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CDU/FDP-Antrag in Kiel:

„Gefordert werden konkrete Maßnahmen, die die Ablehnung von Antisemitismus gegen den Staat Israel unterstreichen“

Seit Mitte Januar geistert ein von CDU und FDP formulierter „Interfraktioneller Antrag zur Änderung der »Richtlinie der Landeshauptstadt Kiel über die Gewährung von Zuwendungen an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen oder Personen (Zuwendungsrichtlinie)«“ durchs Rathaus. (Vorlagennummer: 1365/2023-03). Insider munkeln, dass dieser Antrag evtl. im November im Wirtschaftsausschuss noch einmal auf den Tisch kommen könnte.

Danach soll die städtische Zuwendungsrichtlinie um folgende Punkte ergänzt werden:
„1. Alle Einrichtungen, die Zuwendungen der Landeshauptstadt Kiel erhalten sollen ein Gewaltschutzkonzept für Kinder, Jugendliche, Frauen und LGBTQIA+ und Personen in seiner Organisation erstellt und/oder umgesetzt haben.
2. Alle Einrichtungen, die Zuwendungen der Landeshauptstadt Kiel erhalten, müssen ein klares Bekenntnis gegen Antisemitismus abgeben. Dieses muss sowohl schriftlich (in Form eines Kodexes, Selbstverständnis etc. des Antragstellers) sowie durch konkrete bereits stattgefundene und/oder geplante Maßnahmen belegt werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, Brücken des Verständnisses und der Solidarität zu schaffen, um die gemeinsame Ablehnung von Hass, Extremismus und Antisemitismus gegen den Staat Israel zu unterstreichen.“

Und es wird in diesem Antrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „die vorgenommenen Änderungen in der Zuwendungsrichtlinie als Bringschuld der Antragstellenden und nicht als Prüfschuld zu verstehen sind.. Stellt die Verwaltung durch Prüfungen oder Hinweise fest, dass gegen die erbrachten Nachweise seitens des Antragstellers oder von Teilnehmenden verstoßen wurde, wird die Verwaltung gebeten, die betreffende Zuwendung einzustellen und zu prüfen, ob der Antragsteller weiterhin von öffentlichen Fördergeldern der Landeshauptstadt Kiel profitieren kann.“
Punkt 2 des Antrages (die sog. „Antisemitismusklausel“) war offensichtlich Inspiriert von einer Initiative von Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) von Anfang Januar 2024. Dort hatte die Kulturverwaltung Empfängern von öffentlichen Fördergeldern mittels einer Klausel unter anderem ausdrücklich zum Bekenntnis gegen Antisemitismus verpflichten wollen. Grundlage dafür sollten eine Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) sein. Wegen „juristischer Bedenken“ wurde dieses Ansinnen dann bereits Ende Januar zwar wieder aufgehoben; die politische Debatte darüber, wie Antisemitismus zu bekämpfen sei, hält allerdings unvermindert an.

Die von der IHRA verabschiedete internationale Arbeitsdefinition lautet: „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“ Die Bundesregierung hat außerdem folgende Erweiterung verabschiedet: „Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.“ Allein die Tatsache, dass sich der Staat Israel selbst als „jüdisches Kollektiv“ versteht, zeigt die Unbestimmtheit dieser Definition. Gegenwärtig dient sie besonders dazu, linke und propalästinensische Stimmen des „Antisemitismus“ zu bezichtigen und führt zu Zensierung bis hin zu Strafverfolgung von Meinungsäußerungen im öffentlichen Raum, zu Gängelung von Kunst, Kultur und Wissenschaft. Insofern gehört der „Interfraktionelle Antrag“ in den Papierkorb. (gst)

   

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