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Kieler Woche und militaristisches Säbelrasseln

BuWe-Truck-Kieler-Woche

Aktion während der Kieler Woche am Bundeswehr-Truck: „Krieg beginnt hier!“ Foto: gst

01. Juli 2017 So wie jedes Jahr lockte Ende Juni die „Kieler Woche, das größte maritime Volksfest Nordeuropas“ (so der eigene Anspruch, des von vielen international agierenden Großkonzernen gesponserten Mega-Events) wieder Hunderttausende in die Hauptstadt Schleswig-Holsteins.Neben ambitioniertem Segelsport, Open-Air-Konzerten auf zig Bühnen und dem Konsum kulinarischer und alkoholischer Spezialitäten aus aller Welt, prägt seit Jahren auch immer mehr das Militärische den Charakter dieses Festes: So durch die Präsenz von NATO-Kriegsschiffen und die Möglichkeit, dass Besucher sich dieses Kriegsgerät auch an Bord mal hautnah anschauen können. Unweit der Kriegsschiffe wirbt dann die Bundeswehr mit ihren Truck für neue „Mitarbeiter“ für ihre Dienstleistungen in aller Welt.

Apropos: Die NATO-Kriegsschiffe hatten es nicht weit zur Kieler Woche. Fand doch unmittelbar vor Beginn des Volksfestes in der Ostsee unter Leitung der US-Navy das Seemanöver BALTOPS statt. Mit etwa 50 Schiffen und Booten sowie über 50 Helikoptern und Flugzeugen beteiligen sich neben den USA dreizehn weitere NATO-Nationen an dem Manöver. Die Deutsche Marine hatte fünf Kriegsschiffe für das Kriegsspiel abgestellt. Presseberichten zufolge trainierte man einen konventionellen Seekrieg und übte amphibische Landungen. 

Nein zur „KISS-Konferenz“ – Die Kieler Woche darf keine Kriegs-Show sein

In dieses Panorama der „Aufrüstungsspirale“ der Kieler Woche passt, dass nun bereits im dritten Jahr das „Instituts für Sicherheitspolitik (ISPK)“ an der Kieler Uni auf einer internationalen Konferenz mit „Fachleuten“ kriegerische strategische Planspiele betreibt. In den vergangenen Jahren fand diese sog. „Kiel Conference“ in Kooperation mit dem ortsansässigen NATO-Exzellenzzentrums (COE-CSW) statt.

In diesem Jahr wurde diese Veranstaltung (aus welchen Gründen auch immer – dazu wurde nichts bekannt) nun umetikettiert und mit einem neuen Partner – dem „Center for Naval Analyses“, einer Denkfabrik, die strategische Analysen für die US-Kriegsmarine liefert) als „Kiel International Seapower Symposium“ (KISS) durchgeführt. Thema des Symposiums war die Region des östlichen Mittelmeers, seine strategische und militärische Bedeutung. An der Gestaltung der Websites und der Arbeitsgruppen dieser Veranstaltung wurde deutlich: Friedenspolitik, zivile Konfliktlösungen spielen keine Rolle, es geht allein um das Primat des Militärischen.

Am 20. Juni 2017 demonstrierten 150 Kieler Bürger*innen gegen diese Militarisierung der Kieler Woche. Das Bündnis „War starts here“ (bestehend u.a.aus  DFG/VK, DGB Jugend, LINKE, DKP, IL, Mitarbeiter*innen-Initiative „pax optima rerum“ der Uni Kiel, SDAJ, solid) hatte wie in den beiden letzten Jahren zum Protest gegen die vom Kieler Instituts für Sicherheitspolitik (ISPK) veranstaltete „Kriegs-Konferenz“ aufgerufen.

Das Bündnis kritisiert die einseitig militärische Ausrichtung der Konferenz und die Kooperation mit militärstrategischen Einrichtungen. Ziel muss nach Auffassung der Bündnisteilnehmer sein, die Kieler Woche wieder zu einem Fest des Friedens zu machen.

In dem Aufruf zur Demonstration heißt es u.a.:

„Die Rüstungsindustrie in Schleswig-Holstein boomt mit fast 1,5 Milliarden Umsatz. Bis zu 70 Prozent des Kriegsgeräts aus dem Norden wird exportiert. Waffen aus Schleswig-Holstein werden in alle Regionen der Welt exportiert. Nicht nur die „NATO-Partner“, auch Terroristen und Kindersoldaten kämpfen mit Waffen aus deutscher Produktion. Der Kieler Hafen ist Drehkreuz für die Verlegung von Truppen an die russische Grenze. Die Bundeswehr wirbt vermehrt um junge Rekrut*innen, ist in den Schulen und auf den Jobmessen präsent. Auch die Kieler Woche wird neben ihren erfreulichen Aspekten wieder eine Show diversen Kriegsgeräts sein. Die Bundeswehr will dort mit einem eigenen Werbe-Truck Nachwuchs rekrutieren.

Wir fordern:

•Die Kieler Woche darf keine Kriegs-Show sein, sondern ein Fest des Friedens.

•Wissenschaft muss dem Frieden dienen, Forschung friedlichen Zwecken. Deshalb unterstützen wir die Forderung nach Zivilklauseln an unseren Hochschulen. Raus mit dem ISPK aus der Kieler Uni.

•Bundeswehr raus aus den Schulen und den Jobmessen. Das Geschäft mit dem Tod ist kein Beruf wie jeder andere.

•Stopp von Rüstungsexporten, Stopp von deutschen Auslandseinsätzen.“

Text/Foto: gst

Anti-KISS-Demo

Rede des Kieler Friedensforums auf der Demo gegen die Militarisierung der Kieler Woche:

Kiel braucht wieder ein Friedensforschungsinstitut

Ich grüße Euch im Namen des Kieler Friedensforum.  Wir protestieren hier heute gegen die massive Anwesenheit von Kriegsschiffen zur Kieler Woche, aber vor allem auch gegen die von Prof. Krause und seinem Forschungsinstitut imitierte heutige Konferenz.

Der Name der Konferenz und der Kooperationspartner haben sich zwar geändert (in diesem Jahr unter dem Namen: Kiel International Seapower Symposium, KISS Red.), aber der Charakter der Konferenz mit hochrangigen NATO-Militärs, Politikern und Wirtschaftsvertretern nicht.

Das Thema in diesem Jahr ist das östliche Mittelmeer (nach der Beschäftigung mit dem Ostsee-Raum und der Ausplünderung der Arktis in den vergangenen Jahren).

Warum befaßt sich ein Politisches Forschungsinstitut mit dem Mittelmeer, hier sogar mit dem östlichen Mittelmeer?

Gründe gibt es genug, ich möchte einige benennen:

-Die EU betrachtet das Mittelmeer als ihre Außengrenze und versucht, Menschen von der Flucht nach Europa abzuhalten.

-ein großer Teil der deutschen Marine befindet sich im Mittelmeer, teils zur Flüchtlingsabwehr, teils aber auch - vor Syrien - mit eindeutig militärischem Auftrag.

-Das östliche Mittelmeer ist einer der großen Brennpunkte dieser Welt. Große Teile Europas werden über diese Region mit Energie versorgt. 

-Im Syrischen Krieg stehen sich die Großmächte Russland-USA direkt gegenüber. 

-Es ist das erklärte Ziel der USA, ihr militärisches Engagement in Europa und Afrika zu reduzieren - zugunsten des asiatisch-pazifischen Raumes. Darin sieht  das von Deutschland geführte Europa eine Chance, auch im Mittelmeer militärisch stärker präsent zu sein.

-Das östliche Mittelmeer ist der einzige Zugang zum Schwarzen Meer, in dem ein Großteil der russischen Marine liegt. Zunehmend finden im Schwarzen Meer NATO-Manöver statt. Zu befürchten ist eine ähnliche konfrontative Situation mit Russland wie in der Ostsee.

-Schließlich ist da noch das Noch-NATO-Mitglied der Türkei, das eine Machtpolitik jenseits von NATO und EU anstrebt.

Diese wenigen Beispiele zeigen, dass das gewählte Thema der Konferenz  hochbrisante und explosive Aspekte enthält. Die NATO sucht – ähnlich wie in der Ostsee – die Konfrontation mit Russland statt einer Kooperation. Es ist nicht davon auszugehen, dass es in der Konferenz um Konfliktbeilegung geht, sondern ausschließlich um militärische Aspekte.

Deshalb wiederholen wir unsere Forderung, dass diese Konferenz in Kiel nichts zu suchen hat, schon gar nicht im Zusammenhang mit der Kieler Woche.

Das alles zeigt: das ISPK muss weg, Kiel braucht wieder ein Friedensforschungsinstitut.

Vielen Dank

Benno Stahn, Kieler Friedensforum

Redebeitrag zu den Hintergründen des Kieler Instituts für Sicherheitspolitik:

Nachbesetzung der Professur von Professor Krause und Aberkennung des Status des ISPK an der CAU !

Das Institut für Sicherheitspolitik (ISPK) wurde 1983 von Werner Kaltefleiter als Direktor des Instituts für Politische Wissenschaft gegründet und vom Wissenschaftsministerium der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel angegliedert.

Laut Wikipedia wurde das ISPK  als ein sicherheitspolitisches Gegengewicht zur Friedens- und Konfliktforschung gegründet. Diese Aussage kann man wörtlich nehmen: Das Institut, welches der emeritierte Professor Krause als einer von zwei Geschäftsführern leitet, ist mit dem Gegenteil, nämlich der Strategie-Kriegsforschung beschäftigt.

Wie wir gerade gehört haben, steht im Fokus der heutigen vom ISPK ausgerichteten Seekriegskonferenz das östliche Mittelmeer. Zitat: „Vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Syrien wird oft übersehen, dass es sich hier auch um einen maritimen Brennpunkt handelt, in dem nahezu alle regionalen Akteure, aber auch Russland, die EU und die NATO unterschiedliche strategische Interessen vertreten“, sagt Sebastian Bruns, Leiter der Abteilung Maritime Strategie und Sicherheit. Professor Krause ergänzt in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, dass Russland unser strategische Gegner sei. Ein Beispiel zur Nah-Ost-Politikberatung seitens des ISPK: 2014 empfahl Professor Krause auf einer Veranstaltung der Böll-Stiftung die militärische Intervention der Westmächte, einschließlich Deutschlands, zur Terrorismusbekämpfung in Syrien, wobei er die Ursachen des Terrorismus, wie die Kriege gegen den Irak und Libyen, Finanzierung und Aufrüstung der islamistischen Gruppen durch die USA, Saudi-Arabien, die  Golfstaaten und Türkei negierte.

Eine solche Argumentation hat nichts mit Wissenschaft zu tun, das ist Kriegspropaganda.

Auch wenn die Gesellschaftswissenschaften in ihrem Erkenntnisprozess nicht wie die Naturwissenschaften durch kontrollierte Experimente falsifizierbare Hypothesen bilden können, müssen sie in guter wissenschaftlicher Praxis alle verfügbaren Quellen auswerten und vergleichend analysieren! Nur dann können wissenschaftliche Erkenntnisse, wie von den Initiatoren des „Science Marches“ gefordert, Grundlage des gesellschaftlichen Diskurses sein.

Die von Mitarbeiterinnen und ehemaligen Mitarbeitern der Universität initierte Gruppe „Pax Optima Rerum“ für die ich heute spreche, wehren sich gegen den Missbrauch der Wissenschaft durch das ISPK. Das ISPK darf nicht weiter mit dem Sinnspruch der Christian-Albrechts-Universität: Pax Optima Rerum, „Der Frieden ist das höchste Gut“ werben! 

Wir fordern deshalb die Aberkennung des Status eines an die CAU angegliederten Instituts für das ISPK.

Diese und andere Forderungen haben wir in einem Brief an den Senat und die Universitätsleitung am 22. Januar 2017 formuliert. Erst am 29. Mai, nachdem wir den Brief auch allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der CAU zur Kenntnis gebracht hatten, hat uns die Uni-Leitung geantwortet:

„Das Präsidium sieht keine Veranlassung, sich von der Forschung des ISPK zu distanzieren. Es sieht keine Veranlassung, auf eine Trennung von CAU und ISPK beim Wissenschaftsministerium hinzuwirken.“ Begründet wird dies im Wesentlichen mit der Wissenschaftsfreiheit.

Die Leitlinien der CAU besagen jedoch, dass die Forschung an der Universität dem Wohl der Menschheit dienen soll. Wissenschaftsfreiheit bedeutet nicht, dass eine als eine GmbH rechtlich selbständige Institution unter den Fittichen der Universität Kriegsforschung und -propaganda betreiben kann. Dies schadet dem Ansehen der Universität. 

Man könnte sagen, dass in der Einschätzung der Öffentlichkeitswirkung des ISPK sogar die Bundeswehr weiter ist als die CAU: sie hat die Zusammenarbeit mit dem ISPK aufgekündigt.

Zu unserer Forderung, dass bei der Nachbesetzung der Professur von Professor Krause die Forschung der Nachfolgerin, des Nachfolgers dem Frieden verpflichtet werden soll, antwortet das Präsidium, dass dafür keine Handhabe bestehe. Liebe Kanzlerin, Frau Meyer, dies ist schlichtweg falsch. Vom Ausschreibungstext bis zu Diskussionen in der Berufungskommission und der Fakultät wählt die Universität den Forschungsschwerpunkt für den betreffenden Lehrstuhl aus.

Zum Schluss beklagt sich die Kanzlerin in ihrer Antwort über Irritationen die unser Brief an der Universität hervorgerufen hat. Gut so! Soll die Irritation zur Unruhe, die Unruhe zum Widerstand gegen das ISPK werden!

Zu einer Forderung hat das Präsidium keine Stellung bezogen. Und das ist die Forderung nach einer Zivilklausel. Aber zu diesem Punkt wird als nächstes eine Rednerin der Studierenden Stellung beziehen.

Dr. Heinrich Kümmel,

Arbeitskreis „Pax Optima Rerum“

 

   

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