Ostermarsch Kiel:
Der Nato-Russland-Stellvertreter-Krieg in der Ukraine
Die führenden Politiker Deutschlands sind auf Krieg gegen Russland ausgerichtet und treiben die militärische Eskalation immer weiter in schwindelerregende Höhen, mit der Gefahr eines Weltkriegs, der zwangsläufig dann auch zum Einsatz von Atomwaffen führen würde – mit unvorstellbaren Folgen: Millionen, evtl. Milliarden von Toten und Verletzten, verheerende globale klimatische Veränderungen, die beim Einsatz von wenigen Hundert Atomwaffen sogar einen sogenannten “nuklearen Winter“ mit Unbewohnbarkeit unseres Planeten hervorrufen können.
Die Gefahr einer solchen Entwicklung wird heruntergespielt: Politikberaterin Florence Gaub z.B., die auch Bundeswehroffiziere ausbildet:
Atomwaffen seien gar nicht so gefährlich, gefährlich sei die Angst davor !
Putins Rote Linien seien nicht mehr ernst zu nehmen, sie seinen ja schon mehrfach folgenlos überschritten worden!
Deutschland rüstet derzeit massiv auf: 52,4 Milliarden fürs Militär vor dem Ukrainekrieg auf 89 Milliarden in diesem Jahr. Pistorius hält es für möglich, dass es notwendig wird, bis in die 2030er Jahre den Anteil am BIP von 2% auf 3,5 % zu erhöhen. Das wären dann bis zu 150 Milliarden fürs Militär pro Jahr. Wieviel dann im Bundeshaushalt noch für soziale Ausgaben übrig bleibt, wagt man sich gar nicht vorzustellen. Aber die auf Krieg getrimmten Politiker denken diesbezüglich offensichtlich anders:
Baerbock: Russland muss besiegt werden.Für die Kriegsschäden muss Russland aufkommen.
Es wird über immense Gewinnaussichten beim Wiederaufbau der Ukraine schwadroniert ! Finanziert werden soll dann alles vom besiegten Russland! Aber auch jetzt wird bereits kräftig in der Ukraine investiert! Rheinmetall wird dort ein Panzerfabrik (Panther) sowie eine Produktionsstätte für Munition errichten. Sollten diese Anlagen kriegsbedingt zerstört werden, wird Deutschland für den Verlust aufkommen !
Es sind weiter im Gespräch:
- Wiedereinführung der Wehrpflicht,
- Herstellung einer Kriegswirtschaft, einer Kriegstüchtigkeit und einer generellen Kriegsbereitschaft sowie
- Schaffung einer allgemeine Resilienz (Belastbarkeit, Widerstandsfähigkeit) der Bevölkerung in Bezug auf Kriegsbedingungen,
- Aufbau von umfangreichen Heimatschutzformationen mit freiwilligem, bezahlten Wehrdienst,
- Bunkerbau und Wiederinstandsetzung über sogenannte Zivilschutzprogramme,
- Miteinbeziehung von Krankenhäusern, Schulen, Universitäten und Wissenschaft in die Kriegsbereitschaft mit Aufhebung der Zivilklausel
Es gibt kaum Bereiche, die von der geplanten Entwicklung nicht erfasst werden.
Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen ?
Die Umzingelung Russlands durch die Osterweiterung der Nato stellte objektiv eine Bedrohung Russlands dar. Der vom Westen eingefädelte und finanzierte Putsch 2014 in der Ukraine war gegen Russland gerichtet, eskalierte diese Bedrohung und konnte von Russland nicht hingenommen werden, was zur Besetzung der Krim führte – mit Anschluß der Krim an Russland nach einer Volksabstimmung.
Die nationalistisch ausgerichtete Putschregierung in der Ukraine stützte sich auf angewachsene rechte und faschistische Kräfte und richtete sich in massiver Weise politisch und rassistisch gegen den russisch-orientierten Bevölkerungsanteil sowie gegen die russische Sprache, die vor dem Putsch in der Ukraine dominierend war.
Das führte zu Aufständen im Osten der Ukraine (Donbass), die insbesondere vom eindeutig faschistischen Asowbataillon brutal bekämpft wurden, mit bis zu 14.000 Toten bis 2022.
Der Westen unterstützte militärisch und finanziell massiv die Kiewer Regierung. Es kam zum von der UNO mitgetragenen Vertrag Minsk II, der im Donbass zu einer verträglichen Autonomieregelung führen sollte. Das Selenskijregime hat dann – obwohl von ihm unterschrieben – diesen Vertrag abgelehnt und damit gebrochen. Auch Frau Merkel hat mittlerweile eingestanden, dass sie kein Interesse an der Realisierung dieses Abkommens hatte und es ihr um die Stabilisierung (Finanzierung und Aufrüstung) der Kiewer Regierung ging, was, von ihr sogar zugegebenen, einem Vertragsbruch gleichkam.
Die bis 2022 zunehmende Aufrüstung der Ukraine sowie der NATO im Osten, insbesondere die geplante Installation des US-Hyperschallraketensystems Dark Eagle, das – wenn von der Ukraine aus abgeschossen – die Raketen in 5 Minuten Moskau erreichen läßt, als auch die totale Missachtung des Minsk II Abkommens führte dazu, dass Russland am 24.2.2022, als Reaktion auf die NATO-Bedrohung keine andere Möglichkeit sah, als in die Ukraine einzumarschieren.
Im März 22 kam es dann in Istanbul zu Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland – über dieVermittlung durch die türkische Regierung sowie den ehemaligen Ministerpräsidenten Israels Naftali Bennet. Das Hoffnung auf Frieden erzeugende Verhandlungsergebnis war unterschriftsreif und beinhaltete in etwa Folgendes:
Die Krim bleibt bei Russland, der Donbass bei der Ukraine, Herstellung einer verträglichen Autonomieregelung im Donbass, Neutralität der Ukraine und keine militärischen Installationen in der Ukraine, die sich gegen Russland richten sowie Rückzug der russischen Truppen auf die Position vor dem 24.02.2022.
Daraufhin intervenierte der Westen in Person des britischen Staatschefs Johnson in Kiew und setzte einen Boykott des unterschriftsreifen Abkommens und eine Fortführung des Krieges durch. Die Ampelregierung hat nicht widersprochen. Dieser ungeheuerliche Vorgang zeigt sehr gut, wer seit April 2022 zumindest mitverantwortlich ist für den Tod von hunderttausenden von ukrainischen und russischen Soldaten sowie zigtausenden Zivilisten – und wer den Frieden, im Gegensatz zur Bevölkerung, offensichtlich nicht wollte.
Um die immer bedrohlicher werdende Entwicklung zu stoppen, ist die Schaffung einer breiten, entschlossenen und international vernetzten Massen-Antikriegsbewegung erforderlich, die sich mutig den Kriegstreibern und Profiteuren (Thyssen, Rheinmetall, Blackrock usw.) sowie ihrer Propaganda entgegenstellt. Eindeutig ist die Mehrheit gegen Krieg und leidet darunter. Arbeiten wir heraus, inwieweit der systembedingte Zwang zur Kapitalverwertung Ursache der Entwicklung ist und wie wir diese immer wieder Krieg hervorbringenden Bedingungen ändern können.
Redebeitrag von Hans Heinrich Rohwer für das Kieler Friedensforum auf dem Ostermarsch am 30.03.2024 auf dem Vinetaplatz in Kiel
Ostermarsch Kiel:
Für Frieden und Versöhnung haben wir uns hier versammelt
Liebe Friedenssuchende, Friedenshoffende und Frieden-Fordernde!
Die Bedrohungen des Friedens und die Realitäten der Kriege sind Jahr für Jahr seit Beginn des Ostermarsches im Jahr 1960 schrecklich und schreien nach Verhandlungen, nach Gerechtigkeit, nach Abrüstung nach Versöhnung.
Aber seitdem die Ukraine durch Russland überfallen wurde und nach dem Terroranschlag des 7. Okt., sind die Entwicklungen erschreckend wie nie.
Das Leid, das Gewalt und Kriege auf dieser Welt verursachen, sind ‚himmelschreiend‘.
Der Krieg in der Ukraine scheint ohne Hoffnung, genauso wie in Israel und Palästina aus Terror und Mord nur neuer tausendfacher Tod erwächst, ohne einen irgendwie erkennbaren Weg in eine befriedete Welt.
Die Schlüsse, die wir in Deutschland und Europa daraus ziehen, sind nicht weniger erschreckend. Militärischen Logik, Aufrüstung und Drohung, Großmanöver an den Grenzen eines als monströs wahrgenommenen Russlands und eine immer stärkere Beteiligung an diesen und anderen Kriegen sind zum Kern der ‚Zeitenwende‘ geworden.
„Kriegstüchtigkeit“ soll Deutschland erlangen – es ist nicht übertrieben zu sagen: wir bereiten uns gedanklich und wirtschaftlich auf einen Krieg vor.
Wir sind in einer Eskalationsspirale, von der behauptet wird, sie sei die einzig mögliche Antwort auf die Gewalt oder die Drohung der anderen Seite.
ABER: „Krieg darf nach Gottes Willen nicht sein“
Wenn dies meine Prämisse und die vieler Christen ist, dann gehen wir von etwas grundsätzlich Anderem aus, als von „Kriegstüchtigkeit“.
Verteidigungsfähigkeit, vielleicht. Stärkung der UN, Ja. – Aber sich bereit machen für einen NATO-Krieg gegen Russland - Nein.
Was den Juden und Wanderprediger Jesus von Nazareth vor über 2000 Jahren bewegt hat, und seither viele Christen, die seine Worte für wesentlich halten, ist die Aufforderung und der Zuspruch des Friedens und des Vertrauens auf Versöhnung mit sich selbst und mit den Mitmenschen. Die Liebe und Kraft, die Jesus von Gott empfängt, gibt er weiter an Jeden, wirklich JEDEN; zur Feindes-Liebe aufzurufen, war damals für die meisten Menschen so ‚unglaublich‘ wie heute.
Gerade weil es ‚Feinde‘ des Lebens gibt. Weil es Menschen gibt, die bereit sind über Leichen zu gehen für ihre Interessen. Sie finden sich bei ALLEN Großmächten und Organisationen – es wird keinen Frieden geben, wenn wir nur eine dieser Großmächte, Staaten oder Organisationen anklagen.
Wir brauchen ein Bündnis der Freunde des Lebens!
Wir müssen der Eskalationsdynamik und Kriegsvorbereitung und -unterstützung etwas entgegensetzen – wir müssen uns ertüchtigen.
Was es wirklich dringend braucht, ist „Friedenstüchtigkeit“ !
Die aktuelle Eskalation ist ein Teil der Krankheit, nicht die Lösung. Deeskalation JETZT! Aber wie beginnen – wer beginnt?
Wir sind auf der Suche nach Antworten, nach Wegen aus den verhärteten Positionen im Ukrainekrieg, der Aufrüstung zwischen Ost und West.
Wenigstens eine Trendwende.
Das Interessen der Staaten, ihre Einflusssphären zu sichern oder auszuweiten, bezahlen Menschen mit dem Leben, bezahlen Gesellschaften mit sozialen Verwerfungen und die Erde mit einer ungebremsten Temperaturerhöhung.
Vier Aspekte der Friedenstüchtigkeit sehe ich.
Für mich bedeutet Friedenstüchtigkeit:
Der Blick auf die Not und das Leid der Menschen zu richten, ohne Trennung nach Freund und Feind. Das steckt für mich in den Worten „Nie wieder!“
Mit den Worten von Elsa Köster, Journalistin der Zeitung ‚Der Freitag‘:
„Nie wieder darf ich, aus welchem Grund auch immer, beschließen, dass das Leid eines Menschen eine geringere Katastrophe ist als das Leid eines anderen Menschen. Der Moment, an dem wir beschließen, einem leidenden Menschen unsere Empathie zu versagen, wird zum robusten Stein im Fundament von Kolonialismus und Faschismus.
Die einen Menschen auszublenden in der Fehlannahme, die anderen Menschen auf diese Weise besser zu sehen, ist die falsche Entscheidung. Diese falsche Entscheidung treffe ich:
Nie wieder. Die richtige Entscheidung ist die, die zerreißt. Immer wieder.“
Für mich bedeutet Friedenstüchtigkeit:
Die Vorstellung aufzugeben, einen Krieg gewinnen zu können.
Die Folgen von Kriegen sind täglich vor unseren Augen. Und trotz der Trümmer, der Todeszahlen, der erkennbaren Verformung ganzer Gesellschaften auf Generationen hin – gibt es immer noch Menschen die meinen, militärisch gewinnen zu können.
Häufig sind nicht einmal Militärs dieser Meinung. Es ist an der Zeit, dass Amerikaner und Russen, Israelis und Palästinenser, Ukrainer und wir anderen Europäer erkennen: wir sind alle Verlierer. Oder in den Worten von Papst Franziskus:
„Lasst uns nie vergessen, Krieg ist immer eine Niederlage“
Für mich bedeutet Friedenstüchtigkeit:
Die Dämonisierung des Anderen ersetzen durch die Annahme, dass auch die Anderen von ähnlichen Interessen, ähnlichen Wünschen nach Anerkennung, Sicherheit oder Machtbedürfnis erfüllt ist, wie ich oder unsere Regierung. Durch die Ausblendung der eigenen Anteile am Konflikt, wird dieser nicht lösbar, sondern treibt die Eskalation voran.
Nochmal zur Feindes-Liebe – was kann das konkret bedeuten heute?
Hineinversetzen, Verstehen! – Verstehen heißt nicht gutheißen;
heißt auch: Untaten verurteilen – und dennoch verstehen.
Um aus diesem Verstehen zur Konfliktlösung zu gelangen.
Auch die ‚Feinde des Lebens‘, von denen ich vorhin sprach, sind Menschen mit einer Geschichte, die meist mit der unsrigen verwoben ist. Wir alle hier, wir als Gesellschaft betreiben immer wieder die Dämonisierung der Anderen. Aber: Weder Amerikaner, noch Russen, weder Israelis noch Palästinenser, weder Ukrainer noch wir anderen Europäer sind allein ‚schuld‘ an der Gewalt und dem massenhaften Tod. Unser Aufruf zur Versöhnung kann sich daher nicht an die USA, die Ukraine oder Russland, Israel oder die Hamas richten – sondern an alle und an uns selbst gleichzeitig:
Zieht Eure Waffenröcke aus und begebt Euch mit weißen Fahnen
- weiße Fahnen auf jeder Seite - an einen Verhandlungstisch!
So wie es Papst Franziskus kürzlich formulierte. Das ist Feindesliebe. Der Mut zu Verhandlungen – er entsteht auch aus der Wahrnehmung der eigenen Anteile an der Eskalation und dem Wissen, dass Deeskalation im Kopf von uns allen beginnt, zu Sprache wird und den Regierenden vielleicht den entscheidenden Impuls gibt - auch von diesem Ostermarsch kann ein solcher Impuls ausgehen!
Das Wichtigste, was für mich Friedenstüchtigkeit ist:
Lasst Euch nicht die Vorstellung – die Hoffnung – die Vision einer friedlichen Welt nehmen!
Dem Liedgut der ersten Ostermarschierer der 60er Jahre bleiben wir treu: „Marschieren wir gegen den Osten? Nein!
– Marschieren wir gegen den Westen? Nein!
– Wir marschieren für eine Welt, die von Waffen nichts mehr hält!“
Wir als Friedensbewegte in all unserem Zweifel dürfen – dennoch – hoffen.
Ja ohne die Vision einer friedlichen Welt werden wir uns nicht auf den Weg der Deeskalation begeben und werden – ja auch wir hier auf diesem Platz – Stellvertreterdiskussionen führen.
Dinge fordern, die so utopisch oder abwegig sind, weil das realisierbar-visionäre uns nicht mehr vorschwebt.
Bitte GLAUBEN sie weiter: Glauben Sie an eine Verständigung der Gegner, an die Möglichkeit der Verhandlungen, an stabilisierende Sicherheitsarchitekturen, an den Interessensausgleich. Wenn nicht heute … dann morgen. Und das wird Auswirkungen haben – vielleicht weiter, als wir es für möglich halten.
In diesem Sinne eine Osterzeit mit konkreten Ideen für Versöhnungsansätze.
Das wünsche ich Ihnen. Danke.
Für die Friedensgruppe der Kompass-Kirchengemeinde: Dr. Andreas Zeddel, Altenholz, auf dem Ostermarsch am 30.03.2024 auf dem Vinetaplatz in Kiel
Brief an den Bundestagsabgeordneten der Stadt Kiel, Mathias Stein und bundesweite Presseerklärung:
IPPNW fordert Mut zum Verhandeln
Sehr geehrter Herr Stein!
Sie sind Bundestagsabgeordneter der Mayors-for-Peace-Stadt Kiel. Wie ist Ihre Haltung, z.B. zu der Stellungnahme Ihres Fraktionskollegen Rolf Mützenich (s.u.)? Man hört sehr wenig in dieser Richtung von Ihnen! Auch beim diesjährigen Ostermarsch und bei der letztjährigen Hiroshimaveranstaltung waren Sie leider wohl nicht.
Sie haben die Petition von Bundestagsabgeordneten für eine Unterschrift der Bundesregierung unter den Atomwaffenverbotsvertrag unterschrieben. Das haben wir Ihnen hoch angerechnet! Wie überzeugt stehen Sie heute hinter Ihrer Unterschrift? Galt Ihre Unterschrift nur, solange die SPD nicht den Kanzler stellte?
Mein Kollege Siegfrieg Lauinger und ich haben Sie vor mehr als einem Jahr in Ihrem Büro in Kiel besucht und Sie auf die Initiativen Ihres Kollegen Ralf Stegner hinzuweisen und um Ihre Unterstützung gebeten. Haben Sie sich der Gruppe von Ralf Stegner seither angeschlossen?
Ich wünsche und erwarte mir von Ihnen mehr sichtbare Zivilcourage in Ihren Stellungnahmen zum Ukrainekrieg und zum Gazakrieg mit den Eskalationsgefahren beider und der zunehmenden Militarisierung der Politik!
Sie sind für die Sicherheit der von Ihnen vertretenen Bürgerinnen und Bürger Kiels verantwortlich! Kiel wird im Falle einer Eskalation mit seinem Hafen als Waffen- und Miltärtransporte-Umschlagsplatz und mit seinen Werften eines der Hauptziele eines gegnerischen Angriffs sein. Was tun Sie, um das zu verhindern?
Was tun Sie, um Ihrer Verantwortung gerecht zu werden?
Auf Ihre Stellung beziehende Antwort bin ich gespannt.
Mit freundlichen Grüßen
M. Klingenburg-Vogel
IPPNW-Pressemitteilung vom 20. März 2024 zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers und EU-Gipfeltreffen in Brüssel
Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt den Aufruf des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, darüber nachzudenken, „wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann“ und fordert die Bundesregierung und Abgeordneten auf, sich mit seinen Vorschlägen inhaltlich auseinander zu setzen. Mützenich spricht sich für lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen aus, die überführt werden könnten in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt, was die Zustimmung beider Kriegsparteien benötige.
Schwerpunkt des Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel ist die militärische Unterstützung der Ukraine und eine Strategie für die europäische Verteidigungsindustrie. Die Bundesregierung hat gestern bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein eine weitere Unterstützung der Ukraine in Höhe von 500 Millionen Euro angekündigt. Die Friedensnobelpreisträgerorganisation warnt erneut davor, ausschließlich auf eine militärische Lösung des Konfliktes zu setzen. Mit jedem Tag, den der Krieg dauert, steige die Gefahr einer Ausweitung des Krieges bis hin zum Atomkrieg.
Dass diese Befürchtungen ernst zu nehmen sind, zeigt ein Bericht der „New York Times“ vom 9. März 2024. Danach soll die US-Regierung im Herbst 2022 mit einem russischen Einsatz von Atomwaffen gerechnet haben. Als die ukrainischen Streitkräfte während ihrer Gegenoffensive im Osten des Landes die russische Armee in die Enge getrieben haben, hätte Russland zu jener Zeit ernsthaft in Erwägung gezogen, Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen. Laut der New York Times stammen diese Informationen u.a. aus abgefangener, streng vertraulicher Kommunikation. Sollte die Ukraine versuchen, die Krim zurückzuerobern, steige die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von Atomwaffen durch Russland nach Einschätzung der CIA „auf 50 Prozent oder sogar noch höher“, heißt es in dem Artikel.
„Es ist höchste Zeit für ein Umdenken. Die Parlamentarier müssen darüber nachdenken und diskutieren, wie der Teufelskreis der Kriegslogik durchbrochen werden kann und ein Einstieg in erste vertrauensbildende Maßnahmen und eine Deeskalation im Sinne der Friedenslogik gelingt,“ erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen.
Der Ukrainekrieg hat laut Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte bis zum 31. Januar 2024 knapp 11.000 zivile Todesopfer in der Ukraine gefordert. Hunderttausende russische und ukrainische Soldaten sind gefallen oder schwer verletzt. Unzählige der Millionen vertriebenen Menschen leiden an körperlichen und psychischen Schäden, die noch lange nachwirken werden, wenn die eigentlichen Kampfhandlungen längst beendet sind.
In den USA wird seit 2022 eine öffentliche Debatte darüber geführt, dass eine Fortsetzung des Krieges zu unnötigem Leid und Tod sowie einem erhöhten Eskalationsrisiko führen würde. Vertreter konservativer, militärnaher Think Tanks zeichnen den Weg zu vertrauensbildenden Maßnahmen vor. Alle Parteien sollten Schritte unternehmen, um die Möglichkeit künftiger Gespräche zu schaffen und Offenheit für eventuelle Verhandlungen signalisieren.
Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ist nach übereinstimmender Einschätzung von zahlreichen Expert*innen für keine der Kriegsparteien mit militärischen Mitteln zu gewinnen und hat sich zu einem brutalen Abnutzungskrieg entwickelt. Die IPPNW sieht angesichts der Möglichkeiten eines langen, blutigen Krieges und ständiger Eskalationsrisiken einen Waffenstillstand und darauf aufbauende Friedensverhandlungen weiterhin als einzig sinnvollen Ausgang des Krieges an.
„Friedensfähig ist nur, wer über die Kriegslogiken hinausdenkt und diplomatische Optionen entwickelt, Gewaltkonflikte zumindest einzufrieren, um sie mittel- bis langfristig zu lösen.“ (Friedensgutachten 2022, S. 12)
„Free Palestine“:
Gegen die Unterdrückung der Palästina-Solidarität
Am 20. April 2024 zogen etwa 400 DemonstrantInnen durch Kiel, um ihre Solidarität mit Palästina zu bekunden und von der Bundesregierung forderten, ihre Waffenlieferungen an Israel zu beenden. Die kämpferische Kundgebung und Demonstration, die ihren Ausgangspunkt am Bahnhof nahm, verlief ohne Übergriffe der sie begleitenden PolizeibeamtInnen, was insofern erwähnenswert ist, weil Palästina-Solidarität unter permanentem Diffamierungs- und Kriminalisierungsdruck steht.
Eklatantestes Beispiel ist das Verbot des Palästina-Kongresses in Berlin, der vom 12.-14. April 2024 stattfinden sollte. Alles, was sie dem Kongress vorwarfen, war dessen klare Haltung zum israelischen Völkermord in Gaza. Darüber und über die deutsche Mitschuld durfte in Berlin nicht gesprochen werden. Man dulde „keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden“, erklärte Faeser auf X. Dass keine Islamisten oder Antisemiten, sondern die Vertreter des Vereins „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ den Kongress angemeldet hatten, war ihr bei dieser Verdrehung der Tatsachen keine Erwähnung wert.
Auch in Kiel wird harsch gegen pro-palästinensische AkteurInnen vorgegangen: Am 5. April 2024 fand eine friedliche Aktion von Aktivisten der Students for Palestine, der SDAJ und der DKP in Räumen der Universität Kiel statt, bei der laut gegen die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, protestiert wurde.
Frau Strack-Zimmermann ist eine der wichtigsten Lobbyistinnen der Rüstungsindustrie und eine lautstarke Unterstützerin der deutschen Waffenlieferungen an Israel und an die Ukraine. Die Protestierenden werfen Frau Strack-Zimmermann vor, für das von der israelischen Armee zugefügte immense menschliche Leid an der Zivilbevölkerung Gazas mitschuldig zu sein.
Bei den friedlichen Protesten wurde die Sprecherin der Students for Palestine von zwei Sicherheitskräften Strack-Zimmermanns aus dem Saal gezerrt und außerhalb des Veranstaltungsraumes gewaltsam zu Boden geworfen, was bei ihr zu einem sehr schmerzhaftem Steißbeinbruch inklusive anschließendem Krankenhausaufenthalt führte.
Man darf mit Spannung erwarten, ob die Veranstaltung des Griechenland-Solidaritäts-Komitee mit der Hochschulgruppe Students for Palestine in den Räumen der Kieler Uni am 24.4.2024, auf der der Vorsitzende der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ Wieland Hoban sprechen und diskutieren wird, reibungslos über die Bühne gehen wird. Näheres dazu kann in der kommenden Ausgabe der LinX gelesen werden. (gst)
Fact Sheet zu den NATO-Manövern 2024:
Europaweite Mobilität der NATO – Quadriga und Defender
Quelle: https://friedensratschlag.de
Aufruf: Nein zu NATO-Kriegsmanövern – Ja zu Frieden, Entspannungspolitik und Abrüstung - NEIN zu Steadfast Defender!
Was passiert beim NATO-Großmanöver?
Vom 22. Januar bis 31. Mai 2024 findet das NATO-Großmanöver Steadfast Defender statt. Speziell wird die Verteidigung gegen einen Angriff Russlands auf ein NATO-Land geübt – die russische Föderation hat dies bereits als Provokation öffentlich kritisiert. Mit über 90.000 Soldaten ist es das größte Manöver dieser Art seit dem Kalten Krieg.
Deutschland stellt allein 10.000 Soldaten und führt zudem eine eigene Übung unter dem Namen Quadriga 2024 durch. Trainiert werden die Alarmierung, Verlegung und Kampfhandlungen der Bundeswehr. Vom Generalinspektor der Bundeswehr wird sie als „die erste Übung der Bundeswehr, bei der die Verteidigung der NATO-Ostflanke mit der Rolle Deutschlands als Dreh- und Angelpunkt für die Verteidigung Europas“ beschrieben.
Auch Polen hält ein eigenes Manöver mit dem Namen Dragon-24 ab – dort spricht man sehr direkt von einer militärischen Konfrontation mit Russland. Daneben finden noch weitere Übungen statt, beispielsweise Crystal Arrow unter der Führung Litauens, das britische Manöver Joint Warrior 24-1 oder Brave Warrior 24 in Ungarn, von den USA, Italien und Kroatien.
Auf unserer Schwesterseite Better World Info finden sich viele englische Beiträge zu Steadfast Defender.
Kritische Perspektive auf Steadfast Defender
An Steadfast Defender sind 50 Schiffe, 80 Militärflugzeuge und 1.100 Kampffahrzeuge beteiligt – unter anderem schwere Panzer, Flugzeugträger und F-35-Jets, die auch Atomwaffen transportieren können. Der Schaden für das Klima und die verursachten CO2-Emissionen werden enorm sein.
Doch auch der menschliche Schaden wäre hoch. Denn sollte der Ernstfall eintreten, der das Szenario für diese Übung bietet, wäre es fatal – nicht nur für Europa. Denn am Manöver sind, mit Frankreich, Großbritannien und den USA, drei Atommächte beteiligt; auch Deutschland ist mit seiner nuklearen Teilhabe dabei. Russland auf der anderen Seite verfügt ebenfalls über viele Atomwaffen.
Im Falle eines Krieges könnte es also auch zum Einsatz von Atomwaffen kommen. Die Übung mit F-35-Jets liefert ernsthafte Indizien dafür. Schon lange wird das Bedrohungsszenario in Politik und Medien aufgebaut. Eine militärische Konfrontation mit Russland scheint unausweichlich. Die Zeichen in Europa stehen auf Rüstung, Militarisierung und Abschottung. Die Folge ist eine Gewalteskalation statt einer nachhaltigen und friedvollen Sicherheitspolitik.
Und natürlich ist die Lage nicht einfach. Russland hat mit seinem Angriff auf die Ukraine ein Land ins Chaos gestürzt. Bis Dezember 2023 sind 10.191 ukrainische Zivilisten getötet worden, ganze Städte sind zerbombt und der Krieg in einem anstrengenden Stellungskrieg verebbt (statista 2024).
Putin braucht diesen Krieg mittlerweile. Denn wäre der Fokus wieder auf das Innere gerichtet, würde unweigerlich die Frage auftauchen, wie es weitergehen soll – in einer zutiefst gespaltenen und zerrütteten Gesellschaft. Viele junge Männer haben das Land verlassen, die Wirtschaft liegt am Boden, die Armut steigt und Korruption zerfrisst das Land. Viele Kriegsheimkehrer sind traumatisiert, die russische Öffentlichkeit wird kaum über die Kriegsgeschehnisse informiert und Putin rekrutiert unerlässlich neue Soldaten – Ende 2023 war von über 300.000 getöteten und verwundeten Russen die Rede (MDR 2023).
Keine NATO-Großmanöver! – Welche Alternativen gibt es?
Doch ob auf die Aggression und Drohungen Russlands die richtige Antwort ebenfalls Militarisierung und Rüstung ist, bleibt fraglich. Aktuell dient die Wahrnehmung von Militärübungen als Auslöser für einen sich gefährlich zuspitzenden Rüstungswettlauf und politische Kriegsretorik. Bereits jetzt übersteigen die Militärbudgets der führenden Industrienationen bei weitem die Mittel für Soziales, Gesundheit, Bildung oder Umweltschutz um ein Vielfaches.
Um Sicherheit und Frieden in Europa zu gewährleisten, sollten alternative Ansätze zur Rüstung und Militarisierung verfolgt werden. Ein Schlüsselaspekt besteht in der verstärkten Nutzung von Diplomatie und Dialog, um politische Spannungen abzubauen und Konflikte zu lösen. Dies erfordert den Erhalt offener Kommunikationskanäle zwischen verfeindeten Staaten und die gemeinsame Suche nach gewaltfreien Lösungen. Initiativen wie Sicherheit neu denken, Soziale Verteidigung oder das Netzwerk Friedenskooperative setzen sich für eine Friedenspolitik in Deutschland ein.
Eine weitere strategische Maßnahme in dem Zusammenhang ist die Förderung multilateraler Zusammenarbeit, sei es innerhalb der Europäi-schen Union, der Vereinten Nationen oder anderer internationaler Organisationen wie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Gemeinsame Strategien zur Konfliktprävention und Friedenssicherung könnten auf dieser Grundlage entwickelt werden.
Zu so einer Grundhaltung hatte man sich im Rahmen der Sicherheitscharta der OSZE eigentlich bereits 1999 geeinigt – allerdings bislang mit mäßigem Erfolg. Auch im Friedensgebot des Grundgesetzes und der UNO-Charta hat man sich zu internationaler Zusammenarbeit, Friedenssicherung und Abrüstung verpflichtet. Gegen diese Prinzipien verstoßen die NATO-Großmanöver.
Die Investition in Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Bildung muss erhöht werden, denn sie trägt dazu bei, die zugrunde liegenden Ursachen von Konflikten zu adressieren und eine stabilere soziale und wirtschaftliche Grundlage für langfristigen Frieden zu schaffen.
Statt auf Aufrüstung zu setzen, könnten gemeinsame Anstrengungen zur Abrüstung und Rüstungskontrolle unternommen werden, sei es durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen wie dem Atomwaffensperrvertrag, die UN-Waffenkonvention oder den INF-Vertrag, der leider 2019 von den USA ausgesetzt wurde.
„Bessere Welt Info“ versucht, einen unabhängigen Info-Leitfaden zur Militärübung Steadfast Defender 2024 bereitzustellen und kritische Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen. Wir stehen für Frieden, Diplomatie und Dialog – gegen Militarisierung und Aufrüstung.
Dazu lassen sich auch weiterführende Beiträge finden, beispielsweise zur NATO-Osterweiterung, Defender 2020, den US-Atomwaffen in Büchel, dem Atomkriegsmanöver Steadfast Noon, dem Future Combat Air System (FCAS), dem JAPCC in Kalkar und der Klimakrise.
Autor: Maximilian Stark 08.02.24, lizensiert unter CC BY-NC-SA 4.0
Quelle: www.besserewelt.info
Mehr Infos als PDF: https://www.antidef20.de/wp-content/uploads/2024/02/steadfast-defender-24.pdf
Weitere Links:
https://www.besserewelt.info/militaer/nato/steadfast-defender-2024
https://www.imi-online.de/2024/01/22/wie-einst-im-kalten-krieg/
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9440
ROTES KOLLEKTIV KIEL & INITIATIVE GEMEINSAM KÄMPFEN
Gemeinsamer Aufruf zum 1.Mai in Kiel
Stell dir vor, die Arbeit jeder Person dient der Gesellschaft statt der Bereicherung einiger Weniger. Anstelle des Wettbewerbs und des profitorientierten Denkens, treten Solidarität und Zusammenarbeit. Die Fabriken und Betriebe gehören der Gesellschaft, welche über ihre Nutzung bestimmt. Bildung ist für alle gleich zugänglich, sie wird gefördert und nicht kaputtgespart. Wohnungen und Häuser sind keine Spekulationsobjekte mit denen Profit geschaffen werden soll, sondern es gibt Wohnraum für alle. Niemand muss aufgrund von Armut auf der Straße leben. Eine gute Gesundheitsversorgung ist nicht mehr vom Geld abhängig und auch außerhalb von Städten zugänglich. Die häusliche Arbeit liegt in der Hand der gesamten Gesellschaft und wird nicht mehr hauptsächlich auf Frauen abgewälzt. Nicht nur dort sind alle Geschlechter gleichgestellt, sondern auch in jedem anderen Teil des Lebens. Sexualisierte Gewalt und fest verankerte Rollenbilder gehören der Vergangenheit an. Der Klimawandel wird ernst genommen und anstelle der Ausbeutung der Natur tritt eine nachhaltige Lebensweise. Statt Krieg herrscht Frieden und Freundschaft zwischen den Völkern auf der ganzen Welt. Keine Profit- oder Machtinteressen sind mehr wichtiger als Menschenleben oder die Umwelt.
In der Realität erleben wir, dass der Kapitalismus Krisenherde überall auf der Welt schafft und befeuert. Die herrschende Klasse denkt nicht an morgen oder kommende Generationen; dass einzige was zählt, ist der Profit. Statt in Soziales werden Milliarden in die Rüstung investiert und überall auf der Welt werden Kriege und Genozide unterstützt, finanziert und mitgeführt. All das im Dienste der Durchsetzung der alleinigen Interessen der Herrschenden. Die Preissteigerungen und steigenden Lebenshaltungskosten spülen den Konzernen und Bonzen Milliarden in die Taschen, während wir trotz minimal steigender Löhne einen Reallohnverlust erleiden. Zusätzlich ist der Sozialabbau im vollen Gange. Der Zuschuss für Bildung wird um 200 Millionen gesenkt, die Krankenhäuser sind kaputtgespart und außerdem fehlen in Deutschland aktuell schon 400.000 Kitaplätze, Tendenz steigend. Davon besonders betroffen sind Frauen, neben ihrer Ausbeutung als Lohnarbeiterin, bei der sie durchschnittlich schlechter bezahlt werden, wird der Großteil der häuslichen Arbeit auf sie abgewälzt. Hinzu kommt das sie tagtäglich Gewalt ausgesetzt sind: Psychische, physische oder sexualisierte Gewalt mit ihrer Zuspitzung im Femizid sind Ausdruck patriarchaler Unterdrückung.
Bei all diesen Krisen stehen die Parteien von Ampel bis AfD nicht auf unserer Seite. Sie geben vor für die Interessen der einfachen Leute einzustehen, dabei ist ihr einziger Zweck die Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse in unterschiedlichen Gewändern. Sie suchen Sündenböcke für ihre misslungene Politik, spalten uns durch Rassismus und lehren einen nach unten, auf die Ärmsten der Gesellschaft, zu treten. Dem müssen wir als Klasse der Arbeiter:innen eine klare Absage erteilen, denn sie bieten keine Lösungen für unsere Probleme.
Was tun? Es ist der Kapitalismus, der die Voraussetzung für Ausbeutung, Krieg und Unterdrückung ist Dabei sind die Unternehmen und Konzerne abhängig von uns und unserer Arbeitskraft, doch wir nicht von ihnen, darin liegt unsere Stärke. Es geht also darum den Bruch mit diesem System konkret in Angriff zu nehmen. Konkret braucht es einen klaren Kurs gegen die Herrschenden im eigenen Land. Dazu gehört auch endgültig mit dem Vertrauen in den bürgerlichen Staat zu brechen. Veränderungen und Verbesserungen für uns waren immer ein Ergebnis von einer kämpfenden Klasse der Arbeiter:innen, Student:innen und Schüler:innen. Daran gilt es anzuknüpfen. Als Klasse können und müssen wir eine Gegenmacht gegen Krieg, Ausbeutung, Patriarchat und Klimawandel aufbauen. Wir müssen auf der Straße und im Betrieb gemeinsam kämpfen und unseren Klassengeschwistern die Notwendigkeit und Möglichkeit der Überwindung des Kapitalismus, hin zu einer anderen Gesellschaft aufzeigen.
Deswegen: In die revolutionäre Offensive, für Frieden und Sozialismus!
• Di., 30.04. Vorabenddemo, 18.00 Uhr, Vinetaplatz, Kiel
• Mi., 01.05. Klassenkämpferischer Block auf der DGB 1.Mai-Demo in Kiel
Kriegswahn ist tief in der SPD verwurzelt:
Im EU-Parlament wurde für Taurus-Lieferungen gestimmt
Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch, lautet ein Sprichwort, und das Abstimmungsverhalten der meisten SPD-Europaabgeordneten erweckt genau diesen Eindruck. Offenkundig wollen die meisten deutschen Politiker unbedingt Kriegsbeteiligte werden.
Es sind nicht nur die Abgeordneten der Koalitionspartner, die Bundeskanzler Olaf Scholz nur mühsam bei der Stange halten kann, es sind auch Angehörige seiner eigenen Partei. Bei einer Abstimmung im Europaparlament am Freitag, nur einen Tag nach der Abstimmung über die Taurus-Lieferung im Bundestag, stimmte die Mehrheit der SPD-Parlamentarier für eine Resolution, die unter anderem in Punkt 11 folgenden Satz enthält:
„Das Europäische Parlament … ist der Ansicht, dass es keine selbst auferlegten Beschränkungen der militärischen Unterstützung für die Ukraine geben sollte. … [Es] betont, dass die Ukraine insbesondere hochentwickelte Luftabwehrsysteme, Marschflugkörper mit großer Reichweite wie die Systeme Taurus, Storm Shadow bzw. Scalp usw., moderne Kampfflugzeuge, verschiedene Arten von Artillerie und Munition (insbesondere Artilleriemunition des Kalibers 155 mm) sowie Drohnen und Waffen benötigt, um Angriffe abzuwehren.“
Die gesamte Resolution ist ein von Ideologie und keineswegs von Kenntnis oder Friedensbereitschaft geprägter Text; unter anderem wird nach wie vor die Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögenswerte verlangt und dem „Selenskij-Friedensplan“ die Unterstützung ausgesprochen. Wie gründlich die historischen Kenntnisse der Europaparlamentarier sind, belegt unter anderem der Vorwurf unter Ziffer 2, Russland habe nach seiner „rechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim“ diese „in einen Militärstützpunkt verwandelt“. Der Vorwurf wäre an die russische Zarin Katharina II. zu richten, die dies im 18. Jahrhundert tat.
Der Punkt, in dem es um die Taurus geht, wurde vor der Gesamtabstimmung einzeln abgestimmt; schon bei dieser Abstimmung wandte sich die Hälfte der 16 SPD-Abgeordneten dagegen. Dem Protokoll zufolge waren dies die Abgeordneten Burkhardt, Ecke, Geier, Köster, Lange, Repasi, Rudner und Schuster. Die ehemalige Justizministerin Barley enthielt sich, zusammen mit Bischoff. In der Gesamtabstimmung zu dieser Resolution stimmten allerdings nur noch Köster, Rudner und Schuster dagegen – drei von 16 –, die übrigen stimmten zu.
Die Abgeordneten von FDP und Grünen stimmten geschlossen für die Resolution, auch für Punkt 11. Das zeigt, dass nur eine Minderheit der Politiker selbst der SPD sich der Risiken bewusst ist, die eine Lieferung der Taurus hervorruft, und die Ablehnung mittlerweile nur noch von einer Minderheit in der SPD und von Bundeskanzler Olaf Scholz aufrechterhalten wird. Sie hängt an einem seidenen Faden. (16. März 2024)
Quelle: https://meinungsfreiheit.rtde.life/inland/199625-kriegswahn-ist-tief-in-spd/
Mehr zum Thema:
Hitzige Debatte im Bundestag – Scholz bleibt beim Nein zu Taurus-Lieferungen
https://freeassange.rtde.live/inland/199287-hitzige-debatte-im-bundestag-scholz/
Hyperschallwaffen – Eine Präsentation
Noch eine notwendige Anmerkung. Wenn die NATO-Kriegswilligen die Situation weiter zuspitzen und es wagen, Russland direkt anzugreifen (z.B. den sog. „Enthauptungsschlag“ in Betracht ziehen), dann sind die letzten 90 Sekunden vor „Mitternacht“ der bekannten Weltuntergangsuhr nur noch Geschichte. Eine mögliche Antwort wäre die russische RS-28 Sarmat ICBM mit ca. ein Dutzend Nuklearsprengköpfen. Jeder Sprengkopf des RS-28 Sarmat hat schätzungsweise eine explosive Kraft von bis zu 500 Kilotonnen, was einer großen Metropolregion entspricht. Die A-Bomben auf Hiroshima und Nagasaki hatten 1945 eine Sprengkraft von 15 bzw. 21 Kilotonnen. Das zerstörerische Potenzial der Sarmat ist gewaltig und dient als starke Abschreckung gegen jede (NATO)Aggression, die sich gegen Russland richtet. RS-28 Sarmat ICBM erreicht eine Geschwindigkeit von ~ MACH 21 (ca. 25.000 km/h.). Erreichbar ist jeder Ort auf der Erde. Unter 2 min. bis Berlin (je nach Ausgangslage), 2 Minuten nach Paris, wenige Sekunden mehr um Großbritannien zu erreichen. Etwa 18 Minuten nach New York. Im Gegensatz zur USA, die weiterhin ihre Erstschlagsbereitschaft aufrecht hält und dies gegen die Zivilbevölkerung Japans exekutiert haben, lehnt Russland, der als verlässlicher Vertragspartner bekannt ist, einen atomaren Erstschlag ab. Aber Russland würde sich nicht von der kriegsbesessenen NATO einfach auslöschen lassen. Wer da zündelt und von einem siegreichen Krieg gegen Russland in abenteuerlicher Weise halluziniert (z.B. Hofreiter, Baerbock, Strack-Zimmermann, R. Kiesewetter und Konsorten) ist sehr schnell verbrannt.
(Anmerkung von Niki Müller)
Quelle Präsentation Hyperschallwaffen:
Peter Brandt 02/2024 mit Auszügen aus Beiträgen von Lühr Henken (2023)
Für Frieden und Versöhnung auf die Straße!
Großmachtkonfrontation überwinden!
Kriegsvorbereitung stoppen!
Ostermarsch in Kiel, Sa., 30. März 2024 – Beginn 13 Uhr, Kiel-Gaarden, Vinetaplatz
Auch der diesjährige Ostermarsch steht unter Vorzeichen verschärfter Großmachtkonfrontation. Wir werden auch in diesem Jahr wieder traurige Höchststände bei den weltweiten Rüstungsausgaben zu beklagen haben.
Allen voran in den USA versuchen politische Kräfte verzweifelt, mit Kriegen ihre bröckelnde Vormachtstellung in der Welt zu sichern. Dabei nehmen sie in Kauf, einen Weltbrand zu entfachen. Sie befeuern bestehende Konflikte, bereiten neue Kriege vor und rüsten immer weiter auf. Atomare Drohungen gehören dabei wieder ins Repertoire nicht nur der westlichen Politik.
Die Bundesregierung betreibt eine umfassende Militarisierung der Gesellschaft – offen wird „Kriegstüchtigkeit“ gefordert! Die teuren Rüstungsausgaben dienen allein der Kriegsvorbereitung Deutschlands, mit dem Ziel, in der EU eine Vormachtstellung einzunehmen und in der Welt eigene Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Sie bedient dabei die Profitinteressen der Rüstungsindustrie und stützt die Vormachtstellung des Westens.
So kann es nicht weitergehen – Deeskalation jetzt – Deutschland sollte wieder Brückenbauer sein!
Statt sich um Frieden im Ukraine-/Russland- und Palästina-/Israel-Krieg zu bemühen, lehnt die Bundesregierung Waffenstillstände und Verhandlungen ab und steht - ungeachtet der horrenden Zahl von Opfern - für eine erbarmungslose Eskalation der Kriege ein. Damit hat sie sich international zunehmend isoliert. Der Völkermord in Gaza muss sofort aufhören! Die israelischen Geiseln müssen sofort freigelassen werden!
Der Ukraine-Krieg muss so schnell es geht auf dem Verhandlungsweg beendet werden!
Wir wehren uns gegen die ruinöse Kriegsvorbereitung!
Denn die Kosten dafür tragen wir! Durch ihre Kriege steigt die Inflation, insbesondere für Dinge, die wir täglich zum Leben brauchen. Selbst eigene, von der Bundesregierung beschlossene Förderprogramme, werden gekürzt. Die 100 Milliarden des „Sondervermögens“ gehören in soziale Belange, das chronisch unterfinanzierte und weitestgehend ruinierte Gesundheitswesen und dringende Klimaschutzmaßnahmen investiert!
Die außenpolitische Alternative, nämlich Waffenlieferungen einzustellen und vermittelnd aktiv zu werden, steht der Bundesregierung nach wie vor offen! Langfristig sollte sie sich dafür einsetzen, dass die Welt nach friedlichen Maßstäben geordnet wird!
Kiel soll eine Stadt des Friedens werden!
Wir stellen uns auch weiterhin gegen die Lieferungen von Waffen und Truppentransporte über die Kieler Häfen und den Nord-Ostsee-Kanal. Genauso stehen wir weiter dafür ein, dass Kiel für eine Kultur des Friedens und nicht die des Krieges steht.
Wenn der Kieler Oberbürgermeister seine Kriegsdienstverweigerung widerruft, tut er das Gegenteil! Wenn sich die etablierten Parteien in Kiel offen für Waffenlieferungen an die Ukraine aussprechen, statt für die Umsetzung diplomatischer Lösungsansätze zu streiten, dann stehen sie auf der Seite der Kriegstreiber und -förderer.
Wer die Ostsee ganz offen als Aufmarschgebiet gegen Russland benutzt, wie es bei „Steadfast Defender“ geschieht, der fördert Konfrontation, statt Entspannung und Verständigung! Wir stehen weiter dafür ein, dass die Ostsee ein Meer des Friedens wird!
Zusammenarbeit und Frieden – statt Krieg, Konkurrenz und Gewalt!
Die Kriege zerstören die Umwelt und befeuern den Klimawandel! Die Klima- und Umweltkrise können wir auf Dauer nur gemeinsam lösen! Die drängenden Menschheitsprobleme setzen internationale Kooperation voraus! Wir müssen Konflikte zwischen den Staaten endlich auf anderen Wegen lösen als durch Krieg und Gewalt!
(Aktualisierter Aufruf des Kieler Friedensforums, Kiel, 7.3.2024)
Ostermarsch-Flyer des Kieler Friedensforums
- IPPNW Kiel
Demoroute, 30.3., 13 Uhr, Kiel-Gaarden, Vinetaplatz
- Vinetaplatz (Auftaktkundgebung)
- Hörnbrücke
- Bahnhof
- Asmus-Bremer-Platz
- Rathausplatz (Abschluss-Kundgebung)
Frieden für die Ukraine und für Russland
Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt am 24.2.2024 Rede Lühr Henken*
Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,
Bundeskanzler Olaf Scholz, vor dessen Amtssitz wir hier stehen, läutete vor knapp zwei Jahren die sogenannte Zeitenwende ein. Künftig sollten mehr als zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung in die Bundeswehr fließen und Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden. Scholz begründete das im Bundestag so: „Putin will ein russisches Imperium errichten. Er will die Verhältnisse in Europa nach seinen Vorstellungen grundlegend neu ordnen, und dabei schreckt er nicht zurück vor militärischer Gewalt. Das sehen wir heute in der Ukraine.“ 1 Oder kurzgefasst: Für die militärische Neuordnung Europas greift Putin zunächst die Ukraine an, um dies als Sprungbrett für den Gang nach Westen zu nutzen. Dagegen helfe nur ein Mittel: Aufrüsten der Ukraine - und der Bundeswehr. Aus Deutschland hat die Ukraine seitdem Waffenhilfe in Höhe von 9,4 Milliarden Euro erhalten und Versprechen auf weitere für 8,3 Milliarden. Aus dem anfänglichen Zauderer ist der Kriegstreiber Scholz geworden - nicht nur in Europa, sondern neuerdings auch in den USA. Geld für die massive Aufrüstung der Bundeswehr fließt. Wurden für die Bundeswehr im Jahr vor dem Ukrainekrieg noch 52,4 Milliarden locker gemacht, so werden es in diesem Jahr voraussichtlich 89 Milliarden werden. Das würde 2,1 Prozent des BIP bedeuten. Scholz verspricht, dieses Ausgabenniveau oberhalb der zwei Prozent zu halten, auch wenn der Topf mit den 100 Milliarden Sonderschulden spätestens ab 2028 leer ist. Zwei Prozent des BIP bedeutet dann, die zusätzlichen 30 bis 35 Milliarden für die Bundeswehr müssen bei den Sozialausgaben gekürzt werden. Und das Jahr für Jahr, weil Scholz’ Zusage auch für die 30er Jahre und darüber hinaus gilt. Pistorius machte vor einer Woche klar, dass die zwei Prozent nicht reichen könnten. Es könnten auch drei oder 3,5 Prozent werden, sagte er. Je nach Weltlage. Ich habe mal gerechnet. Das wären auf der Basis des BIPs dieses Jahres 125 beziehungsweise 150 Milliarden für die Bundeswehr. Hallelujah – und das alles aus dem Bundeshaushalt. Dazu darf es nicht kommen! Das verlangt der Bevölkerung sehr viel ab. Sie soll diesen gigantischen Aufrüstungskurs schließlich mittragen. Das heißt, es geht um den Kampf um die Köpfe. Nicht nur die Bundeswehr soll kriegstüchtig werden, sondern auch die Bevölkerung. Wie erreicht man das? Ganz einfach. Die Angst vor den Russen schüren. Und das hat wieder Konjunktur. Seit Mitte Dezember geistert es durch die Gazetten. Den Anfang machte Springers BILD: Sie titelte: „Pistorius warnt vor Putins Angriff: Wir haben ‚fünf bis acht Jahre‘“2 Erfinder des Gedankens ist Christian Mölling3 von der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik. Seine Erfindung: sobald in der Ukraine nicht mehr gekämpft wird – aus welchem Grund, das lässt Mölling offen, es kann also ein Waffenstillstand sein oder Russland hat den Krieg gewonnen oder gar verloren - wird Russland seine Armee wieder aufbauen, um danach im Baltikum oder Polen anzugreifen. Denn Russland verfolge imperiale Ambitionen. Das werde in fünf bis neun Jahren der Fall sein. Belege für diese Behauptungen haben weder Mölling noch Pistorius. Aber: Damit es nicht dazu kommt, muss die deutsche Aufrüstung beschleunigt werden.
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1Plenarprotokoll, Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode, 19. Sitzung, 27.2.2022, S. 1353 https://dserver.bundestag.de/btp/20/20019.pdf
2 https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/verteidigungsminister-pistorius-warnt-vor-putins-angriff-wir-haben-fuenf-bisach- 86458222.bild.html
3 Dr. Christian Mölling, Torben Schütz, „Den nächsten Krieg verhindern - Deutschland und die NATO stehen im Wettlauf mit der Zeit“, DGAP Policy Brief Nr. 32 , November 2023, 11 Seiten. https://dgap.org/system/files/article_pdfs/DGAP%20Policy%20Brief%20Nr- 32_November-2023_11S_2.pdf
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Liebe Freundinnen und Freunde,
das ist Stimmungsmache und ist geeignet, die Bevölkerung in eine Kriegshysterie hineinzutreiben. Ich halte es da mit Harald Kujat, ehemals Generalinspekteur der Bundeswehr und Chef des NATO-Militärausschusses, der vor 10 Tagen sagte: „Ob die Vermutungen der russischen Angriffsabsichten zutreffen, liesse sich übrigens durch einen Waffenstillstand und anschließende Friedensverhandlungen feststellen. Zudem könnte das Verhandlungsergebnis Regelungen enthalten, die ausschließen, dass ukrainisches Territorium von Russland als Aufmarschgebiet für einen Angriff auf Mitteleuropa genutzt werden kann. Darüber hinaus könnten mit Russland Vereinbarungen geschlossen werden, die vor allem die Sicherheit der baltischen Staaten erhöhen. Aber auch insgesamt zu grösserer Stabilität zwischen Nato und Russland beitragen. Ich denke beispielsweise an einen aktualisierten KSEVertrag über die Begrenzung konventioneller Streitkräfte mit neuen Flankenregelungen.“4Soweit Harald Kujat. Dem kann ich mich nur anschließen. Verhandlungen schließt Selenski per Dekret aus und fordert Waffenlieferungen des Westens. Insbesondere von Deutschland Marschflugkörper Taurus. Diese Forderung fand im Antrag der CDU/CSU keine Mehrheit, aber der Antrag aus den Fraktionen der Ampel-Koalition öffnet dieser Option Tür und Tor. Auch wenn der Taurus-Lieferung nicht heute oder morgen zugestimmt wird, so stellt der Bundestagsbeschluss kein Nein für alle Zukunft dar. Das bestätigte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich im Bundestag: „Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen und das hat übrigens auch der Kanzler nicht getan. Sie wissen ganz genau, dass es bisher kein Nein gibt.“5 Beabsichtigt ist, dass die Taurus an US-amerikanische Kampfflugzeuge des Typs F-16 gehängt werden, die noch nicht in der Ukraine sind. 61 F-16 sollen aus Dänemark und den Niederlanden vom Sommer an bis Ende nächsten Jahres ausgeliefert werden. Die Kriegstreiber:innen in CDU/CSU und Ampel werden nicht locker lassen. Entscheidet die Regierung sich für Taurus, schlägt sie sämtliche Warnungen vor einer Eskalation des Ukrainekrieges in den Wind. Was macht Taurus so gefährlich? Die punktzielgenauen Taurus sind durchschlagfähig gegen vier Meter dicken Beton und sehr schwer abfangbar. Seine Reichweite von mehr als 500 km 6 ermöglicht einen strategischen Einsatz in drei Bereiche: Erstens, strategische Zentren in Moskau, wie den Kreml und Ministerien. Das ist das, wofür der CDUHasardeur Roderich Kiesewetter kürzlich plädierte. Zweitens, auf halbem Weg nach Moskau lagern in 22 Silos russische Interkontinentalraketen mit 88 Atomsprengköpfen.7 Allein diese strategischen Optionen durch Taurus provozieren heftige russische Gegenmaßnahmen. Welche das sein könnten, darüber kann man nur spekulieren. Der dritte Bereich ist die für die Versorgung der Krim so bedeutsame Kertsch-Brücke ganz im Osten der Halbinsel. Die Krim ist von strategischer Bedeutung für Russland wegen der Schwarzmeerflotte, und der Stützpunkte für Luftwaffe und Heer. Die Zerstörung der Brückenpfeiler ist der Ukraine mit britischen und französischen Marschflugkörpern nicht möglich. Die Flugzeuge müssten zu nahe an die Kampflinie heran fliegen, um sie zu starten. Mit Taurus jedoch könnte der Start weit im Binnenland der Ukraine erfolgen. Eins ist klar: Werden Taurus geliefert, eskalieren die Feindseligkeiten. Deshalb: Taurus darf nicht an die Ukraine geliefert werden! Auch die USA arbeiten mit Hochdruck daran, den Druck auf Putin zu erhöhen. Unter Trump wurde 2019 die Entwicklung von Hyperschallraketen8 mit langer Reichweite in Gang gesetzt, dessen Gleitkörper mit konventionellem Sprengstoff bereits fertig ist. Superschnell wie einst Pershing II, aber anders als diese ist ihr
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4 Harald Kujat, „Der Westen sollte sich nicht länger Schuld am tragischen Schicksal des ukrainischen Volkes aufbürden“ Zeitgeschehen im Fokus Nr. 2/3, 14. 2. 2024, S. 4 bis 8, S. 6. https://www.zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-2-3- vom-14-februar-2024.html#article_1633
5 Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll, 20/154 vom 22.2.24, S. 19633, https://dserver.bundestag.de/btp/20/20154.pdf
6 Otfried Nassauer, Munitionsgeschäfte in deutscher Verantwortung, 2018, 60 Seiten, S. 27, Fußnote 69
7 The Bulletin of the Atomic Scientists, Estimated Status of Russian ICBM forces, 2023, abgerufen 20.1.24, https://thebulletin.org/wp-content/uploads/2023/05/Table-1A.png Die Silos liegen in Kozelsk
8 Zu Dark Eagle und zur Entwicklung der Hyperschallwaffen weltweit: Lühr Henken, Sind US-Hyperschallwaffen Dark Eagle in Deutschland noch zu verhindern? Kassel, 9.12.2023., https://friedensratschlag.de/friedensratschlag-2023/dark-eagle/
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losgelöster Gefechtskopf während des Fluges lange Zeit manövrierbar, so dass er nicht abgefangen werden kann. Er trifft das Ziel punktgenau. Das Ziel: Putin persönlich. Die Crew dafür, 500 Mann stark, ist seit Ende 2021 bereits im Lande: verteilt auf Wiesbaden, der Kommandozentrale, und Grafenwöhr, wo die Kanoniere sind. Es ist zu erwarten, dass die Dark Eagle 2025 nach Deutschland kommen werden.9 Putin weiß um dieses “Messer am Hals“10, wie er im Februar 2022, drei Tage vor seinem Angriffsbefehl auf die Ukraine, sagte. Was wird er tun? Abwarten, bis die Batterie steht, weil er darauf vertraut, dass die USA sie schon nicht einsetzen werden, denn dann, so die russische Nukleardoktrin, droht den USA und/oder Europa unweigerlich der Gegenschlag Russlands. Oder vertraut Putin seiner Generalität nach seiner Ermordung nicht, weil diese sowohl Skrupel bei der Zerstörung Europas und der USA hat und den eigenen Tod und den ihrer Landsleute fürchtet? Falls Putin zur letzten Überlegung neigt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als zuvor etwas zu unternehmen, um zu überleben. Was könnte das sein? Im Ukrainekrieg nachgeben? Sicher nicht. Anbieten, auf eigene Hyperschallwaffen zu verzichten, wenn die USA es auch tun? Wohl auch nicht. Denn die US-Raketenabwehrsysteme, derentwegen Russland die eigenen Hyperschallraketen überhaupt entwickelt hat, sind dann immer noch da. Folglich wird Putin diesen Vorschlag nicht machen, es sei denn, die USA würden auf ihre Raketenabwehr verzichten. Davon ist aber nicht auszugehen. Also, was bleibt noch? Ein Präventivschlag auf US-Kommandozentralen in Deutschland. Mit hochpräzisen Hyperschallraketen Kinschal oder Zirkon Wiesbaden, Stuttgart, Ramstein, Büchel und Grafenwöhr zu beschießen, könnte die US-Einsatzfähigkeit in Europa zerstören. Und der US-Gegenschlag? Ihre Kommandozentralen in Europa wären unbrauchbar, ebenso ihre militärischen Möglichkeiten. Würden sie dann ihr strategisches Nukleararsenal mit Interkontinentalraketen und von U-Booten und Bombern aus gegen Russland einsetzen? Klingt alles sehr abenteuerlich. Aber es ist brandgefährlich für uns alle. Zu abwegig? Zu spekulativ? Vielleicht. Die Stationierung von Dark Eagle ist in jedem Fall destabilisierend. Wie dem entkommen? Indem die Dark Eagle nicht nach Deutschland kommen. Wir haben noch ein Jahr Zeit, den nötigen öffentlichen Druck dafür auf Scholz, Baerbock und Co. zu erzeugen. Also Herr Scholz: Keine Taurus an die Ukraine liefern! Keine Dark Eagle nach Deutschland holen! Den Kurs auf Verhandlungen mit Russland stellen! Nicht aufrüsten, sondern abrüsten!
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*Lühr Henken, ist Ko-Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag (www.Friedensratschlag.de ), Herausgeber der Kasseler Schriften zur Friedenspolitik (https://jenior.de/produkt-kategorie/kasselerschriften- zur-friedenspolitik/ ) und arbeitet mit in der Berliner Friedenskoordination (http://www.frikoberlin.de/ )
9 Sidney E. Dean, Dark Eagle: Fielding the US Army’s Long Range Hypersonic Weapon, 26.10.2023, https://euro-sd.com/2023/10/articles/34767/dark-eagle-fielding-the-us-armys-long-range-hypersonic-weapon/ . Darin: “Under the extant timeline (which to date has not been officially adjusted) the second Dark Eagle battery is expected to be fielded in Germany in 2025.”
10 Dr. Rainer Böhme, dgksp-Diskussionspapiere, Dresden, März 2022, 151 Seiten, ISSN 2627-3470, S. 67f, https://slub.qucosa.de/landing-page/https%3A%2F%2Fslub.qucosa.de%2Fapi%2Fqucosa%253A78553%2Fmets%2F/