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Die „Zeitenwende“ und der Militär-Industrie-Komplex
Die globalen Kriege und Krisen treiben die Umsätze der 100 weltgrößten Rüstungskonzerne in die Höhe. Wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI in seinem aktualisierten Bericht zu den Umsätzen der 100 größten globalen Rüstungsunternehmen schreibt, haben deren Einnahmen im Jahr 2023 um 4,2 Prozent (+ 35 Milliarden Dollar) auf 632 Milliarden Dollar (fast 600 Milliarden Euro) zugenommen.
An der Spitze stehen wieder US-amerikanische Waffenproduzenten. Platz 1 bis 5 im Ranking sind von US-Firmen belegt. Diese fünf generieren 31 Prozent (198 Milliarden Dollar) der Waffenverkäufe der Top 100. Weitere 36 der Top 100-Rüstungsfirmen haben ebenfalls ihren Sitz in den USA, insgesamt also 41, auf die 50,3% der weltweiten Top-100-Rüstungsumsätze entfallen: 317 Milliarden Dollar.
Die Waffenproduktion der G7-Staaten macht dabei 72% der weltweiten Produktion aus. Selbst die europäische NATO (einschließlich Türkei) toppt mit 21,8 Prozent noch den zusammengefassten Wert von Russland und China, deren Rüstungsunternehmen mit 20,0 Prozent an der weltweiten Rüstungsproduktion beteiligt sind.
Die vier deutschen Konzerne unter den Top-100 steigerten ihre Waffenverkäufe um 7,5 Prozent auf 10,7 Milliarden Dollar.
Rheinmetall, der größte deutsche Rüstungskonzern, „verbesserte“ sich um drei Positionen nach vorne: von Platz 29 auf 26. Zehn Prozent Umsatzwachstum. Den größten Sprung in der Skala machte Diehl mit seinen Luftabwehrsystemen: von Platz 98 auf 83. ThyssenKrupp ging dagegen von 64 auf 66 zurück; auch Hensoldt verlor an Boden: Platz 73 gegenüber 71.
Bei der deutschen Rüstungsindustrie muss man auch die Transeuropäischen Konzerne mit deutscher Beteiligung berücksichtigen. Es sind dies Airbus Defence (Luftrüstung) (von Platz 14 auf 12), MBDA (Lenkwaffen/Raketen) (von 33 auf 30) und KNDS (Panzer) (46 auf 45).
Die deutschen Firmen unter den Top-100 werden auch 2024 im Ranking nach oben gehen; ihre Auftragsbücher sind prallvoll. Allen voran der Kanonen-, Granaten- und Panzer-Konzern Rheinmetall: Er wird in diesem Jahr seinen Umsatz wahrscheinlich auf zehn bis elf Milliarden Euro verdoppeln und sich dann unter die 20 umsatzstärksten Rüstungskonzerne der Welt einreihen. Die Rheinmetall-Aktionäre – zuvorderst angelsächsische Vermögensverwalter und andere Finanzfonds – setzen auf verstärkte europäische Rüstung, die Präsident Trump den Europäern abverlangen wird. Die Rheinmetall-Aktie hat nach den US-Wahlen einen mächtigen Satz nach oben gemacht: sie stieg von 495 Punkten (6.11.2024) auf 658 am 5. Dezember. Ein Kursgewinn von fast einem Drittel (32,9%) binnen eines Monats.
„Hauptvorteil für Investments in Rüstungsaktien“, so das Börsenblatt finanz-trends „sei die Stabilität der Branche“ aufgrund des staatlichen Auftraggebers. „Hinzu kommt, dass es sich um eine vergleichsweise stark wachsende Branche handelt. Angesichts der zahlreichen Krisenherde in aller Welt haben Rüstungsindustrie-Aktien hervorragende Renditeperspektiven“. (Fred Schmid, isw 12.12.2024 https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5337-kriege-befeuern).
Passend zu diesen aktuellen Zahlen ist jüngst eine Untersuchung des Münchener „Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung“ erschienen, in dem der Ökonom Fred Schmid den Militär-Industrie-Komplex hinsichtlich seiner Wirkungen auf die Politik Deutschlands untersucht. Seine drei Säulen – Waffenindustrie, militärische Komponente und politische und personelle Lobby – werden näher betrachtet und analysiert. Mit der NATO-2%-Marke, dem Ukrainekrieg und der damit postulierten „Zeitenwende“ gewinnt der Militär-Industrie-Komplex zunehmend (neben den USA) auch in großen europäischen NATO-Ländern an Einfluss. (gst)
isw-report 140, November 2024, 32 Seiten
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