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Fakten und Zahlen:

Zur Wohnungsnot in Kiel

bezahlbar wohnen org

01. Januar 2019 Nach Angaben des Kieler Mietervereins gibt es in Kiel einen Fehlbestand von 2.500 - 3.000 Wohnungen. Aufgrund einer Bevölkerungsprognose werden bis 2030 rund 21.000 neue bezahlbare Wohnungen benötigt.

Die Bautätigkeit in Kiel hinkt dieser dramatischen Fehlentwicklung völlig hinterher. So hat sich der Wohnungsbestand laut Wohnungsbaubericht der Stadt Kiel zwischen 2016 und 2017 nur um 98 Wohnungen erhöht. Die Wohnungen, die in den letzten 10 Jahren gebaut wurden, sind für Mieter mit einem Durchschnittseinkommen in der Regel nicht finanzierbar. (siehe z.B. Schlossquartier, Feuerwache) 

 

  • • Der Bau neuer Sozialwohnungen wurde völlig vernachlässigt. So wurden zwischen 2015 und 2017 nur 173 Sozialwohnungen gebaut. Das sind im Schnitt 60 pro Jahr. Der Anteil der Sozialwohnungen hat sich seit 2005 von 16% auf 6% verringert. Das liegt vor allem an der gesetzlichen Verkürzung der Laufzeit für die Mietpreisbindung auf 35 Jahre (2009 Wohnraumförderungsgesetz SH).

         Auch bei den kommenden Wohnungsbauprojekten wird die angestrebte Quote von 30% sozialer Wohnraum bis auf wenige Ausnahmen nicht erreicht.

  • • Ende 2018 fallen weitere rund viertausend Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung. Allein VONOVIA will nach Aussage des Kieler VONOVIA -Chefs Nils Bartels in den kommenden fünf Jahren 600 ihrer 3000 Wohnungen in Gaarden „vergleichsweise aufwändig“ sanieren, die höhere Mieten zur Folge haben.

         Selbst ohne solche Sanierungen sind innerhalb von 3 Jahren Mieterhöhungen bis zu 15% möglich. Dies hätte z.B. eine Steigerung der Kaltmiete von 400 € auf 460 € zur Folge.

  • • Bei Modernisierungen können von Vermietern nochmals 11 Prozent zeitlich unbegrenzt draufgeschlagen werden. Durch Gesetzesveränderung soll dieser Aufschlag künftig auf 8 Prozent begrenzt werden. Diese Entwicklung bedeutet für viele Mieter, dass sie ausziehen müssen und VONOVIA & Co nach den Modernisierungsmaßnahmen wesentlich höhere Mieten von solventeren MieterInnen einnehmen können.
  • • Die Zahl der Wohnungslosen stieg in Kiel von 374 (2012) auf rund 1.000 im Jahr 2018 an. Zählt man die Menschen dazu, die heute noch in Kiel in Flüchtlingsunterkünften leben, wächst diese Zahl auf über 2.000 an. Diese traurige Entwicklung wird sich durch die beschriebene Aufhebung der Mietpreisbindung noch deutlicher verschärfen.

         Die Durchschnittsmieten haben sich in Kiel in den letzten 5 Jahren um 20% erhöht.

  • • Die Versorgung mit studentischen Wohnheimplätzen ist völlig unzureichend. In einer Studie nimmt Kiel im Vergleich mit anderen Universitätsstädten den letzten Platz ein.
  • • Ständig steigende Bodenpreise treiben die Preise für den Wohnungsbau und die Mieten nach oben. Die Preise haben sich in den letzten Jahren verdreifacht und liegen inzwischen bei 300,-€ pro qm. Diese Preisentwicklung verbunden mit einem Mangel an innerstädtischen Wohnungsbauflächen führt ohne politische Gegensteuerung zu einer weiteren Gentrifizierung der Kieler Innenstadt.
  • • Diese Stadtentwicklung verschärft die soziale Spaltung in Kiel (vor allem zwischen Gaarden, Mettenhof / Düsternbrook, Schreventeich). Hinsichtlich dieser Spaltung nimmt Kiel nach einer jüngsten Untersuchung unter den deutschen Großstädten einen Spitzenplatz ein.

Ohne politische Gegenbewegung wird sich die folgende Entwicklung in Kiel fortsetzen: 

  1. Der Bau neuer Wohnungen wird insgesamt weiter dem Wohnraumbedarf dramatisch hinterherhinken. Das gilt besonders für bezahlbaren und geförderten Wohnraum.
  2. Die Gentrifizierung in der Innenstadt wird weiter zunehmen.
  3. Die Wohnungsnot mit steigenden Mieten und einer wachsenden Zahl an wohnungslosen Menschen wird steigen.
  4. Der wachsende Mietanteil am Haushaltseinkommen wird weiterhin zur Senkung des Reallohns bzw. des Realeinkommens führen.
  5. Die Konkurrenz um günstigen Wohnraum wird wachsen und die Diskriminierung von Migranten, Flüchtlingen und Wohnungslosen sowie die Ausnutzung ihrer Notsituation auf dem Wohnungsmarkt wird sich erhöhen.

Forderungen des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum

  • • Verstärkter Bau von sozialem Wohnraum mit einer angemessenen Quote, die bei dem riesigen Nachholbedarf nicht unter 40% liegen darf. Diese Quote muss auch bei der Bebauung auf privaten Flächen gelten.
  • • Schaffung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft, die selbst baut und Wohnungsbestände aufkauft. Dabei müssen auch Vorkaufsrechte genutzt werden. Eine solche kommunale Wohnungsgesellschaft muss zu einem schlagkräftigen Instrument für die Kieler Wohnungspolitik entwickelt werden. Dazu gehört vorrangig der Bau oder Kauf von Sozialwohnungen, eine Gemeinnützigkeitsorientierung und ein Wohnungsbestand von 10.000 -15.000 Wohnungen in der Endausbaustufe. Hier sei daran erinnert, dass die 1999 von der Stadt Kiel an private Finanzkonzerne verkaufte kommunale Wohnungsbaugesellschaft bereits einen Bestand von rund 11.000 Wohnungen hatte.
  • • Der von den Mehrheitsfraktionen im Rat geplante Wohnungsbestand einer Kieler Wohnungsbaugesellschaft von maximal 4.000 Wohnungen reicht nicht aus, um den künftigen Bedarf an bezahlbarem und geförderten Wohnraum zu decken. Er reicht auch nicht aus, um die Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt wirksam zu beeinflussen.
  • • Bindung kommunaler Wohnungsbauflächen an öffentlichen Wohnungsbau. Den Verkauf von Wohnungsbauflächen im öffentlichen Besitz an private Investoren lehnen wir ab. Ausgenommen sind Wohnungsbaugenossenschaften mit einer Gemeinnützigkeitsorientierung und einem hohen Bestand an Sozialwohnungen.
  • • Forcierung des Baus von studentischen Wohneinrichtungen
  • • Leerstandssanktionierung mit der Konsequenz von Enteignung
  • • Einführung einer sanktionierbaren Mietpreisbremse
  • • Verbot von Zwangsräumungen, die zur Wohnungslosigkeit führen
  • • Mietobergrenzen für ALG II Bezieher müssen auf einem realistischen Niveau liegen. Wenn in einer Region kein Wohnraum im entsprechenden Satz verfügbar ist, darf es keine Zwangsräumung geben und der volle Mietsatz muss übernommen werden.
  • • Keine ortsgebundene Wohnverpflichtung für Geflüchtete
  • • Gut ausgebauter und bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr, damit auch städtische Randlagen gut an die Innenstadt angeschlossen sind.

         (Andreas M./uws)

Zu weitere Informationen siehe das Positionspapier des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum unter: https://bezahlbar-wohnen.org/

2018/09/30/kiel-braucht-eine-schlagkraeftige-kommunale-wohnungsgesellschaft/

Hinweis: Siehe auch den Artikel von Andreas Meyer zur Vonovia im Gegenwind auf Seite 44.