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Landesregierung will CCS:

Gefährliches Spiel mit dem Trinkwasser

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Nun also doch. Die Landesregierung will den Weg für das sogenannte CCS frei machen. Die drei Buchstaben stehen für Carbon Capture and Storage, das heißt, die Abscheidung von CO2 an Kraftwerken und ähnlichen Großanlagen, die Verflüssigung des Treibhausgases, seinen Transport in Pipelines quer durchs Land und das Verpressen in tieferen Erdschichten, entweder an Land oder auch vor der Küste. Am 21.11.2024 warben CDU und Grüne im Landtag für das Speichern von CO2 unter dem Meeresboden der Nordsee außerhalb der 12-Meilen-Zone. Sibylle Nitsch vom SSW wies darauf hin, dass es entgegen anders lautender Behauptungen keine Langzeit-Erfahrungen mit der Technik gibt.

Allerdings existieren seit etwa einem Dutzend Jahren einige kommerzielle Anlagen, die es bereits in dieser kurzen Zeit zu unkontrollierten CO2-Austritten im Untergrund gebracht haben, wie etwa im US-Bundesstaat Illinois, wo Mitte September an einem Bohrloch 8000 Tonnen flüssiges CO2 unkontrolliert in den umgebenden Untergrund austraten. Zum Glück weit unterhalb des Grundwassers. Das verflüssigte CO2 stellt nämlich eine Säure dar, die im Gestein giftige Substanzen und Salze löst. Bekommen diese Kontakt mit dem Grundwasser, wird mögliches Trinkwasser kontaminiert. In Illinois verlief der Austritt glimpflich, dennoch war es für dortige Umweltschützer ein Beleg dafür, dass der Technik nicht zu trauen ist. „Dieses Leck ist ein Alarmruf“ meinte gegenüber dem Radiosender NPR die Ko-Direktorin der Umweltorganisation Eco-Justice Collaborative Pam Richart. „Es erinnert uns daran, dass CO2-Abscheidung nicht die Lösung für die Klimakrise ist, als die es verkauft wird, sondern ein gefährliches Glücksspiel mit unserem Trinkwasser.“

Zu den vielen Gründen, die gegen diese irrsinnige Technologie zählen ist die Tatsache, dass CO2 in Konzentrationen ab zwei oder drei Promille sehr gefährlich werden kann. Kommt es also in einer Pipeline bei Windstille zu einem Leck, können die Folgen für die Anwohner durchaus tödlich sein. Das austretende Gas würde sie ersticken, sofern es nicht schnell genug verweht wird. Entsprechend weist die Bürgerinitiative gegen die geplanten CO2-Endlager in Schleswig-Holstein daraufhin, dass Leckagen in Pipelines durchaus nicht unüblich sind. Erst im Februar war es an einer Erdgaspipeline in der Nähe von Stade zu einem Leck gekommen. 60.000 Kubikmeter Gas mussten kontrolliert abgelassen und verbrannt werden, wie unter anderem das „Neue Stader Wochenblatt“ berichtete.

Die Bürgerinitiative macht darauf aufmerksam, dass die für den Katastrophenschutz zuständigen Kommunen, Kreise und deren Feuerwehren bisher in keiner Weise auf derartige Unfälle vorbereitet sind, und dass angesichts der allgegenwärtigen Rot-Stift-Politik auch nicht damit zu rechnen ist, dass sie die notwendigen Mittel rechtzeitig erhalten. Nötig wären zum Beispiel entsprechende Atemschutzgeräte mit Sauerstoffflaschen sowie Elektrofahrzeuge. Herkömmliche Verbrennungsmotoren funktionieren nämlich bei zu hohen Kohlendioxidkonzentrationen nicht.
Derweil erinnert die schleswig-holsteinische Bürgerinitiative gegen CCS daran, dass 2013 bis 2016 sich zahlreiche Gemeinden und Kreise zu frackingfreien Zonen erklärt haben und so schließlich die entsprechenden Fracking-Pläne der seinerzeitigen Landesregierung vereitelten. Ähnliches sollte nun auch mit CCS gemacht werden. Vorlagen für eine entsprechende Resolution finden sich auf der Internetseite der Initiative (https://keinco2endlager.de/). Erste Gemeinden und der Kreis Nordfriesland hätten sich bereits „CCS-frei“ erklärt.

Das wäre in der Tat ein wichtiges Zeichen, aber noch nicht das Ende der CCS-Technologie. Allein schon, weil die Pläne in den Gewässern jenseits der 12-Meilen-Zone nur auf der Bundesebene gestoppt werden könnte. Dort ist gerade ein Gesetz in der Vorbereitung, das den legalen Rahmen für CCS schaffen soll. „Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes) würde es Raffinerien, Kraftwerken, Müllverbrennungsanlagen sowie Produktionsanlagen für Plastik, Düngemittel oder Zement erlauben, CO2-Abscheideanlagen zu errichten und das aufgefangene CO2 über Pipelines, Züge und Schiffe zu Endlagerstätten zu transportieren – in der Nordsee sowie potenziell an Land“, heißt es in einem offenen Brief gegen die CCS-Pläne, den 70 Organisationen unterschrieben haben. Unklar ist derzeit, ob der Gesetzentwurf noch vor den Bundestagswahlen verabschiedet werden kann.
(wop)