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Admiral von Tirpitz:

Maritimes Bewußtsein für rücksichtslosen U-Boot-

Krieg

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01. August 2013 In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Dienstag nach Ostern werben zwei Vizeadmirale der Bundeswehr a.D., ergänzt durch eine Lehrkraft der Bundeswehrhochschule München nebst wissenschaftlichem Mitarbeiter für die Einrichtung einer europäischen Küstenwache und für die Gründung eines europäischen Trägerverbandes. Für Frankreich und Großbritannien, denen es immer schwerer falle, genügend Ressourcen für Aufrechterhaltung und Ausbau ihrer maritimen Fertigkeiten aufzubringen, könne das eine Perspektive sein, den „Abstieg zu Marinemächten zweiter Klasse noch abzuwenden“.

Dieser Ton der Herablassung wird bei den europäischen Nachbarn gut ankommen, besonders, wenn man an der Flottenpolitik des kaiserlichen Deutschland anknüpft. Schreibt doch das illustre Quartett tatsächlich in die Zeitung: „Das maritime Bewusstsein muss nicht nur stärker werden, weil Deutschland andernfalls in der Konkurrenz zu den alten und neu aufkommenden maritimen Mächten des 21. Jahrhunderts ‚verkümmern‘ würde, wie einst Admiral von Tirpitz das kaiserliche Flottenbauprogramm begründete. Es geht eher um die Einsicht Alfred Thayer Mahans, dass die Kontrolle über die See den ökonomischen Wohlstand eines Staates bestimmt.“ (FAZ, 2.4.12, S. 11).Mahan, geb. 1840 in Westpoint, gest. 1914 in Washington D.C., Konteradmiral der US-Navy, Hauptwerk: The Influence of Sea Power upon History (dt.: Der Einfluss der Seemacht auf die Geschichte) arbeitete den Zusammenhang von internationalem Handelsvorteilen, Wirtschaftskraft und Seemacht heraus, seine Theorien begleiteten den Aufstieg der USA zur Supermacht des 20 Jahrhunderts.
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Tirpitz, geb. 1860 in Westpreußen, gest. 1941 in Ebenhausen bei München, im Sommer 1900 vom Kaiser geadelt, sah eine Chance, die damalige Vorherrschaft Großbritanniens zur See zu brechen. Die von ihm begründete und politische durchgesetzte maritime Aufrüstung mündete in den Ersten Weltkrieg. Als die kaiserliche Kriegsmarine dann gegenüber der Fernblockade durch die britische Flotte hilflos blieb, agitierte v. Tirpitz für den „rücksichtslosen U-Boot-Krieg“, dem der Kriegseintritt der USA auf dem Fuße folgte. So wurde v. Tirpitz sogar dem kaiserlichen Deutschland zu viel. Am 15. März 1916 in den Ruhestand versetzt, entwickelte der Admiral sich zur führenden Figur der alldeutschen Bewegung.

Er steht in der Zwischenkriegszeit für die Verbindung von Naziregime und konservativ-reaktionären Eliten. Die endgültige Versenkung des auf seinen Namen getauften, 1936 auf Kiel gelegten, 1939 vom Stapel gelassenen, 1941 in Dienst gestellten, nach einem erfolgreichen U-Boot-Angriff seit 1943 nicht mehr fahrbereitem und 1944 endgültig versenkten größten in Europa je gebauten Schlachtschiffs erlebte er nicht mehr. Der kritiklose Bezug auf Tirpitz‘ Sorge um Deutschlands „Verkümmern“ und das kaiserliche Flottenbauprogramm eignet sich dazu, die deutsche Idee einer europäischen Trägergruppe bereits im Planstadium zu versenken.#

 
(Quelle: Politische Berichte, maf, Bildquellen: wikimedia.org)