Beiträge
Tarifabschluss Öffentlicher Dienst der Länder:
Einigung auf weiteren Reallohnverlust
Noch am Mittwoch dem 6.12.2023 hatte Franziska Hense, GEW-Co-Vorsitzende, auf der Abschlusskundgebung vor dem Landeshaus in Kiel vor über 3.200 Gewerkschafter:innen verkündet: „Vor dem Hintergrund der Inflation und der hohen Energiepreise ist die Forderung nach 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich absolut gerechtfertigt.“ Und mit Blick auf die dritte Verhandlungsrunde in Potsdam schloss sie kämpferisch: „Der Tarifkampf wird in den Betrieben und auf der Straße entschieden!“
Doch schon am Samstag dem 9.12. wurde sich dann zügig am Verhandlungstisch in Potsdam auf ein Verhandlungsergebnis geeinigt, das im Kern dem Abschluss mit Bund und Kommunen vom April 2023 entspricht.
Das Tarifergebnis im Detail
• eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3.000 Euro: Für den Dezember 2023 wird ein Betrag von 1.800 Euro netto gewährt. Von Januar bis einschließlich Oktober 2024 gibt es monatliche Zahlungen in Höhe von je 120 Euro netto.
• Die Einkommen der Beschäftigten steigen ab dem 1. November 2024 tabellenwirksam um einen Sockelbetrag von 200 Euro.
• Ab dem 1. Februar 2025 kommt darauf eine weitere Entgelterhöhung um 5,5 Prozent.
• Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 25 Monate bis zum 31. Oktober 2025.
• Dual Studierende, Auszubildende und Praktikantinnen und Praktikanten erhalten demnach im Dezember 2023 ein Inflationsausgleichsgeld von 1.000 Euro sowie in der Zeit vom Januar bis zum Oktober 2024 monatlich jeweils 50 Euro netto.
• Die Ausbildungsentgelte steigen ab 1. November 2024 um 100 Euro, ab dem 1. Februar 2025 um weitere 50 Euro.
• Außerdem konnte eine unbefristete Übernahme von Auszubildenden vereinbart werden, die eine Abschlussnote von 3 oder besser erzielt haben.
• Für die Sozial- und Erziehungsdienste verständigten sich die Tarifvertragsparteien auf die Gewährung von Zulagen von 130 und 180 Euro für bestimmte Entgeltgruppen in den Stadtstaaten.
• Das Tarifergebnis soll zeit- und wirkungsgleich auf Beamtinnen und Beamte und Versorgungsempfänger übertragen werden.
„Dieses Ergebnis ist auch deshalb möglich geworden, weil die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in unseren Nordbundesländern auf die Straße gegangen sind und eine große Mobilisierungswelle gestartet ist. Wenn sich das fortsetzt und die Mobilisierungsbereitschaft weiter anwächst, werden wir im Länderbereich in den nächsten Jahren noch weiter nachlegen können. Es zeigt sich, dass nur in Bereichen, die solidarisch zusammenzustehen und sich gewerkschaftlich organisieren, solche Ergebnisse erzielt werden können“, so Diana Markiwitz, stellvertretende Leiterin des ver.di Landesbezirks Nord, weiter. In der Tarifrunde ging es in Schleswig-Holstein um ca. 84.000 Landesbeschäftigte.
GEW, IG BAU, ver.di und GdP (Gewerkschaft der Polizei) hatten noch am 6. November 2023 in Schleswig-Holstein die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder zu einem Warnstreiktag aufgerufen. Schwerpunkte des Streiks waren Schulen, Hochschulen, Studentenwerk, die Landesforsten und der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr. Mehrere Tausend Streikende folgten diesem Aufruf und rund 3.200 Demonstrant:innen machten sich den Weg nach Kiel um vor dem Landeshaus ein kämpferisches Signal an die Verhandlungsspitze der TdL-Arbeitgeber (zu der Finanzministerin Heinold als stellvertretende Verhandlungsführerin gehörte) zu senden. Beamt:innen aus allen Bereichen des Landes wurden aufgerufen, in Ihrer Freizeit die Warnstreiks und die Demonstration in Kiel nachhaltig zu unterstützen.
Diese Tarifeinigung bedeutet trotz der Inflationsausgleichszahlung für viele Beschäftigte angesichts der Preisexplosion bei Lebensmitteln, steigender Mieten und hoher Energiepreise einen Reallohnverlust – festgeschrieben für die kommenden zwei Jahre.
Das bestätigte noch wenige Tage vor Verhandlungsabschluss eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung: Sie hat die Tarifvertragsabschlüsse dieses Jahres untersucht und kommt zum Ergebnis, dass die Tarifbeschäftigten trotz vergleichsweiser hoher Lohnabschlüsse abermals Reallohnverluste hinnehmen mussten. Demnach stiegen die Tariflöhne im laufenden Jahr im Schnitt um 5,6 Prozent und blieben damit unter der jahresbezogenen Teuerung von 6 Prozent (FAZ 8.12.23).
(gst)