Daten/Fakten  

   

Kommentar:

Militärmacht EU?

Wolfgang Schäuble, erzkonservativer Vorkämpfer einer weitgehenden Integration der EU unter deutscher oder deutsch-französischer Vorherrschaft wies seinerzeit 2014, als in der Ukraine ein Bürgerkrieg ausbrach und das Gezerre zwischen Russland und den westlichen Staaten um die einstige Sowjetrepublik immer intensiver wurde, darauf hin, dass so ein äußerer Feind ja auch eine ganz praktische Sache wäre, da er die Europäische Union stärker zusammen schmiede.

Er sollte Recht behalten. Die Bundesregierung drängt verschärft darauf, im Ministerrat künftig in allen Fragen per Mehrheit zu entscheiden. Damit könnte angesichts der Stimmengewichtung Deutschland mit einigen anderen großen Ländern vollends bestimmen, wo es lang gehen soll. Wer das für eine gute Sache hält, sollte vielleicht mal ein Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln besuchen oder bei den Seenotrettern nachfragen, wie viele Menschen die EU allein schon dieses Jahr im Mittelmeer hat ertrinken lassen. Ende Januar waren es bereits etwa 100 Personen. Und sei das alles noch nicht genug, so drängt nicht nur Berlin, sondern auch Warschau, Paris und Den Haag auf gemeinsame Rüstungsprogramme und eine Militarisierung der Union. Aus der EU soll so eine Art Superstaat, und zwar ein hochgerüsteter werden. Schon wird sinniert, ob nicht auch Polen und Deutschland nuklear aufrüsten sollten.

Da fragt man sich doch: Sind die von allen guten Geistern verlassen? Natürlich sind immer die anderen Schuld. Der Böse ist Putin, gegen den sich die EU-Staaten verteidigen müssen. Ganz so wie im kalten Krieg. Zwei Machtblöcke zeigen mit dem Finger auf den anderen und rüsten immer weiter auf, veranstalten gefährliche Manöver mit ihren Armeen und bringen die Welt schließlich an den Rand eines Atomkrieges.

Nun kann man sich prächtig streiten, wer nun wirklich den der Böse ist, ob Putin oder die NATO. Doch in Wirklichkeit ist das völlig egal. Allen, die Augen im Kopf haben, zeigt der Ukraine-Krieg derzeit, was eine Auseinandersetzung zwischen der EU und Russland bedeuten würde. Man muss nur die Zahlen und Schäden hochrechnen. Selbst ein rein konventioneller Krieg ohne Atomwaffen würde zahlreiche Großstädte dem Erdboden gleich machen. Ein paar Dutzend Millionen Menschen würden ihr Leben verlieren. Die Älteren unter uns erinnern sich noch, welch tiefe Narben der Krieg in den Familien hinterließ, welche Traumata selbst noch an die Nachgeborenen weitergegeben wurden. (wop)

Solidaritäts-Kundgebung in Kiel:

Schluss mit dem Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung in Gaza

Am 7.2.2024 fand in Kiel die erste von der Stadt genehmigte Solidaritäts-Demonstration für die von der israelischen Kriegsmaschinerie heimgesuchte palästinensische Bevölkerung in Gaza statt. Organisiert von der Hochschulgruppe „Students for Palestine“ machten sich die gut 300 Demonstrierenden nach der Kundgebung auf dem Platz der Kieler Matrosen im Demonstrationszug auf den Weg zur Rüstungswerft ThyssenKrupp, um dort vor dem Werfttor gegen den U-Boot-Bau für Israel und gegen Rüstungsexporte in Kriegsgebiete zu protestieren.

Eine Woche später fand auf dem Asmus-Bremer-Platz erneut eine Kundgebung statt, um gegen den geplanten Angriff auf Rafah zu protestieren. Die Redner:innen prangerten an: Während Gaza sich immer mehr in ein Massengrab verwandelt und Südafrika mit breiter Unterstützung des globalen Südens Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) anklagt, mit seinem Krieg gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes zu verstoßen, liefert Deutschland an Israel noch mehr Waffen und unterdrückt hierzulande jede Kritik. Deutschland hat seine Rüstungsexporte nach Israel im vergangenen Jahr fast verzehnfacht und plant konkret die Lieferung von Artillerie- und Panzermunition.

Im Urteil des IGH heißt es u.a.: Da eine reale und unmittelbare Gefahr besteht, dass den Palästinensern ein nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt wird, bevor eine endgültige Entscheidung über die Klage Südafrikas getroffen wird, hat der IGH Israel zu vorsorglichen Maßnahmen verpflichtet, um einen Völkermord zu verhindern.

Käme er im Hauptverfahren zu dem Schluss, Israel habe sich tatsächlich genozidialer Aktivitäten schuldig gemacht, dann sähe sich die Bundesregierung dem Vorwurf ausgesetzt, es habe – etwa mit seinen Waffenlieferungen oder der Einstellung der Finanzierung des UN-Agentur für die Palästinaflüchtlinge UNWRA – Beihilfe dazu geleistet.
(gst)

Zwei Jahre Krieg sind zwei Jahre zu viel

Erklärung der bundesweiten Attac-AG Globalisierung & Krieg zum 2. Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine

Seit dem 24. Februar 2022 tobt der Krieg in der Ukraine. Die Anzahl der Toten unter Zivilisten und Soldaten wächst von Tag zu Tag. Das menschliche Leid wird immer unerträglicher. Das Gemetzel muss so schnell wie möglich beendet werden.

Längst ist der Krieg zu einem Stellvertreterkrieg zwischen dem Westen und Russland geworden - mit dramatischen Auswirkungen auf den Globalen Süden, aber auch auf die EU und ganz besonders auf Deutschland. Wie immer werden die Lasten dabei höchst ungerecht auf die Bevölkerung abgewälzt.
Aufrüstung, Rüstungswettlauf und Militarisierung unserer Gesellschaft sind ein zivilisatorischer Rückfall. Es droht eine lange Eiszeit internationaler Konfrontation, die die Lösung der globalen Probleme blockiert, angefangen bei der Klimakatastrophe.

Nach dem Scheitern der ukrainischen Offensive ist die militärische Initiative an Russland übergegangen. Dass ein Siegfrieden mit der Wiederherstellung der Grenzen beim Zerfall der UdSSR von 1992 eine Illusion ist, wird inzwischen von allen, die was von Krieg verstehen, eingeräumt. Genau deshalb erleben wir aber gerade jetzt, wie Scholz, Baerbock, Pistorius, Merz und Co. und die großen Medien von BILD bis ARD versuchen, die Moral an der „Heimatfront“ propagandistisch hochzupeitschen und den Kriegstreibern in Ampelparteien und Union freie Bahn zu gewähren. Von ihrer Couch rufen sie zum Kampf bis zum letzten Ukrainer auf.

Aber mit einem Weltbild, das auf einen einzigen Zeitpunkt und einen einzigen Sachverhalt geschrumpft ist – den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands am 24.2.2022 - und aus dem alles Weitere abgeleitet wird, blind für alles, was vorher und danach geschehen ist, lässt sich das Problem nicht lösen.

Angesichts der drohenden Niederlage Kiews nähern wir uns einem gefährlichen Kippunkt: ohne Waffenstillstand und Verhandlungen bekommen jene Kräfte Oberwasser, die der Illusion anhängen, durch eine weitere militärische Eskalation doch noch zu ihrem Sieg zu kommen. Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) schwebt sogar der Zugriff auf Atomwaffen vor.

• Es ist überfällig, den Forderungen der UNO und den Stimmen aus dem Globalen Süden zu Verhandlungen zu folgen.
• Wir fordern von der Bundesregierung eine Verhandlungsoffensive statt Waffenlieferungen, mit einem Waffenstillstand als ersten Schritt.
• Um Moskau zu Verhandlungen zu bewegen, muss die Anerkennung legitimer Sicherheitsinteressen Russlands Teil eines Verhandlungsangebots sein.
• Nie wieder ist jetzt!

(24.2.2024, attac-D, AG GlobKrieg)

Für Frieden und Versöhnung auf die Straße!friedenstaube01 web

Großmachtkonfrontation überwinden!
Kriegsvorbereitung stoppen!

Ostermarsch in Kiel, Sa., 30. März 2024 – Beginn 13 Uhr, Kiel-Gaarden, Vinetaplatz

Auch der diesjährige Ostermarsch steht unter Vorzeichen verschärfter Großmachtkonfrontation. Wir werden auch in diesem Jahr wieder traurige Höchststände bei den weltweiten Rüstungsausgaben zu beklagen haben.
Allen voran in den USA versuchen politische Kräfte verzweifelt, mit Kriegen ihre bröckelnde Vormachtstellung in der Welt zu sichern. Dabei nehmen sie in Kauf, einen Weltbrand zu entfachen. Sie befeuern bestehende Konflikte, bereiten neue Kriege vor und rüsten immer weiter auf. Atomare Drohungen gehören dabei wieder ins Repertoire nicht nur der westlichen Politik.

Die Bundesregierung betreibt eine umfassende Militarisierung der Gesellschaft – offen wird „Kriegstüchtigkeit“ gefordert! Die teuren Rüstungsausgaben dienen allein der Kriegsvorbereitung Deutschlands, mit dem Ziel, in der EU eine Vormachtstellung einzunehmen und in der Welt eigene Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Sie bedient dabei die Profitinteressen der Rüstungsindustrie und stützt die Vormachtstellung des Westens.

So kann es nicht weitergehen – Deeskalation jetzt – Deutschland sollte wieder Brückenbauer sein!

Statt sich um Frieden im Ukraine-/Russland- und Palästina-/Israel-Krieg zu bemühen, lehnt die Bundesregierung Waffenstillstände und Verhandlungen ab und steht - ungeachtet der horrenden Zahl von Opfern - für eine erbarmungslose Eskalation der Kriege ein. Damit hat sie sich international zunehmend isoliert. Der Völkermord in Gaza muss sofort aufhören! Die israelischen Geiseln müssen sofort freigelassen werden!
Der Ukraine-Krieg muss so schnell es geht auf dem Verhandlungsweg beendet werden!

Wir wehren uns gegen die ruinöse Kriegsvorbereitung!

Denn die Kosten dafür tragen wir! Durch ihre Kriege steigt die Inflation, insbesondere für Dinge, die wir täglich zum Leben brauchen. Selbst eigene, von der Bundesregierung beschlossene Förderprogramme, werden gekürzt. Die 100 Milliarden des „Sondervermögens“ gehören in soziale Belange, das chronisch unterfinanzierte und weitestgehend ruinierte Gesundheitswesen und dringende Klimaschutzmaßnahmen investiert!
Die außenpolitische Alternative, nämlich Waffenlieferungen einzustellen und vermittelnd aktiv zu werden, steht der Bundesregierung nach wie vor offen! Langfristig sollte sie sich dafür einsetzen, dass die Welt nach friedlichen Maßstäben geordnet wird!

Kiel soll eine Stadt des Friedens werden!

Wir stellen uns auch weiterhin gegen die Lieferungen von Waffen und Truppentransporte über die Kieler Häfen und den Nord-Ostsee-Kanal. Genauso stehen wir weiter dafür ein, dass Kiel für eine Kultur des Friedens und nicht die des Krieges steht.
Wenn der Kieler Oberbürgermeister seine Kriegsdienstverweigerung widerruft, tut er das Gegenteil! Wenn sich die etablierten Parteien in Kiel offen für Waffenlieferungen an die Ukraine aussprechen, statt für die Umsetzung diplomatischer Lösungsansätze zu streiten, dann stehen sie auf der Seite der Kriegstreiber und -förderer.
Wer die Ostsee ganz offen als Aufmarschgebiet gegen Russland benutzt, wie es bei „Steadfast Defender“ geschieht, der fördert Konfrontation, statt Entspannung und Verständigung! Wir stehen weiter dafür ein, dass die Ostsee ein Meer des Friedens wird!

Zusammenarbeit und Frieden – statt Krieg, Konkurrenz und Gewalt!

Die Kriege zerstören die Umwelt und befeuern den Klimawandel! Die Klima- und Umweltkrise können wir auf Dauer nur gemeinsam lösen! Die drängenden Menschheitsprobleme setzen internationale Kooperation voraus! Wir müssen Konflikte zwischen den Staaten endlich auf anderen Wegen lösen als durch Krieg und Gewalt!

(Aktualisierter Aufruf des Kieler Friedensforums, Kiel, 7.3.2024)

Ostermarsch-Flyer des Kieler Friedensforums

Die Bündnis-Organisatoren für den Ostermarsch bestehen aus:
- Kieler Friedensforum
- IPPNW Kiel
- DFG-VK Kiel
- DKP Kiel
- Christliche Friedensinitative Altenholz
- SDAJ Kiel
- students for palestine Kiel

Demoroute, 30.3., 13 Uhr, Kiel-Gaarden, Vinetaplatz
- Vinetaplatz (Auftaktkundgebung)
- Hörnbrücke
- Bahnhof
- Asmus-Bremer-Platz
- Rathausplatz (Abschluss-Kundgebung)

Rheinmetall entwaffnen:

Wir kommen 2024 nach Kiel

Das nächste Rheinmetall-Entwaffnen-Camp soll vom 3. bis 8. September 2024 in Kiel stattfinden.

Wieder ein Camp gegen die deutsche Rüstungsindustrie, gegen das deutsche Militär und die Hochrüstung. Dazu gehen wir in diesem Jahr in die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins.

Ein regionales Bündnis ruft auf zu einem Vorbereitungstreffen am Sonntag, 3. März 2024 von 10 - 16 Uhr in der Alten Meierei in Kiel, Hornheimerweg 2

https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

rheinmetall entwaffnen2024 kiel

Rheinmetall plant Munitionswerk in Ukraine

Düsseldorf. Der Rüstungskonzern Rheinmetall will zusammen mit einem nicht genannten Partner in der Ukraine Artilleriemunition produzieren. Wie Rheinmetall mitteilte, wurde eine entsprechende Absichtserklärung zur Gründung eines Joint Ventures am Rande der Münchner »Sicherheitskonferenz« am Sonnabend unterzeichnet. Demnach soll das »ukrainische Kompetenzzentrum für Munition« künftig jährlich eine sechsstellige Zahl von Geschossen herstellen. Ein entsprechendes Werk soll gebaut und künftig gemeinsam betrieben werden, Rheinmetall werde mit 51 Prozent Mehrheitseigner der Munitionsfabrik. (AFP/jW)

Protest zum Spatenstich einer neuen Munitionsfabrik von Rheinmetall

In Unterlüß erfolgte am 12.2.2024 der symbolische Spatenstich für eine neue Munitionsfabrik des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Mit dabei war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Begleitet wurde der Termin von Demonstrationen.
Deutschland will die Ukraine im Krieg gegen Russland weiter unterstützen; außerdem muss die Bundeswehr ihre eigenen Munitionslager wieder auffüllen - die Bestände sind arg geschrumpft. In Rekordzeit will Rheinmetall deswegen in Unterlüß die Fabrik hochziehen - eine Folge der sogenannten Zeitenwende. Bereits nächstes Jahr soll das Werk fertig sein. 200.000 Geschosse sollen hier dann jährlich produziert werden, unter anderem für die Panzerhaubitzen, die in der Ukraine an der Front stehen.
Neben Bundeskanzler Olaf Scholz war auch auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) in den Landkreis Celle dabei. Ein Besuch mit Symbolkraft: Die Bundesregierung sieht den Spatenstich für die Munitionsfabrik auch als Signal an die Verbündeten, dass Deutschland international Verantwortung übernimmt - und bei den Hilfen für die Ukraine voran geht. Auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sieht in der neuen Produktionsanlage einen „konkreten Beitrag“, um die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen.
Schon am Morgen versammelten sich Demonstrantinnen und Demonstranten in Unterlüß. Zahlreiche Menschen versuchten, Zufahrten in der Ortschaft zu blockieren. Auch Landwirte mit Treckern hatten sich Polizeiangaben zufolge auf den Weg macht. Aktuell seien es rund 300 Trecker und 400 Personen, so die Polizei am Vormittag. Die Proteste seien bislang friedlich. Die Friedensaktion Südheide will ebenfalls gegen „Rüstungs- und Kriegspolitik“ demonstrieren. Landwirte haben Trecker auf einer Zufahrt zum Rüstungskonzern Rheinmetall abgestellt.
(Quelle: www.tagesschau.de)

Rheinmetall: CO2-neutrale Kriege! Umweltschonend gegen Russland!

Der Rheinmetall-Konzern, der schon Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler lukrativ diente und in der Bundesrepublik Deutschland mit dem CDU-Vorsitzenden und Gründungskanzler Konrad Adenauer wieder aufstieg (für den US-Krieg gegen Korea, für die Bundeswehr), produziert gepanzerte Kettenfahrzeuge, Turmsysteme, Groß- und Mittelkaliberwaffen und Munition für den Leopard und andere Panzer, Flugabwehr- und unbemannte Flugsysteme, U-Boot-Ausrüstungen, militärische Antriebssysteme. Das Ersatzteilgeschäft blüht auf allen Kontinenten. Gegen den Konkurrenzpanzer Leopard entwickelt Rheinmetall den eigenen Panzer KFS1 Panther – und dafür ist nun auch eine Fabrik in der Ukraine geplant. ...
Der „deutsche“ Rüstungskonzern Rheinmetall ist gar nicht deutsch. Er ist im Eigentum von US-Investoren. Das steht aber nirgends in den Geschäftsberichten des Konzerns.
Die üblichen Börsenportale dokumentieren: 9 der 10 führenden Rheinmetall-Aktionäre haben ihren Sitz in den USA, in dieser Reihenfolge: Harris Associates, Wellington, Capital World, Fidelity, LSV, Vanguard, BlackRock, Dimensional, BKF. Nur der norwegische ölfinanzierte Staatsfonds Norges ist als einziger Nicht-US-Aktionär dabei: Er tut neuerdings etwas sozial und umweltbewusst und hat seine Anteile in der Rüstung reduziert – aber ganz kann er seine öligen Finger doch nicht vom lukrativen Geschäft lassen, gerade jetzt. ...
Der Rheinmetall-Aktionär BlackRock aus New York hat 8,28 Prozent der Aktien – jedenfalls galt das am 5. Juli 2022. Die sind etwa 800 Millionen Euro wert. Das Kapital, um diese Aktien zu kaufen, bekam BlackRock von etwa 155 superreichen Kapitalgebern. Die Briefkastenfirmen, an die die Gewinne dieser entpersönlichten Superreichen überwiesen werden, heißen zum Beispiel BlackRock Jersey International Holdings L.P. auf der britischen Kanalinsel Jersey, SAE Liquidity Fund auf den Cayman Islands und BlackRock Luxemburg Holdco im EU-Gründungsstaat Luxemburg. ...
Zur zeit- und ortsnahen Belieferung dieses globalen Militärbetriebs betreibt Rheinmetall nach eigenen Angaben 133 Standorte in 33 Staaten, und geliefert wird in noch ein paar mehr, in 139 Staaten. Die Standorte und Kunden sind dort, wo vor allem das US-Militär präsent und operativ tätig ist. In Deutschland hat der US-Konzern 42 Standorte. Auf die NATO- und auch (Noch-)Nicht-NATO-Staaten Europas sind 45 Rheinmetall-Standorte verteilt. Aber auch in der „neutralen“ Schweiz ist der US-Konzern präsent: Dort wurde ein Teil des traditionsreichen Rüstungsunternehmens Oerlikon übernommen. ...
Und seit Ende 2022 ist BlackRock gleichzeitig noch offizieller Berater der ukrainischen Regierung, und zwar für den „Wiederaufbau“ der Ukraine nach dem Krieg: Dieser jetzt vorbereitete und von Rheinmetall-Aktionär BlackRock koordinierte „Wiederaufbau“ fällt umso lukrativer aus, je länger und lukrativer der ebenfalls von Rheinmetall belieferte Krieg erst noch dauern wird und dadurch vorher möglichst viel zerstört wird. ...
Am 4. März 2023 gab Vorstandschef Pappberger bekannt: Wir verhandeln mit der Regierung Selensky über die Errichtung eines neuen Panzerwerks in der Ukraine: „Die Gespräche sind vielversprechend, ich hoffe auf eine Entscheidung in den nächsten zwei Monaten“.[7] Jährlich sollen dann bis zu 400 des high tech-Panzers Panther gebaut werden. Die Ukraine wäre der erste Kunde.[8] Damit wäre auch die Ablösung der KMW-Leopard-Konkurrenz geklärt und alles in US-Hand. ...
Die korrupte, hoffnungslos überschuldete Regierung der Ukraine, das schon vor dem Krieg am tiefsten verarmte Land Europas, führt für die USA den lange vorbereiteten Stellvertreterkrieg gegen Russland. Zehntausende ukrainische Soldaten und Soldatinnen wurden von Selensky, Biden, Scholz, von der Leyen, Baerbock und BlackRock & Co. bereits auf dem Altar der „westlichen Werte“ geopfert, und das soll weitergehen. Das passt auch zur „feministischen“ Außenpolitik der deutschen Außenministerin, nicht wahr?
(Quelle: Werner Rügemer, www.nachdenkseiten.de)

Panzerschmiede in Kiel

Bei Rheinmetall in Kiel werden die Panzer konstruiert. Eine neue Version des Panthers KF51 für Ungarn soll andere Panzer übertreffen. Er wurde im Dezember 2023 erstmals im Kieler Werk der Firma Rheinmetall mit dem Stolz aller Mitarbeiter präsentiert. Aus dem einstigen Auslaufmodell Wehrtechnik ist ein Wachstumsmarkt geworden. Die traditionsreiche Waffenschmiede Rheinmetall ist zu einem Technologietreiber geworden. Es fehlen noch die fleißigen Mitarbeiter für die neuen Arbeitsplätze, aber Rheinmetall will in Kiel viele Jobs schaffen. (uws)

Kommentar/Leserbrief

Zu den Ursachen der Flüchtlingskrise

Die vorbehaltlose Aufnahme und menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen wird von vielen Bürgern solidarisch praktiziert und sollte für Alle eine Selbstverständlichkeit sein.
Leider stellt das Gegenteil oft eher die Regel denn die Ausnahme dar:

Eine brutale Abschottung auf See und zu Land wird durch Frontex und andere Institutionen praktiziert; die Unterbringung in überfüllten Heimen und Abschiebeknästen ist oft belastend, drangsalierend und menschenunwürdig, das Betreuungspersonal häufig ohne adäquate Qualifikation, repressiv und manchmal auch gewalttätig; das oft jahrelange, perspektivlose isolierte Dahinvegetieren begleitet von angstauslösenden Bedrohungen durch Rechtsradikale und Abschiebungen kennzeichnen die Lage vieler, oft bereits vorher traumatisierter MigrantInnen. Geschätzte Zehntausende haben in den letzten Jahren das Martyrium der Flucht - insbesondere durch Wüstengebiete und über See - sowie die Behandlung in den Zielländer nicht überlebt.

Ca. 50 Millionen Menschen sollen derzeit auf der Flucht sein und es werden immer mehr. Ihre verzweifelte Situation präsentiert allenfalls die Spitze des Eisbergs bezogen auf das Elend, das wir in ihren Herkunftsländern vorfinden. Für diesen weltweit verheerenden Zustand sind in erster Linie die Eliten in den Industrienationen verantwortlich.
In ihrem konkurrierenden Kampf um Ressourcen und geostationäre Positionierungen werden ganze Regionen verwüstet. Dürren, Überschwemmungen sowie Bodenerosionen mit anschließenden Hungersnöten werden durch eine verantwortungslose Klimapolitik hervorgerufen.

Ferner sind zu nennen: Landgrabbing und Landraub durch internationale Konzerne, katastrophale ökologische Schäden durch eine rabiate Ausplünderung von Bodenschätzen (z. B. durch Uranabbau im Niger), Zerstörung lokaler Märkte durch diskriminierende Handelsgesetze, Plünderung insbesondere der küstennahen Fischfanggründe sowie ein grenzenloser profitträchtiger Export von Waffen an die regionalen „Verbündeten und Statthalter“, die oft brutale Despoten sind. Um die Ausbeutung sicherzustellen müssen die Nato, USA und Co. immer grausamere Kriege führen und führen lassen, mit Millionen an zivilen Opfern: Afghanistan, Pakistan, Irak, Syrien, Libyen, Somalia, Mali, Sudan und jetzt der Jemen. Die Liste wird immer länger !

Hinrichtungen mit Drohnen, Folterzentren wie Abu Ghraib und Guantanamo, das deutsche Massaker in Kundus, der massenhafte Einsatz radioaktiver Munition, die weitgehende Zerstörung der irakischen Stadt Fallutscha (etwa so groß wie Kiel) sind Kennzeichen dieser barbarischen Kriege, an deren Dauerzustand und Unbegrenztheit wir gewöhnt werden sollen. Vor allem durch diese Verhältnisse sind die ideologisch und religiös fehlgeleiteten islamistischen Reaktionen zu erklären.
Wir müssen uns mit der Verantwortlichkeit der Herrschenden in den Industriestaaten für die Verelendung in den Herkunftsländern der Flüchtlinge auseinandersetzen und die notwendigen politischen Konsequenzen ziehen.

Für eine solidarische, ökologische und friedliche Weltwirtschaftsordnung,
gegen Waffenexport und gegen eine Welt der Kriege!

Solange wir diese Ziele nicht erreicht haben, müssen wir alle Migranten bedingungslos aufnehmen, menschenwürdig behandeln und schützen!

Hans-Heinrich Rohwer, bereits als Rede am 27. Januar 2015 auf dem Rathausplatz, Kiel

Quelle: https://friedensratschlag.de/friedensratschlag-2023/vortragstext-krone-schmalz/

 

Frieden und gemeinsame Sicherheit auch mit Russland

Es ist schon abenteuerlich wie viele Selbstverständlichkeiten mittlerweile in Frage gestellt werden. Dazu gehört eben auch, dass es Frieden und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent nur mit Russland geben kann und nicht ohne, und gegen Russland – so wie jetzt praktiziert – schon gar nicht.

Ich mache keinen Hehl aus meiner Fassungslosigkeit angesichts der kriegstreiberischen Politik und der gleichlautenden medialen Begleitung und ich hätte nie für möglich gehalten, dass es so weit kommt.

Die Ikonen der Entspannungs- und Friedenspolitik von SPD und Grünen, die nicht mehr unter uns weilen, werden in ihren Gräbern rotieren angesichts dessen, was aus den Grundlagen geworden ist, die sie mit Vernunft und Geduld geschaffen haben. In dem Zusammenhang kann ich auch gar nicht anders als den Namen Michail Gorbatschow zu erwähnen. Er hat nun wirklich alles riskiert, ohne Rücksicht auf sich und seine Familie, um aus der Ost-West-Konfrontation herauszukommen und das Kalte Kriegs Denken zu überwinden. Gerade wir Deutschen müssten uns jeden Tag dreimal bei ihm entschuldigen dafür, wie wir mit den Ergebnissen seiner Arbeit umgegangen sind und weiter umgehen.

Aber es nützt nichts sich zu echauffieren. Wer das Schlimmste verhindern will, muss argumentieren, muss aufklären, muss Lügen entlarven, und darf vor allen Dingen nicht resignieren oder sich vom Gegenwind umpusten lassen.

Und – so schwer es auch fallen mag – muss nach wie vor den Dialog, die Debatte anbieten und nicht selbst zur Polarisierung beitragen.

Wenn man sich Gedanken darüber macht, welche Politik gegenüber Russland die richtige ist, dann gilt es eine Grundsatzfrage zu klären. Nämlich:

Ist Russland auf einem expansionistischen Kurs, bei dem die Ukraine nur den Anfang darstellt? Oder ging und geht es Russland um eine funktionierende Sicherheitsarchitektur? Darüber kann und muss man streiten. Aber für diesen seriösen Streit gibt es keinen Raum.

Im Gegenteil: die gängige Lesart ist klar. Putin war schon immer ein Monster und jetzt zeigt er sich auch so. Und die sogenannten Entspannungspolitiker früherer Jahre tragen eine Mitschuld an diesem Krieg, weil Putin nur klare Kante versteht.

Man könnte es natürlich auch umdrehen: hätten sich die Entspannungspolitiker mit ihrer Politik wirklich durchsetzen können, dann hätte es diesen Krieg nie gegeben. Stichwort: NATO-Osterweiterung, Geltung von Abrüstungsverträgen.

Um über diese Dinge substanziell zu diskutieren, ist es nötig, belastbare Grundlagen zu liefern, sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft. Es ist nötig, auch wenn es schwerfällt, politische Analyse nicht durch Moral ersetzen zu wollen. Es ist nötig Wissenschaft und Aktionismus auseinanderzuhalten und denjenigen Einhalt zu gebieten, die ihre persönlichen Ansichten mit dem Gütesiegel von Wissenschaftlichkeit versehen, obwohl sie in dieser Angelegenheit nie geforscht haben.

Es ist nötig, die Räume zu schaffen, in denen um die besten und die praktikabelsten Lösungen gestritten werden kann – das ist durchaus nicht immer identisch, leider.

Aber dazu ist es nötig, wieder mit dem Begriff Respekt zu operieren. Seinem Gegenüber bis zum Ende des Gedankens zuzuhören, selbst wenn man sich nicht leiden kann. Mit Engagement überzeugen zu wollen, aber eben auch die innere Bereitschaft und die Größe zu haben, sich selbst überzeugen zu lassen.

Margot Friedländer, die fast schon legendäre Überlebende des Holocaust, mittlerweile 102 Jahre alt, hat mal gesagt: „Du kannst nicht jeden Menschen lieben, aber Du kannst jeden Menschen respektieren.“ Und wenn die das sagt, dann hat es eine ganz besondere Wucht und Bedeutung.

Dann werfen wir doch mal einen respektvollen Blick auf die russische Perspektive zum Thema Sicherheit und Frieden, ohne von vorneherein alles als Propaganda abzuqualifizieren. – Propaganda können alle, das ist keine Spezialität Moskaus.

Da ist es zunächst mal hilfreich die beiden großen Kontrahenten des Kalten Krieges – die USA und die Sowjetunion bzw. Russland – geografisch zu vergleichen. Die USA haben westlich und östlich von sich Ozeane vor der Tür, keine feindlich gesinnten Länder. Im Norden befindet sich Kanada, selbst NATO-Mitglied und im Süden Mexiko, von dem aus nun wirklich keine militärische Gefahr zu erwarten ist.

Bei Russland sieht die Sache anders aus. Russlands Landesgrenzen – also jetzt wirklich Landgrenzen, nicht die Küsten – erstrecken sich über ca. 20.000 km.

Ohne das jetzt hier im Einzelnen aufzuzählen: Russland ist eingekreist von NATO-Ländern und NATO-Stützpunkten, vor allem Richtung Westen.

Die USA unterhalten zahlreiche Militärbasen in Europa. In Polen und Rumänien wurden Raketenabwehrsysteme installiert, die sich technisch relativ leicht in Angriffssysteme umrüsten lassen.

Nebenbei: Russland hat nur 11 Stützpunkte außerhalb des eigenen Landes, davon sind 9 in unmittelbarer Nähe Russlands; die USA unterhalten knapp 800 Stützpunkte in etwa 70 Ländern dieser Welt.

Ist es da wirklich so schwer nachzuvollziehen, dass Russland ein Interesse an einer verlässlichen Sicherheitsarchitektur hat? Wie kann man ernsthaft annehmen, dass sich Russland von der immer weiter heranrückenden NATO inklusive ihrer Infrastruktur nicht bedroht fühlen könnte, schon gar, wenn es auch Länder wie Georgien oder die Ukraine betrifft?

Eine kluge Sicherheitspolitik müsste diese Lage doch einkalkulieren. Das ist aber nicht einmal im Ansatz auf irgendeiner Agenda zu finden.

Fakt ist, dass bei nahezu allen Konflikten und Kriegen auf unserem Planeten mehr als zwei Kontrahenten die Finger im Spiel haben. Auf der Suche nach Zusammenhängen – die man kennen muss, um zu tragfähigen Lösungen zu kommen – empfiehlt es sich, die jeweiligen Interessen herauszufinden und zu benennen.

Das ist meist um ein Vielfaches komplizierter als es auf den ersten Blick scheint, denn es gibt eben nicht die Amerikaner oder die Europäer (die noch viel weniger).

In den USA zeigt sich, dass sich die Kräfte, die das „leidige Thema Ukraine“ abhaken möchten, verstärkt zu Wort melden. Wobei die Hardliner eher bei Blinken im Außenministerium sitzen, also bei den Zivilisten, und die mehr Verhandlungsbereiten ausgerechnet im Verteidigungsministerium.

Uns in Europa sollte jedenfalls klar sein, dass es den Blickwinkel verändert, wenn sich zwischen dem eigenen Land und dem Kriegsgebiet ein breiter Ozean befindet.

Und – dass sich die außenpolitischen Entscheidungen der immer noch stärksten Macht der Welt durchaus an deren innenpolitischen Überlegungen orientieren, schon gar in Vor-Wahl-Zeiten wie jetzt.

Und die Ukraine wäre nicht das erste Land, aus dem sich die USA überhastet zurückziehen.

Das Interesse des sog. militär-industriellen Komplexes ist klar. An bessere Zeiten kann man sich kaum erinnern. Ein lang andauernder Abnutzungskrieg ist ein gutes Geschäft mit dem erfreulichen Nebenaspekt, dass Russland geschwächt wird. Waffenstillstand oder gar Friedensverhandlungen stehen da eher nicht an erster Stelle.

Das Problem in Europa besteht darin, dass es trotz aller beschworenen Gemeinsamkeit keine geschlossene europäische Außenpolitik gibt, schon gar nicht gegenüber Russland. Aus meiner Sicht war es ein großer Fehler, dass man in der EU immer mehr denjenigen Ländern das Sagen in der europäischen Außenpolitik überlassen hat, die noch offene Rechnungen mit Moskau haben. Für Länder wie Polen oder die baltischen Staaten funktioniert Moskau nach wie vor als Synonym für Sowjetunion und schlimme Erinnerungen an sowjetische Zeiten. Das ist menschlich verständlich, aber so macht man keine zukunftsorientierte Friedenspolitik. Das hätte der EU vielleicht früher auffallen sollen.

Jedenfalls ist es in der EU nicht gelungen, den historisch verständlichen Ängsten Polens, Estlands, Lettlands und Litauens und den historisch verständlichen Ängsten Russlands – da hilft ein Blick in die Geschichte und ein Blick auf die Landkarte, um deren Ängste zu verstehen –
es ist in der EU nicht gelungen, diesen jeweils verständlichen Ängsten mit einer konstruktiven Politik zu begegnen, die Interessenausgleich und Friedenssicherung als Ziel hat.

Wir haben uns durch die Aufnahme osteuropäischer Länder in die EU – grundsätzlich eine super Idee – deren Probleme mit Russland ins Bündnis geholt. In der NATO haben wir im Übrigen genau das gleiche. Es ist ein Jammer, dass sich die EU ihr ursprünglich recht gutes Verhältnis mit Russland dadurch nachhaltig ruiniert hat.

Weiter mit den Interessen.

Sowohl in der Ukraine als auch in Russland müsste das Interesse eigentlich sein, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Jeden Tag sterben sehr viele Menschen, wie viele genau, erfahren wir gar nicht.

Sowas wie Kriegsmüdigkeit – ein perverser Begriff, wie ich finde – ist schon eine ganze Weile auch in der Ukraine ein Thema. Die Berichterstattung darüber musste man allerdings mit der Lupe suchen. Das scheint sich jetzt ein wenig zu ändern, wobei man in den sogenannten Leitmedien spürt, wie wenig man das wahrhaben will. Aber die Heroisierung des ukrainischen Präsidenten bricht langsam in sich zusammen.

Die Frage bleibt, wo ist der Ausweg aus dieser verfahrenen Situation?

Insofern wäre so ein Friedensplan, wie die Chinesen ihn vorgelegt haben, gar nicht so falsch, denn China bezieht sich darin nicht nur auf UN-Resolutionen, in denen es heißt, dass Verhandlungen so schnell wie möglich aufgenommen werden sollen, sondern China spricht von „resume talks“, also Gespräche wiederaufnehmen, und zwar an dem Punkt, an dem man Anfang April 2022 aufgehört hat, weil Boris Johnson, der damalige britische Premier, meinte, das sei nicht im Interesse der westlichen Staatengemeinschaft. Da liegt ja was auf dem Tisch, wo man anknüpfen kann, ohne sich mit den jetzt von beiden Seiten vorgetragenen Maximalforderungen herumschlagen zu müssen.

Aber wird darüber medial oder politisch ernsthaft debattiert? Nein. Denn was kann aus China schon Vernünftiges kommen?

Das ist ja auch so ein Ding: es sind nicht die Europäer, die sich in Moskau und Kiew die Klinke in die Hand geben auf der Suche nach Lösungen, sondern wie gesagt Chinesen oder Brasilianer oder Afrikaner, aber eben keine Abordnungen aus der EU. Ein deutsch-französisches Tandem wäre ja auch denkbar.

Absolut unverständlich, dass da nix kommt, denn wenn etwas aus dem Ruder läuft, dann wird Europa weiter zerstört oder gegebenenfalls vernichtet, die Regionen der Welt, aus denen Verhandlungsdelegationen aktiv sind, eher weniger. Das begreife wer will.

Also – Wo lässt sich in dieser hochgradig komplizierten Gemengelage ansetzen?

Von ukrainischer Seite heißt es ja, Russland hat sich diverse Gebiete rechtswidrig angeeignet, also muss es sich auch vollständig aus diesen Gebieten zurückziehen, bevor man überhaupt an Verhandlungen denken kann. Diese Position wird auch von nicht wenigen westlichen Staaten vertreten, die die Ukraine unterstützen.

Das mag ja nach Gerechtigkeit klingen, ist aber naiv und unrealistisch. Das wissen auch die Entscheidungsträger in Washington und in westlichen europäischen Hauptstädten.

Es wird gar nichts anderes übrigbleiben, als diese territorialen Fragen, so gut es geht, auszuklammern. So sehen das auch diverse Forschungsinstitute, die dazu konkrete Vorschläge machen und zivile Verwaltungen unter internationaler Kontrolle ins Spiel bringen. Es gibt auch einen sehr detaillierten Plan, den Harald Kujat, Horst Teltschik, Hajo Funke und Peter Brandt ausgearbeitet haben. Jeder ein Profi auf seinem Gebiet. Aber meines Wissens ist diese Abhandlung nur in der Berliner Zeitung aufgetaucht, nachdem sie in der Schweiz erstmals veröffentlicht wurde. In Deutschland wird so etwas eher als Vaterlandsverrat aufgefasst und im besten Falle ignoriert.

Dabei gibt es historische Vorbilder, an denen man sich grob orientieren könnte.

Nach dem Ersten Weltkrieg wollte sich Frankreich das Saarland einverleiben, aber im Versailler Vertrag wurde es 1919 zum Mandatsgebiet des Völkerbundes erklärt, der Vorläuferorganisation der UNO. Der Völkerbund stellte das Saarland 1920 unter französische Verwaltung. Völkerrechtlich blieb es allerdings Teil des Deutschen Reiches. Nach 15 Jahren, also 1935, fand eine Volksabstimmung statt, in der sich 90 Prozent gegen eine Angliederung an Frankreich und für eine Rückkehr ins Deutsche Reich entschlossen.

Was wäre denn, wenn die Krim und die anderen von Russland beanspruchten Gebiete zum Mandatsgebiet der UN erklärt würden, sie völkerrechtlich bei der Ukraine blieben, Russland aber mit der Verwaltung betraut wäre? Auf diese Weise würde sich am Status quo zunächst nicht viel ändern, er bekäme aber einen rechtlichen Unterbau. Nach einer Frist, über die man sich verständigen müsste, könnte die UN einen Volksentscheid durchführen, in dem sich die Bevölkerung für die Ukraine, für Russland oder eine vollkommene Unabhängigkeit aussprechen könnte. Dieser Volksentscheid wäre international anerkannt und würde respektiert werden müssen.

Das oder etwas Vergleichbares kann natürlich nur funktionieren, wenn der politische Wille da ist, der politische Wille aus diesem Teufelskreis auszubrechen und sich von den Kategorien des Hasses und der Vergeltung zu befreien.

In anderen Ländern gab es diesen politischen Willen offenbar. Nehmen Sie Südafrika. Nach Jahrzehnten der Apartheidpolitik mit unvorstellbaren Grausamkeiten hat dieses Land mit Hilfe einer Versöhnungskommission einen Neuanfang geschafft. In Spanien war es ein „Pakt des Vergessens“, um nach den Verbrechen der Franco Diktatur neu anfangen zu können. Es gibt noch mehr solcher Beispiele. Aber man muss es wollen.

Wenn man jetzt einen intensiveren Blick auf die Ukraine wirft, dann spielen folgende Punkte eine Rolle:

Als Erstes fällt auf, dass es zwischen dem ukrainischen Präsidenten und seiner Militärführung schon länger Differenzen gibt. Während Selenskyj Durchhalteparolen verbreitet, scheint sich in der militärischen Führung immer mehr die Erkenntnis durchzusetzen, dass die Ukraine – ob mit oder ohne westliche Unterstützung – diesen Krieg nicht gewinnen kann. Das ist das eine.

Wenn man sich das Sicherheitsbedürfnis der Ukraine anschaut, dann kann man ja durchaus die Frage stellen, ob das zwingend mit einer NATO-Mitgliedschaft verbunden sein muss oder ob es da nicht auch andere Möglichkeiten gibt, die sowohl dem Sicherheitsbedürfnis der Ukraine Rechnung tragen als auch den Bedenken Moskaus, ein mehr oder weniger feindliches Militärbündnis unmittelbar vor der Haustür zu haben. Sowas ist ja lösbar, wenn man aufhört, moralisch aufgeladene und an Ideologien orientierte Politik zu betreiben.

Was unbedingt ins Blickfeld gehört, ist die Tatsache, dass die Ukraine aufgrund ihrer Geschichte und ihrer geografischen Lage ein Identitätsproblem hat, das man ansprechen muss, um es lösen zu können. Der innerukrainische Streit über ukrainische Identität ist etwa 150 Jahre alt und bis heute nicht beigelegt. Die Ukraine, wie wir sie heute kennen, gibt es seit 1991, also etwa 32 Jahre. Mit anderen Worten: der Ukraine fehlt eine staatliche Kontinuität. Das muss sich nicht negativ auswirken, wenn den unterschiedlichen Identitäten politisch Rechnung getragen wird. Das war und ist aber nicht der Fall. Gebiete im Osten und Süden des Landes sind von Kiew systematisch vernachlässigt worden und man hat mehrfach versucht, alles Russischsprachige beiseite zu drängen.

Ich will nicht zu sehr spekulieren, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass das, was wir jetzt haben, hätte verhindert werden können, wenn die Ukraine mit Blick auf die Innenpolitik eine Föderalisierung betrieben hätte und mit Blick auf die Außenpolitik eine Orientierung in beide Richtungen – nach Westen und nach Russland. Russland hat sich nie daran gestört, wenn die Ukraine ihre Fühler nach Westen ausgestreckt hat, solange das nicht bedeutete, gleichzeitig sämtliche Kontakte Richtung Russland abzubrechen.

So oder so Schnee von gestern, aber trotzdem nicht unerheblich, denn das sind die Dinge, die für eine tragfähige Lösung in der Zukunft eine Rolle spielen werden. Das lässt sich nicht dadurch aushebeln, dass politische Kräfte sowohl in der Ukraine als auch in der westlichen Staatengemeinschaft mantraartig wiederholen, wie sehr sich das Land doch nach Einbindung in den Westen sehnt.

Vielleicht an der Stelle ein kurzer Rückgriff auf das EU-Assoziierungsabkommen von 2014. Es war ein großer Fehler, Russland nicht mit in die Verhandlungen einzubeziehen. Diejenigen, die von Anfang an geraten haben, Brüssel, Kiew und Moskau sollten gemeinsam erarbeiten, wie man das zum Vorteil aller Beteiligten gestaltet, haben sich leider nicht durchsetzen können.

Ökonomisch war es für die Ukraine jedenfalls ein Wahnsinn, die Verbindungen zu Russland zu kappen. Es ging immerhin um zwei Drittel aller Exporte. Nikolai Petro, US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Professor an der University of Rhode Island spricht von „Selbstmordökonomie“ und führt das auch im Einzelnen auf. Er hat ein sehr lesenswertes Buch unter dem Titel „The Tragedy of Ukraine“ geschrieben. (Die Tragödie der Ukraine)

Jedenfalls habe die Kombination von Marktöffnung Richtung Westen und Trennung von Russland der Ukraine nicht gutgetan, so Petro, weder finanziell noch wirtschaftlich noch demographisch. Aber es war aus rein ideologischen Gründen angesagt, sich um jeden Preis von Russland abzuwenden.

Aus meiner Sicht ist es immer und überall ein Fehler, ideologische statt sachorientierter Politik zu betreiben. Das ist leider kein Alleinstellungsmerkmal der Ukraine.

Militärische Stärke und Entspannung – das muss durchaus kein Widerspruch sein, aber dazu gehört eine Politik, die Verhandlungen und Diplomatie höher bewertet als Waffenlieferungen. Und davon scheint im Moment keine Rede zu sein.

Wie groß das Risiko ist, dass „unsere“ Politik mittlerweile eingeht, und zwar ohne sich dafür sachlich zu rechtfertigen, zeigt folgender Punkt. Bundeskanzler Scholz betont ja immer mal wieder, man wolle trotz der Unterstützung der Ukraine und trotz der Waffenlieferungen nicht zur Kriegspartei werden. Das ist ja durchaus von existenzieller Bedeutung für uns alle. Und deshalb ist es so wichtig zu wissen, wo genau da die Grenzlinie verläuft, die man möglichst nicht überschreiten sollte.

Dazu gibt es eine erhellende Auskunft des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Auf eine entsprechende Anfrage war die Antwort – und zwar bereits am 16. März 2022 – also schon vor gut anderthalb Jahren: nicht mit den Waffenlieferungen, aber mit der Ausbildung von Soldaten verlasse man den gesicherten Bereich der Nicht-Kriegsteilnahme. D.h. wir befinden uns bereits seit geraumer Zeit außerhalb des gesicherten Bereichs. Die Bundeswehr hat sogar eine Führungsrolle innerhalb eines EU-Ausbildungsprogramms übernommen.

Im vergangenen Monat hat der dafür zuständige Bundeswehr Generalmajor Christian Freuding nicht ohne Stolz verkündet, dass seit Kriegsbeginn 8.000 ukrainische Soldaten eine Ausbildung bei der Bundeswehr durchlaufen haben.

Es hängt also nicht mehr von uns ab, ob wir Kriegspartei sind oder nicht, sondern von der Wahrnehmung in Moskau.

Müsste über derlei – im wahrsten Sinne des Wortes – existenzielle Fragen nicht offen und öffentlich debattiert werden? Wie weit gehen wir denn in der Unterstützung der Ukraine, wenn wir damit den eigenen Interessen schaden, nicht nur wirtschaftlich, sondern mit Blick auf Krieg und Frieden? Was ist denn mit dem Eid, den Bundeskanzler und Minister bei Amtsantritt feierlich ablegen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden? Was ist denn mit dem Friedensgebot im Grundgesetz?

Diese Debatten finden in der sogenannten Mitte der Gesellschaft eher nicht statt. Ich halte das nicht nur für einen Fehler, sondern für systemgefährdend, denn es führt zur Aushöhlung demokratischen Denkens und das sollten wir uns in Deutschland nach unserer Vorgeschichte nicht leisten.

Unsere Demokratie wird auch nicht in der Ukraine verteidigt, genauso wenig wie damals am Hindukusch. Das ist nur eine besonders hinterhältige Form Kriegseinsätze zu rechtfertigen und moralischen Druck aufzubauen. Der Kampf um unsere Demokratie findet nicht im Ausland statt, sondern innerhalb unserer Landesgrenzen. Und da ist weiß Gott genug zu tun.

Ich habe den Eindruck, dass sich die Mehrheit in unserer Gesellschaft – schon gar die schweigende – weniger Kriegsrhetorik und mehr diplomatische Ansätze wünscht; dass sie nichts von diesen Ausschluss- und Verweigerungspraktiken hält, nach dem Motto: man kann erst reden, wenn diese oder jene Vorbedingung erfüllt ist. Menschen haben in der Regel ein feines Gespür für Symbolpolitik und wünschen sich eher konstruktive Aktivitäten als Verweigerung. Das ist zumindest mein Eindruck.

Den folgenden Gedanken möchte ich zum Thema Interessen nicht unterschlagen.

Seit ca. 100 Jahren ist es das erklärte politische Ziel der USA, eine enge Zusammenarbeit auf dem eurasischen Kontinent zu verhindern. Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern in offiziellen Papieren nachzulesen. Aus Sicht der USA ist das ein legitimes Ziel, das sie – professionell wie meistens – nun auch erreicht haben.

Der Krieg ist ein gigantisches Wirtschaftsförderprogramm. Nebenbei: im Gegensatz zu Deutschland und meines Wissens auch den anderen Ländern der EU verschenken die USA ihre Waffen nicht, sondern leasen sie und für einen Teil übernimmt die EU die Kosten. Und – die USA werden endlich in Mengen ihr teures und umweltschädliches Fracking-Gas los.

Es wird Zeit europäische Interessen zu definieren – schwer genug, aber für Europa lebensnotwendig, denn um uns herum bilden sich neue Allianzen von Ländern, die die europäisch-amerikanische Bevormundung satthaben und eigenes Selbstbewusstsein entwickeln. Nur jemand mit eurozentristischem Blick und einer gewissen Arroganz kann behaupten Russland sei isoliert. Der Kollege Gabor Steingart geht noch einen Schritt weiter. Er hat gesagt: Russland ist nach dem Überfall auf die Ukraine nicht der Paria der internationalen Gemeinschaft geworden, sondern das neue anti-westliche Rollenmodell.

Jetzt werden Weichen gestellt, mit weitreichenden Konsequenzen. In einer Demokratie, die diesen Namen verdient, muss darüber offen und angstfrei debattiert werden.

Dazu passt eine Aussage von Alfred de Zayas, US-amerikanischer Völkerrechtler und ehemaliger UN-Beamter im Menschenrechtsrat und da zuständig gewesen für „die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung“. Er hat gesagt: „Sowohl Amerikaner wie auch Europäer haben kein Recht, das Überleben des Planeten wegen einer innereuropäischen Querele aufs Spiel zu setzen. Für den durchschnittlichen Afrikaner, Asiaten oder Lateinamerikaner ist es völlig unerheblich, ob die Krim zu Russland oder zur Ukraine gehört. Darüber dürfe sich niemals ein Atomkrieg entfachen.“

Zur Blickwinkelerweiterung gehört eben auch, sich klarzumachen, wie viele Millionen und Milliarden Menschen in anderen Teilen der Welt sitzen mit völlig anderen Interessen, und nicht so zu tun, als hätten „Wir“ – was immer das genau ist – die Deutungshoheit über globale Prozesse.

Ich würde mir wünschen, dass junge Menschen, die mit ihrem Engagement im Kampf gegen den Klimawandel Gesellschaften weltweit aufgerüttelt haben, das Thema Frieden entdecken und sich dafür mit der gleichen Kraft einsetzen. Über die Meinungen, wie man das dann am besten macht, darf und muss gestritten werden.

Mündige Bürger sind in einer Demokratie systemrelevant – eigentlich auch so eine abhanden gekommene Selbstverständlichkeit, sonst hätte Deutschland die Bildung nicht so sträflich vernachlässigt. – Ein mündiger Bürger muss in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, die Konsequenzen seiner Entscheidung zu überblicken und die Verantwortung dafür zu tragen. Wenn das nicht der Fall ist, dann taugt die Demokratie nicht viel.

Die Voraussetzung dafür, fundierte Entscheidungen zu treffen, ist: so umfassend wie möglich informiert zu sein, über Hintergründe Bescheid zu wissen, Zusammenhänge zu erkennen. Das ist anstrengend und mühsam. Niemand hat behauptet, dass Demokratie eine bequeme Angelegenheit ist.

Inhaltliche Auseinandersetzungen mit faktenbasierten Meinungen, streitbare respektvolle Debatten um die besten Lösungen – darum geht es. Um nicht mehr, aber auch um nicht weniger.

Tja, und nun? Immer modernere und schlagkräftigere Waffensysteme sind im Gespräch beziehungsweise werden geliefert oder zumindest zugesagt. Auffällig ist dabei die Zurückhaltung der USA (damit meine ich jetzt nicht die Blockade der Republikaner, bereits beschlossene Mittel nicht zur Verfügung zu stellen) sondern die Tatsache, dass sich die USA trotz umfangreicher Lieferungen – bisher jedenfalls – gewisse Grenzen gesetzt haben. Dazu gehört die Überlegung, keine Waffensysteme zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sind, weit ins russische Kernland vorzudringen.

Im Gegensatz zu europäischen Ländern sind die USA nämlich nicht davon überzeugt, dass sich die Ukraine an ihre offiziellen Zusagen hält, nur das eigene Land zu verteidigen und russisches Territorium nicht einzubeziehen. Deshalb haben die USA z.B. bestimmte Raketenwerfer nur mit Projektilen geliefert, die eine Reichweite von 85 statt 150 km haben.

General a.D. Harald Kujat, den ich eben schon erwähnt habe, der ehemalige Vorsitzende des NATO- Militärausschusses – immerhin die höchste militärische Autorität der NATO – hat sich zu dieser amerikanischen Zurückhaltung in einem Artikel neulich folgendermaßen geäußert: „Die USA überlassen es den Europäern, amerikanische F-16 zu liefern. Dass die Ukraine entgegen ihrer Zusicherung kürzlich Streumunition bei einem Angriff auf das Stadtgebiet von Donezk gegen zivile Ziele eingesetzt hat, bestätigt die amerikanische Zurückhaltung.“

Währenddessen wird in Deutschland geprüft, ob man das hochleistungsfähige Taurus System, diesen Luft-Boden-Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern an die Ukraine abgibt.

Zwei Schlussbemerkungen. Die eine hat mit meinem Berufsstand zu tun.

Journalisten sind mit ihrer Arbeit nicht dafür verantwortlich Frieden zu erhalten, weder den inneren noch den äußeren, aber ihnen sollte schon klar sein, dass sie mit ihrer Arbeit dazu beitragen können, Frieden zu gefährden, sowohl den inneren als auch den äußeren. – Vielleicht muss man das dem einen oder anderen mal unmissverständlich klar machen, respektvoll aber deutlich.

Die zweite Bemerkung. Da werden Sie sich vermutlich wundern, dass ich Thomas Gottschalk erwähne. Ich gehe mal davon aus, dass den auch hier jeder kennt.

Sie haben ja vielleicht mitbekommen, dass er neulich seine letzte Wetten dass-Sendung moderiert hat. Und in seiner Begründung, warum er nicht weitermacht, hat Gottschalk unter anderem folgendes gesagt, fast nebenbei: er habe bisher zu Hause immer genauso geredet wie hier auf der Bühne, aber offenbar ginge das so nicht mehr, und diesen Spagat wolle er sich nicht zumuten. Ich muss sagen, ich fand’s toll, wie dieser Publikumsliebling aus der Unterhaltung kurz und prägnant die Sache auf den Punkt gebracht hat. Was für eine Aussage in unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft.

Also – diejenigen, die sich dafür einsetzen, laufende Kriege zu beenden und künftige zu verhindern, müssen jetzt dringend Mittel und Wege finden, wieder als gestalterische Kraft in der Gesellschaft zu wirken. Das wird ohne junge Menschen nicht gehen.

Kommentar

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg

Das war ohne Zweifel eine große antifaschistische Mobilisierung. 1,3 Millionen Menschen waren am dritten Januarwochenende gegen die AfD und gegen das Potsdamer Faschisten-Treffen auf den Straßen (siehe Artikel Demonstrationen gegen die AfD-Faschisten: Gemeinsam gegen Abschiebungen, Rassismus und Krieg). Es war ein Zeichen, das Hoffnung machen kann, Hoffnung, die natürlich nur Bestand haben wird, wenn wir darauf aufbauen.
Ein erster Schritt wäre die Sprache. Nennen wir Faschisten wieder Faschisten. Offensiv, so dass auch der Mainstream von seinen verdrucksten Sprachregelungen abrücken muss. Sprechen wir darüber, was die Aufgabe von Faschisten ist, weshalb es auch kein Zufall war, dass gutbetuchte Unternehmer beim Potsdamer Treffen dabei waren: Das gewaltsame Spalten und Niederhalten der unteren Klassen und ihrer Organisationen. Nennen wir die Dinge beim Namen und vermeiden die Wortschöpfungen der Faschisten: Sie wollen Massendeportationen und Lager und nennen es „Remigration“, weil es sich harmloser anhört.
Ein nächster Schritt wäre mehr linke Initiative. Es ist äußerst erfreulich, dass die Kieler Demo am 19.1. (siehe Pressemitteilung Autonome Antifa-Demo Kiel) von Antifagruppen organisiert und entsprechen explizit war. In den meisten anderen Städten war das nicht der Fall und entsprechend weichgespült waren die Reden. Denn – drittens – ohne eine Kritik an der Regierungspolitik geht es dieser Tage nicht, wenn man die Faschisten bekämpfen will. Denn die Ampelparteien sind es, die gerade weite Teile des AfD-Programms umsetzen. Mit ihrer Hetze gegen Arme und den neuen Sanktionen gegen Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger, mit ihrem Ausbau der Repressionsapparate und Aufrüstung der Polizei in den Ländern, mit der weiteren Verschärfung der Abschiebepraxis, der Schaffung einer höchst mörderischen EU-Außengrenze und der Kriminalisierung der Hilfe auf der Flucht und nicht zu letzt mit Aufrüstung und Militarisierung. Während die SPD die Gesellschaft kriegsfähig machen will und Außenministerin Baerbock auf die Philippinen reist um Öl ins Feuer dortiger Konflikte zu gießen und den Krieg mit China herbeizureden, sollte uns klar sein: Ein Land im Krieg braucht massive Repression im Inneren – wie man derzeit in der Ukraine und Russland beobachten kann. Repression, für die gegebenenfalls die Faschisten zuständig sein werden. „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ lautet der Schwur von Buchenwald. Zwei Dinge, die auch 2024 noch immer zusammen gehören. (wop)

Demonstrationen gegen die AfD-Faschisten:

Gemeinsam gegen Abschiebungen, Rassismus und Krieg

Um es vorweg zu sagen: Es ist gut, dass Tausende gegen die AfD und andere Ultrarechte auf die Straße gehen. Sie werden es hoffentlich auch weiterhin tun, dann mit weitergehenden Forderungen. Denn es muss auch die politische Situation mit Krisen- und Kriegspolitik genannt werden, es müssen auch die zur Rede gestellt werden, die diese Entwicklung stillschweigend und bewusst zugelassen haben.

Woher kommt dieses plötzliche Aufbegehren gegen die AfD?

Seit der Gründung der AfD wird von einigen Organisationen die Ideologie dieser rassistischen Partei aufgezeigt. Es gibt Kampagnen und Aktionen gegen die AfD, insbesondere zu deren Wahlauftritten und Veranstaltungen.

Die AfD selbst macht immer wieder deutlich, dass sie die Partei der ultrarechten und deren parlamentarischer Arm in die Parlamente ist. Hier greifen sie die Themen auf, die von der Regierung nicht oder schlecht bearbeitet werden.

Und aus ihren Zielen machte die AfD noch nie einen Hehl.

Dennoch tun heute einige überrascht, dass diese Partei immer stärker wird in den Umfragen und in den Parlamenten. Die gewollte Nichtwahrnehmung der menschenverachtenden, sozialdemagogischen Politik der AfD und ihres Gefolges durch die Regierenden zeigt Spuren.

Was anscheinend niemand lesen, sehen und hören wollte, jedoch seit 2018 in einem Buch des Faschisten Björn Höcke steht, beschreibt Ingar Solty, Sozialwissenschaftler, bereits 2019 in einem Artikel: „Höcke schreibt in diesem Buch, dass ein Alleinherrscher, der sich seines ‚verkümmerten männlichen Selbstbewusstseins‘ entledigt habe (und der natürlich er selber sein soll), nötig sei, um die Demokratie, die er ‚im letzten Degenerationsstadium‘ sieht, zu überwinden. Dieser Führer solle das Projekt einer ‚Rückeroberung‘ des Landes von ‚fremde(n) Völkerschaften‘ forcieren und ein ‚groß angelegtes Re-Migrationsprojekt‘ durchführen.“ und weiter zitiert Solty:
„Wenn einmal ‚die Wendezeit gekommen‘ sei, ‚dann machen wir Deutschen keine halben Sachen‘. Politische Gegner dieses Projektes sollen dabei ausgeschaltet oder in einem ‚Aderlass‘ zur Emigration gezwungen werden; es bedürfe hierfür männlicher Härte und Unerbittlichkeit, denn man werde ‚leider ein paar Volksteile verlieren (…), die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen (…)“.
[https://www.freitag.de/autoren/ingar-solty/terror-mit-ankuendigung]

Solche Aussagen finden sich auch in Reden von Höcke und Co.

Auch die Opfer dieser AfD-Politik werden gesehen und von Politiker:innen beklagt: es sind Tote und Verletzte durch rassistische, antisemitische und faschistische Gewalt. Es gab und gibt Vereinbarungen von Parteien, die sich selbst demokratisch nennen, zum Umgang mit der AfD in Parlamenten. Aber es gibt auch immer wieder den Hinweis, dass die AfD eine Partei ist, die die gleichen Rechte wie alle anderen hat. Und es werden die politischen Ziele der AfD im Bundestag, in Landtagen und in Kommunen durch andere Parteien aufgegriffen und umgesetzt, wenn sie selbst nur treibend genug ist.

Jetzt hat das Recherchenetzwerk correctiv aufgedeckt, dass es im November 2023 ein Treffen von Personen verschiedener rechter Organisationen gegeben hat. In diesem Treffen wurden Pläne gesponnen, um noch mehr Menschen abzuschieben: Menschen, die hier Asyl beantragen wollen, Menschen, die seit vielen Jahren hier leben und Menschen, die hier geboren wurden.

Der Bericht über das Treffen, die Beteiligten und auch die Aussagen sind nachzulesen und sollen hier nicht weiter dargestellt werden.
[www.correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/]

Dieser correctiv-Bericht allein scheint der Anlass, dass sich in kürzester Zeit zig-tausende Menschen in der ganzen Republik mobilisieren lassen und auf die Straße gehen.

Es werden Forderungen gegen die AfD und für ein Verbot dieser Partei gestellt, es wird mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass rechte Organisationen zusammenarbeiten und dass der rechte Flügel der CDU mit der AfD, mit der Identitären Bewegung, mit Burschenschaften an einem Tisch sitzt. Auch Mitglieder des Vereins für Deutsche Sprache sollen dabei gewesen sein.

„Gegen Rechts!“ so steht es auf den Schildern der Demonstrierenden und auch „Mehr Liebe – weniger Hass!“

Das eint in diesen Tagen – wenn da nicht einige der jahrelang Aktiven gegen Rassismus und Faschismus auch weitergehende Forderungen auf Transparenten und Flugblättern stellen würden.

• Seit Jahren werden die Rechte für Geflüchtete, das Recht auf Asyl durch Regierungspolitik mit immer schärferen Gesetzen geschliffen.
• Seit Jahren wird auch in der Sozialpolitik gespart und gekürzt – davon sind alle Menschen betroffen.
• Geflüchtete werden in zwei Kategorien eingestuft und diejenigen, die nicht aus der Ukraine kommen, erhalten danach ihren kärglichen Betrag zum Leben. Wenn ihnen denn überhaupt ein Leben hier gewährt wird.

Doch Forderungen, die sich an die Verantwortlichen dieser Politik und dieser Rechtsentwicklung richten, gibt es auf diesen Demonstrationen wenig. Das Sterben der Menschen auf der Flucht im Mittelmeer, die Abschottungspolitik der EU, die tödlichen Fluchtrouten, die Abschiebungen, das wird nur von wenigen Gruppen aufgezeigt und verurteilt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lebt politisch nach den drei Affen – nichts hören, nichts sagen, nichts sehen.

Noch im Sommerinterview 2023 sprach er über die AfD als eine „Schlechte-Laune-Partei“. Er übernahm aber, leicht abgespeckt, deren Vorschläge zum Dichtmachen der Grenzen, neue Regelungen für Asylbewerber:innen, steckte die Milliarden Steuergelder lieber in Hochrüstung und für die Kriegsfähigkeit der Bundeswehr und der Bevölkerung, statt sie in soziale Bereiche in diesem Land oder für humanitäre Zwecke ins Ausland zu bringen. Im Oktober 2023 verlangte er im SPIEGEL eine „neue Härte in der Flüchtlingspolitik“ und kündigte Abschiebungen »im großen Stil« an.

Nun stand er am Sonntag (14.1.2024) auf dem Marktplatz in Potsdam und ließ sich für „Haltung zeigen gegen die AfD“ von seinen noch verbliebenen Wähler:innen feiern.

Neben ihm dabei, die grüne Außenministerin Baerbock. Wenige Tage vorher hatte sie noch Waffendeals mit Saudi Arabien vereinbart, wenige Wochen vorher hat sie dem von der Kommission der Europäischen Union vorgelegten Entwurf „Gemeinsames Europäisches Asylsystem“ (GEAS), mit dem das individuelle Asylrecht abgeschafft wird, freie Fahrt gegeben.
Sie wendet sich gegen den von vielen UN-Organisationen und dem UN-Generalsekretär geforderten humanitären Waffenstillstand in Gaza, um Israel die Zeit für seinen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser:innen und die ethnische Säuberung des Gazastreifens zu geben. Die Bundesregierung kündigt an, Israel vor dem Internationalen Gerichtshof im Prozess wegen Völkermordes beizustehen - das Völkerrecht gilt eben nur, wenn es dem Westen in seinen Kram passt.
Wie vergesslich muss ein Mensch seine Mitmenschen halten, um sich dennoch als mit „weißer Weste“ ausgestattet zu präsentieren?

Das Vergessen ist es nicht allein, sondern politisches Kalkül wird dabei sein, sich hier zu zeigen und abzulenken von den mit Steuergeldern unterstützten Kriegen in der Ukraine und in Nahost, von den Protesten der Landwirt:innen, der Verschiebung des Klimageldes auf den St.-Nimmerleinstag, der auf 2025 verschobenen Kindergrundsicherung, dem Bürgergeld, den Renten, fehlenden Wohnungen, Verkehrs- und Energieprobleme, abzulenken auch von den gleichzeitig an anderer Stelle erfolgten Repressionen gegen Demonstrant:innen wie z.B. beim G7-Gipfel in Hamburg, Repressionen gegen Kurd:innen, Palästinenser:innen und nicht auf Kriegskurs stehenden Jüd:innen; abzulenken von Wire-Card- und Cum-Ex-Skandalen.

Ja – der Plan der rechten Zusammenrottung in Potsdam von AfD bis CDU ist zu verachten!
Aber es gibt den Abbau des Rechts auf Asyl durch die Regierungsparteien SPD, Grüne, FDP.

Der SPD-Vorsitzende Klingbeil sagt dem RND:

„Die AfD will Menschen aus unserem Land schmeißen, die fester Teil des Landes sind. … Es sind Leute, die seit Generationen hier leben. Aber für die rechte Ideologie der AfD passen sie nicht in unsere Gesellschaft. …. Wir lassen nicht zu, dass die Rechtsradikalen entscheiden, wer deutsch ist und wer nicht.“
[https://www.rnd.de/politik/proteste-gegen-afd-spd-und-gruene-loben-demonstrationen-der-anstaendigen-LSE35IWDCVGWXMYTB4GAC6ER6E.html ]

Bei so viel Scheinheiligkeit ist das sarkastische Zu-Ende-Denken der Worte Klingbeil´s nicht weit: „ … Denn dazu machen wir als Regierung die Gesetze!“

Erinnerungen werden wach an den sogenannten Asylkompromiss von 1993, der nur mit der Zustimmung der SPD zustande gekommen ist. Vor und nach diesem Gesetz brannten viele Wohnungen und Unterkünfte für Geflüchtete.

Der Rassismus ist seitdem in diesem Land nicht weniger geworden. Faschistische und rassistische Organisationen machen bis heute Jagd auf Menschen. In Institutionen gibt es rechte Netzwerke, z.B. bei der Polizei und Bundeswehr.

Gestern war der Jahrestag des Brandanschlags in der Lübecker Hafenstraße. In der Nacht zum 18. Januar 1996 wurden drei Erwachsene, sowie sieben Kinder und Jugendliche aus Zaire, Angola, Togo und dem Libanon ermordet. 38 weitere Hausbewohner:innen wurden verletzt. Das Verbrechen wurde bis heute nicht aufgeklärt.

Es gab im Jahr 2000 den „Aufstand der Anständigen“, ausgerufen von Kanzler Schröder nach dem Brand der Düsseldorfer Synagoge. Versucht wurde damals, die Bewegung der Antifaschist*innen zu spalten in die angeblich „gewaltbereiten“ und die „friedlich“ Demonstrierenden. Erstere wurden und werden kriminalisiert.

Verhindert wurden damit nicht die Morde des NSU, die Morde von Halle und Hanau, der Mord an Walter Lübcke, die Toten in Gefängniszellen, die Opfer der Abschiebungen. Dies ist auch in Verantwortung von Regierenden der vergangenen Jahrzehnte.

Im Kampf gegen die Pegida-Bewegung waren 2015 wieder Hunderttausende auf den Straßen. „Gesicht zeigen gegen Rechts“ und für Menschenrechte war „anständig“. In der Großen Koalition wurde von Innenminister Seehofer die Debatte zu „Obergrenzen für Geflüchtete“ aufgerollt, 2017 kamen Aussagen über „irreguläre Migration“ hinzu. Trotz der Kritik daran, werden diese Begriffe inzwischen oft als „normaler Sprachgebrauch“ akzeptiert.

Der CDU-Vorsitzende Merz nimmt AfD-Parolen auf, wenn er von einer Ausnutzung der Sozialsysteme durch Geflüchtete spricht und das Beispiel seines Zahnarztbesuches bemüht.

Diese Politik setzt sich bis heute fort.

Gestern, am 18.1.24, hat die Mehrheit des Bundestags das zynisch genannte „Rückführungsverbesserungsgesetz“ beschlossen. Die Größe der Demonstration vor dem Bundestag gegen dieses menschenfeindliche Gesetz war sehr überschaubar. (Foto oben) Auch bezeichnend: Der CDU/CSU und der AfD gingen die Verschärfungen des Gesetzes nicht weit genug.

sea watch 18124 berlin

Foto: Sea-Watch am 18. Januar 2024 vor dem Bundestag; Protest gegen das genannte „Rückführungsverbesserungsgesetz“

Dies bestätigt: die vor einiger Zeit proklamierte Brandmauer gegen die AfD – es gibt sie nicht! Weder in den Parlamenten, noch in den gesellschaftlichen Institutionen.

Im Gegenteil wird weiter die Spaltung von Protest in gute und böse Demonstrant:innen betrieben.

Nicht zufällig sagt der Fraktionsvorsitzende von Die Grünen im Kieler Rathaus, Samet Yilmaz, dass er „stolz“ empfindet angesichts der Demonstration von 8000 Menschen:
„Wir in Kiel stehen für eine offene Gesellschaft. (…) Wer gegen Nazis ist, ist nicht links sondern Demokrat.“ (Kieler Nachrichten, 15.1.2024)
Der kleine Seitenhieb reicht, um die Standorte zu bestimmen.

Dass es auf dieser Demonstration gegen Rechts nicht ganz so offen zuging, berichten kurdische Aktivist*innen. Sie wurden mehrfach aufgefordert ihre Fahnen einzupacken, die nur durch kurdische Farben aufgefallen sind, jedoch ohne irgendein Schriftzeichen waren.

Im RND lesen wir: „SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte am Dienstag in Berlin, es sei beachtlich, wie viele sich spontan den Demonstrationen der „Anständigen“ angeschlossen hätten.“
[https://www.rnd.de/politik/proteste-gegen-afd-spd-und-gruene-loben-demonstrationen-der-anstaendigen-LSE35IWDCVGWXMYTB4GAC6ER6E.html]

Die Beteiligung an den Demonstrationen mit klaren Aussagen zu den Ursachen der Rechtsentwicklung und dem Erstarken ultrarechter Parteien kann auch für manche „Anständige“ ein Gewinn sein und die Erkenntnis über Zusammenhänge bringen.

Bettina Jürgensen, marxistische linke

25. November 2023 in Berlin:

20.000 gegen den Kriegswahn von Regierung und NATO

Friedensdemo25 11 23 02

Die Demonstration und Kundgebung „NEIN ZU KRIEGEN – Rüstungswahnsinn stoppen!“ am 25. November 2023 in Berlin war mit über 20.000 Teilnehmern ein großer Erfolg. Der Erfolg der Mobilisierung ist umso bemerkenswerter, weil die Friedensbewegung in diesen Zeiten nicht gerade unter günstigen Bedingungen agieren muss. Denn:

1. Mit dem Ukraine-Krieg versuchen der herrschende Block und seine ideologischen Apparate eine Renaissance von deutschem Militarismus und deutschem Großmachtstatus – beschönigend als „Zeitenwende“ bezeichnet – durchzusetzen. Sie wollen den deutschen Imperialismus 3.0. Auch wenn das, wie alle Umfragen belegen, nicht so recht funktioniert, und in der Bevölkerung zumindest eine post-heroische Grundhaltung verbreitet ist, muss Friedenspolitik gegen unglaublichen propagandistischen Gegenwind ankämpfen.

2. Das geschieht in einer Situation, in der vor allem für jüngere Generationen das Thema Krieg – und sei sie auch nur durch die Eltern vermittelt – keine Rolle spielt. Verständlicherweise. Auch Kenntnisse über internationale Konflikte und Krieg, die von der Anti-Raketenbewegung der 1980er Jahre in die Öffentlichkeit getragen wurden, sind nicht mehr vorhanden. Wer unter 50 weiß, was „atomarer Winter“, was „strategisches Gleichgewicht“, „Eskalationsdominanz“ oder „Enthauptungsschlag“ bedeuten? Wer ist mit den Methoden von Feindbildproduktion vertraut, wie sie die im Kalten Krieg Sozialisierten erlebten? Sehr treffend daher der Vorschlag von Wagenknecht an „The last Generation“: „Klebt euch doch mal vor der Airbase Ramstein auf die Straße!“ Klima und Frieden gehören schließlich zusammen.

3. Die Entscheidung für den 25.11.2023 und der Aufruf dazu kamen vor dem Ausbruch des neuen Nahostkriegs. Innenpolitisch hat dieser Krieg den Konformitätsdruck in Richtung Einheitsmeinung noch einmal um eine Größenordnung nach oben gedreht. Im Vergleich zur Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs erscheint das Etikett „Putinversteher“ inzwischen fast schon wieder harmlos. Der neue Krieg hat zusätzliche Spaltungslinien in der gesellschaftlichen Linken hervorgerufen. Derzeit wird auch Fridays for Future mit einem haltlosen Antisemitismusvorwurf gegen Greta Thunberg fertig gemacht. Der (Un)Geist von Rache und Vergeltung, Emotion und Affekt, fernab jeglicher rationaler Analyse und die skrupellose Negation von UNO und Völkerrecht bis in einige Milieus der Linken hinein machen sich in einem Maße breit, dass es einem gruselig werden kann. Wie war das nochmal mit der dünnen Decke der Zivilisiertheit, auf der wir uns bewegen?

4. Die vorgenannten Faktoren hinterlassen natürlich auch ihre Spuren in einigen Teilen der Friedensbewegung. Sie äußern sich in z. T. heftigen Polemiken, an deren Spitze meist die Unterstellung von „Rechtsoffenheit“ steht. Hier dürfte aber der 25.11. endgültig für Klarheit gesorgt haben. Außer der Tür zum Toilettenwagen war hier nichts nach rechts offen. Selbst die Tagesschau, die gegen die Schwarzer-Wagenknecht-Kundgebung noch den Vorreiter beim Rechtsoffen-Geschwurbel gegeben hatte, hat dieses Mal immerhin die klare Orientierung der Veranstalter korrekt zitiert.

Noch in einem anderen Punkt hat der 25.11. für Klarheit gesorgt. Jene in der Friedensbewegung, die geglaubt hatten, mit der Befürwortung von Waffenlieferungen an Kiew und eines ukrainischen Siegs auf dem Schlachtfeld Menschen für Friedenspolitik gewinnen zu können, dürften jetzt gemerkt haben, dass man sich schon deutlicher von Baerbock und NATO abheben muss, um Gehör zu finden. Das hatte z. B. schon die geringe Mobilisierungsfähigkeit des Bündnisses „Stoppt das Töten in der Ukraine“ beim Jahrestag des russischen Einmarschs im Februar gezeigt, und erst recht der völlige Misserfolg im Oktober. Inzwischen haben sich ja einige aus diesen Kreisen auch korrigiert und lehnen Waffenlieferungen jetzt ab. Ein paar faktenresistente Funktionäre, die immer noch auf einen ukrainischen Sieg setzen, sind dagegen endgültig in sektenhafter Bedeutungslosigkeit gelandet.

Neben dem zahlenmäßigen Erfolg ist auch die politische Zusammensetzung der Demo interessant. Es dominierten die blauen Fahnen mit Friedenstauben und die Pace-Regenbogenfahnen, wie sie in lokalen Initiativen verbreitet sind, Das verweist auf eine Verankerung an der Basis. Außerdem gab es viel Fahnen und Transparente von ver.di, IG Metall, GEW und traditioneller Friedensorganisationen wie DfG/VK, VVN, DKP u.ä. Vereinzelt waren auch ein paar Jusos dabei. Da anders als noch bei der Anti-Raketenbewegung der 1980er Jahre heute keine gut geölten Organisationsapparate zur Verfügung stehen und auch der Initiatorenkreis nur ein Zusammenschluss von Einzelpersonen ist, kann die Bedeutung der lokalen Basis garnicht hoch genug geschätzt werden.

Der Erfolg des 25.11. ist natürlich kein Grund, übermütig zu werden. Noch sind Einfluss und politische Breite der Bewegung zu gering. Und das in einer historischen Situation, die ebenso gefährlich wie komplex ist. Eine der Problemlage angemessenen Strategie stellt enorme Anforderungen, auf die es auch neue Antworten zu entwickeln gilt.
Diese erste Auswertung gehört natürlich vertieft und ergänzt, eine genaue Analyse durch die örtlichen Friedensinitiativen von Stärken und Schwächen steht an, um die nächsten Schritte zu gehen.

Auch in Kiel treffen sich Friedensforum, DFG/VK, IPPNW, DKP u. a. um zu beraten, wie die missliche Situation weiterer Kriegsteilnahme, Militarisierung der Gesellschaft, zunehmende Rüstungsproduktion und Waffenlieferungen gestoppt werden kann und Visionen für eine gerechte und friedliche Gesellschaft entwickelt werden können.

(Quelle: Peter Wahl,
attac AG Globalisierung und Krieg, Red. uws)

Veranstaltung der DFG-VK Kiel:

Kognitive Kriegsführung und der Krieg in der Ukraine

Modernste Kriegspropaganda als Programm der NATO
Vortrag: Jonas Tögel

Sa., 4. November 2023, 19 Uhr
Die Pumpe e.V., Haßstraße 22, 24103 Kiel, Gruppenraum


Seit 2020 treibt die NATO eine neue Form der psychologischen Kriegsführung voran: die sog. „Kognitive Kriegsführung“, die von der NATO selbst als „fortschrittlichste Form der Manipulation“ bezeichnet wird. Diese nimmt die Psyche jedes Menschen direkt ins Visier, mit dem Ziel, unseren Verstand wie einen Computer zu hacken.

Wie wichtig der NATO die Kognitive Kriegsführung ist und wie entschieden sie auf einen Ausbau ihrer psychologischen Kampfkraft drängt, wird aus ihren Dossiers immer wieder deutlich: „Die Kognitive Kriegsführung könnte das fehlende Element sein, das den Übergang vom militärischen Sieg auf dem Schlachtfeld zum dauerhaften politischen Erfolg ermöglicht. (Nur) die menschliche Späre (Human Domain) kann den endgültigen und vollständigen Sieg erringen.“

Der Propagandaforscher Jonas Tögel hat intensiv zur Kognitiven Kriegsführung geforscht. In seinen Vorträgen erläutert er die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte der Kognitive Kriegsführung, vom Beginn moderner Kriegspropaganda vor 100 Jahren, über die Militarisierung der Neurowissenschaften bis hin zu Zukunftstechnologien wie Nano-Robotern oder Neurowaffen. Und er zeigt, dass der Gedankenkrieg oft über sogenannte „Soft-Power-Techniken“ bereits heute stattfindet.

„Wer Krieg ablehnt, muss daher auch Kriegspropaganda ablehnen.“ „Wir brauchen in Zukunft nicht noch mehr Manipulationswaffen und nicht noch mehr Gewalt. Was wir brauchen ist vielmehr ein ehrlicher, respektvoller Umgang miteinander, eine gewissenhafte Aufarbeitung von Kriegslügen, Aufklärung über Soft-Power-Techniken sowie eine zwischenmenschliche Kommunikation auf Augenhöhe, ohne Gewalt und Manipulation.“

 

Veranstalter: DFG-VK Kiel