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Es ginge auch anders

Glaubt man der Berichterstattung der bürgerlichen Presse, dann geht es der Automobilbranche, dem Herzstück des deutschen Kapitalismus, schlecht. Rote Zahlen würden geschrieben, die Konzerne seien nicht mehr profitabel, Massenentlassungen und Betriebsschließungen unvermeidlich. Eines der ersten Opfer ist Audi Brüssel. Auch in Deutschland will VW Betriebe schließen. Bei näherem Hinsehen ergibt sich allerdings ein anderes Bild: Ja, die Absatzzahlen gehen erheblich zurück. Doch das bringt die Unternehmen bisher mitnichten in finanzielle Bredouille.

Aber es gefährdet mittelfristig ihren Profit, allerdings in einer Situation, in der die Konzerne auf einem schwindelerregend dickem Finanzpolster sitzen. Stefan Krull, ehemaliger VW-Betriebsrat und seit vielen Jahren einer der Vordenker der Transformation der Autoindustrie, hat einmal nachgerechnet. Demnach hat VW 2023 22 Milliarden Euro Vorsteuer Gewinn gemacht. Bei Daimler waren es 15 Milliarden und bei BMW 12 Milliarden Gewinn. Zusammen haben die drei Gewinnrücklagen von 253 Milliarden Euro. Zweihundertdreiundfünfzigmilliarden. VW hat auf sein eingesetztes Kapital, so Krull, 2023 einen Gewinn von der Prozent gemacht. Das sei dem Vorstand zu wenig. Sechs Prozent sollen es sein und deshalb müssen Kostenfaktoren weg, das heißt, schlecht ausgelastete Betriebe und deren Belegschaften.


Nun ist der Rückgang des PKW-Absatzes ja eigentlich eine gute Sache. Unsere Straßen sind dicht an dicht mit Blechkisten vollgestellt, die weniger als eine Stunde pro Tag benötigt werden. Sie schlucken öffentlichen Raum – meist kostenlos –, sie stoßen allerlei Schadstoffe aus – dank industriellem Betrug oft mehr als gesetzlich erlaubt –, sie fordern mit Lärm, Unfällen und Feinstaub mehrere Zehntausend Todesopfer pro Jahr und sie sind ein wichtiger Treiber der Klimakrise. Rund 20 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland gehen aufs Konto des Straßenverkehrs.


„Aber die Arbeitsplätze“, schallt es in allen Diskussionen regelmäßig an dieser Stelle. Ja, die Arbeitsplätze. Die sollen jetzt abgebaut werden. Um den Profit zu steigern, nicht um die Umwelt zu schonen. Doch sie könnten erhalten bleiben, wenn die Produktion umgestellt würde, wenn statt der Pkw und Stadtpanzer Busse und Straßenbahnen gebaut würden. Das technische Know-how ist in den Betrieben vorhanden. Noch. Die Konzernetagen haben andere Pläne? Dann sollten wir uns vielleicht mal daran erinnern, dass das Grundgesetz durchaus die Verstaatlichung von industriellen Branchen vorsieht. (wop)