Daten/Fakten  

   

BUND Schleswig-Holstein kritisiert:

Umweltskandal an der Schlei bleibt im Wesentlichen ungesühnt

Kiel. Viereinhalb Jahre nach dem Umweltskandal der massiven Verschmutzung der Schlei wurde auch das letzte laufende Verfahren durch einen Amtsrichter eingestellt. Fast alle Beteiligten an den Taten bleiben nun tatsächlich straffrei. Auch wenn der Bund für Umwelt und Naturschutz Landesverband Schleswig-Holstein e. V. die fachjuristische Beurteilung der Tathergänge nicht vornehmen kann, sticht ein wichtiges Element dieser Entscheidung schmerzlich ins Auge: Der Richter verkündete, dass die Taten schon lange her seien und es kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung (mehr) gäbe.

„Dies ist aus Sicht des BUND eine Verhöhnung all jener Mitmenschen, die das Recht zum Schutz unserer Umwelt beachten und wahren. Eine derartige Betrachtung liefert in der Öffentlichkeit ein völlig falsches Beispiel und schützt die Straftat!“ so Gerd Simon, Sprecher des Ausschusses für Natur- und Umweltpolitik beim BUND Schleswig-Holstein. „Der Richter suggeriert dadurch, dass nicht die Frage nach Recht oder Unrecht, sondern nur der öffentliche Druck über eine Gerichtsverhandlung entscheidet.“

Der Schutz der Umwelt und unser aller Lebensgrundlagen ist als Verfassungsgrundsatz ein sehr wesentliches und lebenserhaltendes Element des öffentlichen Interesses. Wenn ein Amtsrichter dies anders sehen sollte, ist dies bedenklich und stößt nicht nur bei Umweltschützer*innen auf Unverständnis: Die Masse der Bevölkerung, für die der Schutz unserer Lebensgrundlagen wichtig ist, urteilt ebenso.

Durch einen anonymen Hinweis an den BUND wurde Anfang 2018 einer der zu der Zeit größten Umweltskandale Schleswig-Holsteins aufgedeckt: Hunderte Kilogramm geschredderte Lebensmittelverpackungen waren über das Klärwerk Schleswig in die Schlei gelangt. Im Klärwerk wurde über einen Faulturm Energie erzeugt, die unter anderem auch aus Lebensmittelresten aus dem Einzelhandel und der Gastronomie gewonnen wird – jedoch ohne die Lebensmittel von den Verpackungen zu trennen. Viele Kilometer der Küstenlinie waren mit Plastikresten zwischen wenigen Millimetern und bis zu drei Zentimetern verseucht.

Um erneute Katastrophen wie an der Schlei zu verhindern, sprach sich ein Beschluss des Bundesrates zur Vermeidung von Kunststoff und Verunreinigungen in der Umwelt bei der Entsorgung verpackter Lebensmittel dafür aus, in Kunststoff verpackte Abfälle vollständig von der Kompostierung oder Vergärung auszunehmen sowie die Grenzwerte für Kunststoffanteile in Düngemitteln zu überprüfen und gegebenenfalls zu senken.

DIE LINKE:

Keine Industrie-Subventionen ohne ökologische und soziale Gegenleistung!

Zu Berichten im Tagesspiegel zu geplanten Energiepreis-Subventionen für energieintensive Industrie erklären Maximilian Becker und Lorenz Gösta Beutin, Klimapolitik im Parteivorstand der Partei DIE LINKE:

Direkte Übernahme der Mehrkosten bei den Energiepreisen für die Großindustrie sind der falsche Weg. Ohne Gegenleistung kommt es einer Vergoldung der Verschleppung der Energiewende in der Industrie gleich. Gerade Unternehmen, die am wenigsten in die Energiewende investiert haben, würden am stärksten entlastet werden.

Stattdessen wäre das Prinzip richtig: Keine Entlastung ohne soziale und ökologische Gegenleistung: Unterstützung für die Industrie nur, wenn sich die betreffenden Unternehmen gleichzeitig verpflichten, in klimagerechten Umbau und wirksame Dekarbonisierung der Produktionsprozesse zu investieren und gute Arbeit und Mitbestimmung zu gewährleisten.

Bereits in der Vergangenheit wurden der energieintensiven Industrie Milliardensummen durch Befreiungen von der EEG-Umlage erstattet. Milliarden-Gewinne, nicht nur für Stahlerzeugung oder Chemie, sondern bspw. auch für Fleischfabriken wurden auf die Endverbraucher umgelegt und trieben die Strompreise an. Eine Industriepolitik, die im Angesicht der Klimakrise nicht mehr zeitgemäß ist.

Lorenz Gösta Beutin, DIE LINKE

Mitglied des Parteivorstand

BUND fordert zur Landtagswahl:

Energiewende naturverträglich gestalten – Keine Ausreden mehr!

Spätestens seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs wissen alle in Deutschland und Schleswig-Holstein: Wir müssen unsere Abhängigkeit von Erdgas und Erdöl schnell reduzieren und den vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energien weiter vorantreiben.

Der BUND SH setzt neben der Wirksamkeit und Genügsamkeit im Umgang mit Energie auf die ausgewogene Nutzung sämtlicher erneuerbarer Energien, um Umwelt und Natur nicht mehr als notwendig zu belasten. Anstatt jetzt die Erweiterung der Windflächen in Schleswig-Holstein von derzeit zwei Prozent der Landesfläche auf bis zu vier Prozent anzugehen oder gar noch mehr Offshore-Parks in Schutzgebiete zu bauen, sollte erst einmal das Solar-Potenzial unserer bestehenden Dächer, Fassaden und Parkplätze ausgeschöpft werden. Studien zeigen, dass allein Photovoltaik auf Dächern mindestens 50 Prozent der Gesamtenergie liefern könnte. In Thüringen wird Dach-Photovoltaik mit 900 Euro je Kilowatt aus Landesmitteln gefördert. In Schleswig-Holstein gibt es nur die Einspeisevergütung. Da ist noch viel Luft nach oben!

Auch im Neubau von Wohngebäuden werden große Potenziale nicht genutzt. Deshalb fordert der BUND Schleswig-Holstein eine Pflicht zur Installation von Solar-Anlagen bei Neubau, Umbau und Sanierung von Wohngebäuden. Auch sind Anreize zu schaffen, um vorhandene Potenziale wie bestehende Dachflächen und Parkplätze zu nutzen. Besonders das Land und die Kommunen sollten eine Vorbildfunktion übernehmen und ihre Liegenschaften mit Solaranlagen bestücken.

Neben der Klimakrise leiden wir jedoch auch unter einer Krise des Artensterbens: Vielen ist nicht bewusst, wie massiv die Auswirkungen sein werden, wenn jährlich unzählige Arten aussterben. Daher muss die Biodiversitätsstrategie des Landes mit genügend Personalstellen in den Ministerien unterlegt werden, damit die Artenschwundkrise beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien mitgedacht werden kann. „Wenn wir uns, unseren Kindern und unseren Enkeln eine einigermaßen ressourcensichere Zukunft geben wollen, dann können wir weder auf Klimaschutz noch auf Artenschutz verzichten. Beides muss Hand in Hand gehen,“ fordert der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Carl-Heinz Christiansen.

Zurzeit erlebt Schleswig-Holstein einen Boom an Solar-Freiflächenanlagen. „Diese Photovoltaik-Anlagen treten in Flächenkonkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung und wirken sich negativ, unter anderem auch auf das Landschaftsbild, aus,“ so Gerd Simon vom BUND-Arbeitskreis Energiewende. „Deshalb sollte in den Novellen der Regionalpläne verankert werden, dass maximal 0,5 Prozent der Landesfläche für Freiflächenanlagen ausgewiesen werden,“ fordert Simon.

Die Freiflächenanlagen, die gebaut werden, müssen naturverträglich sein. Verschiedene Studien haben belegt: Solar-Freiflächenanlagen können bei einer naturverträglichen Gestaltung die Biodiversität in der Agrarlandschaft erhöhen – mit einem positiven Nutzen vor allem für die Landwirtschaft. Mit breiten Modulabständen und Durchlässen erleichtern sie das Vernetzen der Lebensräume und die Durchmischung der Genpools der ansässigen Tier- und Pflanzenwelt. Damit einher geht dann eine stärkere Resilienz gegenüber klimatischen und umweltbedingten Herausforderungen. So kann sich die Natur auch zum Teil selbst schützen. Damit eine naturverträgliche Gestaltung erfolgt, sind durch das Land jedoch entsprechende Kriterien für Bau, Betrieb und Pflege festzulegen, die weit über das bisher vorliegende Regelwerk hinausgehen.

Um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen, befürwortet der BUND Schleswig-Holstein die seitens des Landes angestrebte Verkürzung der Genehmigungsverfahren. Eine schnellere Planung und Genehmigung darf jedoch nicht zu Lasten des Artenschutzes gehen. Vielmehr ist dafür zu sorgen, dass die Gutachten den naturschutzfachlichen Anforderungen entsprechen und die Genehmigungsbehörden personell aufgestockt werden. Umwelt- und Naturschutz sind das Stiefkind der Politik: Damit viele bereits vorhandene Strategien wirksam umgesetzt werden können, muss mehr Personal eingestellt werden. Hier muss die Landespolitik endlich handeln!

Der unverzichtbare Ausbau der erneuerbaren Energien ist mit Auswirkungen auf Mensch, Natur und Landschaft verbunden. Diese gilt es abzuwägen und zu minimieren, etwa durch umfangreiche und wirksame Artenschutzprogramme und eine Umstellung auf eine naturverträgliche Landnutzung.

Ole Eggers
BUND-Landesgeschäftsführer

Nachdem der BUND in der letzten Woche die Spitzenkandidat*innen von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen zur Podiumsdiskussion geladen hatten (Aufzeichnung können Sie hier anschauen: https://youtu.be/TBRhEI9Nhm4 ) soll es diese Woche weitergehen mit der 7. Forderung zur Landtagswahl, dem Thema Energiewende. Infos siehe unter www.bund-sh.de

Kommentar:

Neue Höhen der Heuchelei

Der Ausstieg aus dem russischen Gas ist das Gebot der Stunde, doch was kommt danach? Den Verbrauch fossiler Energieträger – nicht nur aus Russland – zu reduzieren, ist sicher eine gute Sache. Auch kann mit einigem Recht argumentiert werden, dass man einen Angriffskrieg, wie ihn die russische Führung gerade gegen die Ukraine führt, nicht einfach schulterzuckend übergehen sollte. Jedenfalls dann, wenn man nicht zweierlei Maßstäbe anwendet und gleichzeitig über die Angriffskriege der NATO-Staaten (mit und ohne Deutschland) unter anderem gegen Jugoslawien, Afghanistan oder die Kurden in Syrien und Nordirak schweigt und letztere gar noch indirekt mit politischer Rückendeckung und hiesigen Steuermilliarden unterstützt.
Aber genau das, das Ansetzen zweierlei Maßstäbe, ist – wenig überraschend – mal wieder das Problem. Gegenüber der Türkei ist das ja nichts Ungewohntes. Die deutschen Regierungen haben sich in den letzten Jahrzehnten weder am blutigen Bürgerkrieg Ankaras, am Verbrennen schutzsuchender Zivilisten in Kellern, an der Unterstützung des sogenannten Islamischen Staates, als er jesidische Frauen versklavte und das südkurdische Kobane belagerte, noch an Erdogans jüngstem, auf niedriger Flamme noch andauerndem Proxi-Krieg gegen Armenien gestört. Von den zeitweise Dutzenden deutschen Bürgerinnen und Bürgern in seinen Kerkern ganz zu schweigen.
Nein, neu ist, dass ein grüner Klimaminister vor dem katarischen Sklavenhalterregime seinen Diener macht – Habeck hat sich tatsächlich beim Händeschütteln mit seinem katarischen Amtskollegen Scheich Mohammed bin Hamad bin Kasim al-Abdullah Al Thani ziemlich tief verbeugt –, um eine Zusage für Flüssiggaslieferungen aus dem Golfstaat einzuholen. Man habe eine langfristige Energiepartnerschaft begründet, ließ Habeck im Anschluss wissen. Weil Moskau einen verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine führt, soll Deutschland also künftig besonders klimaschädliches Flüssiggas aus Katar beziehen. Aus Katar, das in Jemen einen Stellvertreterkrieg führt, der dort inzwischen eine schwere Hungersnot ausgelöst und bereits 377.000 Menschen das Leben gekostet hat. Aus Katar, dessen Reichtum aus der Ausbeutung rechtlos gehaltener ausländischer Arbeiterinnen und Arbeiter stammt, die unter den harschen Arbeitsbedingungen zu Dutzenden sterben, die als Haushaltshilfen regelmäßig sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Eines muss man den Grünen lassen: Sie schaffen es immer wieder, die deutsche Außenpolitik auf neue Höhen der Heuchelei zu heben. (wop)

BUND Logo

11 Jahre nach Fukushima:

Kein Ende der Atomkraft?

Anlässlich des 11. Jahrestages des Super-Gaus in Fukushima ist der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland in Schleswig-Holstein (BUND SH) aufgrund des aktuellen Kriegsgeschehens auch in Sachen Atomkraft in großer Sorge.

Am 11. März 2011 kam es nach einem Tsunami zum Super-Gau im japanischen Atomkraftwerk bei Fukushima. Es gab tausende Opfer. Die Landschaft wird auf Jahrtausende verseucht und unbewohnbar bleiben. Die Erinnerungen daran sind schmerzvoll. Genauso überraschend und schockierend wie die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima ist der bis vor drei Wochen noch undenkbare russische Angriffskrieg in der Ukraine. Nicht nur aufgrund der geografischen Nähe geht er auch uns in Westeuropa und in Deutschland etwas an. Die Gefahren der Atomenergie sind elf Jahre nach Fukushima wieder allgegenwärtig, denn das Atomkraftwerk in Saporischschja ist Ziel von kriegerischen Auseinandersetzungen geworden. Es ist das leistungsstärkste Atomkraftwerk Europas. Schon lange weist der BUND SH auf die Empfindlichkeit von Atomkraftwerken in Krisensituationen hin. Sie sind nicht nur leicht als Angriffsobjekte zu identifizieren, sondern auch Ziele mit immensem Verwüstungs- und Erpressungspotenzial.
Dass die EU-Kommission Kernenergie unlängst als nachhaltig eingestuft und dadurch die Förderung der Atomkraft weiterhin ermöglichen möchte, stößt deshalb auf völliges Unverständnis beim BUND SH. Diese Entscheidung steht im Gegensatz zu den Zusagen an eine klimafreundliche und risikoarme EU-Energiepolitik. „Einer Renaissance der Atomkraft in Europa müssen wir mit aller Kraft entgegensteuern“, so Rainer Guschel Sprecher des Landesarbeitskreis Atomenergie im BUND SH. „Atomkraftwerke, die eigentlich schon auf eine Restlaufzeit ausgelegt sind, werden auch in Zukunft nicht sicher zu betreiben sein. Ein kurzfristiges Wiederanfahren halten wir für ein enormes Risiko für die Bevölkerung. Denn: Atomkraft ist nicht beherrschbar.“

„Frieden und Naturschutz gehören zusammen, denn nur im Frieden sind wir in der Lage unsere Lebensgrundlagen zu sichern und zu schützen. Wir solidarisieren uns deshalb klar mit den Friedensprotesten im Land und den verzweifelten und hilfsbedürftigen Menschen, die sich weltweit auf der Flucht vor kriegerischen Handlungen befinden“, betont Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des BUND SH und ergänzt: „Atomkraft? Nein Danke! Give Peace a Chance – zwei Forderungen, die heute nötiger sind denn je.“

(Ole Eggers, BUND-Landesgeschäftsführer)