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„Pax optima rerum – Frieden ist das höchste Gut“:
Am 3. Oktober 2024 verstarb der Kieler Politikwissenschaftler Wilfried Röhrich
Nach seinem Studium an der Goethe-Universität in Frankfurt und einem Forschungsauftrag des seinerzeit von Max Horkheimer geleiteten „Instituts für Sozialforschung“ wechselte Röhrich 1964 zunächst auf eine Assistentenstelle an die CAU in Kiel und wurde anschließend dort Privatdozent.
Währenddessen wurde Werner Kaltefleiter 1971 als Ordinarius für Politikwissenschaft berufen. Mit der Ernennung Röhrichs zum planmäßigen Professor 1979 endete dann allerdings die alleinige Führungsrolle Kaltefleiters am Institut. Seither war Röhrich, im Wechsel mit Kaltefleiter, Direktor des Instituts für Politikwissenschaft. Von 1980 bis 1990 amtierte Röhrich als Vizepräsident der Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft.
Als roten Faden von Röhrichs Lehrtätigkeit wie seiner Veröffentlichungen könnte man seinen Anspruch auf eine emanzipatorischen Wissenschaft beschreiben, die auf der Suche nach der Verbindung von Theorie und Praxis ist und dabei marxistische Theorieelemente ausdrücklich mit einschließt. „Kritisch-emanzipatorisches Denken zielte klassischerweise auf Kritik der bestehenden Strukturen, des Kapitalismus, des parlamentarischen Repräsentativsystems und eines positivistisch-technokratischen Wissenschaftsbegriff.“
Dass damit ein ständiger Konflikt mit Kaltefleiter angelegt war, lag auf der Hand, ein „fast zwanzigjähriger Konflikt zwischen den beiden Professoren begann“ (wikipedia). 1993/94 eskalierte der Konflikt, als Kaltefleiter über Aushänge bekannt machte, dass er für Examensprüfungen die Leistungsnachweise (Scheine) Röhrichs nicht mehr anerkennen würde.
Werner Kaltefleiter, CDU-Mitglied, war 1971 mit tatkräftiger Unterstützung (oder Weisung?) der CDU-Landesregierung gegen favoritisierte Mitbewerber (Wolf-Dieter Narr / Reinhard Kühnl) zum Ordinarius für Politikwissenschaften an die CAU berufen worden. Bis 1974 war neben seiner Kieler Lehrtätigkeit weiterhin Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ab 1983 war er dann in Personalunion nicht nur Direktor des Instituts für Politikwissenschaft sondern auch Leiter des „Instituts für Sicherheitspolitik“.
In den 1990er-Jahren wandte sich Röhrich verstärkt der Friedensforschung zu; er war Mitbegründer der „Pax-Professoren-Gruppe“, Wissenschaftler:innen unterschiedlicher Disziplinen, die sich unter dem Motto “Pax optima rerum (Frieden ist das höchste Gut)“, dem Sinnspruch im Siegel der CAU, versammelten. Röhrich organisierte, teilweise in Zusammenarbeit mit Dieter S. Lutz vom Hamburger „Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik“ Ringvorlesungen mit Friedensforscher:innen und Politiker:innen. (gst)