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Michael Schmökel Die Linke

Gleiches Recht für alle?  Oder Rosinenpickerei für die Mehrheit von SPD und CDU?

01. November 2016 Geschäftsordnungen, könnte man meinen, sind etwas völlig langweiliges. Wer aber genau hinsieht, der weiß, dass Geschäftsordnungen Machtinstrumente sind.  Auch die Ortsbeiräte der Stadt Kiel haben eine Geschäftsordnung. Aber wie sieht die Anwendung in der Praxis aus? Nach Erfahrung des Autors ist die Geschäftsordnung für Ortsbeiräte nicht einmal das Papier wert, auf dem sie steht. Außer wenn die Mehrheitsfraktionen von SPD und CDU sie benutzen wollen, um unliebsame Anträge anderer abbügeln zu können. Die Verwaltung der Stadt Kiel ist in diesem Bereich scheinbar ohnmächtig oder will nichts machen. 

 

Beispiele? Gibt’s ohne Ende: nehmen wir die aktuelle Diskussion in Kiel um die Ausweisung von Wohnbebauungsflächen im Stadtgebiet. Da gibt es bestimmte private Grundstücke, bei denen die Stadtverwaltung sagt, die müssten auch in den Ortsbeiräten nichtöffentlich behandelt werden. Man begründet dies in erster Linie mit Datenschutzgründen und anderen Persönlichkeitsrechten der Betroffenen. (Was vom Verfahren an sich her fragwürdig ist, da man die Betroffenen sehr wohl auch schon im jetztigen Verfahrensstadium einbeziehen und beteiligen könnte.) 

 

Im Ortsbeirat Suchsdorf tritt Die LINKE an dieser wie an allen möglichen anderen Stellen vehement für Transparenz und BürgerInnen-Beteiligung ein. Die LINKE in Suchsdorf hat sich dafür eingesetzt, alle Flächen öffentlich debattieren zu können. Damit Transparenz herrscht; und dadurch letztlich auch ein faires Verfahren sichergestellt werden kann, so dass am Ende ein breit akzeptiertes Verfahren und Ergebnis herauskommt. Doch die Stadtverwaltung und der Ortsbeirat Suchsdorf stellen sich vehement auf den Standpunkt, dass dies rechtlich nicht anders möglich sei. Dass dies nicht anders möglich sei. Man gar nicht anders könne. Unter dem Ortsbeiratsvorsitzenden Reinhard Warnecke (SPD) fasste der Ortsbeirat Suchsdorf sodann einstimmig den Beschluss mit den Stimmen der SPD, CDU und den Grünen, einen Teil der Flächen öffentlich, einen anderen Teil nichtöffentlich zu beraten. Ein paar Tage später und ein paar Meter von Suchsdorf entfernt liegt der Nachbarstadtteil Steenbek-Projensdorf. Hier plädiert nun – zu Recht – der Ortsbeiratsvorsitzende (ebenfalls SPD) für ein offenes Verfahren und führt den Beschluss herbei, dass über alle Flächen öffentlich debattiert werden kann. Diesem Beschluss stimmen alle ordentlichen OBR-Mitglieder von SPD über CDU bis hin zur FDP (die hier auch stimmenberechtigt ist) zu.

 

Den Einwand des OBR-Mitgliedes von DIE LINKE, dass es in Suchsdorf nun ganz anders gehandhabt wird, und dass die Verwaltung dort sagt, man könne die nichtöffentlichen Flächen nicht öffentlich verhandeln, wird nicht gehört, ja man würgt den Vertreter der LINKEn bei seinen Ausführungen unter Berufung auf die Geschäftsordnung [sic!] ab und entzieht ihm das Wort. Man will diese Einwände nicht hören. Ein paar Wochen später auf der Ortsbeiratssitzung in Suchsdorf wird wieder das Thema geplante Wohnbaugebiete debattiert. Man stellt sich wieder auf den Standpunkt, dass man die privaten Flächen nichtöffentlich behandeln muss. Auf Vorhalt des Vertreters von DIE LINKE, dass man im Nachbarstadtteil dies ganz anders beurteile und handhabe, kommt wieder die apodiktisch zum Ausdruck gebrachte Aussage, man sei gezwungen von Gesetzes wegen so zu handeln. Man könne gar nicht anders. Die Anwesende, vom Büro des Stadtpräsidenten entsandte Geschäftsführung, wird hierzu nun befragt." In verschwurbelten nichtssagenden Schachtelsätzen versucht diese nun, so lange Ausführungen zu machen, bis der letzte Nachfrager wie ohnmächtig am Ende nicht mehr weiß, womit sie angefangen hat. 

 

Hier so, dort zu 100% anders. Einzelfall? Mitnichten. Im Ortsbeirat Steenbek-Projensdorf sagt der Ortsbeiratsvorsitzende (SPD) ganz offen und auch öffentlich in Ortsbeiratssitzungen (so z.B. in der Sitzung am 05.10.2016 vor dem versammelten Publikum), dass ihn Geschäftsordnungen oder auch die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins „einen Scheißdreck“ interessierten… Und so handelt man auch dort. Anträge anderer Parteien dürfen die Antragsteller den Anwesenden nicht vorstellen, während der Ortsbeiratsvorsitzende (SPD) selber seinen Gegenantrag ellenlang begründet, und dann beide Anträge zur Abstimmung stellt. Da bleibt einem die Spucke weg... 

 

Anderes Beispiel: Anträge von DIE LINKE in Suchsdorf werden hier schon mal mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um einen Feststellungsantrag oder eine „Resolution“. Dies sei nach der Geschäftsordnung unzulässig. In Steenbek-Projensdorf wird zeitlich parallel dazu eine „Resolution“ nach der nächsten von der dortigen Mehrheit beschlossen. Teilweise sogar „zu Protokoll“ gegeben. Was sagt die Geschäftsführung des zuständigen Stadtpräsidenten dazu: nichts. Wenn die Mehrheit dies so mache, habe man da keine Handhabe. Auch da bleibt einem die Spucke weg.

 

In Suchsdorf handelt der SPD-Vorsitzende Warnecke und sein Stellvertreter Lembcke (CDU) jedoch nicht viel besser. Hier ist man ebenfalls der Meinung, dass man die Geschäftsordnung bei Vertretern anderer Parteien richtig streng anwenden muss, während man bei Vorhaben von SPD und CDU die Geschäftsordnung mal recht großzügig auslegt. In einem Artikel der Kieler Nachrichten vom 26.09.2016 heißt es zu den demokratischen, teilweise recht konfrontativen Auseinandersetzungen im Ortsbeirat Suchsdorf denn auch von Seiten der  SPD/CDU: „Wie kann man die verfahrene Situation lösen? Nach Rücksprache mit dem Rechtsamt plant der Ortsbeirat die Regularien bei Sitzungen künftig strenger zu beachten (...)“. Wer kontrolliert nun die Einhaltung der Geschäftsordnung? De facto niemand. Die Mehrheiten in den Gremien können faktisch die Geschäftsordnung anwenden wie sie wollen – oder, wie im Falle Steenbek-Projensdorfs – eben auch nicht anwenden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Zumindest wenn wir diese Gremien demokratisch nennen wollen. 

 

Autor: Michael Schmöckel (beratendes Mitglied in den Kieler Ortsbeiräten Suchsdorf und Steenbek-Projensdorf für DIE LINKE) // Schmoeckel-LINKS@freenet.de  // facebook.com/DieLinkeInSuchsdorf // DIE LINKE Kiel: dielinke-kiel.de | Exerzierplatz 34, 24103 Kiel

   

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