Demonstrationen gegen die AfD-Faschisten:
Gemeinsam gegen Abschiebungen, Rassismus und Krieg
Um es vorweg zu sagen: Es ist gut, dass Tausende gegen die AfD und andere Ultrarechte auf die Straße gehen. Sie werden es hoffentlich auch weiterhin tun, dann mit weitergehenden Forderungen. Denn es muss auch die politische Situation mit Krisen- und Kriegspolitik genannt werden, es müssen auch die zur Rede gestellt werden, die diese Entwicklung stillschweigend und bewusst zugelassen haben.
Woher kommt dieses plötzliche Aufbegehren gegen die AfD?
Seit der Gründung der AfD wird von einigen Organisationen die Ideologie dieser rassistischen Partei aufgezeigt. Es gibt Kampagnen und Aktionen gegen die AfD, insbesondere zu deren Wahlauftritten und Veranstaltungen.
Die AfD selbst macht immer wieder deutlich, dass sie die Partei der ultrarechten und deren parlamentarischer Arm in die Parlamente ist. Hier greifen sie die Themen auf, die von der Regierung nicht oder schlecht bearbeitet werden.
Und aus ihren Zielen machte die AfD noch nie einen Hehl.
Dennoch tun heute einige überrascht, dass diese Partei immer stärker wird in den Umfragen und in den Parlamenten. Die gewollte Nichtwahrnehmung der menschenverachtenden, sozialdemagogischen Politik der AfD und ihres Gefolges durch die Regierenden zeigt Spuren.
Was anscheinend niemand lesen, sehen und hören wollte, jedoch seit 2018 in einem Buch des Faschisten Björn Höcke steht, beschreibt Ingar Solty, Sozialwissenschaftler, bereits 2019 in einem Artikel: „Höcke schreibt in diesem Buch, dass ein Alleinherrscher, der sich seines ‚verkümmerten männlichen Selbstbewusstseins‘ entledigt habe (und der natürlich er selber sein soll), nötig sei, um die Demokratie, die er ‚im letzten Degenerationsstadium‘ sieht, zu überwinden. Dieser Führer solle das Projekt einer ‚Rückeroberung‘ des Landes von ‚fremde(n) Völkerschaften‘ forcieren und ein ‚groß angelegtes Re-Migrationsprojekt‘ durchführen.“ und weiter zitiert Solty:
„Wenn einmal ‚die Wendezeit gekommen‘ sei, ‚dann machen wir Deutschen keine halben Sachen‘. Politische Gegner dieses Projektes sollen dabei ausgeschaltet oder in einem ‚Aderlass‘ zur Emigration gezwungen werden; es bedürfe hierfür männlicher Härte und Unerbittlichkeit, denn man werde ‚leider ein paar Volksteile verlieren (…), die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen (…)“.
[https://www.freitag.de/autoren/ingar-solty/terror-mit-ankuendigung]
Solche Aussagen finden sich auch in Reden von Höcke und Co.
Auch die Opfer dieser AfD-Politik werden gesehen und von Politiker:innen beklagt: es sind Tote und Verletzte durch rassistische, antisemitische und faschistische Gewalt. Es gab und gibt Vereinbarungen von Parteien, die sich selbst demokratisch nennen, zum Umgang mit der AfD in Parlamenten. Aber es gibt auch immer wieder den Hinweis, dass die AfD eine Partei ist, die die gleichen Rechte wie alle anderen hat. Und es werden die politischen Ziele der AfD im Bundestag, in Landtagen und in Kommunen durch andere Parteien aufgegriffen und umgesetzt, wenn sie selbst nur treibend genug ist.
Jetzt hat das Recherchenetzwerk correctiv aufgedeckt, dass es im November 2023 ein Treffen von Personen verschiedener rechter Organisationen gegeben hat. In diesem Treffen wurden Pläne gesponnen, um noch mehr Menschen abzuschieben: Menschen, die hier Asyl beantragen wollen, Menschen, die seit vielen Jahren hier leben und Menschen, die hier geboren wurden.
Der Bericht über das Treffen, die Beteiligten und auch die Aussagen sind nachzulesen und sollen hier nicht weiter dargestellt werden.
[www.correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/]
Dieser correctiv-Bericht allein scheint der Anlass, dass sich in kürzester Zeit zig-tausende Menschen in der ganzen Republik mobilisieren lassen und auf die Straße gehen.
Es werden Forderungen gegen die AfD und für ein Verbot dieser Partei gestellt, es wird mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass rechte Organisationen zusammenarbeiten und dass der rechte Flügel der CDU mit der AfD, mit der Identitären Bewegung, mit Burschenschaften an einem Tisch sitzt. Auch Mitglieder des Vereins für Deutsche Sprache sollen dabei gewesen sein.
„Gegen Rechts!“ so steht es auf den Schildern der Demonstrierenden und auch „Mehr Liebe – weniger Hass!“
Das eint in diesen Tagen – wenn da nicht einige der jahrelang Aktiven gegen Rassismus und Faschismus auch weitergehende Forderungen auf Transparenten und Flugblättern stellen würden.
• Seit Jahren werden die Rechte für Geflüchtete, das Recht auf Asyl durch Regierungspolitik mit immer schärferen Gesetzen geschliffen.
• Seit Jahren wird auch in der Sozialpolitik gespart und gekürzt – davon sind alle Menschen betroffen.
• Geflüchtete werden in zwei Kategorien eingestuft und diejenigen, die nicht aus der Ukraine kommen, erhalten danach ihren kärglichen Betrag zum Leben. Wenn ihnen denn überhaupt ein Leben hier gewährt wird.
Doch Forderungen, die sich an die Verantwortlichen dieser Politik und dieser Rechtsentwicklung richten, gibt es auf diesen Demonstrationen wenig. Das Sterben der Menschen auf der Flucht im Mittelmeer, die Abschottungspolitik der EU, die tödlichen Fluchtrouten, die Abschiebungen, das wird nur von wenigen Gruppen aufgezeigt und verurteilt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lebt politisch nach den drei Affen – nichts hören, nichts sagen, nichts sehen.
Noch im Sommerinterview 2023 sprach er über die AfD als eine „Schlechte-Laune-Partei“. Er übernahm aber, leicht abgespeckt, deren Vorschläge zum Dichtmachen der Grenzen, neue Regelungen für Asylbewerber:innen, steckte die Milliarden Steuergelder lieber in Hochrüstung und für die Kriegsfähigkeit der Bundeswehr und der Bevölkerung, statt sie in soziale Bereiche in diesem Land oder für humanitäre Zwecke ins Ausland zu bringen. Im Oktober 2023 verlangte er im SPIEGEL eine „neue Härte in der Flüchtlingspolitik“ und kündigte Abschiebungen »im großen Stil« an.
Nun stand er am Sonntag (14.1.2024) auf dem Marktplatz in Potsdam und ließ sich für „Haltung zeigen gegen die AfD“ von seinen noch verbliebenen Wähler:innen feiern.
Neben ihm dabei, die grüne Außenministerin Baerbock. Wenige Tage vorher hatte sie noch Waffendeals mit Saudi Arabien vereinbart, wenige Wochen vorher hat sie dem von der Kommission der Europäischen Union vorgelegten Entwurf „Gemeinsames Europäisches Asylsystem“ (GEAS), mit dem das individuelle Asylrecht abgeschafft wird, freie Fahrt gegeben.
Sie wendet sich gegen den von vielen UN-Organisationen und dem UN-Generalsekretär geforderten humanitären Waffenstillstand in Gaza, um Israel die Zeit für seinen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser:innen und die ethnische Säuberung des Gazastreifens zu geben. Die Bundesregierung kündigt an, Israel vor dem Internationalen Gerichtshof im Prozess wegen Völkermordes beizustehen - das Völkerrecht gilt eben nur, wenn es dem Westen in seinen Kram passt.
Wie vergesslich muss ein Mensch seine Mitmenschen halten, um sich dennoch als mit „weißer Weste“ ausgestattet zu präsentieren?
Das Vergessen ist es nicht allein, sondern politisches Kalkül wird dabei sein, sich hier zu zeigen und abzulenken von den mit Steuergeldern unterstützten Kriegen in der Ukraine und in Nahost, von den Protesten der Landwirt:innen, der Verschiebung des Klimageldes auf den St.-Nimmerleinstag, der auf 2025 verschobenen Kindergrundsicherung, dem Bürgergeld, den Renten, fehlenden Wohnungen, Verkehrs- und Energieprobleme, abzulenken auch von den gleichzeitig an anderer Stelle erfolgten Repressionen gegen Demonstrant:innen wie z.B. beim G7-Gipfel in Hamburg, Repressionen gegen Kurd:innen, Palästinenser:innen und nicht auf Kriegskurs stehenden Jüd:innen; abzulenken von Wire-Card- und Cum-Ex-Skandalen.
Ja – der Plan der rechten Zusammenrottung in Potsdam von AfD bis CDU ist zu verachten!
Aber es gibt den Abbau des Rechts auf Asyl durch die Regierungsparteien SPD, Grüne, FDP.
Der SPD-Vorsitzende Klingbeil sagt dem RND:
„Die AfD will Menschen aus unserem Land schmeißen, die fester Teil des Landes sind. … Es sind Leute, die seit Generationen hier leben. Aber für die rechte Ideologie der AfD passen sie nicht in unsere Gesellschaft. …. Wir lassen nicht zu, dass die Rechtsradikalen entscheiden, wer deutsch ist und wer nicht.“
[https://www.rnd.de/politik/proteste-gegen-afd-spd-und-gruene-loben-demonstrationen-der-anstaendigen-LSE35IWDCVGWXMYTB4GAC6ER6E.html ]
Bei so viel Scheinheiligkeit ist das sarkastische Zu-Ende-Denken der Worte Klingbeil´s nicht weit: „ … Denn dazu machen wir als Regierung die Gesetze!“
Erinnerungen werden wach an den sogenannten Asylkompromiss von 1993, der nur mit der Zustimmung der SPD zustande gekommen ist. Vor und nach diesem Gesetz brannten viele Wohnungen und Unterkünfte für Geflüchtete.
Der Rassismus ist seitdem in diesem Land nicht weniger geworden. Faschistische und rassistische Organisationen machen bis heute Jagd auf Menschen. In Institutionen gibt es rechte Netzwerke, z.B. bei der Polizei und Bundeswehr.
Gestern war der Jahrestag des Brandanschlags in der Lübecker Hafenstraße. In der Nacht zum 18. Januar 1996 wurden drei Erwachsene, sowie sieben Kinder und Jugendliche aus Zaire, Angola, Togo und dem Libanon ermordet. 38 weitere Hausbewohner:innen wurden verletzt. Das Verbrechen wurde bis heute nicht aufgeklärt.
Es gab im Jahr 2000 den „Aufstand der Anständigen“, ausgerufen von Kanzler Schröder nach dem Brand der Düsseldorfer Synagoge. Versucht wurde damals, die Bewegung der Antifaschist*innen zu spalten in die angeblich „gewaltbereiten“ und die „friedlich“ Demonstrierenden. Erstere wurden und werden kriminalisiert.
Verhindert wurden damit nicht die Morde des NSU, die Morde von Halle und Hanau, der Mord an Walter Lübcke, die Toten in Gefängniszellen, die Opfer der Abschiebungen. Dies ist auch in Verantwortung von Regierenden der vergangenen Jahrzehnte.
Im Kampf gegen die Pegida-Bewegung waren 2015 wieder Hunderttausende auf den Straßen. „Gesicht zeigen gegen Rechts“ und für Menschenrechte war „anständig“. In der Großen Koalition wurde von Innenminister Seehofer die Debatte zu „Obergrenzen für Geflüchtete“ aufgerollt, 2017 kamen Aussagen über „irreguläre Migration“ hinzu. Trotz der Kritik daran, werden diese Begriffe inzwischen oft als „normaler Sprachgebrauch“ akzeptiert.
Der CDU-Vorsitzende Merz nimmt AfD-Parolen auf, wenn er von einer Ausnutzung der Sozialsysteme durch Geflüchtete spricht und das Beispiel seines Zahnarztbesuches bemüht.
Diese Politik setzt sich bis heute fort.
Gestern, am 18.1.24, hat die Mehrheit des Bundestags das zynisch genannte „Rückführungsverbesserungsgesetz“ beschlossen. Die Größe der Demonstration vor dem Bundestag gegen dieses menschenfeindliche Gesetz war sehr überschaubar. (Foto oben) Auch bezeichnend: Der CDU/CSU und der AfD gingen die Verschärfungen des Gesetzes nicht weit genug.
Foto: Sea-Watch am 18. Januar 2024 vor dem Bundestag; Protest gegen das genannte „Rückführungsverbesserungsgesetz“
Dies bestätigt: die vor einiger Zeit proklamierte Brandmauer gegen die AfD – es gibt sie nicht! Weder in den Parlamenten, noch in den gesellschaftlichen Institutionen.
Im Gegenteil wird weiter die Spaltung von Protest in gute und böse Demonstrant:innen betrieben.
Nicht zufällig sagt der Fraktionsvorsitzende von Die Grünen im Kieler Rathaus, Samet Yilmaz, dass er „stolz“ empfindet angesichts der Demonstration von 8000 Menschen:
„Wir in Kiel stehen für eine offene Gesellschaft. (…) Wer gegen Nazis ist, ist nicht links sondern Demokrat.“ (Kieler Nachrichten, 15.1.2024)
Der kleine Seitenhieb reicht, um die Standorte zu bestimmen.
Dass es auf dieser Demonstration gegen Rechts nicht ganz so offen zuging, berichten kurdische Aktivist*innen. Sie wurden mehrfach aufgefordert ihre Fahnen einzupacken, die nur durch kurdische Farben aufgefallen sind, jedoch ohne irgendein Schriftzeichen waren.
Im RND lesen wir: „SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte am Dienstag in Berlin, es sei beachtlich, wie viele sich spontan den Demonstrationen der „Anständigen“ angeschlossen hätten.“
[https://www.rnd.de/politik/proteste-gegen-afd-spd-und-gruene-loben-demonstrationen-der-anstaendigen-LSE35IWDCVGWXMYTB4GAC6ER6E.html]
Die Beteiligung an den Demonstrationen mit klaren Aussagen zu den Ursachen der Rechtsentwicklung und dem Erstarken ultrarechter Parteien kann auch für manche „Anständige“ ein Gewinn sein und die Erkenntnis über Zusammenhänge bringen.
Bettina Jürgensen, marxistische linke
25. November 2023 in Berlin:
20.000 gegen den Kriegswahn von Regierung und NATO
Die Demonstration und Kundgebung „NEIN ZU KRIEGEN – Rüstungswahnsinn stoppen!“ am 25. November 2023 in Berlin war mit über 20.000 Teilnehmern ein großer Erfolg. Der Erfolg der Mobilisierung ist umso bemerkenswerter, weil die Friedensbewegung in diesen Zeiten nicht gerade unter günstigen Bedingungen agieren muss. Denn:
1. Mit dem Ukraine-Krieg versuchen der herrschende Block und seine ideologischen Apparate eine Renaissance von deutschem Militarismus und deutschem Großmachtstatus – beschönigend als „Zeitenwende“ bezeichnet – durchzusetzen. Sie wollen den deutschen Imperialismus 3.0. Auch wenn das, wie alle Umfragen belegen, nicht so recht funktioniert, und in der Bevölkerung zumindest eine post-heroische Grundhaltung verbreitet ist, muss Friedenspolitik gegen unglaublichen propagandistischen Gegenwind ankämpfen.
2. Das geschieht in einer Situation, in der vor allem für jüngere Generationen das Thema Krieg – und sei sie auch nur durch die Eltern vermittelt – keine Rolle spielt. Verständlicherweise. Auch Kenntnisse über internationale Konflikte und Krieg, die von der Anti-Raketenbewegung der 1980er Jahre in die Öffentlichkeit getragen wurden, sind nicht mehr vorhanden. Wer unter 50 weiß, was „atomarer Winter“, was „strategisches Gleichgewicht“, „Eskalationsdominanz“ oder „Enthauptungsschlag“ bedeuten? Wer ist mit den Methoden von Feindbildproduktion vertraut, wie sie die im Kalten Krieg Sozialisierten erlebten? Sehr treffend daher der Vorschlag von Wagenknecht an „The last Generation“: „Klebt euch doch mal vor der Airbase Ramstein auf die Straße!“ Klima und Frieden gehören schließlich zusammen.
3. Die Entscheidung für den 25.11.2023 und der Aufruf dazu kamen vor dem Ausbruch des neuen Nahostkriegs. Innenpolitisch hat dieser Krieg den Konformitätsdruck in Richtung Einheitsmeinung noch einmal um eine Größenordnung nach oben gedreht. Im Vergleich zur Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs erscheint das Etikett „Putinversteher“ inzwischen fast schon wieder harmlos. Der neue Krieg hat zusätzliche Spaltungslinien in der gesellschaftlichen Linken hervorgerufen. Derzeit wird auch Fridays for Future mit einem haltlosen Antisemitismusvorwurf gegen Greta Thunberg fertig gemacht. Der (Un)Geist von Rache und Vergeltung, Emotion und Affekt, fernab jeglicher rationaler Analyse und die skrupellose Negation von UNO und Völkerrecht bis in einige Milieus der Linken hinein machen sich in einem Maße breit, dass es einem gruselig werden kann. Wie war das nochmal mit der dünnen Decke der Zivilisiertheit, auf der wir uns bewegen?
4. Die vorgenannten Faktoren hinterlassen natürlich auch ihre Spuren in einigen Teilen der Friedensbewegung. Sie äußern sich in z. T. heftigen Polemiken, an deren Spitze meist die Unterstellung von „Rechtsoffenheit“ steht. Hier dürfte aber der 25.11. endgültig für Klarheit gesorgt haben. Außer der Tür zum Toilettenwagen war hier nichts nach rechts offen. Selbst die Tagesschau, die gegen die Schwarzer-Wagenknecht-Kundgebung noch den Vorreiter beim Rechtsoffen-Geschwurbel gegeben hatte, hat dieses Mal immerhin die klare Orientierung der Veranstalter korrekt zitiert.
Noch in einem anderen Punkt hat der 25.11. für Klarheit gesorgt. Jene in der Friedensbewegung, die geglaubt hatten, mit der Befürwortung von Waffenlieferungen an Kiew und eines ukrainischen Siegs auf dem Schlachtfeld Menschen für Friedenspolitik gewinnen zu können, dürften jetzt gemerkt haben, dass man sich schon deutlicher von Baerbock und NATO abheben muss, um Gehör zu finden. Das hatte z. B. schon die geringe Mobilisierungsfähigkeit des Bündnisses „Stoppt das Töten in der Ukraine“ beim Jahrestag des russischen Einmarschs im Februar gezeigt, und erst recht der völlige Misserfolg im Oktober. Inzwischen haben sich ja einige aus diesen Kreisen auch korrigiert und lehnen Waffenlieferungen jetzt ab. Ein paar faktenresistente Funktionäre, die immer noch auf einen ukrainischen Sieg setzen, sind dagegen endgültig in sektenhafter Bedeutungslosigkeit gelandet.
Neben dem zahlenmäßigen Erfolg ist auch die politische Zusammensetzung der Demo interessant. Es dominierten die blauen Fahnen mit Friedenstauben und die Pace-Regenbogenfahnen, wie sie in lokalen Initiativen verbreitet sind, Das verweist auf eine Verankerung an der Basis. Außerdem gab es viel Fahnen und Transparente von ver.di, IG Metall, GEW und traditioneller Friedensorganisationen wie DfG/VK, VVN, DKP u.ä. Vereinzelt waren auch ein paar Jusos dabei. Da anders als noch bei der Anti-Raketenbewegung der 1980er Jahre heute keine gut geölten Organisationsapparate zur Verfügung stehen und auch der Initiatorenkreis nur ein Zusammenschluss von Einzelpersonen ist, kann die Bedeutung der lokalen Basis garnicht hoch genug geschätzt werden.
Der Erfolg des 25.11. ist natürlich kein Grund, übermütig zu werden. Noch sind Einfluss und politische Breite der Bewegung zu gering. Und das in einer historischen Situation, die ebenso gefährlich wie komplex ist. Eine der Problemlage angemessenen Strategie stellt enorme Anforderungen, auf die es auch neue Antworten zu entwickeln gilt.
Diese erste Auswertung gehört natürlich vertieft und ergänzt, eine genaue Analyse durch die örtlichen Friedensinitiativen von Stärken und Schwächen steht an, um die nächsten Schritte zu gehen.
Auch in Kiel treffen sich Friedensforum, DFG/VK, IPPNW, DKP u. a. um zu beraten, wie die missliche Situation weiterer Kriegsteilnahme, Militarisierung der Gesellschaft, zunehmende Rüstungsproduktion und Waffenlieferungen gestoppt werden kann und Visionen für eine gerechte und friedliche Gesellschaft entwickelt werden können.
(Quelle: Peter Wahl,
attac AG Globalisierung und Krieg, Red. uws)
Veranstaltung der DFG-VK Kiel:
Kognitive Kriegsführung und der Krieg in der Ukraine
Modernste Kriegspropaganda als Programm der NATO
Vortrag: Jonas Tögel
Sa., 4. November 2023, 19 Uhr
Die Pumpe e.V., Haßstraße 22, 24103 Kiel, Gruppenraum
Seit 2020 treibt die NATO eine neue Form der psychologischen Kriegsführung voran: die sog. „Kognitive Kriegsführung“, die von der NATO selbst als „fortschrittlichste Form der Manipulation“ bezeichnet wird. Diese nimmt die Psyche jedes Menschen direkt ins Visier, mit dem Ziel, unseren Verstand wie einen Computer zu hacken.
Wie wichtig der NATO die Kognitive Kriegsführung ist und wie entschieden sie auf einen Ausbau ihrer psychologischen Kampfkraft drängt, wird aus ihren Dossiers immer wieder deutlich: „Die Kognitive Kriegsführung könnte das fehlende Element sein, das den Übergang vom militärischen Sieg auf dem Schlachtfeld zum dauerhaften politischen Erfolg ermöglicht. (Nur) die menschliche Späre (Human Domain) kann den endgültigen und vollständigen Sieg erringen.“
Der Propagandaforscher Jonas Tögel hat intensiv zur Kognitiven Kriegsführung geforscht. In seinen Vorträgen erläutert er die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte der Kognitive Kriegsführung, vom Beginn moderner Kriegspropaganda vor 100 Jahren, über die Militarisierung der Neurowissenschaften bis hin zu Zukunftstechnologien wie Nano-Robotern oder Neurowaffen. Und er zeigt, dass der Gedankenkrieg oft über sogenannte „Soft-Power-Techniken“ bereits heute stattfindet.
„Wer Krieg ablehnt, muss daher auch Kriegspropaganda ablehnen.“ „Wir brauchen in Zukunft nicht noch mehr Manipulationswaffen und nicht noch mehr Gewalt. Was wir brauchen ist vielmehr ein ehrlicher, respektvoller Umgang miteinander, eine gewissenhafte Aufarbeitung von Kriegslügen, Aufklärung über Soft-Power-Techniken sowie eine zwischenmenschliche Kommunikation auf Augenhöhe, ohne Gewalt und Manipulation.“
Veranstalter: DFG-VK Kiel
Bundesweiter Protest 25.11.2023 in Berlin:
Nein zu Kriegen - Rüstungswahnsinn stoppen - Zukunft friedlich und gerecht gestalten
Rund 700 Menschen (überwiegend älteren Semesters) nahmen am 3. Oktober 2023 (dem „Tag der Deutschen Einheit“) an einer Friedenskundgebung in Hamburg unter dem Motto „Frieden statt Krieg - die Waffen nieder!“ teil. Auf der Kundgebung und Demo forderten sie die Bundesregierung auf, sich für einen Waffenstillstand in der Ukraine einzusetzen und die deutschen Lieferungen von Waffen an Kriegsparteien einzustellen. Außerdem verlangten die Demonstrant:innen, dass der Rüstungsetat zugunsten der Bereiche Soziales, Bildung und Ökologie gekürzt wird.
Aufgerufen zu diesem Protest hatten das Hamburger Forum für Völkerverständigung und Friedensbündnisse aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen.
Diese regionale Friedensdemo (eine von mehreren deutschlandweit) war Mobilisierungsaktion für einen bundesweiten Protest am 25. November in Berlin.
In der Woche vom 27.11 bis 30.11 verabschiedet der Bundestag den Haushalt 2024, den man nur noch als Kriegsetat bezeichnen kann. Erstmals wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel (nach NATO-Kriterien) erreichen und jeder 5. Euro für das Militär ausgegeben. Das ist ein Kriegs- und Krisenhaushalt mit Umverteilung von unten nach oben sowie der Ausdruck einer von der Ampel unter Mithilfe der Mehrheit der Opposition durchgedrückten gesellschaftlichen Neuorientierung auf Krieg und autoritärer Krisenbewältigung.
Unverzichtbar für eine Alternative zur Konfrontation, die immer auch die Gefahr des nuklearen Weltkrieges beinhaltet, ist die „Politik der gemeinsamen Sicherheit“. Sicherheit ist immer nur miteinander und nie gegeneinander möglich. Dieser Gedanke der internationalen Kooperation und Solidarität soll unsere Demonstration des Friedens durchziehen.
Bundesweite Protestdemo in Berlin am 25.11.2023
Die Auftaktkundgebung beginnt um 13.00 Uhr am Brandenburger Tor. Es folgt ein Demonstrationszug und gegen 15.00 die Schlusskundgebung, ebenfalls am Brandenburger Tor. Ende ist gegen 16.00 Uhr.
Aufruf siehe unten.
Das Kieler Friedensforum (www.kieler-friedensforum.de) wird in Kürze mitteilen, welche gemeinschaftliche Anreisemöglichkeiten gegeben sind. (gst)
Bundesweiter Demo-Aufruf zum 25.11. in Berlin – Brandenburger Tor – 13 Uhr
21 Kriege und 216 bewaffnete militärische Auseinandersetzungen bedrohen aktuell die Welt (Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung HIIK). Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine bis hin zu einem Atomkrieg wächst von Tag zu Tag. Täglich sterben unschuldige Menschen. Wir sind besorgt um unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Wir brauchen eine Kultur des Friedens und eine gemeinsame Sicherheit.
Anstatt auf Deeskalation und Diplomatie zu setzen, liefert die Bundesregierung immer mehr Waffen und rüstet massiv auf. Große Teile der Politik und Medien militarisieren die Gesellschaft. Erstmals wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel (nach NATO-Kriterien) erreichen. Mit 85,5 Milliarden Euro sind die Militärausgaben 2024 die größten seit Bestehen der Bundesrepublik. Das Gesundheitswesen, die Infrastruktur, Unterstützung für Kinder und bezahlbare Mieten, Bildung, Wissenschaft und Ausbildung sind dagegen durch dramatische Mittelkürzungen bedroht. Für immer mehr Menschen zeichnet sich eine soziale und ökonomische Katastrophe ab.
Dazu tragen in erheblichem Maße auch die Sanktionen gegen Russland bei, die die Menschen im globalen Süden, in Europa und in Deutschland treffen: Inflation, gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise sowie Reallohnverlust treffen die Bevölkerungen, vor allem deren ärmere Teile, und gefährden die industrielle Entwicklung auch in unserem Land. Im globalen Süden drohen Hungerkrisen, weil Getreide, Mais, Pflanzenöl und Düngemittel nicht mehr ankommen und die Preise massiv gestiegen sind.
Es ist höchste Zeit für eine Friedenspolitik in der Ukraine, in Europa und weltweit. Im Vorfeld des Krieges in der Ukraine wurden Warnungen ignoriert und Lehren zur Kriegsvermeidung missachtet. Wir müssen die Rutschbahn in Richtung 3. Weltkrieg und in ein soziales, ökonomisches und ökologisches Desaster stoppen. „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ (Willy Brandt) Nur im Frieden und nur durch gemeinsame globale Anstrengungen sind soziale Entwicklung, Schutz von Klima und Natur und eine lebenswerte Zukunft für alle möglich.
Wir verurteilen den russischen Einmarsch vom 24.2.2022 in die Ukraine. Ebenso verurteilen wir auch die vorangegangenen Vertragsbrüche und nicht eingehaltenen Zusagen der NATO-Staaten.
Die ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Ein Waffenstillstand und Verhandlungen zur Beendigung des Krieges statt einer weiteren Eskalation sind in ihrem Interesse. Das Töten und Blutvergießen und die Zerstörung des Landes und der Umwelt müssen umgehend gestoppt werden. Verhandlungslösungen und Pläne liegen auf dem Tisch. Verhandeln heißt nicht kapitulieren, sondern Lösungen für komplizierte Herausforderungen finden!
Wir fordern von der Bundesregierung ein Ende der ungehemmten Aufrüstung sowie eine sofortige Vermittlung für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Sie muss eigene diplomatische Initiativen entwickeln und bestehende Friedensvorschläge unterstützen – besonders die des globalen Südens.
Es gibt keinen Grund, sich von der Entspannungspolitik zu distanzieren. Das Versagen liegt vielmehr darin, dass sie 1990 nicht zur Leitidee des neuen Europas weiterentwickelt wurde. Wir treten ein für eine neue Entspannungspolitik und für Rüstungskontrolle und Abrüstung.
• Die Waffen müssen schweigen. Verhandlungen und Diplomatie sind das Gebot der Stunde.
• Waffenexporte und Eskalationspolitik verschärfen Kriege und Krisen und verlängern sie.
• Abrüstung! Ausgaben für das Militär senken, Milliarden in soziale Ausgaben investieren.
Wir wollen eine soziale, ökologische und demokratische Bundesrepublik Deutschland als Teil einer gerechten Weltordnung ohne Krieg, Hunger und Ausbeutung.
Es ist Zeit, dass wir Bürgerinnen und Bürger uns wieder stärker in die politischen Auseinandersetzungen einmischen. Deshalb rufen wir auf, am 25.11. – am Samstag vor der Verabschiedung des Bundeshaushaltes – gemeinsam für Frieden und Abrüstung, Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine und Friedensverhandlungen zu demonstrieren.
Initiiert von der „Ukraine Initiative – die Waffen nieder“: Yusuf As, Reiner Braun, Wiebke Diehl, Andreas Grünwald, Claudia Haydt, Rita-Sybille Heinrich, Jutta Kausch-Henken, Ralf Krämer, Willi van Ooyen, Christof Ostheimer, Hanna Rothe, Peter Wahl
Ostermarsch Kiel:
Mehr Diplomatie wagen!
Ca. 500 Personen versammelten sich zum Kieler Ostermarsch am Sa., 8.4.2023. Er richtete sich gegen die massiven Waffenlieferungen aus den USA, Deutschland, Polen und anderen westlichen Industriestaaten an die Ukraine, mit dem Ziel Russland in einen dauerhaften Krieg zu verwickeln. Die faschistischen Militärmachthaber in der Ukraine lassen ihre Bevölkerung für die imperialistischen Weltmachtbestrebungen der USA und die Interessen der europäischen Industriestaaten als Kanonenfutter verheizen. Die militärische Einkreisung Russlands durch die NATO-Staaten, wie auch der völkerrechtswidrige Putsch in der Ukraine werden von deutschen Politikern und Medien verschwiegen und in eine einzigartige Propagandaschlacht für Aufrüstung und Krieg umgenutzt. Diese aggressive Wendung der herrschenden Parteien SPD, CDU, FDP und GRÜNE bezeichnen sie selbst als „Zeitenwende“ und sie zielt auf eine aktive weltweite Kriegspolitik und gewinnbringende Rüstungsproduktion.
Die Friedensbewegung verlangt demgegenüber einen sofortigen Waffenstillstand sowie Verhandlungen auf diplomatischer Ebene um den Stellvertreterkrieg zu beenden.
Auch in den Kieler Nachrichten wurde über den Ostermarsch berichtet: „Das Bündnis verschiedener Gruppierungen vom Kieler Friedensforum über die Gewerkschaft Verdi bis zur Deutschen Kommunistischen Partei Kiel kritisierte auch die „Aufrüstungspläne der Bundesregierung“ in Form des 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögens für die Bundeswehr. Dies ist ein Punkt, der derzeit zu Spannungen zwischen dem Friedensforum und Teilen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) führt. Thore Steinigeweg vom Kieler Friedensforum sprach am Rande der Demonstration von einem „Konflikt mit dem DGB“, weil sich dieser schwer damit tue, die aktuelle Regierungspolitik zu kritisieren. Kritisch beobachte man auch die mediale Berichterstattung, die sich überwiegend positiv zu Waffenlieferungen in die Ukraine äußere, ergänzte Steinigeweg. Seit dem Krieg sei es generell schwieriger geworden, sich für Frieden einzusetzen, und auch viele Menschen für das Thema zu mobilisieren, so Steinigeweg. Er nehme in der Bevölkerung eher eine abwehrende Haltung wahr. „Der Ostermarsch ist für uns daher eine Chance, wahrgenommen zu werden.“ (fms, KN, 11.4.2023)
Am Rande der Kundgebung versuchte eine kleine Gegendemo von vier ukrainischen Flüchtlingen mit einem Plakat „Solidarität heißt Waffen für die Ukraine“ zu provozieren und erhielt sogar noch kurz ein Rederecht auf der Kundgebung. Allerdings kam es zu keinen Zwischenfällen.
Die Reden von Andreas Zeddel (christliche Friedensinitative Altenholz): „Krieg darf in Gottes Namen nicht sein!“ und Siegfried Lauinger (IPPNW Kiel): „Die Gefahr eines Atomkrieges wächst.“ sind nachzulesen auf der Internetseite: www.kieler-friedensforum.de
Im folgenden dokumentieren wir drei Redebeiträge auf dem Kieler Ostermarsch. (uws)
Rede des Kieler Friedensforum auf dem Ostermarsch:
Mehr Diplomatie wagen!
Krieg ist immer eine Niederlage der Diplomatie - heißt es. Wenn das so ist, dann kann auch nur Diplomatie einen Krieg beenden. Fast alle Kriege werden durch Verhandlungen beendet, nicht militärisch.
Wünschenswert wäre natürlich, wenn alle Staaten im Rahmen Charta der Vereinten Nationen bzw. der Charta von Paris, die 1990 nach der Auflösung der Sowjetunion Völkerrecht wurde und immer noch Richtschnur für zwischenstaatliches Handeln sein sollte.
Seit mehr als einem Jahr verursacht der Krieg in der Ukraine Leid, Tod und Verwüstung. Mit jedem Tag, den der Krieg länger dauert, kommen Menschen ums Leben, werden verletzt oder traumatisiert. Mit jedem Tag wächst das Risiko, dass sich der Krieg auf andere Staaten ausweitet oder zum Atomkrieg eskaliert. Deshalb ist ein Waffenstillstand und der Beginn von Verhandlungen so dringend notwendig.
Nur sollte man sich vergegenwärtigen, dass wir bei der Suche nach Waffenstillstand und Frieden ein Prozess und nicht ein Endresultat vor Augen haben müssen. Oder, um den Diplomaten Michael von der Schulenburg zu zitieren: „Nicht der Krieg, sondern was zum Krieg geführt hat, muss gelöst werden.“
Die vier führenden deutschen Friedens- und Konfliktforschungsinstitute stellen in ihrem Friedensgutachten 2022 fest: „Auch wenn es in der Erregung des Augenblicks illusorisch erscheinen mag, ist jetzt der Zeitpunkt, sich über die Schritte zu einer neuen Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa Gedanken zu machen.“ Bevor jedoch über eine Friedensordnung nachgedacht wird, muss erst ein Waffenstillstand und der Beginn von Verhandlungen erreicht werden. Auf jeden Fall muss die Lieferung von Waffen unterbleiben.
Zu Recht heißt es im zentralen DGB-Aufruf zu den diesjährigen Ostermärschen: „Wir sind der Überzeugung, dass immer mehr Waffen nicht automatisch zu einem schnelleren Ende des Krieges führen. Im Gegenteil! Es ist unerträglich, mit welcher Leichtfertigkeit in vielen Medien und von vielen in der Politik wahllos nach immer mehr Waffen für die Ukraine gerufen wird.“ Und weiter: „Und es ist unerträglich, dass Menschen, die ausgewogener argumentieren, sich dafür auch noch rechtfertigen müssen und Anfeindungen ausgesetzt werden.“
Von den vielen diplomatischen Vorschlägen, die nun schon auf dem Tisch liegen möchte ich einige kurz streifen und verweise auf eine Broschüre der IPPNW: https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Waffenstillstand_und_Frieden_Ukrainekonflikt_Feb2023.pdf
Das 2014 beschlossene Minsk II muss immer noch als Teil des Völkerrechts gelten. Dort ist u.a. festgelegt:
• Sofortiger Beginn des Dialoges über die Modalitäten von Wahlen nach ukrainischen Recht.
• Verhandlungen über die lokale Selbstverwaltung in den Gebieten Donezk und Luhansk.
• Abzug aller ausländischen bewaffneten Einheiten und ihrer Militärtechnik, Entwaffnung aller illegalen Gruppierungen.
• Verfassungsreform, in der auch der Sonderstatus der Regionen Luhansk und Donezk und die Dezentralisierung der Ukraine verankert wird.
Zwar wurde regelmäßig gegen das Abkommen verstoßen, aber das Minsker Abkommen kann immer noch als Blaupause gelten. Als Ende des Minsker Prozesses muss das Dekret Nr. 117 der ukrainischen Regierung vom 24. März 2021 gelten, das die Regierung anweist, einen „Aktionsplan“ auszuarbeiten, um den Donbass und die Krim wieder unter staatliche ukrainische Kontrolle zu bringen. Der russische Einmarsch im Februar 2022 machte alle Verhandlungsbemühungen zunichte.
Vielversprechender war der Zehn-Punkte-Plan von Istanbul im März 2022: der einen Waffenstillstand und einen russischen Rückzug vorsah, unter der Voraussetzung: dass Kiew seine Neutralität erklärt und eine Begrenzung seiner Streitkräfte akzeptiert. Dieser unterschriftsreife Verhandlungsplan scheiterte bekanntlich Veto von Großbritannien.
Im Mai 2022 legte der italienischen Außenminister Di Maio einen Friedensplan vor, der vier Schritte vorsah:
1. Waffenstillstand
2. Schritt: Friedenskonferenz über die Einrichtung des neutralen Status der Ukraine, der mit internationalen Verträgen im Sinne einer Schutzgarantie abzusichern ist.
3. Schritt: Bilaterales Abkommen zwischen Russland und der Ukraine über den Status der umkämpften ukrainischen Gebiete. Weitgehende Autonomie der Krim und Gebiete des Donbass in den nationalen Grenzen der Ukraine.
4. Schritt: Verhandlung eines multilateralen Abkommens unter Führung der OSZE über einen europäischen Sicherheitspakt. Schrittweise Rücknahme der Sanktionen gegen Russland.
Danach gab es ähnliche Vorschläge, u.a. aus dem Vatikan, aus Mexico, aus Brasilien und Einzelpersönlichkeiten wie Henry Kissinger.
Im Februar 2023 legte China einen weitreichenden Verhandlungsvorschlag vor. Wesentlich an diesem Vorschlag sind einige Punkte, weil sie explizit Bezug auf die UN-Charta und die Charta von Paris nehmen, beispielsweise die Festlegung, dass das Völkerrecht unteilbar ist und nicht zu Lasten von anderen Staaten angestrebt werden soll. Es heißt dort u.a.:
• Respektierung der Souveränitätt aller Länder. Die gleichmäßige und einheitliche Anwendung des Völkerrechts ist zu fördern, während doppelte Standards abgelehnt werden müssen.
• Abkehr von der Mentalität des Kalten Krieges. Die Sicherheit eines Landes sollte nicht auf Kosten anderer Länder angestrebt werden.
• Zurückhaltung aller Staaten, nicht Flammen zu schüren und verhindern, dass sich die Krise verschlechtert.
• Eine effektive und nachhaltige europäische Sicherheitsarchitektur zu schaffen, eine Blockkonfrontation muss verhindert werden.
• Sicherheit von Kernkraftwerken ist zu gewährleisten und - Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt, Atomkriege dürfen nicht geführt werden.
• Beendigung einseitiger Sanktionen.
Dies alles sind Vorschläge, wie man zu Verhandlungen kommen könnte Allen ist gemeinsam, dass sie sofort zurückgewiesen wurden, teilweise von den kriegsführenden Parteien, aber auch von NATO-Staaten, unterstützt von unseren Medien. Und trotzdem: Es gibt zum Dialog keine Alternative!
Noch ein Zitat aus dem DGB-Aufruf zu den Ostermärschen 2023: „Wir wissen um bestehende Bemühungen und wünschen gleichzeitig mehr davon: Haben Sie (gemeint sind Politiker, B.St.) den Mut, mehr Diplomatie zu wagen!“
Der Diplomat Wolfgang Sporrer, Verhandlungsführer bei vielen OSZE-Verhandlungen weist auf einen häufigen Fehler bei Verhandlungen hin: „Einer der größten Fehler, der von Menschen gemacht wird, die für Waffenstillstand und Frieden eintreten, ist, über mögliche Endresultate zu sprechen. Derjenige, der von potenziellen Endresultaten oder Kompromissen spricht, wird sofort so toxisch, dass er für mindestens eine der Parteien nicht mehr als akzeptabler Vermittler gilt. Alle denkbaren Endszenarien werden zu diesem Zeitpunkt zurückgewiesen werden.“ Was ist gemeint? Zu nennen wäre demnach immer wieder geäußerte Vorbedingungen wie:
• Die Ukraine solle auf die besetzten Gebiete verzichten und keine Mitgliedschaft in der NATO anstreben oder:
• Russland müsse sofort seine Truppen abziehen.
Das alles kann aber erst ein Ergebnis von Verhandlungen sein. Nun ist oft zu hören: Mit Russland kann man nicht verhandeln! Stimmt das? Wird nicht regelmäßig mit RU verhandelt, über Getreideabkommen, über Gefangenenaustausch, über den Schutz des Atomkraftwerks? Noch einmal: Zum Dialog gibt keine Alternative!
Zum Schluss noch ein Gedanke zum Weiterdenken (aus Christa Wolf, Kassandra):
„Wann der Krieg beginnt, kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg? Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen. In Ton, in Stein eingegraben, sie überliefern. Was stünde da? Da stünde unter anderem der Satz: Lasst euch nicht von den Eigenen täuschen.“
(Benno Stahn, Kieler Friedensforum)
Ostermarsch Kiel:
Krieg ist der größte Klimakiller !
In den vergangenen 25 Jahren habe ich in meiner beruflichen Tätigkeit als Umweltreferentin unzähligen Schulkindern erklärt, was für ein Wahnsinn es ist, Erdöl, Erdgas und Kohle zu verbrennen. Diese Bodenschätze sind in vielen Millionen Jahren aus der Ablagerung von Pflanzen und Kleinstlebewesen unter besonderen Bedingungen entstanden - wir haben sie in 150 Jahren nahezu komplett verbraucht. Und da muss ich mich mal nachträglich bei den Kindern für das „wir“ entschuldigen: Es waren nicht die Kinder und ihre Eltern, die diese wertvollen Rohstoffe verbraucht haben. Sie hatten in der Mehrzahl keine Alternativen für Heizung, Kochen, Fortbewegung. Es waren die Energiekonzerne, die Grundstoffindustrie, die Transportwirtschaft einschließlich Autoindustrie und die Rüstungskonzerne. Die haben sich die Schürfrechte mit Hilfe der jeweiligen Bundesregierungen gesichert, den günstigen Rohstoff genutzt, eure Arbeitskraft günstig eingekauft und euch dann die Produkte teuer verkauft. Das hätte ich den Kindern sagen sollen.
Gewinner der aktuellen Krise sind 2021 u.a. Energieriese RWE mit 700 Mio. €, über die sich die Aktionäre freuen können. Die 10 reichsten Personen in Deutschland konnten 2022 ihr Vermögen von bisher 144 Mrd. € auf 256 Mrd. € verbessern. Im Vergleich dazu beträgt der Bundeshaushalt 2022 476 Mrd €.
Ich hätte auch sagen müssen, dass die reichste Milliarde Menschen auf der Erde 72% der Ressourcen verbrauchen während die Ärmsten 1,2 Mrd. nur 1% verbrauchen.
Als erkannt wurde, dass es Grenzen des Wachstums gibt und durch das Verbrennen der fossilen Rohstoffe klimaschädliche Gase entstehen mit dramatischen Folgen für die Natur und die Menschen auf unserem Planeten: Dürren, Überflutungen, Waldbrände, die Millionen Menschen mit Hunger bedrohen und zur Flucht treiben, passierte wenig.
Kein Wunder, denn verantwortlich dafür waren die reichsten 10% der Menschheit (Elon Musk, Jeff Bezos) mit einem Anteil von 47% aller CO²-Emissionen, während die ärmsten Hälfte der Weltbevölkerung nur 10% der klimaschädlichen Gase verursachen.
Und diese Ärmsten sind es auch, die von den Folgen der Erderwärmung am schlimmsten betroffen sind.
Und nun wird auch der Letzten, dem Letzten klar sein:
Der Appell klimabewusster zu konsumieren hilft hier nicht, die Welt zu retten!
Thilo Bode (foodwatch) sagt dazu: „Dies spielt gerade auch den Konzernen in die Hände, die natürlich überhaupt keine Interesse daran haben, dass die Politik ihnen strenge Regeln auferlegt.“
Der hausgemachte Klimawandel, Aufrüstung und Kriege um Ressourcen und Vorherrschaft bedrohen das Leben auf unserer Erde. Die Verursacher sind in diesen Fällen bekannt: Die Länder des globalen Nordens, ihre multinationale Konzerne, Privateigentum an Grund und Boden, die Finanzoligarchie.
Der Kampf um die letzten Rohstoffe, u. a. zur Herstellung immer effektiverer Waffensysteme, ihrer Steuerung und Vernetzung, raubt den Ländern, die noch Hunger und Trinkwassermangel bekämpfen müssen, die letzten Lebensgrundlagen und jegliche Chance auf Teilhabe.
Und wer jetzt noch jammert, er bzw. sie weiß nicht, wie in diesem Jahr Wohnen, Heizen und Essen bezahlt werden sollen, denen antwortete unsere Ex-Kriegsministerin Frau Lambrecht:
„Künftig müsse bei Mitteln für die staatliche Daseinsvorsorge umgeschichtet werden zugunsten der Bundeswehr. Das Ziel Deutschland als Führungsmacht ist eben teuer. Darauf muss die Heimatfront eingestellt und gewöhnt werden.“
Und der Neue, Herr Pistorius, bleibt in der Tradition, fordert noch mehr Geld für die Aufrüstung der Bundeswehr für die „Außeneinsätze“ und geht bei Rheinmetall betteln, dass doch bitte die Munitionsherstellung beschleunigt und erweitert wird. Das ist übrigens die Waffenschmiede, bei der die Bundesregierung Marder-Panzer für Ukraine bestellt hat. Sie fuhren 2022 Rekordgewinne ein: 20% Plus und rückten in den DAX auf.
Aufrüstung und Krieg tötet gleich mehrfach:
• Sie töten durch Ressourcenklau in Ländern, in denen die Ärmsten auf dieser Welt leben, wo es an Nahrung, sauberen Wasser und Wohnungen fehlt.
Der größte Ressourcenfresser sind die Militärausgaben der NATO mit 1031 Milliarden US-Dollar. Russland ist mit 65 Milliarden US Dollar dabei (Zahlen aus dem Jahr 2019 von SIPRI).
• Sie töten durch den CO2-Ausstoß beim Einsatz, Übungsbetrieb, Manöver. Unter den TOP 20 befindet sich hier das US Militär mit 376,6 Mio t pro Jahr, das entspricht in etwa dem CO2-Gesamtausstoß von Großbritannien.
• Sie töten bei Kriegseinsätzen durch Vernichtung der Lebensgrundlagen durch Zerstörung, Vergiftung von Wäldern und Böden, Einsatz von Uranmunition
Die CO2-Emissionen des deutschen Militärs bei internationalen Einsätzen der Bundeswehr unter NATO oder UN-Mandat werden in deutschen Gesamt- Emissionsaufstellungen nicht erfasst. Im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung taucht die Bundeswehr überhaupt nicht mehr auf.
Während die Budgets des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit 2021 2,6 Mrd. € betrug, stiegen die Ausgaben für das Verteidigungsbereich auf 53 Mrd. €.
Statt also 2% der Wirtschaftsleistung für die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs einzuplanen, strebt unser Regierung das 2% NATO Aufrüstungsziel an.
Was für Rüstung und Kriegseinsätze ausgegeben wird, fehlt in der Bildung, der sozialen Gerechtigkeit, Klimagerechtigkeit und Klimaschutz bei uns und in den Ländern, die wir ausbeuten und bedrohen.
Eine echte Energiewende erreichten wir, wenn die größten Emittenten zur Kasse gebeten werden:
• Rüstung Rheinmetall Thyssen
• Krisengewinner wie BMW, Lidl, Aldi, RWE, Eon
• Landwirtschaft
• Bauwirtschaft
Leben retten, heißt
• Aufrüstung beenden,
• keine Waffenlieferungen in Kriegsgebiete,
• Sanktionen beenden, denn sie treffen nur die ärmste Hälfte der Menschheit, Verhandlungen auf Augenhöhe – Jetzt!
Um dafür den ausreichenden Druck auszuüben brauchen wir die Klimaschutzbewegung, die soziale Bewegung und die Friedensbewegung. Wir haben dasselbe Ziel:
Eine Welt ohne Ausbeutung und Hunger, ohne Krieg und für eine gerechte Verteilung und intelligenten Umgang mit den letzten Ressourcen!
(Eva Börnig, Mitglied des Kieler Friedensforums)
Ostermarsch-Rede der SDAJ-Kiel:
Der Krieg und die sozialen Folgen
Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, liebe KielerInnnen, wir sind heute hier, um uns gegen Krieg und Aufrüstung gerade zu machen und für eine gerechte Welt einzutreten.
Wir sind hier, weil wir jeden Tag sehen, dass Krieg nicht nur Gewalt Tod und Zerstörung bringt, sondern auch hier soziale Folgen hat, die uns alle ganz direkt betreffen. Krieg bedeutet Leid für Millionen von Menschen, die durch (Waffen)Gewalt, Hunger, Krankheiten oder Seuchen ihr Leben verlieren oder schwer verletzt werden. Krieg bedeutet Trauma für die Überlebenden, die jahrelang unter den physischen und psychischen Folgen leiden. Krieg bedeutet sexuelle Gewalt. Krieg bedeutet Flucht für diejenigen, die ihre Heimat und ihre Existenzgrundlage verlieren und sich auf eine gefährliche Reise begeben müssen.
Krieg bedeutet Umweltzerstörung die durch den Ausstoß von überproportional hohen Emissionen und Einsatz von chemischen, biologischen oder nuklearen Waffen vergiftet wird. Krieg bedeutet aber auch Perspektivlosigkeit für Jugendliche, die keine Chance auf eine gute Ausbildung oder einen sicheren Arbeitsplatz haben. Und das nicht nur in den unmittelbaren Kriegsgebieten, sondern auch hier bei uns. Denn bei Azubis sparen die Unternehmen bei unsicherer Wirtschaftslage als erstes. Ganz im Sinne der Bundeswehr, die nicht erst seit der Zeitenwende, Gewehr bei Fuß steht, um diese desillusionierten Jugendlichen aufzufangen und zu Kanonenfutter zu erziehen.
Wir sehen diese Werbung für die Bundeswehr schon überall, die junge Menschen mit falschen Versprechen lockt und sie zu Soldaten macht. Während für die Kollegen der Pflege inmitten der Pandemie nur Applaus möglich war sehen wir jetzt wie schnell Kohle für die Rüstung, also dem Bauen und exportieren von Mordwerkzeug locker gemacht werden kann. Anders als beim 9 €-Ticket, Bildung oder Kindergrundsicherung schreit hier keiner nach Schuldenbremse oder einem Sparkurs.
Krieg bedeutet aber auch Spaltung für die Gesellschaft, die durch Hass und Angst auseinandergerissen wird. Wer die Aufrüstungspolitik und Sanktionen der BRD hinterfragt, wird sofort als „Lumpenpazifist“, „Putin-Versteher“ oder illusionär verschrien. Alle haben sich dem “nationalen Sicherheitsinteresse” unterzuordnen und die Politik, die dazu nötig ist. Angefangen bei der erhöhten Präsenz von Bundeswehr, über Überlegungen zur Arbeitszeitverlängerung l, streichen von Gewerkschaftlichen Feiertagen bis hin zu Sparmaßnahmen die unsere Lebensqualität zerstören. Von der Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht ganz zu schweigen.
Wir als Jugend sind diejenigen, denen Kriege die Zukunft rauben, wir sind diejenigen die entschieden Nein sagen zu diesem Wahnsinn! Wir sagen Nein zu einem System, das auf Gewalt und Ungerechtigkeit basiert! Wir sagen Ja zu einer Welt ohne Krieg! Wir sagen Ja zu einer Welt, in der alle Menschen in Würde und Freiheit leben können! Wir sagen Ja zu einer Welt, in der Solidarität und Zusammenarbeit herrschen!
Diese Welt wird es in diesem Gesellschaftssystem, dem Kapitalismus nicht geben. Deshalb müssen wir unsere Zukunft selbst in Hand nehmen, in Betriebsräten, in Gewerkschaften, in SVen oder an der Hochschule und im sozialistischen Jugendverband.
(SDAJ-Kiel)
Nach den Ostermärschen:
Wie weiter mit der Friedensbewegung?
Viele dezentrale Aktionen haben die Friedensbewegten in den letzten Monaten durchgeführt, und die Ostermärsche liegen hinter uns. Es ist an der Zeit für eine Beratung über die weiteren Schritte der Friedensbewegung.
Nach mehr als einem Jahr Krieg in der Ukraine haben sich die Bedingungen für Friedenspolitik etwas verbessert, wie die inzwischen an die 800.000 Unterschriften unter das Manifest für den Frieden und der Erfolg der Berliner Demonstration vom 25. Februar 2023, gezeigt haben. Auch die Ostermärsche haben trotz aller Spaltungsversuche auch in diesem Jahr wieder Tausende auf die Straße gebracht.
Forderungen nach einem Waffenstillstand und den Beginn von Verhandlungen werden inzwischen nicht nur in der Friedensbewegung und im Globalen Süden erhoben (s. u.a. die Initiativen Chinas oder Brasiliens), sondern es werden auch zunehmend Stimmen aus dem Mainstream einiger NATO-Länder laut, die für Diplomatie und Verhandlungen plädieren. Wir wissen, das ist noch nicht der Durchbruch, aber wir sollten jetzt den Druck für die Beendigung des Tötens erhöhen.
Die weiterhin angestrebte horrende Aufrüstung in Deutschland, die Atomkriegsgefahr sowie die fast aus dem Fokus geratenen neuen geplanten NATO-Manöver in Europa und Truppenaufstockungen an der russischen Grenze bleiben weiterhin besorgniserregend.
Lasst uns die Ostermärsche gemeinsam auswerten, die brennendsten inhaltlich-politischen Fragen diskutieren, sowie weitere Aktivitäten planen:
Videokonferenz am Samstag,
22. April 2023 12:00 Uhr - 16:00 Uhr
Nach den Ostermärschen – weiter aktiv für Waffenstillstand und Verhandlungen – was tun für den Frieden Frühjahr und Herbst 2023
Videokonferenz (auch zum Nachhören):
https://www.dvdw.info
Ukraine-Initiative „Die Waffen nieder!“
Reiner Braun, Wiebke Diehl, Claudia Haydt, Rita-Sibylle Heinrich, Jutta Kausch-Henken, Ralf Krämer, Willi van Ooyen, Christof Ostheimer, Hanna Rothe, Peter Wahl
Zur Kommunalwahlkandidatur Bettina Jürgensen:
Darum DIE LINKE wählen!
Kiel.Abrüsten.Jetzt !
Zur Kommunalwahl ist am 14. Mai fordert DIE LINKE in Kiel „Das gute Leben für alle“! Das heißt für mich: soziale Gerechtigkeit, gleiche und demokratische Rechte für Alle, eine intakte Umwelt, Frieden. Global, europa- und bundesweit, sowie in der Kommune ist der Kampf dafür nötig und möglich.
Ich bin Mitglied in der Organisation „marxistische linke – ökologisch, emanzipatorisch, feministisch, integrativ“ und überzeugt, dass die Welt ohne Ausbeutung und Krieg, ich nenne sie Sozialismus, nur das gemeinsame Werk der Menschen sein kann. Es wird noch ein langer Weg sein, um im Sinne von Karl Marx „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist ...“.
Seit Generationen werden Schritte von linken Kräften in die Richtung dieses Ziels gegangen. Es gibt Erfolge und Rückschläge. Immer heißt es: Weiterkämpfen! Dafür kandidiere ich auf der Liste für eine starke DIE LINKE Ratsfraktion in Kiel.
In der Krise scheinen Parteien eher demobilisierend für Wähler*innen zu sein. Nie war es offensichtlicher, dass Wahlversprechen nicht gehalten werden. Noch 2021 warben die Grünen mit der Aussage „Keine Waffen in Kriegsgebiete!“ um Stimmen, heute geht es ihnen nicht schnell genug mit der Lieferung der Mordinstrumente. Die SPD steht dem in nichts nach, CDU und FDP haben nie einen Hehl aus ihrer Nähe zu Rüstung und Krieg gemacht.
Auch DIE LINKE streitet öffentlich über bisherige Ziele. Sahra Wagenknecht verbreitet rassistische Parolen von „unkontrollierte Zuwanderung“ Geflüchteter und steht andererseits zu dem Beschluss ihrer Partei gegen die NATO, während Katja Kipping meint, die Programmaussage zur Auflösung der NATO „ist von der Zeit überholt“.
Eine solidarische Debatte scheint nicht mehr möglich in der Partei, die angetreten war um linke Perspektiven und Meinungen zu bündeln und zu vertreten.
Dabei sind gerade jetzt dringend das Erarbeiten von linken Alternativen notwendig. Alternativen und gemeinsames Handeln entwickeln, um die Zukunft und das Leben der nächsten Generationen sowohl global, als auch in der Region nicht denen zu überlassen, die aus Krieg, Rassismus und Umweltzerstörung nur Profit ziehen.
Wo dies möglich ist sollten linke Kräfte, auch kommunalpolitisch, gemeinsam aktiv werden!
Politische Entscheidungen werden oft im Schnelldurchgang beschlossen. Ein 100 Milliarden-“Sondervermögen“ für die Rüstung(sindustrie) durch die Ampelregierung im Bundestag, eine Änderung der Fraktionsgröße von zwei auf drei Abgeordnete in Kommune durch die Schwarz-Grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein (zwei Monate vor der Kommunalwahl!) oder ein dem Bauausschuss der Landeshauptstadt Kiel Minuten vor der Sitzung eingereichter B-Plan incl. Luxushotel für den Stadtteil Gaarden – alles wird durchgepeitscht.
Ausgesessen, ständig vertagt und hinausgezögert werden Entscheidungen in denen es meist um die Finanzierung sozialer Projekte, um die Kindergrundsicherung oder die schnelle Umsetzung von Initiativen für das 1,5° Ziel – Beispiel Tempolimit auf Autobahnen. Auf der Strecke bleibt dabei immer die demokratisch mögliche Mitsprache der Bevölkerung.
Im Kieler Rathaus geben Fraktionen der Mehrheit von SPD und Grüne, oft in Einheit mit CDU, FDP und SSW sowie der Verwaltung der Landeshauptstadt, einige Beispiel dafür. Es wird von Klimaschutz geredet, aber jedes Kreuzfahrtschiff erfreut im Kieler Hafen empfangen. Die Liegekosten der Schiffe und die Einkäufe der Tagesgäste in der ansonsten trostlosen Innenstadt Kiels, sollen das Stadtsäckel mit Steuereinnahmen füllen.
Vergessen sind nicht der Bau von Möbel Höffner, das vorher erfolgte Plattmachen der Kleingärten sowie die Zerstörung des verbliebenen Grüngürtels, unter den Augen der Bau- und Umweltdezernentin. Es gibt den Ausbau der Kiellinie zur Flaniermeile, was insbesondere der dort wohnenden Gesellschaft in den Villen von Düsternbrook die Nähe zum Wasser bringt. Die Hörn dagegen wird weiter verdichtet, was seinerzeit einmal als Naherholungsgebiet entwickelt werden sollte, auf dem sich das Kieler West- und Ostufer begegnen, entpuppt sich als Raum für Hotels, teure Wohnungen, die fast niemand bezahlen kann und für teure Bürogebäude.
Wenig erstaunlich, dass CDU und FDP zustimmen für Stadtplanung und Wohnen als Luxusobjekte. Dabei ist die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum eines der dringend zu lösenden Probleme. Mehr als 2300 Menschen in Kiel sind ohne Wohnung, leben in Hotels, bei Bekannten, in Sammelunterkünften oder auf der Straße. Dies zeigt die Notwendigkeit für die Arbeit vom „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“. Björn Thoroe ist Spitzenkandidat von DIE LINKE, war 2019 OB-Kandidat mit 9,1 % Stimmen und arbeitet in diesem Bündnis aktiv mit.
Dagegen stehen die Forderungen der vielen Initiativen und Bewegungen, die gemeinsame Arbeit für soziale, demokratische und friedliche Ziele.
Wichtig sind die Bewegungen und Initiativen, die sich einsetzen für Veränderungen zum besseren Leben und Zusammenleben in dieser Stadt: vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, Antifa-Bündnisse wie der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel, die Seebrücke Kiel, TKKG, das Kieler Friedensforum, Defend Kurdistan und bis zu Gewerkschaften und dem Flüchtlingsrat müssen in den Ratsversammlungen der Stadt mehr gehört werden, mehr Einfluss bekommen.
Forderungen der Bewegungen in das kommunale Parlament einzubringen funktioniert dann, wenn es Ratsleute gibt, die den Bezug zur außerparlamentarischen Arbeit haben, ihn nicht verlieren und den Bewegungen Gehör schaffen im Rathaus – nicht vom Gästeblock, sondern außerparlamentarische Bewegung im parlamentarischen Raum fortsetzen.
Als Gewerkschafterin kämpfe ich für Tarife und Tarifbindung für nicht in Verbänden organisierten Unternehmen. Die Landeshauptstadt Kiel ist tarifgebunden. Ein Skandal ist es jedoch, wenn städtische Betriebe und die Landeshauptstadt Kiel Aufträge an Firmen vergibt, die sich der Tarifbindung verweigern. Die Begründung der Stadt lautet: Die Kosten sind günstiger. Post aus dem Rathaus oder von städtischen Betrieben wie den Stadtwerken über das tariflose Unternehmen Nordbrief darf es nicht mehr geben!
Das gute Leben für alle in Kiel heißt, gleiche Rechte für alle Menschen die hier leben!
Davon sind wir leider noch weit entfernt. Immer noch gibt es rassistische Ausgrenzung. Diese wird durch Gesetze untermauert und schafft Menschen erster, zweiter und dritter Klasse. In Kiel werden für Geflüchtete unterschiedliche Maßstäbe angesetzt – sogar wenn sie aus einem Land kommen. Es muss egal sein, aus welchem Land und mit welchem Pass Menschen nach Kiel kommen – alle müssen die gleiche Unterstützung erhalten!
Kiel nennt sich „Sicherer Hafen“, entsprechend müssen alle Menschen auf der Flucht hier willkommen sein und dies ohne Unterschied!
Rassistische und faschistische Parteien verbreiten Hetze und soziale Demagogie. Der Runde Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel und Aufstehen gegen Rassismus SH arbeiten gemeinsam mit anderen gegen Gewalt, Übergriffe und täglich stattfindende Hetze. Das Auftreten von Parteien und Menschen mit rassistischer Hetze muss in städtischen Räumen und auf städtischen Flächen verboten werden!
Überall in Kiel ist die Rüstungsindustrie sichtbar. Fast täglich lesen wir Meldungen über die „Kieler Wirtschaft“, die eigentlich nur die Rüstungskonzerne betreffen. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine wird als Begründung von der Bundesregierung für weitere Hochrüstung genommen. Mit Steuergeldern bezahlte militärische Unterstützung für die Ukraine und neue Waffen für die Bundeswehr lassen den Profit der Kriegswerft von Thyssen Krupp Marine System in die Höhe schnellen. Auch die Zulieferbetriebe verdienen an diesem Krieg. Wir kämpfen gegen Kiel als Drehscheibe der NATO-Manöver in der Ostsee und für den Transport von Panzern nach Osteuropa.
Die SPD-Kiel sei erinnert an die Worte ihres Bürgermeisters Andreas Gayk vom 18. Mai 1946: „Was heute jeder Kieler Bürger begreifen müsste, ist dies: Es gibt keine gesunde, krisenfeste Wirtschaft in Kiel ohne eine radikale Abkehr von jeder Rüstungspolitik. Es gibt keine gesunde, krisenfeste Wirtschaft ohne ein Bekenntnis zu einer echten Friedenswirtschaft. Diese Friedenswirtschaft wollen wir Schritt für Schritt, aber zielbewusst aufbauen. (…) Die Stadtvertretung denkt nicht daran, den Leidensweg Kiels zum dritten Male von vorne zu beginnen.“
Kiel ist Teil der Initiative „Majors of Peace“. Das ist ein richtiger Weg. Doch es ist gleichzeitig ein Widerspruch angesichts der Militarisierung der Stadt – denn mit Rüstung und Manövern kann kein Frieden geschaffen werden. Durch Rüstung und Kriege werden mehr Menschen zur Flucht gezwungen.
Die Werften müssen zivile Schifffahrt fördern und auf die Produktion ziviler Güter umgestellt werden. Die Stadt Kiel muss sich gegen die Nutzung des Hafens für militärische Zwecke aussprechen, gefordert sind Überflug- und Durchfahrverbote für militärische Zwecke.
Solidarität mit den Menschen in Kriegsgebieten, ob in der Ukraine, im Jemen, in Mali, im Sudan, in Syrien, in den kurdischen Gebieten, ist das Gebot der Stunde!
Um Kriege zu beenden braucht es nicht mehr, sondern keine Waffen! Diplomatie und der Ausbau und Erhalt z.B. von Städtepartnerschaften, auch in Russland, sind Schritte für das friedliche Zusammenleben über Grenzen hinweg. DIE LINKE wird dies im Kieler Rathaus vertreten!
Kiel muss eine Stadt des Friedens werden!
Bettina Jürgensen, Kandidatin auf Listenplatz 5 für DIE LINKE Kiel
Über Deutschland im Juni:
NATO-Kampfjet-Manöver „Air Defender“
Quelle: Maximilian Gang, https://www.24rhein.de/rheinland-nrw/eurofighter-bundeswehr-tornado-luftwaffe-air-defender-2023-uebung-nato-kampfjetmanoever-nrw-92181810
Auf dieser Karte zeigt die Bundeswehr die Übungslufträume des Manövers Air Defender 2023 © Bundeswehr/Marco Parge