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Kieler Wohnungspolitik:

Ein sozialpolitisches Desaster

In einem Referat stellte Andreas Meyer am 12.1.2022 auf einer online-Veranstaltung von Attac Kiel die Kieler Entwicklung des Wohnungsbaus und der Mieten unter sozialpolitischen Aspekten dar. Dabei geht er auf Strukturdaten, aktuelle Bauvorhaben und besonders auf die Entwicklung des soziale Wohnungsbaus ein. Abschließend werden die Forderungen des Kieler Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum benannt. Andreas ist Vertreter von Attac in diesem Bündnis und war über Jahre der Sprecher des Bündnisses. 

Bild: Weißer Riese: Wohnungsbau in Mettenhof. Foto: Andreas Meyer

 

Referat: Kieler Wohnungspolitik, ein sozialpolitisches  Desaster 

Blickt man auf die Kieler Wohnungspolitik, so zeigt sich, dass schon seit Jahrzehnten von einer sozial orientierten Wohnungspolitik nicht die Rede sein kann. Im Gegenteil, es gibt einen eklatanten Mangel an bezahlbaren Wohnraum, besonders im Bereich der Sozialwohnungen. Die Mieten steigen erheblich und die Zahl der Wohnungslosen ebenfalls. Bevor ich darauf weiter eingehe, möchte ich zunächst einige Strukturdaten der Kieler Stadtentwicklung benennen. 

Strukturdaten 

Kiel hat aktuell 247.836 Einwohner*innen. Obwohl man noch vor drei Jahren davon ausgegangen war, dass die Einwohnerzahl steigt, ist sie in den letzten Jahren leicht gesunken. Das wird u. a. darauf zurückgeführt, dass zunehmend Familien mit Kindern in das Umland ausweichen, weil dort die Mietpreise, aber auch die Boden-und Baupreise vergleichsweise niedriger sind. Natürlich ziehen die Preise infolge dieser Abwanderung auch hier an. 

Nach dem Sozialbericht von 2016 wohnen 67 Prozent der Kieler*innen zur Miete und 33 Prozent in Privatwohnungen bzw. in Privathäusern. An dieser Verteilung hat sich bis heute sicher nichts grundlegend geändert. 

Ein besonderes Problem hinsichtlich des Wohnungsbedarfs ist der hohe Anteil der Einpersonenhaushalte. Rund 57 Prozent der Kieler*innen leben in Einpersonenhaushalten. Dagegen haben Paare und Familien mit Kindern nur einen Anteil von 34 Prozent. Diese Werte sind auf den hohen Anteil von Student*innen, die demographische Entwicklung und die beschriebene Ausweichtendenz von Familien in das Umland zurückzuführen. 

Hinsichtlich der sozialen Verteilung der Kieler*innen auf städtische Wohngebiete nach niedrigem  Einkommen, Arbeitslosigkeit, Kinderarmut, dem Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund gibt es eine erhebliche Konzentration auf die Stadtgebiete Gaarden und Mettenhof.

Während zum Beispiel in Kiel insgesamt der Anteil der Menschen mit Hartz IV Bezug 2018 bei 17 Prozent lag, lag er in Gaarden und Mettenhof bei über 40 Prozent. Die Kinderarmut in diesen Stadtteilen fiel mit rund 60 Prozent doppelt so hoch aus, wie im Kieler Durchschnitt. Auch der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund war mit über 50 Prozent doppelt so hoch wie durchschnittlich in den anderen Stadtteilen. Mit einer derart starken räumlichen sozialen Spaltung schneidet Kiel nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung im Vergleich zu 7 Großstädten am schlechtesten ab. 

Bild: Obdachlosigkeit in Kiel. Foto: Andreas Meyer

 

Wohnungspolitik in Kiel 

Für den eklatanten Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist in erster Linie die Kieler Wohnungspolitik verantwortlich. So fehlten nach einer Studie der Böckler Stiftung 2018 für 24.000 Haushalte, die mit weniger als einem mittleren Einkommen auskommen müssen, bezahlbare Wohnungen. 

Insgesamt schneidet Kiel mit seiner Wohnungsbautätigkeit im Bundesschnitt schlecht ab. So lag 2019 der Anteil der Wohnungen in neueren Gebäuden mit Baujahr ab 2000 in Kiel bei 5 Prozent, während der Durchschnitt im Bundesgebiet 17 Prozent beträgt. Also über das dreifache. 

Der Mangel an Wohnungen führt u.a. auch zu dem skandalösen Zustand, so dass in Kiel inzwischen über 2.000 Menschen wohnungslos sind. Sie leben ohne eigenen Mietvertrag bei Bekannten oder Familienangehörigen auf der Couch, in Sammelunterkünften, in von der Stadt Kiel angemieteten Hotelzimmern oder auf der Straße. 

Darüber hinaus haben ständige Mietpreissteigerungen auch für große Teile der Bevölkerung bezahlbaren Wohnraum deutlich verknappt. Das gilt besonders für Neuvermietungen. 

Nach dem offiziellen Mietspiegel der Stadt Kiel sind allein in den letzten 2 Jahren die Mieten im Schnitt um 12 Prozent gestiegen. Wenn man bedenkt, dass die Mietkosten einen erheblichen Anteil an den Einkommen ausmachen, ergibt sich daraus eine Senkung der Realeinkommen. Denn die Einkommen sind im Schnitt in den letzten zwei Jahren bei weitem nicht um 12 Prozent gestiegen. Rechnet man die Explosion der Heiz- und Stromkosten hinzu, wird die Schere zwischen steigenden Mietbelastungen und der Einkommensentwicklung noch dramatischer. Dass das besonders Menschen mit einem niedrigen und mittleren Einkommen belastet, ist klar. Etwa 40.000 Haushalte haben nach Abzug der Mietzahlungen nur noch ein Resteinkommen, das unterhalb der Hartz IV Regelsätze liegt. (Studie des Pestel Instituts )

 Die hier beschriebene Situation wird sich sicher durch die rege Bautätigkeit in der Innenstadt nicht wesentlich verändern. Die schicken Neubauquartiere am Schloss, an der alten Feuerwache, am Anscharpark oder die geplanten an der Hörn und am Posthof sind nicht für das Portemonnaie von Durchschnittsverdienern gedacht. Laut einer Recherche des NDR waren 2018 nur 2 Prozent aller seit 2000 in Kiel neu gebauten Wohnungen mit einem Durchschnittseinkommen bezahlbar. 

An diesem Missverhältnis wird sich bei den geplanten Bauvorhaben seit 2018 nichts ändern. Als bezahlbar gilt eine Mietbelastung von maximal 30 Prozent des Nettoeinkommens. 

Besonders dramatisch sieht der Mangel im Bereich des geförderten bzw. sozialen Wohnungsbaus aus. So schrumpfte der Bestand von Sozialwohnungen in Kiel seit den 80er Jahren von 90.000 Wohnungen auf heute 3.424 Wohnungen. Diese skandalöse Entwicklung ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: 

Die Stadt Kiel verscherbelte 1999 die 11.000 Wohnungen ihrer Kommunalen Wohnungsgesellschaft KWG an die Aktiengesellschaft WCM zu einem Preis von sage und schreibe 250 Millionen DM. Daraus ergibt sich ein Durchschnittspreis von rund 22.700 DM pro Wohnung. Die meisten dieser Wohnungen sind letztlich bei Vonovia gelandet. Dieser Konzern besitzt in Kiel inzwischen 15.000 Wohnungen. Große Bestände davon in Gaarden und Mettenhof. 

Ein weiterer Faktor für die sehr negative Entwicklung im Bestand der sozialen Wohnungen besteht darin, dass ein hoher Anteil seit den 80ger Jahren aus der Sozialbindung gefallen ist, ohne dass dieser Bestand durch den kommunalen Ankauf von Sozialbindungen oder durch Neubauprojekte kompensiert wurde. 

Obwohl diese Entwicklungen langfristig absehbar waren, wurde in Kiel wohnungspolitisch nichts unternommen, um sie aufzuhalten. Im Gegenteil, sie wurde durch den besagten Verkauf der städtischen Wohnungen noch befördert und verschlechterte sich jährlich. 

Inzwischen hat die Stadt Kiel eine kommunale Wohnungsgesellschaft gegründet. Sie hat zum Ziel, bis 2030  1.000 Wohnungen zu besitzen. Die Endausbaustufe soll bei 4.000 liegen. 

Bedenkt man, dass die Stadt mit der KWG einst 11.000 Wohnungen besaß, ist das ein äußerst bescheidener Beitrag für mehr bezahlbaren Wohnraum, und er reicht bei weitem nicht, den Mangel an sozialen Wohnungen zu beheben und schon gar nicht, um auf die Mietpreisentwicklung am Wohnungsmarkt Einfluss zu nehmen. 

Daher fordert das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, der DGB, der Kieler Mieterverein und die LINKE einen Wohnungsbestand der KiWoG von mindestens 15.000 Wohnungen in der Endausbaustufe. 

Ein weiteres Instrument für die Bestandserhöhung sozialer Wohnungen ist eine Quotierung über die Bebauungsplanung. So hat die Stadt  2018 endlich beschlossen, künftig bei Baugebieten über den Bebauungsplan eine Quote von 30 Prozent für geförderten Wohnraum festzulegen. Das bedeutet, dass entweder durch kommunalen Wohnungsbau oder durch Auflagen für private Investoren diese Quote erreicht werden muss. Obwohl auch sie nicht reicht, den Mangel an sozialen Wohnraum zu beheben (Norderstedt und Hamburg haben z. B. eine von 50 Prozent), wird sie bei manchen Projekten nicht einmal eingehalten. 

Dazu möchte ich auf ein Beispiel verweisen, das geradezu typisch für das Problem ist, auf dem sog. freien Wohnungsmarkt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. 

Am Südufer der Hörn, einem sog. Filetstück, errichtet eine private Investorengemeinschaft ein Wohnprojekt für 294 Wohnungen. Ursprünglich war auch für diese Projekt eine Quote von 30 Prozent geförderter Wohnungen vorgesehen. 

Nach Aussagen von Frau Grondke, Dezernentin für Stadtentwicklung, „stand es Spitz auf Knopf, ob das Projekt überhaupt entwickelt werden kann“. Denn die langjährige Besitzerin des Grundstücks für dieses Projekt, Schmid-Sindram, verlangte dafür einen so hohen Preis, für den sich angeblich schwer ein Investor finden ließ. 

Vor diesem Hintergrund erpresste die Investorengruppe die Stadt Kiel, von der 30 Prozent Quote Abstand zu nehmen, und die Stadt knickte ein. Die Investoren drohten nämlich damit, anderenfalls nicht zu investieren. So wird es auf dem Gelände nicht eine Sozialwohnung geben. An diesem Beispiel wird deutlich, wie Bodenspekulation, die Marktmacht von finanzstarken Investoren und das Einknicken bzw. die Erpressbarkeit von Kommunalpolitik zusammenfallen. 

Bild: Gehobene Preisklasse: Wohnungen im Schlossquartier am Kleinen Kiel. Foto: Andreas Meyer

 

Insgesamt verfehlt die Stadt im Baugebiet an der Hörn ihr Ziel von 30 Prozent sozialem Wohnungsbau bei Weitem. Nach Aussagen von der Stadtbaurätin Grondke werden an der Hörn von den 1.500 geplanten Wohnungen letztlich nur knapp 15 Prozent geförderter Wohnraum sein. Die Ironie an der Geschichte ist, dass zwei Baufelder der Stadt gehören. Sie sind für eine Quartiersgarage und für gewerbliche Nutzung vorgesehen. 

Die Verteidigung der Stadtbaurätin, dass einige Baugenehmigungen vor dem Ratsbeschluss hinsichtlich der 30 Prozentquote erteilt wurde, erscheint nicht stichhaltig. 

Erstens kam dieser Beschluss von 2018 im Vergleich zu anderen Großstädten sehr spät (auch hier musste die Mehrheitskoalition zum Jagen getragen werden). 

Zweitens hätte man die fehlenden Sozialwohnungen auf besagten Grundstücken durch eine erhöhte auf anderen Grundstücken mindestens ansatzweise kompensieren können. 

Die Entwicklung der Bodenpreise und der Bodenspekulation werden besonders für die Innenstadt durch einen erheblichen Mangel an Bauland angeheizt. Die Preise haben sich in den letzten Jahren in diesem Bereich mehr als verdoppelt. Für diesen horrenden Profitaufschlag haben die Eigentümer nichts getan. Sie verdienen ausschließlich durch die Lage der Grundstücke, den Grundstücksmangel und an der von der Kommune geleisteten infrastrukturellen Anbindung. Das ist aus meiner Sicht ein Skandal. 

Ohne einen gesetzlichen Eingriff in diese Spekulationsmöglichkeiten wird die Schaffung bezahlbaren Wohnraums in Innenstadtlagen fast unmöglich, oder sehr teuer – es sei denn, die Stadt besitzt den Boden.

Damit kommen wir zu einem geplanten Großbauprojekt der Stadt Kiel. Es handelt sich um das sog. MFG5-Gelände in Holtenau-Ost mit bevorzugter Wasserlage. Hier sollen auf einem 70 Hektar großen Grundstück c.a. 1.800 Wohnungen gebaut werden mit einem geplanten Anteil von 30 Prozent Sozialwohnungen. Das Grundstück hat die Stadt Kiel von der Bundeswehr gekauft, und es befindet sich heute insgesamt im Besitz der Stadt. Hier bestünde also gut die Möglichkeit, den beschriebenen Mangel an Sozialwohnungen mit einer 50 Prozent Quote bzw. 900 Wohnungen etwas zu mildern. 

Wann die ersten Bagger anrollen, kann die Stadt nicht prognostizieren, vermutlich erst Ende dieses Jahrzehnts. Doch da die entscheidenden Planungen bis hin zur Bebauungsplanung in den kommenden Jahren erfolgen, ist es schon jetzt wichtig, politisch Einfluss darauf zu nehmen. 

Ein weiteres Großbauprojekt, das allerdings in noch weiterer Ferne liegt, ist für den Kieler Süden  zwischen Moorsee und Meimersdorf geplant. Hier sollen 1.600 Wohnungen in Doppel- und Reihenhaushälften entstehen und 900 im Geschossbau. 

In Suchsdorf Süd sind weiterhin 44 Wohneinheiten in Form von 8 Doppel- und 18 Reihenhäusern sowie 18 Geschosswohnungen geplant. 

Diese Projekte dienen in erster Linie Familien mit einem guten Einkommen. Ein großer Anteil davon wird aus Eigenheimen und Eigentumswohnungen bestehen. Sie liegen noch in weiter Ferne und werden den Mangel an bezahlbaren Wohnraum kaum reduzieren. 

Fazit

Die Kieler Wohnungspolitik hat seit Jahrzehnten unter sozialpolitischen Aspekten völlig versagt. Es gibt einen eklatanten Mangel an bezahlbaren und sozialen Wohnungen. Die Bautätigkeit beschränkte sich weitgehend auf teure Miet- und Eigentumswohnungen. Die soziale Segregation nach Stadtteilen ist im Vergleich zu anderen Großstädten besonders hoch. Selbst hinsichtlich der gesamten Neubautätigkeit hinkt Kiel im Vergleich hinterher. Eine Folge dieser Politik sind über 2.000 wohnungslose Menschen.

Natürlich gibt es die beschriebene Problematik in vielen Großstädten, und in den Metropolen ist sie noch heftiger. Dennoch ist festzuhalten, dass die Kieler Wohnungspolitik sozialpolitisch besonders schlecht darauf reagiert hat. 

Da diese Politik schon seit Jahrzehnten (bis auf die Ausnahme einer Legislaturperiode) von der SPD und in den letzten Jahren auch von den GRÜNEN zu verantworten ist, sind wesentliche sozialpolitische Veränderungen im Bereich der Wohnungspolitik nur durch eine erheblichen politischen Druck von außen möglich. Aus ähnlichen Erfahrungen haben sich in zahlreichen Städten Initiativen gegründet, die für bezahlbaren Wohnraum kämpfen. Dazu gehört auch das Kieler Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. 

Wie erfolgreich solche Bewegungen sein können, zeigte der Volksentscheid in Berlin, der die Enteignung von Wohnungsgesellschaften mit einem Bestand von mehr als 3.000 Wohnungen forderte. Dieser Forderung schlossen sich in der Abstimmung 56,3 Prozent der Berliner*innen an. 

Selbst wenn es der SPD mit der Bürgermeisterin Giffey gelingen sollte, dieses Ergebnis auszubremsen, ist es doch ein ungeheurer Erfolg der Berliner Initiativen, auf die Macht der Wohnungskonzerne hingewiesen zu haben und den Begriff Enteignung in diesem Zusammenhang aus der Tabuzone geholt zu haben. 

Forderungen 

Das Kieler Bündnis für bezahlbaren Wohnraum hat seine grundsätzlichen Forderungen an die Politik in einer Erklärung niedergelegt. Die Mitgliedschaft im Bündnis setzt setzt die Zustimmung zu diesem Grundsatzpapier voraus. Die Erklärung ist im Konsens von 22 Mitgliedsorganisationen und Einzelmitgliedern erarbeitet worden. Es würde hier zu weit führen, dieses Papier in Gänze vorzustellen. Wer sich dafür und für die Arbeit des Bündnisses interessiert, kann sich auf unserer ausführlichen Website unter www.bezahlbar-wohnen.org informieren. 

Hier möchte ich nur auf einige Kernforderungen aus der Erklärung hinweisen. 

Dabei sind die Forderungen, je nach Zuständigkeit, an Bund, Länder und die Kommune adressiert:

Wir fordern eine erhebliche Erweiterung des Bestands an sozialen Wohnungen durch eine verbindliche 50 Prozent-Quote in der Bebauungsplanung bei Neubauprojekten. 

Die Übernahme auslaufender Sozialbindungen und den Verzicht auf deren zeitliche Begrenzung in der Zukunft. Letzteres ist eine Forderung an den Bundesgesetzgeber.

Erweiterung der geplanten Wohnungskapazität der KiWoG von 4.000 Wohnungen auf 15.000 Wohnungen.

Beseitigung der Wohnungslosigkeit durch ein „Housing-first“-Konzept. Das sieht den Anspruch jedes/jeder Wohnungslosen auf eine Wohnung vor, denn eine Wohnung ist die Voraussetzung auf ein menschenwürdiges Leben. Somit muss die Sicherung einer Wohnung voraussetzungslos sein. Dieses Konzept wird bereits in Finnland erfolgreich erprobt und von den meisten Obdachlosenverbänden wie z. B. Hempels (eine Mitgliedsorganisation) in Kiel vertreten. 

Wohnungsbauflächen von Bund, Ländern und Gemeinden dürfen nur noch an öffentliche Bauträger vergeben werden. Den Verkauf öffentlichen Baulands an private Investoren lehnen wir ab. Für gemeinnützige Wohnungsgesellschaften oder auch alternative soziale Bauprojekte mit einer Gemeinnützigkeitsorientierung sollte öffentliches Bauland im Erbpachtverfahren vergeben werden. 

Deckelung der Mieten durch die Einführung einer Mietobergrenze. Für eine solche Regelung müsste den Ländern und Kommunen durch eine Bundesgesetzgebung die Möglichkeit eröffnet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit dem geplanten Berliner Mietpreisdeckel entschieden, dass das nach geltender Rechtslage nicht in der Kompetenz der Länder und Kommunen liegt. 

Realistische Anpassung der Mietobergrenze für ALG II Bezieher*innen an die kommunale Mietpreisentwicklung. Wenn es in einer Region zu der Mietobergrenze keine verfügbaren Wohnungen gibt, muss der volle Mietpreis übernommen werden. Es darf nicht zu Zwangsräumungen infolge von Mieterhöhungen kommen. Der Staat finanziert damit zwar Mieterhöhungen, aber die Verdrängung einkommensschwacher Mieter*innen aus ihren Wohnungen ist keine Alternative. Hier wird besonders deutlich, wie wichtig es ist, den Bestand an kommunalen Wohnungen deutlich zu erhöhen. 

Verstärkter Ausbau öffentlicher studentischer Wohneinrichtungen 

Andreas Meyer