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Maritime Wirtschaft:

Frischer Wind von backboard wäre nötig

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01. Mai 2013 Zwei Tage lang diskutierten am 8. und 9. April rund 800 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Kiel auf der 8. Nationalen Maritimen Konferenz über ein breites Themenspektrum: Die anhaltende Krise in der Schifffahrt und auf den Werften, die veraltete Infrastruktur in den Häfen, der marode Zustand des Nord-Ostsee-Kanals, der stockende Ausbau der Offshore-Windenergie sind nur einige der Themen – von den ökologischen Verwerfungen an der Küste und der Meere ganz zu schweigen. Am Ende der Konferenz sollten konkrete Handlungsempfehlungen stehen. Doch außer schönen Worten der anwesenden Regierenden - ob sie nun Merkel (CDU) oder Albig (SPD) hießen und der maritimen "Wirtschaftskapitäne" ist für die norddeutschen Beschäftigen von diesem Treffen nicht herausgekommen. 
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Zu einer Art Gegenveranstaltung hatten sich am 8. April am selben Ort und zur selben Zeit – just als Kanzlerin Merkel die Konferenz eröffnete - ca. 800 Beschäftigte von Werften und Windenergiefirmen, Arbeiter und Angestellte maritimer Zulieferbetriebe, Ingenieure und Schleusenarbeiter des Nord-Ostsee-Kanals und Mitarbeiter der Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen zu einer Demonstration und Kundgebung versammelt. Sie waren aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern stellvertretend für die 400.000 Beschäftigten der norddeutschen maritimen Wirtschaft nach Kiel gekommen. Vertreter des DGB, der IG-Metall, von ver.di sowie Betriebsräte und Vertrauensleute brachten die Sorgen, Nöte und Zukunftsängste der Beschäftigten auf der Kundgebung zum Ausdruck: Ganze maritime Standorte und Tausende von Arbeitsplätzen sind gefährdet. Unterauslastung, Kurzarbeit und Entlassungen sind auf der Tagesordnung in Schifffahrtsämtern, auf Werften und in der Zulieferindustrie.

Gewerkschaftlichen Forderungen an die Bundesregierung lauten deshalb u.a.: Energiewende beschleunigen! Finanzierung von Schiffbau und Offshore-Anlagen sichern. Mehr Geld für Forschung, Entwicklung und Innovationen in diesem Bereichen. Sicherung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen auf den Werften und in den Betrieben des martimen Bereichs. Ausbau der maritimen Infrastruktur wie Häfen und des Nord-Ostsee-Kanal. Auf der Kundgebung wurden von den Gewerkschaftern viele wichtige und richtige Aspekte angesprochen worden, um die maritime Struktur zu sichern und auszubauen und vor allem Arbeitsplätze im Schiffbau, der Schifffahrt und der Windkraftindustrie langfristig sicherer zu machen.

Kritisch muss aber angemerkt werden, dass auf der Kundgebung der Geist der Sozialpartnerschaft doch sehr präsent war. So konnten viele gewerkschaftliche KollegInnen beim besten Willen nicht nachvollziehen, weshalb dem von der CDU/FDP-Regierung eingesetzten „Koordinator für die maritime Wirtschaft“, dem Freidemokraten Otto, auf der Kundgebung die Möglichkeit gegeben wurde, seine Worthülsen abzulassen. Insgesamt war man in den gewerkschaftlichen Reden allzu leicht bereit einer „Wir-sitzen- in-einem-Boot-Ideologie“ von angeblich gemeinsamen Interessen von Beschäftigten und deutschen Werften / Windkraftanbietern gegen ihre ausländischen Konkurrenten das Wort zu reden. Widerspruch muss auch die durchgängig vorhandene kritik- und als alternativlos dargestellte Sicht herausfordern, für die Beibehaltung militärischer Standorte und Dienstleistungen einzutreten ohne die auf Gewerkschaftstagen beschlossenen Forderungen nach Abrüstung und Rüstungskonversion aufzugreifen. Völlig ausgespart wurden auch die dramatischen ökologischen Gefährdungen wie z.B. der globale Klimawandel, der große Auswirkungen auf die Meere hat oder das gravierende Problem der Verschmutzung der Meere.  So blieb es auf der Kundgebung Aktivisten von attac (mit der Mobilisierung zum Aktionstag von umfairteilen) und dem Kulturprogramm in Gestalt der Hamburger Gruppe "Gutzeit" ("Störtebecker-Lied ") überlassen, gesellschaftliche Alternativen aufzuzeigen und einzufordern .

Schade eigentlich. Hat doch zum Beispiel die DKP Schleswig-Holstein durchaus Vorstellungen über eine maritime Zukunft entwickelt, die über die gegenwärtigen gesellschaftlichen Rahmenbedingen hinausreichen. In ihrem Programm „Der zivile Schiffbau bei HDW muss eine Zukunft haben“ (2010) und im Landtagswahlprogramm (2012) wurden Ansätze für Alternativen zur herrschenden maritimen Wirtschaftslogik entwickelt. Darin heißt es u.a.:  "In Schleswig-Holstein wird ein Verbund für Meerestechnologie, Schiffbau und Energiewirtschaft in öffentlichem Eigentum bei demokratischer Kontrolle durch Belegschaften, Gewerkschaften und Vertreter der Bevölkerung geschaffen. Eine Voraussetzung dazu ist, dass die bestehenden Werften, Energieanlagenproduzenten  in öffentliches Eigentum überführt werden.

Das Projekt „ Zukunft Schleswig-Holstein“ benötigt ein grundlegendes Umbauprogramm.  Gewerkschaften, soziale Bewegungen, wissenschaftlich arbeitende Institutionen und Einrichtungen, Netzwerke der Bevölkerung, Bewegungen unterschiedlicher Art sollten zur Erarbeitung solcher politischer Veränderungen und Zukunftslösungen gebildet werden. Eine zentrale Aufgabe dieses Projekts besteht in der Entwicklung eines umfassenden Konversionsprogramms für die Bundeswehrstandorte und Rüstungsbetriebe des Landes. In der Entmilitarisierung des Landes und der Friedensproduktion muss die Zukunft Schleswig-Holsteins liegen.“

Und zur Zukunft des zivilen Schiffbaus heißt es:

•    „Es besteht Ersatzbedarf für neue Handelsschiffe: Schrottreife Schiffe müssen auch tatsächlich verschrottet werden und nicht als Risiko für Mannschaften und Umwelt weiterfahren. Neue und moderne, nach neuesten Sicherheitsstandards entwickelte Schiffe, müssen gebaut werden.

•    Tanker müssen grundsätzlich als Doppelhüllentanker gebaut bzw. nachgerüstet werden.

•    Nachrüstung von Schiffen um bessere ökologische Effizienz zu erreichen (umweltschonendere Antriebe, Verringerung der Luftschadstoffemissionen z.B. durch neuer Wustbuge u.ä.)

•    Es besteht ein großer Bedarf an Spezialschiffen zur Erschließung von Energie- und Rohstoffquellen im Meer, ein Bedarf an Schiffen zur Errichtung von Windkraftanlagen auf dem Meer, für Fähren und eisbrechende Schiffe. Zusätzlich muss eine Flotte von Wartungs- und Versorgungsschiffen aufgebaut werden.
 
Gegenwehr entwickeln!

Die Beschäftigten in der maritimen Wirtschaft haben in den zurückliegenden Jahren große Beiträge zum vermeintlichen Erhalt ihrer Arbeitplätze geleistet: Lohnverzicht, Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich und Arbeitsverdichtung. Der Dank der Unternehmer war Arbeitsplatzabbau, die Ausgliederung von Teilen der Belegschaft und die Weiterbeschäftigung zu erheblich schlechteren Bedingungen sowie die permanente Drohung mit weiterem Arbeitsplatzverlust. Dringend notwendig ist die Zusammenarbeit der betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenvertretungen der Werften im nationalen und europäischen Maßstab, um eine langfristige Strategie der Gegenwehr gegen Arbeitsplatz- und Standortvernichtungspläne des Kapitals zu entwickeln.“
(gst)
 
 Zum Beispiel: Der Nord-Ostsee-Kanal

Ein Sinnbild der desaströsen Wirtschafts- und Strukturpolitik von CDU/FDP und SPD/GRÜNEN Regierungen ist der marode Zustand des Nord-Ostsee-Kanals (NOK), der Bundeseigentum ist. Anfang März 2013 fielen die beiden großen Schleusen in Brunsbüttel kurz vor ihrem 100. Geburtstag aus. Das hatte zur Folge, dass über die Hälfte des üblichen Schiffsverkehrs durch den Kanal nun den rund 250 Seemeilen (402 Kilometer) längeren Weg durch den Skagerrak nehmen musste. Der zuständige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium dazu: "Diesen Zustand werden wir in den kommenden Jahren leider häufiger erleben."

Gebaut wurde der knapp 100 Kilometer lange NOK (1895 als "Kaiser-Wilhelm-Kanal" fertiggestellt), damit kaiserliche Kriegsschiffe schneller zwischen Nord- und Ostsee manövrieren konnten. Heute befahren ihn rund 42.000 Handelsschiffe pro Jahr. Zum Vergleich: Den Panamakanal queren rund 15.000 Schiffe, den Suezkanal 18.000 Schiffe. Seit Jahren ist der Neubau einer fünften Schleusenkammer und die Sanierung der bisherigen Anlage in Brunsbüttel überfällig. So wird die Fertigstellung einer neuen fünften Schleusenkammer offensichtlich bis zum Jahr 2021 auf sich warten lassen. Die zusätzliche Schleusenkammer ist in Brunsbüttel, anders als in Kiel, unverzichtbar, da der steigende Schiffsverkehr im NOK und die längeren Schleusenzeiten an der Elbe immer wieder für Staus sorgen, selbst wenn alle vorhandenen Schleusenanlagen komplett in Betrieb sind. Die längeren Schleusenzeiten werden in Brunsbüttel durch die tideabhängige Elbe verursacht, da der NOK den Wasserstand des mittleren Kieler Förde-Hochwassers führt. Die Grund-Restaurierung der Brunsbütteler Schleusen-anlage war einst für die 1990er Jahre geplant worden. Damals hat angeblich der Aufbau Ost der Realisierung einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ver.di Nord Vertrauensmänner/-frauen und Personalräte am NOK forderten Mitte März in einem Schreiben an Bundesverkehrsminister Ramsauer als Sofortmaßnahmen: "Hierzu gehören die sofortige Aufstockungen der Instandsetzungstrupps an beiden Schleusenanlagen um jeweils mindestens 20 Handwerkerinnen und Handwerker, die Schaffung einer weiteren Tauchergruppe sowie ein Team aus jeweils mindestens 10 Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie Technikerinnen und Techniker für die Grundinstandsetzung und die Planung von Sofortmaßnahmen an den Schleusenanlagen. Eine unbefristete Übernahme von Auszubildenden und die Entfristung befristeter Arbeitsverträge ist ein weiterer notwendiger Schritt für einen zukunftsfähigen NOK. Eine Auflösung von Ämtern und Standorten ist kontraproduktiv. Die Kanalstandorte Kiel, Brunsbüttel und Rendsburg müssen gestärkt werden."

Ver.di geht davon aus, dass im Zuge der geplanten Neuordnung der Schifffahrts- und Wasserämter mindestens 20 Prozent der bundesweit 12.500 Stellen gestrichen werden. Einige Standorte der Behörden sollen ganz geschlossen werden. Seit 1993 ist bereits ein Drittel des Personals durch Nichtwiederbesetzung von Arbeitsplätzen abgebaut worden. In Kiel sind zirka 300 Schleusenbauer, Mechatroniker, Nautiker u.ä. Berufe von dieser Reform betroffen. Gegen diese Kürzungspläne hatten am 28.02.2013 die Beschäftigten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen bundesweit ihre Arbeit niedergelegt. Betroffen davon waren die Schleusen Brunsbüttel und Kiel-Holtenau, sowie der gesamte Nord-Ostsee-Kanal (mit den Kanalfähren), die Mecklenburgische Küste, die Ostseeküste, die Nordseeküste und die Mecklenburgischen Binnengewässer.               
(gst)
   

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