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Kommentar – LNG-Terminals:
Wasserstoff als löchriges Feigenblatt
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) weist auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) hin, wonach die geplanten schwimmenden Terminals für Flüssiggas (LNG) nicht für eine spätere Nutzung für Wasserstoff oder Ammoniak in Frage kommen. Letzteres wird vom Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ins Feld geführt, um den Bau der Anlagen in Brunsbüttel, Rostock und Wilhelmshaven um den Bau der Anlagen und den Import des extrem klimaschädlichen Frackinggas aus den USA zu rechtfertigen. Man könne ja bald auf klimaneutrales Wasserstoff oder Ammoniak umsteigen. Allerdings werden die Lieferverträge für LNG eher über 20 Jahre abgeschlossen und eine Umnutzung der neuen Infrastruktur ist wie die ISI-Studie nun zeigt höchst fraglich.
Unter anderem sind für Lagerung und Transport von Wasserstoff und Ammoniak bestimmte aber unterschiedliche Stahlarten nötig, aus denen Tanks, Rohre, Ventile etc. bestehen müssten. Selbst wenn diese Stahlarten von Anfang an in den LNG-Terminaltanks verbaut würden, wofür es bisher keinen Nachweis und keine Antragsunterlagen gibt, müssten andere Teile der Anlage im Falle einer späteren Umrüstung komplett ausgetauscht werden. Im Falle von Ammoniak bräuchte es zudem zusätzliche Anlagen wie die eines Ammoniak-Crackers. Diese Anpassungen, so die DUH, wären mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden. Teilweise sind diese technischen Lösungen zudem noch gar nicht im industriellen Maßstab verfügbar und erprobt. Für schwimmende Terminalschiffe stelle die Studie außerdem klar, dass ein Umbau und eine Nachnutzung mit Wasserstoff oder Ammoniak gänzlich ausgeschlossen ist.
„Die inflationsmäßige Nutzung des Begriffs ‚H2-ready‘ durch die Industrie ist nur eine Nebelkerze, um den LNG-Terminals einen grünen Anstrich zu verleihen“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Und weiter: „Ob eine Umrüstung im Vergleich zu einem Neubau ökonomisch überhaupt sinnvoll ist, bleibt völlig offen.“
(wop)
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Flüssigerdgas-Vorhaben in Deutschland laut Fraunhofer-Studie ungeeignet:
Deutsche Umwelthilfe fordert Infrastruktur für Import von Wasserstoff aus Erneuerbaren
• Aktuelle Studie zeigt: Flüssigerdgas-Vorhaben in Deutschland ungeeignet, um Wasserstoff zu importieren
• Für schwimmende Terminalschiffe kann Umbau und Nachnutzung mit Wasserstoff oder Ammoniak gänzlich ausgeschlossen werden
• DUH fordert Planung von LNG-Terminals ausschließlich für den Import von grünem Wasserstoff auf Basis Erneuerbarer Energien
Berlin, 3.11.2022: Eine neue Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zur Umrüstbarkeit von fossilen LNG-Terminals belegt, dass die derzeit geplanten Flüssigerdgas-Vorhaben in Deutschland ungeeignet sind, um Wasserstoff oder dessen Derivate zu importieren. Stattdessen müssen erhebliche Umrüstungen der Infrastruktur vorgenommen werden – selbst, wenn eine spätere Nutzung für Wasserstoff oder auch Ammoniak von Anfang an mitgeplant wird. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt vor explodierenden Kosten und fossilen Überkapazitäten.
DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner kommentiert die Studie: „Die inflationsmäßige Nutzung des Begriffs ‚H2-ready‘ durch die Industrie ist nur eine Nebelkerze, um den LNG-Terminals einen grünen Anstrich zu verleihen. Die Studie zeigt eindeutig, dass LNG-Terminals schlichtweg ungeeignet sind, um Wasserstoff oder dessen Derivate zu importieren. Vielmehr bräuchte es umfangreiche Umrüstungen der Infrastruktur, bei der ein großer Teil der ursprünglichen Kosten erneut anfallen würde. Ob eine Umrüstung im Vergleich zu einem Neubau ökonomisch überhaupt sinnvoll ist, bleibt völlig offen. Die Vorhabenträger sollten stattdessen gleich so planen, dass eine Infrastruktur für den Import von grünem Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien geschaffen wird. Alles andere ist eine Verzögerungstaktik, um fossile Geschäftsmodelle weiter künstlich am Leben zu halten.“
Die Forscherinnen und Forscher des ISI verdeutlichen, dass es unter anderem bestimmte Stahlarten für die Lagertanks braucht, damit diese nach einer Umrüstung auf Wasserstoff oder auch Ammoniak weitergenutzt werden könnten. Selbst wenn diese Stahlarten von Anfang an in den LNG-Terminaltanks verbaut werden, müssten andere Teile der Anlage im Falle einer späteren Umrüstung komplett ausgetauscht werden. Je nachdem auf welchen Energieträger umgerüstet werden soll, braucht es zudem zusätzliche Infrastruktur wie die eines Ammoniak-Crackers. All diese Anpassungen wären mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden. Teilweise sind diese technischen Lösungen zudem nicht im industriellen Maßstab verfügbar und erprobt.
Für schwimmende Terminalschiffe (Floating Storage and Regasification Unit – FSRU) stellt die Studie klar, dass ein Umbau und eine Nachnutzung mit Wasserstoff oder Ammoniak gänzlich ausgeschlossen ist.
Constantin Zerger, DUH-Leiter für Energie und Klimaschutz: „Die Vorhabenträger behaupten in Dauerschleife, ihre Terminals würden später ganz einfach für die Energiewende nutzbar sein und führen damit die Öffentlichkeit in die Irre. Für die schwimmenden Terminalschiffe ist dies schlicht falsch. Bei den stationären Terminals steht mittels fehlender Antragsunterlagen noch der Beweis aus, ob eine spätere Umrüstung überhaupt beabsichtigt ist. Zudem fehlt es grundsätzlich an Erfahrungen zum Import von Wasserstoff. Alle Ankündigungen dazu sind hypothetisch und sollen allein dem Greenwashing einer offensichtlich fossilen Infrastruktur für den Import von Fracking-Gas dienen.“
Hintergrund:
Um Energie künftig klimaneutral importieren zu können, plant die Bundesregierung den Import von Wasserstoff. Wird dieser aus Erneuerbaren Energien mittels Elektrolyse erzeugt, handelt es sich um „grünen“ Wasserstoff. Für den Transport mittels Schiff müsste dieser verflüssigt werden. Wasserstoff kann auch in Form von Ammoniak importiert werden. Dieser hat jedoch, genau wie Wasserstoff, unterschiedliche physikalische Eigenschaften zu LNG. Daraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Import-Terminals.
Derzeit werden in Deutschland elf LNG-Terminalprojekte konkret vorangetrieben. Bei den meisten davon handelt es sich um sogenannte schwimmende Terminals. In Stade und Brunsbüttel sind stationäre Terminals geplant, die laut Aussagen der Vorhabenträger „H2-ready“ seien. Die DUH sieht die Gefahr massiver fossiler Überkapazitäten und hatte im September Klage gegen die Anschlussleitung für das erste geplante Terminal in Wilhelmshaven eingereicht, um deren Betriebserlaubnis für fossiles Gas auf maximal zehn Jahre zu begrenzen.
Quelle: DUH, 03.11.2022
Link zur Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung:
https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Energiewende/LNG/Report_Conversion_of_LNG_Terminals_for_Liquid_Hydrogen_or_Ammonia.pdf
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Gustavo Petro, Präsident Kolumbiens:
Rede vor UNO-Klimakonferenz COP27
1. Die Menschheit muss wissen, dass sie aussterben wird, wenn die globale Politik die Klimakrise nicht bewältigt. Die Zeiten des Aussterbens, die wir erleben, müssen uns dahin bringen, jetzt und weltweit zu handeln, mit oder ohne Erlaubnis der Regierungen. Es ist an der Zeit, die gesamte Menschheit zu mobilisieren.
2. Der Markt ist nicht der entscheidende Mechanismus zur Überwindung der Klimakrise. Es sind der Markt und die Kapitalakkumulation, die sie hervorgebracht haben, und sie werden niemals ihr Heilmittel sein.
3. Nur eine öffentliche und globale, multilaterale Planung ermöglicht uns den Übergang zu einer dekarbonisierten Weltwirtschaft. Die UNO muss die Plattform für die Planung sein.
4. Es ist die globale Politik, d.h. die Mobilisierung der Menschen, die den Kurs korrigieren wird und nicht die Verträge von Technokraten, die von den Interessen von Kohle und Öl beeinflusst werden.
5. Die Säulen des Weltklimas müssen zuallererst gerettet werden. Der Amazonas-Regenwald ist eine davon. Kolumbien wird in den nächsten 20 Jahren 200 Millionen Dollar jährlich zur Rettung des Amazonas-Regenwaldes bereitstellen. Wir erhoffen uns Beiträge aus anderen Teilen der Welt. (Anmerkung: Scholz hat 170 Mio.€ für die ärmeren Länder zugesagt und steckt zugleich 100 Mrd. € in die Rüstung das ist ein Faktor von 588.)
6. Die Klimakrise kann nur überwunden werden, wenn wir den Verbrauch von Kohlenwasserstoffen einstellen. Es ist an der Zeit, die Kohlenwasserstoffwirtschaft zu entwerten mit festgelegten Fristen für ihre Beendigung, und die dekarbonisierte Wirtschaft aufzuwerten. Die Lösung ist eine Welt ohne Öl und Kohle.
7. Die Verträge der WTO und des IWF stehen der Lösung der Klimakrise entgegen und müssen daher den COP-Vereinbarungen untergeordnet werden und nicht andersherum.
8. Der IWF muss ein Programm zum Eintausch von Schulden gegen Investitionen für die Anpassung an und die Bekämpfung des Klimawandels und zu seiner Überprüfung in allen Entwicklungsländern der Welt auflegen. Die heutige Politik von Wirtschaftssanktionen begünstigt nicht die Demokratie und ist kontraproduktiv bzgl. der Zeit, die die Menschheit braucht, um die Krise zu bekämpfen.
9. Die privaten und multilateralen Banken der Welt müssen die Finanzierung der Kohlenwasserstoffwirtschaft einstellen.
10. Friedensverhandlungen müssen sofort beginnen. Krieg raubt uns Zeit, die für die Menschheit lebenswichtig ist, um ihr Aussterben zu verhindern.
Gustavo Petro, Präsident Kolumbiens, Rede vor UNO-Klimakonferenz COP27
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Kommentar:
Der Grüne Abschied vom Klimaschutz
Großer Ausverkauf bei den Grünen. Dass die Friedenspolitik längst aufgegeben wurde, ist ja nun wirklich nichts Neues. Diese Eintrittskarte in den Club der potenziellen Regierungsparteien hat Joschka Fischer bereits vor mehr als 25 Jahren gelöst. Bezahlen durften den Preis die Menschen in Jugoslawien und Afghanistan. Aber dass nun auf einem grünen Parteitag die Frauenrechte in der Ukraine, im Iran, in Afghanistan und Saudi-Arabien unter frenetischem Beifall beschworen werden, während zugleich die grüne Außenministerin Annalena Baerbock die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher Organisationen in Afghanistan im Stich lässt und im Kabinett mit Robert Habeck indirekte Waffenlieferungen an Saudi-Arabien abnickt, ist dann doch noch eine Steigerung an Verkommenheit. Doch, naja, der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hat uns ja erklärt, dass Waffenlieferungen Menschenleben retten.
Neu ist allerdings, dass die Grünen auf breiter Front auch den Abschied vom Klimaschutz vollziehen. Zwar hat man sich schon in der Vergangenheit auf Landesebene immer wieder am Bau von Autobahnen und Kohlekraftwerken beteiligt. Doch nun wird hinter einem Nebel aus falschen Zahlen die Infrastruktur für Flüssiggasimporte ausgebaut, die auch in 20 oder 30 Jahren noch genutzt werden wird, werden Kohlekraftwerke aus der Reserve geholt, sollen rissige und leckende AKW, deren Sicherheitsüberprüfung fast fünf Jahre überfällig ist, noch ein paar Monate länger betrieben werden. Und zur Krönung handelt das grüne Wirtschaftsministerium mit RWE eine Ausweitung des Braunkohleabbaus aus. Dabei wurde schon vor mehr als zwei Jahren vorgerechnet, dass die Kohle, die jetzt unter dem Weiler Lützerath im Rheinland abgebaggert werden soll, in der Erde bleiben muss. Jedenfalls dann, wenn Berlin die Unterschrift unter das Pariser Klimaabkommen ernst nimmt und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius beschränken will.
Vollmundig wird versprochen, der Kohleausstieg sei auf 2030 vorgezogen. Doch zum einen bleiben die Braunkohlekraftwerke in Ostdeutschland unerwähnt und zum anderen ist es dem Klima vollkommen egal, ob die Emissionen auf 16 oder acht Jahre verteilt werden. Es kommt allein auf ihre Summe an. Doch nicht einmal in dieser für die Klimaschutzbewegung so zentralen Frage wagte der Parteitag seinen Idolen Habeck und Baerbock zu widersprechen. Aber natürlich tut es einem um Lützerath wirklich leid. (wop)
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Erdgas und Strom:
Explosion der Verbraucherpreise
Energiepreise sind in aller Munde. Kein Wunder, denn ihr Anstieg hat mitunter existenzbedrohende Ausmaße. Energieversorgung ist nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für den einzelnen Menschen etwas ganz Elementares. Ohne Energie kein Heizen, kein Warmwasser, kein Kochen, keine Mobilität. Sie ist sozusagen ein Lebensmittel und entsprechend trifft der enorme Kostenanstieg viele von uns in den unteren Einkommensschichten besonders hart.
Um 43,9 Prozent sind laut Bundesamt für Statistik die Verbraucherpreise für Energie in den letzten 12 Monaten bis September 22 gestiegen. Die für Nahrungsmittel um 18,7 Prozent, aber das nur am Rande. Der Preisanstieg hatte bereits Monate vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine eingesetzt, hat sich aber in Folge der gegen Moskau verhängten Sanktionen und der Reaktionen der Märkte darauf seit dem beschleunigt.
In den ersten sechs Monaten 2022 ist der durchschnittliche Strompreis für private Endkunden um 16 Prozent gestiegen und liegt jetzt bei 37,3 Cent pro Kilowattstunde (kWh) (Incl. Grundpreis bei 3.500 kWh Jahresverbrauch, Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)). Gegenüber 1998 ist das mehr als eine Verdoppelung, aber die wenigsten Löhne und Gehälter dürften sich seitdem entsprechend zugelegt haben. Außerdem ist ein Ende des Preisanstiegs nicht in Sicht.
Noch dramatischer die Situation beim Erdgas. Von August 21 bis August 22 hat sich der Verbraucherpreisindex hier laut statista um etwas über 80 Prozent erhöht. Der Grund sind offensichtlich die steigenden Importpreise für Erdgas. Der Anteil der Inlandsförderung ist inzwischen aufgrund der Erschöpfung der hiesigen Lagerstätten – hauptsächlich in Niedersachsen, früher auch im benachbarten Sachsen-Anhalt – auf weniger als zehn Prozent am Verbrauch abgesunken. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik (destatis) war der Einfuhrpreis für Erdgas im Juli sechsmal so hoch wie 2015. Bis Anfang 2022 war er bereits auf gut das Dreifache gestiegen und hat sich dann noch einmal rund verdoppelt. Der aller größte Anteil des Anstiegs hat sich seit Mitte 2021 vollzogen.
Die hohen Erdgaspreise machen nicht nur den mit Gas heizenden Verbrauchern zu schaffen, sondern sie wirken sich auch auf den Strompreis aus. Ebenso – aber im geringeren Ausmaß – der Preis für die Steinkohle, die vollständig importiert werden muss, nach dem 2018 die letzte Grube Schicht im Schacht angemeldet hat. Der Einfuhrpreis für Steinkohle hat sich – da Russland auch ein Kohleexporteur ist – ähnlich wie der für Erdgas entwickelt: Bis Anfang 2021 gab es lange Zeit Stag-
nation, danach rascher Anstieg. Im August 2022 waren rund 550 Prozent des Niveaus von 2015 oder auch des Januar 2021 erreicht. Ein Teil des Anstiegs erfolgte bereits im Vorjahr, aber 2022 hat sich der Preis noch einmal rund verdoppelt.
Und auch die Fernwärme wird teurer, insbesondere dort, wo sie, wie zum Beispiel in Berlin, Köln, Leipzig, München oder Kiel, aus der Abwärme von Gaskraftwerken gespeist wird. Der Autor dieser Zeilen bekam kürzlich von seinem Vermieter die Ankündigung, dass sich der Preis der Fernwärme zum 1. Januar 2023 vervielfachen werde.
Mehrwertsteuer
Einfuhrpreise sind das eine, Verbraucherpreise oft das andere. Weil Großabnehmer und Industriekunden begünstigt werden, weil wegen längerfristiger Verträge nicht jedes Unternehmen die Kosten zeitnah auf die Abnehmer abwälzen kann und weil auch Fiskus und Netzbetreiber kräftig zulangen. Rund 55 Prozent des Gaspreises bestanden 2021 aus Steuern, Netzentgelten und Abgaben. Ähnlich die Anteile beim Strom. Im Juli 21 gingen nach Angaben des BDEW 21 Prozent des Preise an die Netzbetreiber und 29 Prozent setzten sich aus Steuern, Abgaben und Umlagen zusammen.
Zugenommen haben zwischenzeitlich vor allem die Großmarktpreise. Netzentgelte und Energiesteuer sind für Strom und Gas fix, aber der Fiskus verdient an den steigenden Preisen über die Mehrwertsteuer. Deren Satz wurde Ende September allerdings immerhin von 19 auf sieben Prozent abgesenkt. Bis April 24 soll das gelten, allerdings nur für Gas und Fernwärme. Ob die Mehrwertsteuerabsenkung tatsächlich beim Verbraucher ankommt, bleibt ungewiss. Eine Verpflichtung gibt es dazu nicht.
Der Strompreis
Bei Strom werden zunächst weiter 19 Prozent auf die Kosten, Gewinnmargen, Netzentgelte und Abgaben im Strompreis gezahlt. Allerdings wurde die sogenannte EEG-Umlage auf den Stromverbrauch zwischenzeitlich abgeschafft, doch bei den derzeit sehr hohen Börsenpreisen für Strom hätte diese Umlage ohnehin drastisch abgesenkt werden müssen. Eventuell wäre sogar Geld an die Bürger zurück zu zahlen gewesen.
Der Strommarkt ist nämlich ein ganz eigenartiges Wesen. Eines, das in besonderer Weise deutlich macht, dass Märkte nicht das Urwüchsige oder Natürliche sind, als das sie oft erscheinen, sondern vielmehr hochgradig von Machtverhältnissen oder staatlich aufgestellten Regeln abhängen. Seit der Liberalisierung des Strommarktes sind hierzulande die einstige Gebietsmonopolisten in Erzeugergesellschaften, Händler und Netzbetreiber zerlegt, wobei die verschiedenen Spannungsebenen im Netz unterschiedliche Besitzer haben.
Diese Netzbetreiber haben weiter ein quasi Monopol, und bekommen dafür vom Staat eine garantierte Rendite. Bei den Höchstspannungsnetzen lag diese in den letzten Jahren bei sechs bis sieben Prozent, finanziert über die Netzentgelte. Ab Januar werden diese in den meisten Regionen außer in Ostdeutschland voraussichtlich weiter, zum Teil kräftig steigen. Dass auch unter dem EU-Wettbewerbimperativ diese private Gewinnabschöpfung nicht sein müsste, zeigt das Beispiel Dänemark. Dort wird das Höchstspannungsnetz – auch Übertragungsnetz genannt – von einer öffentlich-rechtlichen Gesellschaft gemanagt, die ohne Gewinn arbeitet, für die Netzstabilität verantwortlich ist und die im Vergleich zu Deutschland geringen Überschüsse in entsprechende Forschung, auch in die Erforschung der dringend benötigten Speichertechnologien steckt. Die unteren Ebenen des Netzes sind in Deutschland oft in der Hand von Stadtwerken, die ebenfalls Entgelte erhalten.
Doch die Netzentgelte sind nur der kleinere Teil des Strompreises. Der größere geht an Händler und Erzeuger. Ein Teil des Stroms geht über längerfristige Verträge von den Erzeugern direkt an die Händler oder auch an Großabnehmer. (Viele industrielle Großverbraucher sind auch Selbstversorger, meist mit Gaskraftwerken. 2022 waren es bisher etwas über zehn Prozent der gesamten Stromerzeugung, aber das ist eine andere Geschichte.)
Das Merit-Order-Problem
Ein anderer und in den letzten Jahren wachsender Teil des Stroms wird sehr kurzfristig an den Börsen gehandelt, und hier findet im Augenblick die große Preistreiberei statt, denn der Preis wird dort vom teuersten Anbieter bestimmt. Verantwortlich ist dafür das sogenannte Merit-Order-Verfahren. Das Kraftwerk, dass für ein bestimmtes Zeitfenster den Strom mit den höchsten Grenzkosten anbietet – also den höchsten Preis verlangen muss, um gerade noch verlustfrei zu arbeiten – setzt für diesen Zeitraum den Preis für alle fest. Diejenigen Betreiber, die billiger anbieten können, haben Glück – sie machen einen zum Teil ziemlich ansehnlichen Extragewinn.
Insbesondere derzeit. Denn regelmäßig zu Tagesbeginn und -ende ist der Bedarf noch relativ hoch, aber das Angebot des inzwischen tagsüber reichlich vorhandenen Sonnenstrom noch oder wieder gering. Hier springen neben Speicherkraftwerken vor allem die hochflexiblen Gaskraftwerke in die Bresche. Nur ist deren Strom aufgrund der hohen Gaspreise meist der teuerste, womit sie über das Merit-Order-Prinzip auch den Betreibern der trägen, aber sehr günstig produzierenden Braunkohle- und Atomkraftwerke ansehnliche Zusatzgewinne bescheren. Die Ökostromer profitieren hingegen meist nicht. Der größere Teil des Wind- und Solarstroms wird nämlich den Anlagenbesitzern zur gesetzlich festgelegt Preisen von den Übertragungsnetzbetreibern abgekauft und von diesen an der Börse gehandelt. Tatsächlich drückt er dort an sonnigen oder windigen Tagen erheblich den Preis und hat in den letzten Monaten oft dafür gesorgt, dass hierzulande an der Börse deutlich weniger für Strom bezahlt werden musste, als in vielen Nachbarländern.
Ein großer Teil des Strompreisproblems rührt also vom Merit-Order-Verfahren her. Natürlich könnte man es abschaffen, denn die Regeln des Strommarktes werden von den Staaten gemacht, das heißt, von den EU-Mitgliedern. In Spanien und Portugal behilft man sich damit, den Gaspreis der Kraftwerke zu subventionieren, was den Merit-Order-Effekt nicht aushebelt aber dämpft. Seitens der Athener und der Prager Regierungen gibt es Vorschläge, Gaskraftwerke befristet ganz aus dem Verfahren herauszunehmen. Auch Bundeswirtschaftsminister Habeck hat eine „mittelfristige“ Strommarktreform angekündigt, hält sich aber bisher mit konkreten Vorschlägen bedeckt. Ob er aber RWE & Co. tatsächlich das schöne Zusatzgeschäft vermiesen kann, und ob er das überhaupt ernsthaft beabsichtigt, ist fraglich. Der jüngste Braunkohle-Deal mit RWE, der dem Konzern die Zerstörung des für die Klimabewegung und die deutschen Klimaziele so wichtigen Lützeraths im Rheinland erlaubt, lässt anderes erwarten.
Fakt ist jedenfalls, dass der Strommarkt zumindest in seiner jetzigen Form nicht nur massiv zur Umverteilung beiträgt, sondern auch finanzielle Ressourcen den Vertretern der alten, trägen, technisch überlebten und klimaschädlichen Kraftwerke zuleitet, die dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieträger technisch wie politisch im Wege stehen. (wop)
Bild: Oktober 2021. Ein riesiger Braunkohlebagger frisst sich durch den fruchtbaren Lössboden auf Lützerath zu.
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