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Krisenprotest in Europa:

EU am Scheideweg
01.03.2012  Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy lassen keinen Zweifel daran, dass eines ihrer zentralen Ziele sogenannte Arbeitsmarktreformen sind. Entlassungen sollen vereinfacht, dcie Rechte der Lohnabhängigen geschliffen, Tarifverträger unterminiert, Arbeitszeiten verlängert und flexibilisiert und gesetzliche Mindestlöhne gekürzt werden. In Griechenland, wo an den Mindestlohn auch das Arbeitslosengeld gekoppelt ist, soll dieser in der Privatwirtschaft von 751 auf 586 Euro gekürzt werden. Auch in Portugal, wo der nächste Generalstreik für den 29. März vorbereitet wird, und Spanien haben die Regierungen bereits die von „Merkozy“ geforderten „Reformen“ auf den Weg gebracht.
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In Spanien gab es aus diesem Anlass am Sonntag, den 19. Februar Zehntausende an Demonstrationen im ganzen Land. Der 18. und 19. Februar waren internationale Aktionstage gegen die Eurokrise. In vielen europäischen und auch einigen nordamerikanischen Metropolen gab es kleinere und größere Kundgebungen und Demonstrationen. Insgesamt scheint aber der Zug gemeinsamer, internationaler Proteste noch nicht so richtig Fahrt aufgenommen zu haben. Insgesamt war die Beteiligung eher lau und der Bekanntheitsgrad der Aktionen nicht besonders groß.

Aber das könnte demnächst besser werden. Für das letzte Februarwochenende – nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe – war in Frankfurt am Main ein EU-weite Konferenz sozialer Bewegungen geplant. Auf dem Treffen sollte ein Protestfahrplan für die kommenden Monate und für die Zeit bis 2013 zumindest gewissen Kampagnenüberlegungen zu erarbeiten. Nach Vorstellungen von ATTAC sollten ins Zentrum der Gespräche Aktionstage in der zweiten Maihälfte gestellt werden. „Angedacht sind unter anderem eine gemeinsame Großdemonstration sowie Blockaden im Bankenzentrum. Ziel soll eine europaweite Mobilisierung nach Frankfurt sein, um ein unübersehbares Zeichen der internationalen Solidarität und des Widerstands zu setzen“, hieß es im Vorfeld auf der Internetseite von ATTAC Deutschland.

Außerdem bereitet ein Bündnis diverser linker Gruppen und anarchosyndikalistischer Basisgewerkschaften aus Griechenland, Polen, Spanien, Belgien, Italien, Niederlande, Österreich und Deutschland für den 31. März einen weiteren Aktionstag „gegen die autoritäre Krisenpolitik von deutscher Bundesregierung, EU-Kommission und EZB“ vor. Hierzulande wird zentral zur Baustelle der Europäischen Zentralbank (EZB) nach Frankfurt am Mai aufgerufen.
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Leo Schneider, ein Sprecher des M31-Bündnisses, erklärte zu der Aktion: „Die EZB ist eines der zentralen politischen Instrumente mit denen die starken Länder der Eurozone, vor allem Deutschland und Frankreich, versuchen, die kapitalistische Krise auf dem Rücken der Lohnabhängigen hier und vor allem in Südeuropa zu lösen. Eine Stilllegung der EZB-Baustelle ist insofern ein überfälliger Schritt zur Abrüstung im kapitalistischen Wirtschaftskrieg“.

Die Teilnehmer des Bündnistreffens waren sich darüber hinaus darin einig, dass die ideologischen Versuche, die Euro-Krise mit dem Fehlverhalten von „faulen Lohnabhängigen“ und/oder „gierigen Bankern“ zu erklären, zurück gewiesen werden müssen. Das Problem sei gerade nicht das „unmoralische Verhalten“ von einzelnen Menschen, sondern vielmehr die kapitalistische Eigentumsordnung. Schneider dazu: „Die autoritäre Sparpolitik, die den südeuropäischen Ländern im Zuge der „Eurorettung“ von EZB & Co. auferlegt wird, macht den Wahnsinn der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die nicht auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, sondern auf die Produktion von Profit zielt, offensichtlich: Viele Menschen, zum Beispiel in Griechenland, müssten faktisch aufhören zu leben, um den Anforderungen von Regierungen und Kapital noch zu genügen“. Auch der Status Deutschlands als „Exportweltmeister“ sei nur durch die Komerzialisierung vieler Lebensbereiche und die gezielte Verarmungspolitik durch Agenda 2010 und Hartz IV erreicht worden.
Bei ATTAC sieht man Europa am Scheideweg: „Die Neoliberalen nutzen die Gunst der Stunde, um eine Politik durchzusetzen, die starke Beschneidungen der Demokratie und einen immer weiter gehenden Sozialabbau mit sich bringt. Den Anfang haben die Sparpakete gemacht, mit denen die Kosten der Krise nach unten umverteilt werden. Als nächstes sollen mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, dem Pakt für den Euro und anderen Maßnahmen die wirtschaftspolitischen Spielregeln der EU so überarbeitet werden, dass nur noch eins zählt: die Wettbewerbsfähigkeit. Hier wird eine Politik gegen die Interessen der meisten Menschen in Europa betrieben.
Diese Politik ist sozial und ökologisch ignorant, demokratiepolitisch fatal, und sie gibt keine angemessene Antwort auf die Krise. Zu dieser Politik gibt es gute Alternativen. Die Finanzmärkte müssen streng reguliert und Finanztransaktionen besteuert werden, es braucht europaweite Mindeststandards bei den Löhnen und den sozialen Sicherungssystemen, Vermögen und Unternehmensgewinne müssen koordiniert höher besteuert werden und die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger Europas müssen ausgebaut werden. Diese Maßnahmen würden helfen, einen solidarischen Weg aus der Krise einzuschlagen. Sie würden die neoliberalen Reformen überflüssig machen und sie würden die sozialen Ungleichheiten in Europa abbauen. Aber ihre Umsetzung muss erkämpft werden. Europa steht am Scheideweg: radikalisierter Neoliberalismus oder solidarische Gemeinschaft.“

Von den genannten Aktionen abgesehen sind bereits von der internationalen Occupy-Bewegung globale Aktionstage vom 12. bis zum 15. Mai geplant.         
(wop)
   

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