherweise zu denen, die aus Dummheit oder in demagogischer Absicht Faschisten mit Verfechtern antifaschistischer Solidarität in einen Topf werfen; die Bezugnahme auf die „Identitären“, die unter entsprechend konditionierten Menschen nicht unbedingt üblich ist, spricht allerdings eher dafür, dass hier jemand gezielt die militanten Nationalisten ins Gespräch bringen will.
Wie dem auch sei: Mit den Drohungen gegen die Rote Hilfe und alle, die sich der Zusammenarbeit mit ihr nicht verweigern, sind wir aufgefordert, Stellung zu beziehen. Heute. Bevor es zu spät ist. Hier muss sich zeigen, ob wir wirklich aus der Geschichte gelernt haben, welche Dynamik mit solchen Verfolgungen und Verboten in Gang gesetzt werden kann. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter kennen vielleicht das folgende Zitat von Bertolt Brecht - es kommt immer mal wieder bei Tarifauseinandersetzungen zur Sprache:
„Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt Und lässt andere kämpfen für seine Sache – Der muss sich vorsehen: denn Wer den Kampf nicht geteilt hat – Der wird teilen die Niederlage. Nicht einmal den Kampf vermeidet – Wer den Kampf vermeiden will: denn – Es wird kämpfen für die Sache des Feinds – Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.“
Ich finde: Das passt auch in diesem Fall ganz gut. Die hier formulierte Erkenntnis spiegelt sich auch im „Solidaritätslied“ (Vorwärts und nicht vergessen...), das geradezu als Leitmotiv der Roten Hilfe angesehen werden kann. Handeln wir also entsprechend, damit wir einmal die am Schluss dieses Liedes gestellte Frage in unserem Sinn beantworten können: „Wessen Morgen ist der Morgen? Wessen Welt ist die Welt?“
Solidarität ist unsere Waffe - Schafft Rote Hilfe!
(Dietrich Lohse)