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Bürgerinitiative in Schönwohld:
Protest gegen Atommüllentsorgung - Basta!-Politik des Umweltministeriums läuft ins Leere!
01. September 2016 Statement der Bürgerinitiative „Kein Atommüll nach Schönwohld“ zum Abbruch der Gespräche über die vorliegende Version der Entsorgungsvereinbarung über die Einlagerung von freigemessenen gering radioaktiven Abfällen auf Hausmülldeponien in Schleswig-Holstein: Der Versuch von Umweltminister Habeck, im Schnellverfahren noch vor der parlamentarischen Sommerpause die Entsorgung gering radioaktiver Abfälle auf die sieben in Frage kommenden Hausmülldeponien ohne Diskussion von grundsätzlichen Alternativlösungen mit einer Entsorgungsvereinbarung durch zu drücken, ist am Widerstand der betroffenen Gemeinden gescheitert.
Am Donnerstagabend (21.7.16) haben auf der Bilanzveranstaltung des Ministerium im Landeshaus auch die Spitzenverbände der kommunalen Selbstverwaltung und die Deponiebetreiber ihren erheblichen Gesprächsbedarf zum Ausdruck gebracht. Alle Beteiligten erklärten ihre Übereinstimmung in dem Ziel, die Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein lieber heute als morgen stillzulegen und eine Wiederaufnahme der Nutzung auch für die Zukunft zu verhindern. Dabei konnte aber der grundsätzliche Gegensatz nicht aufgelöst werden: Während Vertreter von Bürgerinitiativen, Kommunen und Verbänden eine grundsätzliche Diskussion auch über Alternativen zur Deponierung auf Hausmülldeponien und auch über den „Sicheren Einschluss“ statt des Rückbaus einforderten, beharrte der Umweltminister auf seiner Position, dass die Eckpfosten kompletter Rückbau bis zur grünen Wiese sowie Deponierung gesetzt seien und nicht zur Debatte stehen würden.
Auf das Argument, dass ja auch der hoch- und mittelstark strahlende radioaktive Müll noch für vermutlich 60 – 100 Jahre auf dem jeweiligen Gelände eines jeden AKWs zwischengelagert wird (weil es vorher kein bundesweites Endlager geben wird) und von daher keine eilige Entscheidung nötig sei, ging Habeck nicht ein. Auch die Prüfung des französischen Modells einer vollständig abgedichteten zentralen Lagerung gering radioaktiver Abfälle steht für ihn nicht zur Diskussion.
Wenn Dr. Habeck unter demokratischer Mitbestimmung lediglich versteht, dass wir die Farbe der Big-Bags und die Ecke der Deponie, in der der radioaktive Abfall unter den Hausmüll gemischt wird, mitbestimmen dürfen – ist das nicht unsere Veranstaltung!
Offener Brief der Bürgerinitiative „Kein Atommüll nach Schönwohld“ an Herrn Dr. Habeck
Sehr geehrter Herr Dr. Habeck,
Ihr Ministerium plant gemeinsam mit den Energieversorgern und AKW-Betreibern den Rückbau der in Schleswig-Holstein betriebenen Atomkraftwerke. Laut Aussagen Ihres Ministeriums hat man sich bereits seit 2014 mit diesen Rückbau- und Entsorgungsplänen beschäftigt. Die an möglichen Deponiestandorten betroffenen Gemeinden wurden in diese frühzeitigen Überlegungen nicht einbezogen. Dies ist aufgrund der erforderlichen Planungen nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist, dass Sie den Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen Gemeinden in Schleswig-Holstein Ihre Entscheidung zur Entsorgung strahlender Abfälle erst aufgrund der Presseberichterstattung transparent gemacht haben und dann ein Zeitfenster vorgeben, welches eine sorgfältige Auseinandersetzung mit diesem Thema kaum ermöglicht.
Um dieses Zeitfenster für den Deponiestandort Schönwohld zu verdeutlichen:
Sie informierten die Bürgermeisterinnen der Gemeinden Achterwehr und Melsdorf am 13. Mai 2016; die Bürger erfuhren dies zeitgleich durch einen Artikel in den Kieler Nachrichten. Durch den Druck der Medienberichterstattung luden Sie dann zu einem Gespräch am 25. Mai 2016 ein und legten den Entwurf einer Entsorgungsvereinbarung vor, die bis zum 13. Juni 2016 von den betroffenen Kommunen, den Abfallerzeugern und Abfallentsorgern unterzeichnet sein sollte. Diese Dynamik überraschte am 25. Mai 2016 selbst die zuvor informierten Deponiebetreiber. In Schönwohld gründete sich eine Bürgerinitiative, deren Ziel es war, sich zunächst auf einen Sachstand zur Problematik zu bringen. Einwände, dass es sich hier um strahlenden und gesundheitsschädlichen Abfall handele, konnte Ihr Ministerium nicht ausräumen – und um nichts anderes handelt es sich, denn nur durch den Verwaltungsakt einer in der Fachwelt umstrittenen Freimessung wird die radioaktive Strahlung nicht unterbunden oder löst sich gar auf. Vielmehr waren die Ausführungen anlässlich einer Informationsveranstaltung am 14. Juni 2016, in denen Herr Dr. Müller aus Ihrem Hause deutlich machte, dass es dem Ministerium „völlig egal sei, ob man ihm glaube, oder nicht“, wenig hilfreich, um dem Ministerium als Atomaufsichtsbehörde Vertrauen entgegen zu bringen.
Gleichwohl hatten Herr Grützner und die Bürgerinitiative den weiteren Dialog vereinbart und es wird ein Treffen am 11. Juli 2016 in Ihrem Hause geben, bei der u.a. unsere Anmerkungen zur Entsorgungsvereinbarung thematisiert werden. Heute, sehr geehrter Herr Dr. Habeck, müssen wir in den Kieler Nachrichten lesen, dass es sich laut Ihrer Pressesprecherin bei dem radioaktiv strahlenden Abfall der AKW, der u.a. auf die Deponie Schönwohld verbracht werden soll, um „emotional belasteten Abfall“ handeln würde. Diese Aussage, mit der die Atomaufsichtsbehörde seine Verpflichtung zur Neutralität komplett verlässt, erzeugt bei uns erhebliche Zweifel, ob ein sachlicher Dialog mit Ihrem Hause noch möglich erscheint.
Betrachtet man die Fakten, so sind Aussagen aus Ihrem Hause, es würde sich bei dem Abfall um Tore, Straßen und Setzsteine handeln, völlig irreführend. Bei diesen Materialien handelt es sich in der Regel um eine einfache Herausgabe, bestenfalls aber um eine uneingeschränkte Freigabe nach §29 StrlSchV. Solche Aussagen dienen ausschließlich dazu, der Bevölkerung eine Sicherheit vorzuspielen, die es tatsächlich nicht gibt. Fakt ist, dass es keine ungefährliche radioaktive Strahlung gibt. Garantieren Sie, Herr Dr. Habeck, mit Ihrer Unterschrift, dass dieser radioaktiv belastete Abfall keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen verursacht? Schließen Sie, Herr Dr. Habeck, absolut aus, dass Radionuklide dieses Abfalls jemals gesundheitliche Schäden bei der Bevölkerung bzw. den Mitarbeitern der Deponien, den Lkw-Fahrern dieser Abfalltransporte, etc. verursachen?
Mit der Bezeichnung „emotional belasteter Abfall“ stellen Sie uns als Bürgerinitiative in eine Art „hysterische Ecke“, um Ihre und die Interessen der AKW-Betreiber durchzusetzen. Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass Sie es bei den Einwohnerinnen und Einwohner, die sich der Bürgerinitiative angeschlossen haben, unter anderem mit Diplom-Kaufleuten, Vorstandsvorsitzenden von Banken, Ärzten, Polizeibeamten, Juristen und Gymnasiallehrern zu tun haben. Wir werden uns nicht von den Aussagen und Auftritten Ihrer Mitarbeiter diskreditieren lassen.
Sehr geehrter Herr Dr. Habeck, wir prüfen derzeit u.a. eine Verfassungsbeschwerde in Bezug auf die Regelungen der Strahlenschutzverordnung. Ganz sicher können wir mit massiven Protesten der Bevölkerung gegen die Einlagerung von radioaktivem Abfall auf der Deponie rechnen. Bilder von Kindern und älteren Bürgern, die von der Polizei weggetragen werden, weil sie vor der Deponie für ihre Gesundheit kämpfen, wollen wir mit Bestimmtheit alle vermeiden.
Vor dem aktuellen Hintergrund bzw. der dokumentierten Auffassung des Ministeriums sind unsere Erwartungen an irgendeinen substanziellen Fortschritt in der Sache an einem Tiefpunkt angelangt. Dies bedauern wir außerordentlich.
Im Auftrag der Bürgerinitiative
Matthias Radant, Medi Kuhlemann, Stefan Marxen
Aktion
„999 Luftballons – Nuklide auf dem Weg zum Horizont!“
Am 18. September 2016 um 11 Uhr veranstaltet die
BI Schönwohld eine weitere Aktion mit anschließendem Picknick.
Bitte auch dieses Mal Essen und Geschirr mitbringen.
Treffpunkt:
Deponiestraße / Rendsburger Landstraße, Schönwohld
(Quelle: Bürgerinitiative „Kein Atommüll nach Schönwohld“, www.bi-kamis.info)