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Fracking:

Gefahren für den Großraum Kiel

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Anti-Fracking-Protest in New York

01.März 2014 Schleswig-Holstein ist das Bundesland mit den deutschlandweit größten Erdölvorkommen. Im Großraum Kiel wurden Bewilligungen für frühere Förderungen neu erteilt – unter anderem für die Felder Preetz, Schwedeneck (beide an RWE-dea), Prasdorf sowie eine Aufsuchungserlaubnis für das Feld Gettorf, welches den Großteil der Stadt Kiel mit erfasst (beide an PRD Energy, deutsche Tochter eines frack-erprobten kanadischen Konzerns). Zwar ist damit noch keine Genehmigung der eigentlichen Förderung verbunden. Laut Auskunft der zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG, Sitz in Clausthal, Hannover und Meppen, zuständig für die vier nordwestlichen Bundesländer) wollen die antragstellenden Unternehmen offiziell nicht fracken, doch sie nennen es lediglich anders. „Diese Auskunft ist natürlich nicht rechtsverbindlich. Entsprechend kann sie jederzeit folgenlos zurückgenommen werden“ (LBEG auf dem Hearing des Kieler Landtags am 7.8.2013).

Das schwarze Gold ist in meist nur wenig durchlässigen Poren des Sandsteins in zweitausend Metern Tiefe eingeschlossen; es lässt sich zum größten Teil nur durch „Hydaulic Fracturing“ erschließen: Indem eine „Frac-Flüssigkeit“ unter hohem Druck mehrere Stunden in die zuvor niedergebrachte Bohrung eingepresst wird, erfolgt die Öffnung der Poren durch Rissbildungen im Gestein. Die Frac-Flüssigkeit besteht aus mehreren Millionen Litern Wasser pro Bohrung mitsamt Stützmitteln (z.B. Quarzsand) und verschiedenen „Additiven“ – teils Krebs erregenden chemischen Zusätzen. Von vier Bohrungen pro Quadratkilometer ist zurzeit die Rede.

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Gefahr für das Trinkwasser

Die Hauptgefahr liegt in der möglichen Kontamination des Trinkwassers. Oberirdisch kann die Frac-Flüssigkeit beim Anliefern, Mischen und Einpressen ins Bohrloch sowie beim Aufnehmen und Abtransportieren nach dem Rückspülen ins Erdreich außer Kontrolle geraten. Im Erdinnern kann die Frac-Flüssigkeit durch Störfälle unmittelbar ins Grundwasser gelangen, z.B. bei Leckagen der unterirdischen Rohrleitungen oder wenn die giftigen Substanzen mittel- oder langfristig ins Grundwasser gelangen. Dank der geologischen Eigenarten des Untergrunds ist dieses Risiko in Kiel und Umgebung überdurchschnittlich groß. Die ungewöhnlich hohe Anzahl von Krebsfällen und seltenen Bluterkrankungen rund um die Erdgas-Förderanlagen im Raum Rotenburg, aber auch in unmittelbarer Nachbarschaft des Ölfeldes Warnsdorf im Kreis Plön beunruhigen die dortigen Anwohner.

Weitere Risiken entstehen aus der Rückführung der Frac-Flüssigkeit, die mit Schwermetallen und den „natürlichen“ radioaktiven Stoffen angereichert sein kann („Flowback“), sowie durch deren Weitertransport zur „Entsorgung“ mittels Transportfahrzeugen oder Pipelines (1). Außerdem traten in Niedersachsen bisher bereits frac-bedingte Erdbeben bis zur Stärke von 4,5 auf der Richterskala auf – mit Rissen an Häusern noch in 100 Kilometern Entfernung.

Nichttoxisches Fracking?

Nebenbei: Umweltminister Robert Habeck will lediglich „toxisches Fracking“ verbieten – „nichttoxisches Fracking“ wäre damit erlaubt. Abgesehen davon, dass ein Beweis der von Exxon und weiteren Konzernen angekündigten Perspektive des „giftfreien Frackings“ bislang nicht erbracht wurde und entsprechend unausgereifte Festlegungen nicht verantwortbar wären, wäre auch dann nur ein Teil der Probleme gelöst – die Forderung nach vollständigem Frac-Verbot halten wir aufrecht.

Der Flowback muss aufbereitet und entsorgt werden. Herkömmliche Kläranlagen sind bei weitem überfordert. Zwar lassen sich die im Flowback enthaltenen Schwermetalle, Aromate und radioaktiven Stoffe wie z.B. Strontium in teuren Verfahren herausfiltern. Unklar ist weiterhin deren sichere Entsorgung ebenso wie die Klärung der Frage, wohin mit den Millionen Litern Restflüssigkeit. Das Hauptrisiko besteht in der dauerhaften Kontamination des Grundwassers durch den hohen Salzgehalt des Flowback. Dass sich die hydrogeologische Struktur grundlegend ändert und weite Landstriche durch Fracking austrocknen, sei nur am Rande erwähnt. Aufgrund solch negativer Erfahrungen wurden in einer zunehmenden Zahl von US-Staaten bereits vollständige Frac-Verbote erlassen – auch in Frankreich und Bulgarien.

Das Bundesberggesetz (BBergG) enthält sicherheitstechnische Vorschriften entsprechend den allgemeinen bergbaulichen Gefährdungen, jedoch keine besonderen Regelungen, welche den deutlich höheren Risiken des Frackings genügen. Aus den soeben umrissenen ungeklärten Problemen speist sich die Forderung nach sofortigem und vollständigem Frac-Verbot auch in der BR Deutschland

§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG verlangt lediglich Maßnahmen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Sicherheitstechnik. Demnach reicht die Anwendung derjenigen Maßnahmen aus, die der herrschenden Auffassung in der Sicherheitstechnik entsprechen, von deren Richtigkeit die Mehrheit der Fachleute, die sie anzuwenden haben, überzeugt ist – und das sind überwiegend Angestellte der Bergbau treibenden Konzerne.

Ist Fracking beherrschbar?

Zum 2. Teil der Fracking-Studie des Umweltbundesamts

Ende Februar (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) stellte die neue Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) den Zweiten Teil der Fracking-Studie des UBA offiziell vor. Schon bei der inoffiziellen Vorstellung im Januar jubelten die Erdöl- und Erdgaskonzerne: Fracking sei beherrschbar, der Schutz der Umwelt gewährleistet; die hohen technischen Standards reichten aus, der Trinkwasserschutz sei gewährleistet und Erschütterungen durch Fracking auf der Oberfläche nicht wahrnehmbar. Es sei an der Zeit, brachliegende Frac-Genehmigungen zu erteilen (Dr. Gernot Kalkoffen, Vorsitzender des Wirtschaftsverbands Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.).

Schon in seiner ersten Stellungnahme verwies der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) auf gravierende Schwächen der Studie: So fehle der Nachweis, dass das geplante Monitoring-Konzept ein umfassendes Bild potenzieller Schadstofffreisetzungen ergeben könne. Hinzu komme, dass die geplanten Messmethoden ungeeignet seien. Zu begrüßen sei zwar eine Verpflichtung zur Offenlegung der eingesetzten Chemikalien, doch sei der Umfang der notwendig anzugebenden Daten zu eng gewählt.

Besonders kritikwürdig an der Studie sei die Verpressung des Flowback in den Boden. An ihr festzuhalten, widerspreche jeder Anforderung an die geordnete Entsorgung von Abfällen. Bei der Darlegung der Erdbebengefahren seien stattgefundene Ereignisse in Niedersachsen offensichtlich ausgeklammert worden. Zwar werde die längst fällige Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) empfohlen; weil diese jedoch über das Fachrecht nicht hinausreichen, bleiben sie folgenlos. Auch das Wasserrecht betreffende Feststellungen gingen über die Fachspezifik des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) nicht hinaus (2).

Habecks rechtswidrige Claim-Genehmigungen könnten Schleswig-Holstein Milliarden kosten

In einem Offenen Brief der Aktionsgemeinschaft „Stoppt Fracking im Großraum Kiel – für eine postfossile Zukunft!“ an Umweltminister Dr. Habeck, der ihm am 3. Februar übergeben wurde, heißt es: „Dass Fracking mit besonderen Risiken behaftet ist, steht außer Frage. >In dem Moment aber, in dem besondere Risiken deutlich werden, gilt nicht das Normalverfahren, sondern dann muss man schon vorher detaillierter prüfen<.

Laut Bundesverwaltungsgerichtsbeschluss vom 15.10.1998, aus dem Sie ebenfalls zitieren (und den Antifrack-Initiativen eine verkürzte Sicht unterstellen), will der Gesetzgeber >verhindern, dass Bergbauberechtigungen verliehen werden, die nicht die Erwartung rechtfertigen, jemals ausgeübt werden zu können. § 11 Nr. 10 BBergG steht in einem sachlichen Zusammenhang mit den Vorschriften, die die eigentliche Bergbautätigkeit unter einen Zulassungsvorbehalt stellen<. Wenn – wie bislang in Ihrem Ministerium fortlaufend geschehen – bergrechtliche Konzessionen erteilt werden, ohne deren mögliche Auswirkungen zu prüfen, kommt dies einer Vorentscheidung gleich: Es wird dann später kaum noch möglich sein, Frack-Vorhaben im Betriebsplanverfahren abzulehnen, alleine schon aus Gründen des Investitionsschutzes – es kämen horrende Forderungen auf das Land Schleswig-Holstein zu. (Dieses Problem dürfte sich mit einem möglichen Inkrafttreten des geplanten Freihandels- bzw. Investitionsschutzabkommens zwischen USA/Kanada einer- und dem EU-Raum andrerseits spürbar verschärfen.) Solche Nachforderungen hätten Sie zu vertreten, Herr Dr. Habeck!“ (3) (hajü)

Fußnoten: (1) Der Großteil dieser Argumente entstammt einem Rechtsgutachten eines von Exxon finanzierten „neutralen Expertenkreises“:

http://www.uni-kassel.de/upress/online/frei/978-3-86219-350-9.volltext.frei.pdf

(2) http://www.gegen-gasbohren.de/2014/01/24/anti-fracking-bewegung-kritisiert-fracking-gutachtenentwurf/

(3) http://ploenzeile.de/2014/02/18/offener-brief-an-umweltminister-dr-habeck/

Die Aktionsgemeinschaft „Stoppt Fracking im Großraum Kiel – für eine postfossile Zukunft!“ trifft sich seit Januar regelmäßig in der Pumpe, Haßstr. 22 in Kiel. Zukünftig jeweils am 4. Do. um 19 Uhr in der Pumpe. Mittlerweile sind ca. 30 Personen in der Initiative aktiv. Eine eigene Internetseite www.kiel-postfossil.de ist im Aufbau. Die Vernetzung findet statt über die Mailingliste: nofracking@kielimwandel.de, die für Interessierte öffentlich ist. Nächstes Treffen: 27.3., 19 Uhr, Pumpe

(uws)

Erdl

Im mittleren Jura, vor rund 280 Millionen Jahren, erstreckte sich über der heutigen Nordsee über Norddeutschland, über Polen bis nach Finnland im Osten und Hessen im Süden ein warmes, flaches Meer, das mehrfach trocken fiel. Am Boden blieben jeweils große Mengen an Salz und pflanzliches Ablagerungen zurück, die von Geröll, Sand und verwehten Staub überdeckt wurden. Der Vorgang wiederholte sich mehrfach, weil vom Ozean immer wieder salziges Meerwasser in die weite Ebene strömte. Im Laufe der Jahrmillionen formten der Druck der auf den Ablagerungen liegenden Gesteinsschichten und die aus dem Erdinnern aufsteigende Wärme die Überresten der Pflanzen und Meeresbewohner in Erdöl und Erdgas um.

   

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