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Global Economic Symposium in Kiel:

Weltweites „Lösungsforum“ für die Konzernlobby

 

GES 4199

 

01. November 2013 Dieses Jahr wieder in Kiel diskutierten 600 Wirtschaftsköpfe, Wissenschaftler und Politiker beim Global Economic Symposium (GES) um nicht weniger als die großen Fragen der Weltwirtschaft. Im letzten Jahr fand das Treffen in Rio de Janeiro statt – nächstes Jahr wird Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur Gastgeber der Global Player sein. „Dies ist kein Diskussionsforum, dies ist ein Lösungsforum“, stellte Dennis Snower, Präsident des veranstaltenden Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) bei der Eröffnung in aller Bescheidenheit fest. Sekundiert wurde er dabei vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Albig (SPD), der das GES in der selben Liga wie das Weltwirtschaftsforum in Davos verortete.

Schwerpunkte des diesjährigen GES-Treffens waren einerseits Europa und die nicht überwundenen tiefgreifenden Krisenprozesse und zum Anderen die arabische Welt.

Die in den Kongressmaterialien für den Diskussionskomplex Europa vorgegeben Stichworte lauteten: Wie kann die Euro-Krise überwunden werden? Europa nach der Wahl in Deutschland: Welche Auswirkungen hat dies für die weitere Entwicklung der Europäischen Union? Die Zukunft des Fiskalpakts und der Finanzmarktreformen. Wie sieht die Zukunft Griechenlands in der EU aus?

Zu den hochkarätigen Experten zu diesem Komplex gehörten unter anderem der schillernde us-amerikanische Finanzmarktjongleur George Soros, der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen und der EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Vor allem sollte hier die künftige globale Wettbewerbsfähigkeit Europas diskutiert werden und wie sich nationalstaatliche Interessen in Europa und eine notwendige gesamteuropäisch steigende Wettbewerbsfähigkeit im Globalisierungsprozess insgesamt vereinbaren lassen.

In welche Richtung diese Diskussion verlaufen sollte, hatte das IfW dabei in einem Anfang des Jahres veröffentlichten sog. „Kieler Krisenkompass“ schon mal vorgegeben. Noch schärfere „Strukturreformen“ der sog. Krisenländer wie Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und weitere Privatisierungen werden dort ebenso gefordert wie „Regeln für eine geordnete Abwicklung von Staatsinsolvenzen“, d. h. die Androhung eines Rauswurf aus der ersten EU-Liga im Falle der Unbotmäßigkeit gegenüber den Vorgaben der Troika. Damit bleibt das Kieler Institut seiner ultra-neoliberalen Linie treu. Anfang der 80er Jahre hatte der damaligen Präsidenten des Instituts, Herbert Giersch, den Begriff der „Eurosklerose“ geprägt und damit den angeblich durch den Wohlfahrtsstaat verursachten Verlust an Wettbewerbsfähigkeit als Gefahr für den weiteren europäischen Integrationsprozess heraufbeschworen. Der jetzige IfW-Präsident ist stolz, diese Linie bruchlos fortzusetzen.

„Wir waren in den folgenden Jahren beispielsweise unter den ersten, die Anstöße für das gegeben haben, was in den Fiskalpakt geflossen ist.“ so Snower in einem Interview in den Kieler Nachrichten (1.9.13).

Ein weiteres großes Thema auf dem GES waren Fragen der Zukunft der arabischen Welt. Was sind die wahrscheinlichsten Szenarien für die kommenden Jahre? Breiten sich die Bürgerkriege in Syrien und Irak weiter aus, wohin entwickelt sich Ägypten? Drängen auch in Marokko, Jordanien, Kuwait, Saudi-Arabien oder den Golf-Staaten bald die Massen auf die Straße? Darüber debattierten u.a. der türkische Finanzminister, der Vorstandschef für die Levante-Region des in Kuwait ansässigen Telekommunikationskonzerns Zain und Prinz Turki Al-Faisal, Vorsitzender des „King Faisal Center for Research and Islamic Studies“. Dieser hatte sich in diesem Jahr auf dem World Economic Forum in Davos und auf der Münchner Sicherheitskonferenz vehement für eine bessere Bewaffnung der „syrischen Rebellen” durch die westliche Welt ausgesprochen. Mit Anti-Panzer- und Flugabwehr-Waffen sollten gleiche „Wettbewerbsbedingungen” geschaffen werden; mit schweren Waffen könne man den Syrien-Konflikt schneller lösen. Wie seine Ratschläge in Kiel aussahen, konnte man der hiesigen Presse nicht entnehmen.

Schon traditionell bemühte sich das GES im Vorfeld der Konferenz um eine medienwirksame Einbindung gesellschaftlicher Gruppen vor Ort. So war erneut neben der Bertelsmann-Stiftung auch die Heinrich-Böll-Stiftung als „Knowledge-Partner“ auf dem GES präsent. Darüber hinaus beteiligten sich rund 100 Schülerinnen und Schüler des 11. und 12. Jahrgangs von mehreren Schulen der Region „aktiv“ am Kongress. Während des GES wurde ihnen die Möglichkeit gegeben, ihre gesellschaftlichen Perspektiven mit den anwesenden Experten zu diskutieren, wusste die Presse zu vermelden.

„Die Tage des Symposiums stehen immer im Zeichen inspirierender, zukunftsweisender und lösungsorientierter Diskussionen zu globalen Herausforderungen. Ein Alleinstellungsmerkmal des Symposiums ist es, dass hier nicht nur diskutiert wird, sondern am Ende konkrete Lösungsvorschläge stehen. Die Teilnehmer entwickeln konkrete politische Maßnahmen und Strategien, die helfen sollen, umfassende globale Probleme zu lösen,“ so beschreibt sich das GES in seiner Selbstdarstellung.

Doch wie die vorangegangenen fünf Kongresse des GES deutlich gemacht haben, bleiben die dort anwesenden „Experten“ bei ihrer Suche nach Lösungen für die globalen Probleme dieser Welt in den alten Denk- und angeblichen Sachzwängen der Kapitallogik gefangen und sind somit nicht Teil der Lösung eben dieser Probleme, sondern stehen Lösungen im Wege, – so wie der Kapitalismus als Ganzes immer offensichtlicher zum Problem des zivilisatorischen Überlebens der Menschheit geworden ist.

Am Wochenende vor Beginn des GES wurde in Kiel auf einem Kongress über ein „Europa von unten“ debattiert, in dessen Aufruf der beteiligten Organisationen heißt es: „Wir wehren uns gegen die herrschende neoliberale Politik, die von und in den Institutionen der Europäischen Union betrieben wird. Wir wehren uns gegen diese Politik, die Konzern- und Bankeninteressen bedient und die gegen die progressiven Errungenschaften gerichtet sind, die Menschen in vielen europäischen Ländern erkämpft haben. Wir wehren uns gegen ein autoritäres Krisenregime, das Parlamente entmachtet und Demokratie abbaut, das Tarif- und Arbeitnehmer_innenrechte aushebelt, soziale Sicherungssysteme abbaut und öffentliche Güter privatisiert. (...) Unser Gegenentwurf ist ein „Europa von unten“, in dem Entscheidungen von denen getroffen werden, die sie betreffen und nicht von Kapitalinteressen. Wir treten für eine Europa ein, in dem sich alle Menschen frei bewegen können, das statt auf Konkurrenz und Ausbeutung, auf Solidarität basiert.“

(Text und Fotos: gst)

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