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Galeria Karstadt Kaufhof:

Ausverkauf Scheibchenweise

Karstadt Kiel 1219

 

Austern | Champagner | Kaviar“ wird den wenigen verbliebenen Galeria – Markthallen im März/April angeboten. Das ist Luxus statt Salami-Schnittchen. Der große Teil der Lebensmittelabteilungen von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) ist schon lange Geschichte. Auch in Kiel gehört das zur Vergangenheit.

Doch die Speisen passen ins Bild, denn der Inhaber von Galeria Karstadt Kaufhof, René Benko, setzt mit seinem Hauptverdienst, dem Immobilienbereich Signa Real Estate, auf luxuriöse Häuser in profitablen Innenstädten. Nur wegen der lukrativen Immobilien, so sagen Benko-Kritiker, habe er damals die Warenhauskette gekauft.

Die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof jedoch müssen sich gegen den scheibchenweisen Ausverkauf ihrer Arbeitsplätze wehren.

Am 13. März 2023 wurde bekannt, dass Benko´s Signa Retail von den noch bestehenden 129 Filialen 52 schließen will. Von den heute noch 17.400 Beschäftigten sollen 5.000 Kolleginnen und Kollegen entlassen werden.

Nur wenige Tage nach Bekanntwerden der Liste wurden gleich fünf Häuser wieder von der Liste gestrichen. Angeblich, weil die Mietkosten gesunken sind in diesen Städten. Letzten Endes wurden Zugeständnisse gemacht, auch durch den Einsatz der Kommunen für Galeria Karstadt Kaufhof in ihrem Bereich.

Kiel gehört noch nicht zu den Warenhäusern, die von Benko dicht gemacht werden. Das wird weniger daran liegen, dass der OB zu Beginn des Jahres Gespräche mit der Konzernleitung GKK führte, sondern eben an dem Versuch von Benko & Co. die Schließungen scheibchenweise durchzuführen.

Denn auch jetzt ist bereits klar: So wie GKK im Sophienblatt in Kiel jetzt aussieht, wird es nicht bleiben. Von insgesamt sechs Verkaufsebenen werden zwei wegfallen plus der Sportbereich, der trotz der Schließung von Karstadt Sport im Oktober 2020 weiter bestand. Die Begründung für die Reduzierung der Verkaufsfläche ist der zu geringe Flächenumsatz, trotz schwarzer Zahlen in Kiel. Der Umsatz und Profit soll bei kleinerer Fläche, weniger Mietkosten, wahrscheinlich mit weniger Personal und dessen Rücken gesteigert werden.

In große Warenhäuser andere Mieter zu holen, gilt inzwischen als lukrativ. Niemand weiß dies besser als ein Immobilienhai; Miete ist immer ein sicherer Gewinn.

Neu ist das nicht im Handel und nicht in Kiel. Auch die Verwaltung im Kieler Rathaus mit ihrem Wirtschaftsdezernenten Kämpfer, gleichzeitig Kieler Oberbürgermeister, versucht viel gegen den Leerstand in der Innenstadt. Dabei wird immer das Bild einer „lebendigen und lebenswerten Innenstadt“ gezeichnet. Ohne diese, so wird vermittelt, ist die LH Kiel nicht viel wert.

Wer genauer hinsieht stellt schnell fest, dass es eher um die Umsätze der Kaufleute geht. Wenn Menschen den Einkauf lieber in ihrem Stadtteil erledigen, ohne große Umwege in die Innenstadt, bringt es den Unternehmen der Innenstadt nichts. Auch durch die Kreuzfahrten kommt weniger Umsatz als erhofft. Da muss schon fast täglich ein Gigaschiff anlegen und es reicht trotzdem nicht – die Läden auf den Schiffen stellen sich als Konkurrenz auf und wer mag auch schon vollbepackt den Landgang machen.

Also wird die Innenstadt in Kiel mit teuren Luxuswohnungen ausgestattet, die nur Gutverdienende zahlen können oder als Ferienobjekte dienen. Es wird für Millionen Euro ein „Fleet“ gebaut, dem, trotz direkter Nachbarschaft zur Ostsee, das Ostseewasser und der Zugang dorthin fehlt. Und es werden von den Steuergeldern der LH Kiel Objekte gemietet, um darin Projekte unterzubringen, für die woanders kein Platz ist. Es (d)-tümpelt vor sich hin. Ladenöffnung an Sonntagen, wie zum Kieler Umschlag, der Run von Menschen in die Shoppingzone, alles für den Umsatz. Doch Kommerz sollte nicht mit einer „lebendigen und lebenswerten Innenstadt“ verwechselt werden.

Aber genau in diese Richtung scheint die Verwaltung wieder zu gehen. Der Wirtschaftsdezernent Kämpfer ist erfreut: „Die bundesweite Schließungswelle geht an Kiel vorbei – das ist eine ganz wichtige Nachricht für die Kieler Beschäftigten und für die Kieler Innenstadt.“
Gleichzeitig, so wurde im Januar besprochen, wird geprüft, ob städtische Nutzungen in der Immobilie von Galeria Karstadt Kaufhof möglich sind. Laut KN vom 14.3.23 wird an ein „City-Hub“ gedacht, als Vorgeschmack auf das geplante Meeresvisualisierungszentrum. Was aber hat die Logistik in einer Innenstadt damit zu tun, oder ist ein Hotel wie in Rotterdam und Kopenhagen geplant? Hier fehlt es an Klarheit, was der „City-Hub“ soll. Hat die LH Kiel bereits die Blaupausen in der Schublade und präsentiert uns das häppchenweise?

Aber Herrn Benko dürfte es egal sein. Eine (Unter-)Vermietung in seinem Restwarenhaus an die LH Kiel ist eine sichere Bank, wenn dafür das Geld aus dem Stadtsäckel fließt. Sonst gibt es für die verkleinerten Warenhäuser auch andere Ideen. Die freiwerdenden Verkaufsflächen sollen vermietet werden für Einzelhandel, kleinere Handwerksbetriebe wie Friseure, Kunst- und Ausstellungsräume, Gastronomie oder auch als Büroräume. Die Immobilien werden weiterhin unter Benko-Regie profitabel genutzt.
Jetzt macht Benko sich rar. Die schlechten Nachrichten lässt er durch sein Konzernmanagement oder die Beschäftigten überbringen. Abtauchen und Schweigen hieß es auch im Oktober nach Bekanntgabe der erneuten Insolvenz, wie ver.di mitteilt:
„Die Frage ist: Wo ist jetzt René Benko? Den Beschäftigten jedenfalls stellt er sich nicht“, wunderte sich auch Frank Werneke über das laute Schweigen des Chefs der Signa-Holding, zu dem GKK gehört. Doch der mit dem Ausbau von Dachgeschossen in Innsbruck und Immobiliengeschäften reich gewordene Investor hat zurzeit noch eine andere Baustelle. In Österreich folgt ihm der Vorwurf der Bestechung, seine Büros wurden schon durchsucht. Mit Fremdgeld und Gemauschel hat Benko ein geschätztes Vermögen von 4,6 Milliarden Euro angehäuft: „Eines ist schon beachtlich“, umriss er einst sein Geschäftsmodell, „es gibt kein Investment, wo ich je einen Euro draufgezahlt hätte“ – Noch heute brüstet er sich damit, bei seinen Investments noch nie Geld verloren zu haben. Jetzt wissen wir auch, warum.

Die Schließung von nun 47 Warenhäusern soll zum 30. Juni 2023, weitere Filialen zum 31. Januar 2024 erfolgen. Ob Kiel das einzige Haus mit einer Verkleinerung ist, ist nicht bekannt. Die Zeitleiste der Schließungen kann aber als Versuch gesehen werden, die Solidarität unter den Beschäftigten zu verhindern. Entsolidarisierung mit der Hoffnung auf den möglichen Erhalt des „eigenen“ Hauses und Arbeitsplatzes denken wahrscheinlich René Benko und sein Troß.

Benko wird den Verlust der Warenhäuser ohne Zweifel verkraften. Als Immobilienhai weiß Benko wie er aus den Warenhäusern das Geld saugt. Auch die Steuergelder, die in den Konzern geflossen sind, machen dies deutlich. Benko geht es nicht um den Handel mit Gebrauchsgütern, schon gar nicht um „eine lebendige Innenstadt“. Ihm geht es um Geld und die Macht des Geldes.

Signa Holding wurde 2000 als Immobilienunternehmen von René Benko gegründet, wirkt seit 2013 als Signa Real Estate für Immobilien und Signa Retail für den Handel. Immerhin geht der Untergang der Warenhäuser seit einigen Jahren voran. Der Zusammenschluss der Karstadt Warenhaus GmbH und Galeria Kaufhof in 2018 wurde von den Anteilseignern Signa Holding (50,01%) und Hudson´s Bay Company (49,99%) geführt. Ein Jahr später verkaufte Hudson´s Bay Company seine Anteile für eine Milliarde Euro an Signa. Seitdem ist Benko Alleineigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof.

Die öffentlich rechtliche Tagesschau hat es bereits 2021 beschrieben: „Benko scheint davon überzeugt, dass künftig nur Luxuskaufhäuser in ausgewählten Metropolen wie das KaDeWe in Berlin oder das Alsterhaus in Hamburg überleben werden.“ und auch „Wie sich Signa künftig den Einzelhandel vorstellt und erreichen will, dass die Innenstädte auch ohne Kaufhäuser beliebte und belebte Orte bleiben, zeigt das jüngste Projekt in Hamburg. Dort will der Konzern am Standort der heutigen Gänsemarktpassage in den kommenden Jahren ein gemischt genutztes Gebäude errichten - mit direktem Zugang zu den Colonnaden. Schöne, offene Höfe und ein vielfältiger Mix an Nutzungen, Wohnen eingeschlossen, werde diesem wichtigen Ort der Hamburger Innenstadt neues Leben einhauchen“, heißt es in der Mitteilung von Signa. Baubeginn ist nach dem Abbruch der heutigen Passage für April 2023 geplant, die Fertigstellung für April 2025.

Wieviele Beschäftigte dann noch bei Galeria Karstadt Kaufhof arbeiten und zu welchen Bedingungen, hängt auch von der Kampfkraft ab. Drei Tarifverhandlungen für den Anerkennungstarifvertrag wurden von ver.di im Februar 2023 ergebnislos geführt. Begleitet wurden sie mit Aktionen der ver.di-Mitglieder.
Unterschriftensammlungen vor den Warenhäusern, ein bundesweiter Aktionstag der Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof, dabei eine Bus-Agitationstour quer durch Berlin zu den Galerie Karstadt Kaufhof Filialen. „Wir kämpfen für unsere Jobs bei Galeria!“ stand groß und breit auf ihrem Bus. Zu wünschen ist, dass die Kampfkraft um den Erhalt der Filialen und der Arbeitsplätze nicht schwächer wird. Zu wünschen ist, dass die Solidarität mit den Kolleg*innen größer wird.

Es muss davon ausgegangen werden, dass auch in den noch verbleibenden Filialen Entlassungen bevorstehen. Die bisher genannte Zahl von 5.000 Kündigungen kann sich also noch erhöhen. Oder Benko versucht die Arbeitsstunden der Beschäftigten zu drücken, was jedoch ebenfalls finanzielle Auswirkungen für die Beschäftigten haben wird.

Es liegt auch an uns, ob in Zukunft in wenigen ausgewählten Galeria-Markthallen „Austern | Champagner | Kaviar“ gereicht wird oder ob das Leben, das Wohnen und die Freizeit für Alle dort Einzug hält. Mit Waren- und Kaufhäusern, in denen es sichere Arbeit und Tarif gibt! Unterstützen wir die Beschäftigten im Kampf um ihre Arbeitsplätze!

Bettina Jürgensen, marxistische linke

   

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