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Protest gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit

der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -

Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

 

Am 4. November 2019 hat das Finanzamt für Körperschaften I des Landes Berlin dem Bundesverband der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA e.V.) den Status der Gemeinnützigkeit entzogen.

Erklärung von Christel Pieper, Vorsitzende der Kieler VVN-BdA:

„Ich, Christel Pieper, geborene Joost (Jg.1950), bin die Tochter eines Widerstandskämpfers und Moorsoldaten. Wir, das sind „Kinder und Enkel von Verfolgung und Widerstand im Norden“, haben sich zu einem solidarischen Miteinander zusammen getan um gemeinsam den Schwur der überlebenden Häftlinge „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“, weiterzutragen und dafür zu kämpfen.

Mein Vater, Christian Joost (1904-1967), wurde im Juni 1933 verhaftet. Sein Leidensweg führte ihn vom Zuchthaus Rendsburg ins Lager Börgermoor, Plötzensee, KZ Sachsenhausen und KZ Flossenbürg bis er im April 1945 auf dem Todesmarsch in Richtung Dachau befreit wurde.

Sein Leben hat auch meines geprägt. Dazu gehören die schmerzhaften Erinnerungen als Kind eines KZ-Häftlings und „Hochverräter“, erleben zu müssen, wie mein Vater auch nach der Befreiung gedemütigt und verfolgt wurde. Die Trauer meines Vaters über das Erlebte, die Schreie nachts, wenn er von Alpträumen geplagt wurde, gehören zu meinen frühsten Erinnerungen. Manchmal meinte ich, die Traurigkeit, die auch mich ergriff, nicht mehr ertragen zu können.

Es machte mich dann wütend, dass er nicht geflohen war, vielleicht fand ich ihn sogar feige, unwissend darüber, dass er Mutter, Geschwister und Genossinnen und Genossen gefährdet hätte.

Ich habe schmerzlich gelernt mit diesem Erbe zu leben, immer bemüht meinem Vater vor weiterem Leid zu bewahren und ihn mit kindlichem Mut zu verteidigen.

Heute bin ich stolze Tochter eines Kieler Werftarbeiters, Laienschauspielers, Zuchthäuslers, KZ-Häftling und Kommunisten, der mir mit seinem aufrechten Gang, seiner Ehrlichkeit und Leidenschaft nach Gerechtigkeit und „Schwächere beschützen müssen“ zum Vorbild wurde.

Meine Eltern waren seit Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) aktive Mitglieder und ich wuchs sozusagen mit den Überlebenden auf. Durch ihre Erzählungen lernte ich alle Tricks des Überlebens in den Zuchthäusern und Konzentrationslagern, kannte ihre Geschichten und Schicksale und sie vertrauten darauf, dass ich sie nicht vergesse und weitergebe. Es war ein ungewöhnliches Elternhaus, in dem es Hausdurchsuchungen gab, die Angst machten, aber es war auch ein lebendiges Haus, mit Zusammenkünften, bei denen viel diskutiert, aber auch gefeiert wurde. Die Gastfreundschaft meines Vaters wurde meiner Mutter manchmal zu viel, denn er brachte jeden mit nach Hause, der einen Schlafplatz oder etwas zu Essen brauchte.
Ich war 17 Jahre alt, als mein Vater nach langer qualvoller Krankheit an den Folgen der Haft starb.

Die Kameradinnen und Kamera

den der VVN wurden zu meinen politischen Ziehmüttern und -väter und ich fand meinen Platz in der VVN, die dann Jahre später zum Bund der Antifaschisten (BdA) erweitert wurde, um auch den Nachkommen und der jüngeren Generation eine Mitgliedschaft zu ermöglichen.

Es ist mir zur Verpflichtung geworden, mit meiner Familiengeschichte und denen der Überlebenden Mut zu machen zu zivilcouragiertem, demokratischem und antirassistischem Denken und Handeln.

Anhand der hinterlassenen Dokumente, Erzählungen, Recherchen in Archiven, Gedenkstätten und Büchern berichte ich in Schulen und Veranstaltungen über die dunkelsten Stunden deutscher Geschichte und auf Stadtgängen zu den Stolpersteinen erinnere ich an die rassisch sowie politisch und religiös verfolgten Menschen.

Erinnern um zu Handel oder aus der Vergangenheit zu lernen ist auch das Anliegen der Kieler VVN-BdA um Geschichte erfassbar zu machen, denn Faschismus, Neonazismus, Rassen- und Fremdenhass, die in den letzten Jahrzehnten an Terrain gewinnen konnten, dürfen nie wieder und nirgendwo die Macht ergreifen.“

(25.11.2019, Christel Pieper, Vorsitzende der Kieler VVN-BdA)
 

Siehe die Erklärung der VVN-BdA e.V. unter:
https://vvn-bda.de

/antifaschismus-muss-gemeinnuetzig-bleiben-schwerer-angriff-auf-die-vvn-bda/

„... Wir sind entsetzt und empört darüber, dass sich das Berliner Finanzamt die haltlosen Unterstellungen der bayrischen Behörde ungeprüft zu eigen macht. Damit behindert es genau das zivilgesellschaftliche Engagement, das von Regierung und Parteien angesichts schrecklicher rechtsterroristischer Verbrechen allenthalben eingefordert wird. ... Wir fordern die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für unsere Organisation! Wir fordern praktische Unterstützung für alle zivilgesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, die die Grundwerte des Grundgesetzes gegen rassistische, antisemitische, nationalistische und neofaschistische Angriffe verteidigen! ...

   

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