Daten/Fakten  

   

KLIMABÜNDNIS GEGEN LNG

An die Fraktionsspitzen im Schleswig-Holsteinischen Landtag CDU, Grüne, FDP, SPD, SSW

OFFENER BRIEF

Ergreifen Sie jetzt die Chance – keine staatliche Unterstützung für fossile LNG-Pläne und Fracking-Gasimporte in der nächsten Landesregierung!

Sehr geehrter Herr Koch, sehr geehrte Frau Midyatli, sehr geehrte Frau von Kalben, sehr geehrter Herr Vogt, sehr geehrter Herr Harms,

im Mai wählt Schleswig-Holstein einen neuen Landtag. Die künftige Regierung hat dabei die Chance, dem klimaschädlichen Vorhaben, bei Brunsbüttel ein Terminal für den Import von flüssigem Erdgas (LNG) zu errichten, eine Absage zu erteilen. Wir bitten Sie: Positionieren Sie sich im Wahlkampf und in der Landespolitik klar gegen dieses klimaschädliche Vorhaben!

Als Zusammenschluss von lokalen Bündnissen und nationalen Organisationen setzt sich das Klimabündnis gegen LNG nun bereits seit mehreren Jahren gegen die Pläne ein, bei Brunsbüttel ein LNG-Terminal zu errichten. Eines der Gegenargumente, welches wir dabei auch von der Politik immer wieder zu hören bekommen: Es handele sich um ein rein privatwirtschaftliches Projekt, das entsprechend unabhängig von politischen Einflüssen ist.

Diese Argumentation hält einer Prüfung jedoch nicht Stand. Im Landeshaushalt 2021 sind 50 Millionen Euro an Steuergeldern für den Bau des Terminals reserviert. Da es sich um sogenannte GRW-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) handelt, würde im Falle einer endgültigen Zuteilung eine Komplementärfinanzierung des Bundes in Höhe von weiteren 50 Millionen Euro erfolgen. Bei einem geschätzten Investitionsvolumen von rund 450 Millionen Euro entspräche dies einer 22-prozentigen Ko-Finanzierung aus öffentlichen Mitteln.

Um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen, müssen Deutschland und Europa bis spätestens 2050 fast vollständig dekarbonisiert sein! Der Ausbau von Infrastrukturen für den Import von Erdgas wie Pipelines oder LNG-Terminals muss deshalb verhindert werden. Damit werden sowohl das Entstehen von Lock-In-Effekten bei der Nutzung fossiler Energieträger als auch Fehlinvestitionen in verlorene Vermögenswerte vermieden. Das gilt es besonders dann zu berücksichtigen, wenn zur Finanzierung öffentliche Mittel verwendet werden sollen.

Jüngst wurde das Projekt sogar in der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans für Schleswig-Holstein als raumordnungsrechtlicher Grundsatz festgelegt. Damit hat man bewusst und einseitig der Abwägung im noch durchzuführenden Planfeststellungsverfahren zu Gunsten eines fossilen Projektes, welches sogar auf den Import von gefracktem Gas abzielt, in Zeiten rasant fortschreitender Erderhitzung vorgegriffen. Die mit Quellen und Studien untermauerten Argumente vieler Umweltschutzorganisationen, die im Rahmen der Einwendungsverfahren eingereicht wurden, wurden dabei beiseite gewischt. Stattdessen wurden das Klimabündnis und viele andere Akteure im November 2021 vor vollendete Tatsachen gestellt. Eine Mitteilung über die Fortschreibung erhielten wir erst, nachdem Landtag und Landesregierung in Schleswig-Holstein bereits für die Fortschreibung gestimmt hatten. Gerade aufgrund der großen Relevanz für die Klimapolitik in Deutschland empfinden wir das Vorgehen als unangemessen.

All diese Entscheidungen sind politischer Natur. Gerade deshalb hat die zukünftige Landesregierung in Schleswig-Holstein noch die Chance, dem Vorhaben eine Absage zu erteilen. Der Zeitplan des Vorhabens ist bereits – trotz der politischen Rückendeckung – massiv zusammengebrochen. Im Sommer 2020 musste German LNG die Stadt Brunsbüttel um eine Verlängerung der Frist für die finale Investitionsentscheidung bitten, die bisher weiterhin aussteht. Der Verlängerung wurde zugestimmt – mit der Folgewirkung, dass der bereits planfestgestellte Vielzweckhafen, der an gleicher Stelle errichtet werden sollte, ad acta gelegt wurde. Seit Juni liegt zwar der Antrag auf Planfeststellung für das fossile LNG Terminal beim zuständigen Amt, doch auch dieser Prozess zieht sich hin und wird aller Voraussicht nach nicht bis zum Erreichen der Frist im Sommer 2022 beendet sein.

Gemeinsam mit dem Klimabündnis gegen LNG hat sich die Deutsche Umwelthilfe in den vergangenen Jahren intensiv mit der Zukunftsfähigkeit der Gas-Infrastruktur in Deutschland aus einer umwelt-, energie- und klimapolitischen Perspektive beschäftigt. Auf dieser Basis sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Planung und Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel energiepolitisch nicht notwendig, klimapolitisch kontraproduktiv und planungsrechtlich nur unter größten Schwierigkeiten machbar wäre. Unsere Argumentation finden Sie ausführlich in dieser Broschüre, die wir diesem Schreiben ebenfalls anhängen.

Wie sehr wir mit unserer Analyse richtig liegen, beweisen auch die jüngsten Ereignisse rund um das LNG Terminal Brunsbüttel. Zum einen wurde nun bekannt, dass einer der Hauptinvestoren, die Vopak Holding, sich wegen Verluste in Millionenhöhe als aktiver Partner aus dem Projekt verabschiedet. Zum anderen hat die Stadt Brunsbüttel entschieden, dass das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans eingestellt wird. Diese Änderung sollte dem Projekt den Weg ebnen, war aber rechtlich höchst umstritten.

Wir bitten Sie daher: Beziehen Sie auch Stellung gegen den Bau eines Terminals, welches weder ökologisch noch ökonomisch Sinn macht. Gerne stehen wir auch im Jahr 2022 für Gespräche zu diesem Thema bereit.

Mit besten Grüßen

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz, Deutsche Umwelthilfe

Andy Gheorghiu, Campaigner und Consultant

Dr. Reinhard Knof, Vorsitzender, Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V.

Prof. Dr. Pao-Yu Oei, Professor für Ökonomik der Transformation von Energiesystemen an der Europa- Universität Flensburg

Scientists for Future Schleswig- Holstein, Dr. Tobias Bayr, Klimaforscher am GEOMAR Kiel

Parents For Future Nordfriesland

BUND Kreisgruppe Steinburg

Fridays for Future Kiel

Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz, Haseldorfer Marsch, Hetlingen e.V.

BUND Kreisgruppe Dithmarschen

Dr. Christfried Lenz Sprecher BI “Saubere Umwelt & Energie Altmark”

BI gegen Gasbohren in Halfing

Sonja Meister Energie Campaignerin Urgewald

Fritz Buhr, Gemeinnütziger Umweltschutzverein pro grün e. V.

Abgefrackt Bündnis Weidener Becken gegen Fracking

Sigrun Franzen, Sprecherin Berliner Wassertisch

Katja George, Germany Organizer 350.org

Volker Fritz, AK Fracking Braunschweiger Land,

Sabine Holsten, BI für Gesundheit Hemslingen/Söhlingen

Bernd Ebeling, für AG Erdgas Erdöl Fracking der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e. V.

NaLaKiZu Bürgerstark

Wibke Langhorst, Aktionsbündnis No- Moor-Fracking,

BI Rote Hand Thedinghausen/Achim

BI “No Fracking” im Erdgasfeld Völkersen

BI Flecken Langwedel gegen Gasbohren

BI Walle gegen GasBohren

BI Intschede Wesermarsch ohne Bohrtürme

BI Lintler Geest gegen Gasbohren

Ronja Heise Fachreferentin Energie Robin Wood eV

BürgerBegehren Klimaschutz e.V. Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin

BI lebenswertes Korbach

Hamburger Energietisch e. V.

GasExit

Gewerbegebiet Boelckestraße Nord: 

Natur zerstört – Gewerbefläche liegt brach

Das Gewerbegebiet Boeckestraße Nord/„Groß Hasselrod“ liegt immer noch brach. Für 4,5 Mio. Euro hatte die Stadt Kiel 2020 eine 7,9 ha große Fläche zum Teil als zukünftiges Gewerbegebiet erschlossen, mit 50 % Förderung durch Bund und Land. Die Fläche gehört zur schleswig-holsteinischen Knicklandschaft mit erheblichem Umfang allgemeiner Bedeutung für den Naturschutz und grenzt an ein Landschaftsschutzgebiet im Norden.

Bezüglich der Entscheidung zwischen gewerblicher Nutzung und Naturzerstörung heißt es in der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 910: „In Abwägung zwischen den umweltbezogenen Belangen und den öffentlichen und privaten Belangen werden die Belange der Wirtschaft und die Auswirkungen auf die Gesamtstadt (vordringlich Belange der Arbeitsplatzschaffung/-erhaltung, Ausbildung) höher gewichtet.“ 

Bild: 7,9 ha erschlossenes Gewerbegebiet Boelckestraße Nord – Naturzerstörung für gewerbliche Nutzung – im Dezember 2021 Brachland.

Die BUND Kreisgruppe Kiel und die NABU Ortsgruppe Kiel forderten 2017 einen Stopp des Bauleitverfahrens für das derzeit 9,1 ha große geplante Gewerbegebiet „Boelckestraße Nord“ und stattdessen die Umsetzung auf dem Flughafengelände zu forcieren. Die Stellungnahme wurde zur Kenntnis genommen und dann am 26.10.2017 auf der Ratsversammlung die Umsetzung beschlossen. Wir berichteten und dokumentierten mit Landschaftsbildern in der Ausgabe der LinX 06-2020: „Insgesamt ergibt sich ein Kompensationsbedarf von 31.260 m2 Neuschaffung von Grünland, 760 lfm Ersatzknick, 55 Ersatzbaumpflanzungen und 30.099 m2 Umwandlung extensiv genutzter landwirtschaftlicher Flächen in Grünland. Ausgleichsmaßnahmen sind zugesichert und einzeln beschrieben. Wer kontrolliert das?“

Eine Kleine Anfrage des Ratsherrn Burkhardt Gernhuber (Ratsfraktion DIE LINKE) vom 21.1.2021, mit der Frage, wieviel Fläche bereits an Gewerbeunternehmen vergeben wurde, antwortete der Kieler Oberbürgermeister, dass bisher nur ca. 25% der Gewerbefläche verkauft sind. Nachdem Ende Oktober 2020 die Erschließungsarbeiten abgeschlossen waren, sind 14.800 m2 für 1.270.000 Euro verscherbelt worden (ca. 85 Euro pro m2). Das Geld geht in die Refinanzierung. Es ist eine Gewerbe-Neuansiedelung dabei, die angeblich 50 Arbeitsplätze in Kiel schaffen will. Das Interesse an den Grundstücken sei groß. Der städtische Eigenbetrieb KiWi steht mit fünf Unternehmern im Kauf-Gespräch, während es ca. 20 weitere Interessenten gäbe.

Bisher ist nur ein Teil des historischen Landschaftgeländes Boelckestraße Nord für die Gewerbenutzung erschlossen. Noch besteht die Möglichkeit diesen Gewerbewahn zu stoppen. Es sind genügend ungenutzte Gewerbeflächen vorhanden.

Während es bereits einen Beschluss der Stadt Kiel gibt, dass vorrangig die brachliegenden Flächen auf dem Flughafengelände bereitgestellt werden sollen, steht jetzt auch das ehemalige MFG 5-Gelände/neuer Stadtteil „Holtenau Ost“, mit reichlich Gewerbeflächen in der Planung, die mit geringem Aufwand bereitgestellt werden könnten. Zusätzlich gibt es immer mehr Platz auf dem Friedrichsorter Gewerbegebiet rund um Caterpillar (siehe Kasten).

Immerhin hat DIE LINKE am 1.12.2021 im Wirtschaftsausschuss erreicht, dass der Bebauungsplan Nr. 1022 „Boelckestraße Süd“ geändert wird und damit ein kleines Stück Naturland, angrenzend an den Flughafen, erhalten bleibt. „Eine ökologische Aufwertung und die entsprechende Pflege als arten- und strukturreiches Dauergrünland sind vorzunehmen.“ heißt es im Beschluss.

Ein kleiner Anfang! Das Gelände Boelckestraße Nord muss wieder renaturiert werden! Keine weitere Naturvernichtung durch Gewerbeflächen!

boelckestrae Nord Bebaungsplan web

Bebauungsplan Nr. 910 des Gewerbegebietes Boelckestraße-Nord. Bisher wurden nur die Teilgebiete 3 und 4 erschlossen sowie das Regenrückhaltebecken gebaut.

(uws)

Stadt Kiel kauft Gewerbegebiet Kiel-Friedrichsort

Die Kleine Anfrage des Ratsherrn Burkhardt Gernhuber (Ratsfraktion DIE LINKE) vom 21.1.2021 (Drs. 0031/2021) brachte auch noch interessante Informationen über die Zukunft des Gewerbegebietes Kiel-Friedrichsort zutage.

Frage: Welche Änderungen der Flächennutzung hat es in den vergangenen zehn Jahren im benachbarten Gewerbegebiet Kiel-Friedrichsort gegeben und wie viele Flächen sind dort aktuell zu vergeben?

Antwort der Stadt Kiel:

Das Gewerbe- und Industriegebiet Friedrichsort befand sich in den letzten zehn Jahren im Eigentum eines privaten Grundstückseigentümers, der die darauf befindlichen Hallen- und Bürogebäude an mehrere Großmieter wie z.B. Vossloh Locomotives, Caterpillar & McPack langfristig vermietet hat. Der Hauptmieter Vossloh Locomotives hat den Standort 2017 verlassen und hat einen neuen Produktionsstandort in Kiel-Suchsdorf bezogen. Dementsprechend standen zunächst mehrere Hallen auf dem Grundstück leer. In der Folgezeit konnte der private Eigentümer in einem deutlich kleinteiligeren Maßstab allerdings wieder Hallenteile neu vermieten. Gleichzeitig haben die LH Kiel und die KiWi Gespräche mit dem privaten Eigentümer zum Ankauf des Gewerbe- und Industriegebietes aufgenommen mit dem Ziel, dieses vollständig zu revitalisieren, zukunftsfähig herzurichten und einen modernen Gewerbestandort in Friedrichsort mit Strandlage zu schaffen. Der Kaufvertrag wurde Ende 2019 geschlossen. Die Besitzübergabe an die LH Kiel erfolgte zum 1.1.2020. Um die Interimszeit bis zum Beginn der Erschließungsarbeiten sinnvoll gewerblich zu nutzen und durch die Vermietung Einnahmen zur Refinanzierung der Erschließungsarbeiten zu generieren, hat die LH Kiel mehrere Hallen in unterschiedlichen Größenordnungen mit kurzen Laufzeiten an Unternehmen vermietet. Zusätzlich zu den oben genannten Unternehmen Caterpillar & McPack, die immer noch am Standort sind, haben z.B. die Unternehmen Dataport, Thyssen Krupp Marine Systems und der Bahndienstleister LKM Hallen- und Büroflächen angemietet. Der Fokus liegt auch künftig auf einer gewerblich-industriellen Nutzung.

Die LH Kiel beabsichtigt, das Gesamtareal komplett neu zu erschließen. Die hierfür erforderlichen (Vor-)Planungen laufen derzeit. Aufgrund des laufenden Planungsprozesses stehen die endgültig benötigten Erschließungstrassen und der Flächenbedarf für öffentliche Einrichtungen sowie die Entscheidung, welche Hallen aufgrund eines schlechten baulichen Zustandes abgerissen werden sollen und welche erhalten werden, noch nicht fest. Insofern werden weder die KiWi noch die LHK bis zum Abschluss der Baumaßnahmen Flächen vermarkten bzw. verkaufen. Kurzfristige Anmietungen mit kurzen Kündigungsfristen sind allerdings möglich, da die dann bestehende Flexibilität den Erschließungsprozess der LH Kiel positiv unterstützen kann. (LH Kiel, Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister)

BUND:

Naturschutz nicht gegen erneuerbare Energien ausspielen!

Zu den Äußerungen des neuen Staatssekretärs im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium, Sven Giegold, der mit Änderungen im EU-Naturschutzrecht mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien machen will, erklärt Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): 

„Sven Giegold hat mit uns zusammen Vogelschutz- und andere Naturschutzrichtlinien in Europa verteidigt. Er täte gut daran, dies auch in Deutschland zu tun, um den Koalitionsvertrag einzuhalten. EU-Naturschutz ist kein Hindernis für die Energiewende.

Das Schrauben an Gesetzen be-schleunigt den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien nicht. Nötig sind eine bessere Personalausstattung, Digitalisierung und verlässliche Standards sowie eine frühzeitige Bürgerbeteiligung. Dies bestätigen sowohl der Sachverständigenrat für Umweltfragen als auch die Praktiker und Energieerzeuger. Dort wollen wir grüne Taten sehen. Giegolds Vorstoß hilft weder der dringend notwendigen Beschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren noch dem Naturschutz.“

(Quelle: BUND, 10.12.2021)

A 21 / Südspange:

Das Klimagürtel-Bündnis will mit SPD über Lösungen diskutieren

Das Bündnis „Vorfahrt für den Klimagürtel“ begrüßt den Beschluss der Kieler SPD, eine Arbeitsgruppe zum Thema A21/Südspange einzusetzen. Das Bündnis erkennt an, dass hier die SPD Bereitschaft zeigt, ihre bisherige Position zu den seit den frühen 70er-Jahren verfolgten Planungen zu überprüfen und sich neu zu positionieren. Es bedauert aber, dass der im ursprünglichen Antragstext (1) genannte verbindliche Zeitrahmen bis Februar 2022 nun an das Vorliegen der DEGES-Machbarkeitsstudie gekoppelt wurde.

Eine zügige Entscheidung wäre wichtig, um auch zeitnah zu einem überparteilichen Beschluss in der Ratsversammlung zu kommen, der sich kritisch zu den bisherigen Planungen des Bundes positioniert.
Es geht darum, die Menschen auf dem Kieler Ostufer von Lärm und Luftverunreinigung zu entlasten. Die Südspange kann dies nicht, da sie - egal auf welcher Trasse - ausschließlich als eine Querverbindung zur Richtung Raisdorf führenden B76 geplant wird. Dies wurde bereits auch in mehreren Untersuchungen gutachterlich festgestellt. Eine Weiterführung der Südspange nach Norden als Ostring 2 steht nicht als vorrangiges Projekt im Bundesverkehrswegeplan und wird auch nie realisiert werden. Sie ginge mit erheblichen Kosten für notwendige Tunnel unter Wohngebieten einher, würde weitere Naherholungsgebiete zerschneiden und dann den Menschen in Dietrichsdorf noch mehr Autoverkehr bringen.
Die Südspange wäre demnach für den straßengebundenen Verkehr „ein Placebo mit heftigen Nebenwirkungen“, so Niklas Hielscher für das Klimagürtel-Bündnis. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie durch die Planungsgesellschaft DEGES abzuwarten, macht daher keinen Sinn!

Die Kieler Ratsbeschlüsse zum Klimanotstand sowie der Masterplan Mobilität geben die notwendige Richtung vor:
Die Belange der Bevölkerung im Kieler Osten müssen endlich an erster Stelle stehen: eine Stadt mit hoher Lebensqualität, sauberer Luft und einem Grüngürtel, der zur Naherholung dient und die kommende Klimaerwärmung abmildern kann.
Der Autoverkehr auf Kieler Gebiet muss bis 2035 um 40% gesenkt werden, um die CO2-Ziele der Stadt zu erreichen. Mit einer frühestens 2035 fertig gebauten Südspange würde der Autoverkehr jedoch insbesondere am Ostufer stark gefördert, klimafreundliche Mobilität dagegen ausgebremst. Und das um den Preis der weiteren Zerstörung des Kieler Grüngürtels.
Das Bündnis „Vorfahrt für den Klimagürtel“ bietet der neuen Arbeitsgruppe eine enge Zusammenarbeit an, um die problematischen Folgen der geplanten Südspange und Lösungen zu diskutieren.
Das Bündnis „Vorfahrt für den Klimagürtel“ besteht aus 20 Kieler Initiativen und Verbänden. Es setzt sich für den vollständigen Erhalt des Kieler Grüngürtels ein und lehnt insbesondere die Straßenbauplanungen im Kieler Süden ab.

(1) Ursprünglicher Antragstext SPD KV:
https://www.spd-kiel.de/wp-content/uploads/sites/783/2021/11/Antrag_V01_AG_A21-S__dspange_KV_Kiel.pdf

(Pressemitteilung des Bündnisses „Vorfahrt für den Klimagürtel“, 21.11.2021)

Letzte Meldung nach der Herausgabe der Pressemitteilung: Die Kieler SPD hat auf ihrem Parteitag eine Arbeitsgruppe zum Thema A21/Südspange beschlossen. Leider wurde dabei aber der verbindliche Zeitrahmen aus dem ursprünglichen Antrag, dass bis Februar 2022 eine „Vorlage“ (Positionierung) erfolgen soll, verwässert in „spätestens drei Monate nach dem DEGES-Gutachten“.
Aus Richtung der SPD gibt es Informationen, dass das Gutachten schon fertig ist und im Verkehrsministerium in der letzten Bearbeitung sei. In den aktuellen Kieler Nachrichten steht auch, dass das Gutachten noch dieses Jahr kommen soll. Keine gute Nachricht, wenn das stimmt.
Es scheint aber so, dass es in der SPD in Kiel mittlerweile eine „progressive“ Mehrheit gegen die Südspange gebe. Eine gute Nachricht, wenn das stimmt. Aber das muss nichts heißen und es kann am Ende doch sein, dass ein fauler Kompromiss dabei raus kommt.

 

Kommentar:

Zu teuer, zu gefährlich, zu spät – EU will Atomkraft fördern

Alle Jahre wieder. Immer wenn es auf die herbstliche UN-Klimakonferenz zugeht, werden die Reste der deutschen Atomlobby aktiv, um die Trommeln für ihre alten Meiler zu rühren. Und mit ziemlicher Regelmäßigkeit finden sie in den Redaktionsstuben jemanden, der aus purer Lust an der gedankenlosen Provokation versucht, deren immer gleichen Sermon von der vermeintlichen Sicherheit der klimarettenden Atomkraft als brandneue Einsicht und Ausgeburt der Rationalität zu verkaufen, während alle anderen natürlich Ideologen oder Naivlinge sind. Ganz so, als schrieben wir das Jahr 1997 und die Umweltministerin und spätere „Klimakanzlerin“ würde noch immer den Propaganda-Unsinn von RWE nachplappern, dem zu Folge die erneuerbaren Energieträger nie viel mehr als zwei Prozent der Stromversorgung würden abdecken können. Tatsächlich sind es in Deutschland inzwischen fast 50 Prozent und in einigen anderen EU-Ländern sogar noch mehr.

Hierzulande nahm in den letzten Jahren kaum noch jemand dieses Märchen von der sauberen Atomkraft ernst, doch hinter den Kulissen ist die Lobby offenbar noch immer einflussreicher, als man denken mag. Das liegt vor allem auch daran, dass zwar viele EU-Mitglieder wie Deutschland in den nächsten Jahren die letzten AKW stilllegen werden oder gar keine besitzen, andere aber weiter am Bau neuer interessiert sind. Vor allem Finnland, Frankreich, Tschechien und die Slowakei.

Und so kommt es, dass die EU kurz davor ist, die Atomkraft in ihren Werkzeugkasten für nachhaltige Entwicklung aufzunehmen, was ihr besondere Förderung zu kommen lassen würde. Das führte kürzlich zu einem internationalen Aufschrei bei den Umweltverbänden, die sich mit einem Appell zum Eingreifen an den voraussichtlichen nächsten Kanzler Olaf Scholz wandten.

Wie man hört, hatte nämlich die nur noch geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel es unterlassen, bei der letzten Sitzung des Europäischen Rates gegen den Griff der Atomlobby nach den EU-Fördertöpfen zu intervenieren. Aber das kann eigentlich nur jene erstaunen, die vergessen haben, wie die „Klimakanzlerin“ einst gerne zur Einweihung von RWEs neuen Braunkohlekraftwerken anreiste und 2010 zusammen mit der FDP den Atomausstieg kippte. Freilich nur um ein halbes Jahr später nach der dreifachen Havarie im japanischen Fukushima öffentlichem Druck nachgebend einen Rückzieher zu machen.

Doch nun sollen die altersschwachen AKW auf einmal die Klimaretter sein und sogar der Neubau gefördert werden. Deshalb ist es vielleicht Zeit, einmal an ein paar einfache Fakten zu erinnern. Erstens ist der Abbau von Uran mit erheblichen Gesundheitsproblemen in den betroffenen Regionen verbunden und der Rohstoff zudem inzwischen sehr knapp. Zweitens sind Unfälle selten aber möglich und dann extrem zerstörerische. Siehe Tschernobyl oder Fukushima.

Drittens braucht es aktuell in Europa über zehn Jahre, um ein neues AKW zu bauen. Viertens gibt es noch immer kein sicheres Endlager für den Strahlenmüll, der für 100.000 Jahre oder mehr verwahrt werden muss. Fünftens sind AKW sehr schwerfällig und passen nicht zur variierenden Stromerzeugung der Erneuerbaren. Sechsten ist Atomstrom deutlich teurer als Solar- oder Windstrom.

Und schließlich ist siebentens die AKW-Technologie wegen des nötigen Material- und Kapitalaufwandes ein sehr zentralistischer Ansatz und konnte zudem bisher in den meisten Ländern nur mit massiver Polizeigewalt durchgesetzt werden. Mit einer demokratische kontrollierten kommunalen Energieversorgung ist sie nicht vereinbar.

(wop)

Infos: https://www.ausgestrahlt.de/themen/klima-und-atom/