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Ratsversammlung will Möbel Kraft ansiedeln:
Albigs Wahlkampfopfer
01.11.2011 Wie mehrfach berichtet, soll am Westring zwischen Autobahn und Hasseldieksdammer Weg das dortige Kleingartengelände einem neuen Möbelmarkt weichen. Möbel Kraft will sich dort ansiedeln. Dort und nur dort, denn das erklärte Ziel ist der Konkurrenzkampf mit Ikea. Die Kleingärtner sind, wie man sich denken kann, wenig begeistert. Auch die Umweltschützer vom BUND schlagen Alarm, weil ein ökologisches Kleinod zerstört und der städtische Grüngürtel weiter beschädigt würde.
Am 29. September, nach Redaktionsschluss der letzten Ausgabe, gab es über diese Pläne in der Ratsversammlung eine hitzige Debatte. Sie endete erwartungsgemäß mit einem Grundsatzbeschluss für die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes. CDU und FDP maulten ein wenig, aber wollten keineswegs als „Investorenfeinde“ dastehen. Die Reihen aus SPD, Grünen und SSW waren weitgehend geschlossen. Nur Björn Sander, der umweltpolitische Sprecher der Grünen war offensichtlich aus Protest zurück getreten und der Ratssitzung fern geblieben.
Gegenstimmen gab es hingegen von der Linkspartei und der von dieser abgespaltenen Fraktion Direkte Demokratie. Beide hatten auch eine vor allem von Kleingärtnern gut besuchte Kundgebung vor dem Rathaus unterstützt. Etwa 150 Menschen waren gekommen und hatten eine recht kämpferische Stimmung mitgebracht.
„Grün ist nur noch eine Farbe ohne Inhalt“, meinte eine Rednerin dort und verwies darauf, dass sich Arbeitslose und Rentner in ihren Gärten selbst versorgen würden. Diese haben also nicht nur einen hohen Freizeitwert, sondern tragen auch zur Grundsicherung der ärmeren Bevölkerungsteile bei. Außerdem sei die Gartenanlage auch von besonderem stadthistorischen Wert, wie Rita Wölck vom betroffenen Kleingärtnerverein anmerkte. „Unsere Gärten bestehen bereits seit 1830“.
Die Rathauskooperation aus SPD, Grünen und SSW will, wie in der Ratsversammlung deutlich wurde, das Gelände mit seinen 17 Hektar vollständig an Möbel Kraft verkaufen, so dass sich die Kleingärtner mit dem Unternehmen wegen einer Entschädigung auseinandersetzen müssen. Begründet wird das damit, dass diese dann mehr heraus handeln könnte, während der Stadt diesbezüglich die Hände gebunden seien. Die Kleingärtner scheinen das allerdings eher skeptisch zu sehen.
Manches deutet darauf hin, dass der Motor der Ansiedlung vor allem Oberbürgermeister Torsten Albig ist, der im kommenden Jahr gerne nach der Landtagswahl SPD-Ministerpräsident werden würde. Seine Rede für das Projekt war jedenfalls schon einmal Wahlkampf pur. Vollmundig versprach er die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und sprach von 300 Arbeitsplätzen die geschaffen würde. Alle Bedenken wischte er großspurig vom Tisch.
Von anderer Seite war allerdings bisher stets von 250 bis 300 Arbeitsplätzen die Rede. Und wie viele davon neu sein werden, ist ziemlich fraglich, ebenso wie die angemessene Entlohnung in den Möbel-Kraft-Märkten. Redner der Linksfraktion wiesen in der Debatte wiederholt darauf hin, dass es mit der geplanten Größe der Ansiedlung ein Überangebot an Möbelverkaufsfläche in Kiel geben werde. Verdrängung sei daher wahrscheinlich.
Die anderen Parteien machten hingegen deutlich, dass sie dies nicht weiter stören würde, sofern diese nur außerhalb der Stadtgrenze stattfindet. Schließlich befinde man sich in Konkurrenz zu Schwentinental. Aber auch in der Stadt könnten Unternehmen betroffen sein, meint der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Florian Jansen. Ebenso ist damit zu rechnen, dass eine Ansiedlung in Kiel nicht ohne Folgen für die Arbeitsplätze für das Möbel-Kraft-Haus in Segeberg bleiben wird.
Eine kleine Anfrage der Linksfraktion hatte zudem ergeben, dass die Stadt ohne weiteres von Möbel Kraft vertragliche Zusagen verlangen könnte, dass nur tariflich gebundene Arbeitsplätze geschaffen werden. Aber das ist offensichtlich nicht gewollt, vermutlich weil das Unternehmen dann nicht bauen würde. Offizielle Begründung, ist der Aufwand, der dafür betrieben werden müsste.
„Will hier eigentlich keiner mehr Verantwortung für irgendwas übernehmen? Da wird Möbel Kraft jeder Wunschzettel bedingungslos erfüllt, ohne dass klar würde, was die Bürgerinnen und Bürger dann davon haben. Die Stadt drückt sich vor ihrer Verantwortung für gute Arbeit zu sorgen“, so Florian Jansen.
Den Vogel in der Debatte schoss zweifelsohne Ralph Müller-Beck von der SPD ab, der seine Brötchen gewöhnlich als DGB-Vorsitzender der KERN-Region verdient. Das heißt, er wird vom DGB bezahlt, ob er sein Geld verdient, ist nach seinen Ausführungen in der Ratsversammlung eher fraglich. Die Forderung der Linkspartei nach Tarifbindung für Möbel Kraft konterte er mit dem Hinweis, dass die Tarifautonomie ein hohes Gut sei. Da werde man doch als Stadt Kiel nicht einem Unternehmen vorschreiben, unter welchen Bedingungen es seine Angestellten beschäftige.
(wop)