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Glosse:

Der Sigi hats auch nicht leicht!

Mal ehrlich, wären Sie gern Sigi Gabriel? – Na eben, keiner wäre gern Sigi Gabriel.

sigi

01. April 2015 Der Mann hat es nämlich nicht leicht. Nach dem SPD-Desaster bei den letzten Bundestagswahlen ist der Sigi aus den Trümmern auferstanden, hat seine führenden Leidensgenossinnen und Leidensgenossen um sich geschart und dem traumatisierten Parteivolk erst einmal gesagt, wo es langgeht. Das hatte vor Schreck ganz vergessen, wer die SPD eigentlich gegen die Wand gefahren hat. Doch egal, man muss nach vorne schauen und es ist immer gut, wenn einer weiß, wo es langgeht. Das war und ist eben der Sigi.

An Mutti Angelas Seite mitregieren, heißt nunmehr die Devise. Schließlich hat schon der große Parteistratege und Politphilosoph Franz Müntefering die epochale Weisheit formuliert: “Opposition ist Mist!“

Das findet auch der Sigi und darf nun als Super-Minister, wie dereinst Wolfgang Clement, in Sachen Energie und Wirtschaft mitmischen – soweit das die Wirtschaft zulässt. Mit der muss er sich natürlich gutstehen, sonst läuft da gar nichts.

So müssen schon mal ein paar kleine, bescheidene Hürden aus dem letzten Wahlkampf abgeräumt werden. Folgerichtig erklärt Sigi: “Die Vermögenssteuer ist tot!“, “Fossile Energieträger wie Braunkohle sind auch in Zukunft unverzichtbar!“ Außerdem macht er schon mal klar, dass die durch die Schuldenbremse und Schäubles glorreiche schwarze Null zerfallende öffentliche Infrastruktur nur gerettet werden kann, wenn man sie privaten Investoren überlässt. Die wissen zurzeit eh nicht, wo sie das viele Geld anlegen sollen, das ihnen in den letzten Jahren in die Taschen floss.

Den Vorwurf, dass die Waffenexporte unter seiner Zuständigkeit munter fortgesetzt werden, obwohl er sie doch entschieden begrenzen wollte, sollte Sigi einfach wegstecken. Denn hier geht es nicht nur um die deutsche Sicherheit in Saudi Arabien, sondern auch um unsere Stellung auf dem hart umkämpften internationalen Waffenmarkt und somit auch um Arbeitsplätze. Zudem wollen wir wieder militärisch mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, und dazu gehören eben nicht nur Soldaten, sondern auch deutsche Waffen in aller Welt. Siebzig Jahre nach Kriegsende muss es auch mal gut sein mit Zurückhaltung!

Dass einige Zukunftsverweigerer Sigi mit seiner Befürwortung der Freihandelsabkommen TTIP und CETA in die Bredouille bringen wollen, macht ihm das Regieren auch nicht leicht. Mühsam hat er den Gewerkschaften und seiner Partei die Zustimmung zu diesen Abkommen unter der Bedingung abkaufen können, dort Regelungen rauszuverhandeln, die Investoren künftig vor Gesetzen schützen, die ihre Investitionen beeinträchtigen - zum Beispiel im Umwelt- und Verbraucherschutz. Darüber hinaus hat er seiner Partei und den Gewerkschaften versprochen, dass in diesen Abkommen mindestens außergerichtliche Schiedsverfahren ausgeschlossen werden sollten, weil rechtsstaatliche Verfahren ausreichten.

Davon redet Sigi heute gar nicht mehr gern, weil seine Freunde aus der Wirtschaft diesseits und jenseits des Atlantiks das überhaupt nicht gut finden. “Der Zug ist abgefahren“, meint er daher inzwischen. Bei all diesen Problemen hat Sigi Glück, dass seine Partei die SPD ist. Die bekommt er bei dem kommenden Parteitag schon wieder auf Linie. Dann wird er gekonnt in die große Kiste mit der Freihandelsrhetorik greifen, vor dem staunenden Publikum.

Wachstumsprognosen und das Versprechen neuer Arbeitsplätze aus dem Hut zaubern und den wirtschaftlichen Untergang des Abendlandes im globalen Wettbewerb beschwören, falls es nicht zu diesen Abkommen kommen sollte. Wenn das nicht klappt, kann er noch den Schröder machen, „basta!“ sagen und mit Rücktritt drohen. Das hat in der SPD schon immer funktioniert.

Doch Sigis eigentliches Drama besteht darin, dass er machen kann was er will – ob er den “Wirtschaftsversteher“ oder “Gewerkschaftsfreund“ gibt – seine Partei kommt bei Meinungsumfragen nicht mehr aus dem Keller. Die einen wählen lieber Mutti, weil sie “netter“ rüber kommt und sich politisch von Sigi kaum unterscheidet, die anderen haben keinen Bock mehr auf SPD und wählen entweder die LINKE oder gar nicht.

Armer Sigi!

Mensch Meyer