Daten/Fakten  

   

Demonstration auch in Kiel:

„Lützerath bleibt !“

Rund 300 Demonstrierende haben am 21. Januar 2023 mit einem Protestzug durch die Kieler City ihre Solidarität mit den Klimaaktivist:innen in Lützerath bekundet und eine klimagerechte Zukunft gefordert. „Klimagerechte Zukunft, 1,5-Grad-Kurs einfordern!“ lautete das Motto der Kundgebung und Demo. Aufgerufen hatten Einzelpersonen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht am Protest vor Ort in Lützerath beteiligten konnten und durch diese Aktion ihre Lützerath-Solidarität zum Ausdruck bringen wollten. Sichtbare Unterstützung (in Form von mitgeführten Fahnen und Transpis) fanden die Akivist:innen von FridaysForFuture, der Grünen Jugend und solid.
In den Redebeiträgen wurden neben den Forderungen nach praktischen Konsequenzen zur Erreichung des „1,5-Grad-Ziels“ auch persönliche Erfahrungen von Aktivistinnen geschildert, die den Protest in Lützerath mehrere Wochen lang mitgestaltet hatten.
Lützerath ist das Dorf im Rheinland, das für die Profite eines internationalen Großkonzerns zerstört werden soll. RWE will das Dorf abreißen, um 650 Millionen Tonnen Braunkohle zu verfeuern. Unzählige Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung leisten vor Ort entschlossenen Widerstand. An der großen Demonstration gegen die Räumung und den Abriss des Ortes beteiligten sich am 14. Januar 2023 über 35.000 Menschen. Und der Protest und Widerstand geht dort auch nach der „Räumung“ weiter. (gst)

(Siehe weitere Berichte in dieser Ausgabe.)

Kommentar

Stoppt den Wahnsinn

Was ist es? Machtbesessenheit? Kollektiver Gedächtnisverlust? Burgfriedenmentalität, die die Kritikfähigkeit weiter Teile der medialen und politischen Landschaft erodieren lässt? Haben wir nicht wirklich ganz andere Aufgaben, steht die Menschheit nicht vor diversen tiefgreifenden Krisen, die gerade zu einer Jahrhundertkrise wenn nicht gar zu einer Zivilisationskrise zusammenlaufen?
Seit Wochen wird getrommelt, Deutschland müsse unbedingt Panzer in die Ukraine schicken. Panzer, die den Krieg weiter verlängern würden und weiteren Zehntausenden wenn nicht mehr Menschen das Leben kosten. Panzer, mit denen die Ukraine auch die Krim angreifen und den Krieg noch weiter eskalieren könnte. Panzer, mit deren Lieferung Deutschland mehr und mehr zur Kriegspartei werden würde. Und ausgerechnet die Grünen, diese einst aus der Friedensbewegung erwachsene Partei, die eigentlich um die Gefahren eines Atomkriegs wissen sollte, rufen mit am lautesten nach Waffen, nach Panzern, nach bedingungsloser Niederlage Russlands.
Nein, man ist kein Putin-Fan oder -Versteher und kein Verteidiger seiner Aggression; man muss noch nicht einmal die – auch unter US-Intellektuellen verbreitete, aber hierzulande tabuisierte – Einschätzung teilen, dass es sich – neben anderem – auch um einen Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland handelt, wenn man auf die Gefahren einer weiteren Zuspitzung hinweist. Selbst wenn der Konflikt rein konventionell bliebe: Sollte er sich auf die mitteleuropäischen NATO-Staaten ausweiten würden viele Millionen Menschen sterben. Haben wir wirklich schon vergessen, was die beiden Weltkriege allein in Europa angerichtet haben? Können wir so naiv sein zu glauben, dass angesichts der wesentlich weiter entwickelten Waffentechnik die Opferzahlen nicht noch viel größer ausfallen würden? Und haben wir vergessen, was seit rund 40 Jahren klar ist, nämlich, dass ein nuklearer Schlagabtausch nicht nur viele Städte auslöschen, sondern auch einen mehrjährigen atomaren Winter mit großflächigen Ernteausfällen auslösen wird, den bestenfalls ein kleiner, barbarisierter Bruchteil der Menschheit überleben könnte.
Wollen wir das wirklich riskieren, oder vielleicht doch lieber nach diplomatischen Lösungen suchen und die jetzt in die massive Aufrüstung fließenden Ressourcen in die Abwendung der großen Klimakatastrophe stecken?
(wop)

LNG-Terminalschiff:

Fossile Rückwende – Energiewende in Schleswig-Holstein

Gut 10 Jahre nach der Etablierung eines Energiewendeministeriums in Schleswig-Holstein feiern der ehemalige und der jetzige Energiewendeminister einen weiteren „Meilenstein“ der von Ihnen vorangetriebenen Energiewende: die Ankunft einer FSRU, eines schwimmenden LNG-Terminals in Brunsbüttel. Soll damit der seit 10 Jahren beschrittene Weg zurück zu einer fossilen Energiewirtschaft mit Verträgen bis 2043 langfristig gesichert werden?

Ab 2013 – bereits mit Habeck als Energiewendeminister in Schleswig-Holstein – wird der Ausbau der Wind- und Solarenergie in Deutschland, auch in Schleswig-Holstein, weitgehend ausgebremst: Der Zubau von Solaranlagen von ursprünglich 7 bis 8 GW/Jahr und auch von Windparks wurde auf je 2,5 GW/Jahr begrenzt und kam z.T. ganz zum Erliegen. Dadurch wurden in Deutschland nach den Daten aus dem Bundeswirtschaftsministerium über 100.000 Arbeitsplätze der Erneuerbaren Energien vernichtet. Stattdessen wurden in Schleswig-Holstein ab 2013 auf rund einem Drittel der Landesfläche neue Lizenzen für die Aufsuchung und Förderung von Erdöl erteilt. (s. Karte des LBEG)

Soll jetzt mit der massiven Förderung von LNG eine fossile Konkurrenz zu grünem Wasserstoff aufgebaut werden? Heute Nachmittag standen in Nordfriesland von 150 Windkraftanlagen, die von einem Punkt erkennbar waren, trotz geringer Windstärke 138 Anlagen still, weil zu viel Strom im Netz war, da Kohle- und Atomkraftwerke voll durchlaufen. Statt aus überschüssigem Windstrom grünen Wasserstoff herzustellen, wird alleine in Schleswig-Holstein jedes Jahr für über 200 Mio. Euro abgeregelt. Dafür soll aus Erdgas „blauer“ Wasserstoff hergestellt und die dabei anfallenden großen Mengen Kohlendioxid als gefährlicher Abfall unter der Nordsee endgelagert werden. Da verwundert der Beifall der fossilen Energiewirtschaft für diese Projekte nicht. Denn es geht bei der Endlagerung von Kohlendioxid (CCS) nicht um unvermeidbare Industrieemissionen, sondern vorrangig um die langfristige Nutzung von Erdgas.

Inzwischen sind es nicht mehr nur die Umweltverbände, die vor den völlig überzogenen Planungen für LNG-Terminals warnen. Auch die Bundesnetzagentur sieht, ebenso wie der zuständige Ausschuss des Bundestages, massive Überkapazitäten, die nicht der Versorgungssicherheit dienen. Die deutschen Gasspeicher konnten ohne eigene Terminals bereits im Sommer aufgefüllt werden und dürften nach Schätzungen der Bundesnetzagentur am Ende des Winters noch zur Hälfte gefüllt sein.

Das LNG-Terminalschiff Hoegh Gannet soll in Brunsbüttel zunächst ohne emissionsschutzrechtliche Genehmigung oder UVP betrieben werden. Das ist ungesetzlich. Trotzdem begrüßt Robert Habeck heute vor Ort die Ankunft des Schiffes.

Für die Bürger ist heute kein Tag zum Feiern. Weder wird die Versorgungssicherheit erhöht, noch gegen die Klimakatastrophe vorgegangen. Vielmehr tragen die Bürger bereits jetzt die massiven Kostensteigerungen durch das zu massiv überhöhten Preisen eingekaufte LNG. Darüber hinaus werden die Bürger die Folgen des Klimawandels und der Kohlendioxidendlager tragen müssen. Sie werden auch die Kosten für überdimensionierte LNG-Terminals mit Steuermitteln begleichen und die Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Deutschland durch ein Festhalten an fossilen Energieträgern ertragen müssen. Ausschließlicher Gewinner wird die fossile Energiewirtschaft sein, die maßgeblich für die Klimakatastrophe, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und Despoten, für Luftverschmutzung mit jährlich zehntausenden von Toten und noch viel mehr Erkrankten verantwortlich ist, die Öffentlichkeit ein halbes Jahrhundert belogen und betrogen hat und durch die Energiekrise exorbitante Gewinne zu Lasten der Bürger einfährt. Heute feiern ihre willigen Helfer ihren „Erfolg“.

Dr. Reinhard Knof, 20. Januar 2023

Bild: LNG-Terminalschiff „Hoegh Gannet“ hier im Panamakanal. Den Liegeplatz in Brunsbüttel musste das Schiff schon am 23.1.2023 wieder räumen und liegt auf einer Warteposition in der Nordsee bei Helgoland, wie viele andere LNG-Tanker weltweit auch. Das Schiff ist 294 m lang und hat einen Tiefgang von 10.40 m, Heimathafen Singapore.

Lützerath:

Die Politik hat den Ernst der Lage nicht begriffen

Schon die ersten Tage des Jahres erinnerten uns daran, dass 2023 viel auf dem Spiel steht. Bei sommerlichen Temperaturen zu Silvester und einem bisher etwa 10 Grad zu warmen Januar hat jeder empfindende und denkende Mensch mittlerweile das mulmige Gefühl, dass wir ganz bestimmt keine 20 Jahre Zeit mehr haben um die Klimakatastrophe noch zu verhindern.

Doch die Stimmen des fossilen „Weiter so!“ sind noch viel zu laut in der Gesellschaft und die Macht der Fossillobby scheint ungebrochen.
Es macht uns fassungslos, dass sich die Politik entgegen der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimakatastrophe für die Zerstörung des Dorfes Lützerath und weitere Braunkohleverstromung entschieden hat. Lützerath ist ein Beleg dafür, wie wenig ernst die Politik den Klimaschutz und ihre eigenen Gesetze nimmt.
Am 24. Juni 2021 wurde ein neues Bundesklimaschutzgesetz verabschiedet. Zweck dieses Gesetzes ist „die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten. Grundlage bildet die Verpflichtung nach dem Übereinkommen von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Danach soll der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden, um die Auswirkungen des weltweiten Klimawandels so gering wie möglich zu halten.“ (Bundes-Klimaschutzgesetz, Gesetze und Verordnungen, BMUV, 2021).

Der „Expertenrat für Klimafragen“ dessen Mitglieder von der Bundesregierung ernannt werden stellt fest, dass eine „sehr große Lücke“ zu den Zielen des Klimaschutzgesetzes besteht, dessen erlaubte Restemissionen sogar auf mindestens 2 Grad Erderwärmung hinauslaufen würden. Doch auch diese ungenügenden Verpflichtungen werden nicht eingehalten. https://www.expertenrat-klima.de/content/uploads/2022/11/ERK2022_Zweijahresgutachten.pdf

Wir sind weiter völlig ungebremst in Richtung Klimakatastrophe unterwegs. Laut einer aktuellen Studie der Weltmeteorologieorganisation WMO, könnte eine Erderwärmung von 1,5 Grad bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre erreicht sein und damit eine eskalierende Klimakettenreaktion drohen.
Eine brandaktuelle Studie namhafter Klimawissenschaftler mit dem Titel „Klima-Endspiel“ (2022) verweist auf die bisherige Vernachlässigung und Unterschätzung von Kipppunkten im Klima- und Erdsystem und auf eine bisher viel zu optimistische Einschätzung von Risiken.

Eine schnelle Erderwärmung von 3 Grad gefährdet möglicherweise bereits das Überleben der Menschheit (siehe: Klimakrise: Was passiert bei drei Grad Erderwärmung?, Spektrum der Wissenschaften). https://www.spektrum.de/news/klimakrise-was-passiert-bei-drei-grad-erderwaermung/2044870
Wird die Kohle unter den Garzweiler-Dörfern verbrannt, sind die Pariser Klimaziele für Deutschland nicht einzuhalten. Der 2030-„Kompromiss“ mit RWE bedeutet nur, dass die gleiche Menge Kohle früher verheizt ist.


Die 1,5-Grad-Grenze verläuft vor Lützerath

Wir zeigen uns solidarisch mit den Aktivist:innen vor Ort und unterstützen ihre Forderungen. Unser noch verfügbares CO2-Budget erlaubt keine weitere Verschwendung. Es ist nur noch schnelle konsequente Emissionseinsparung möglich, wenn wir der Verantwortung die wir in Paris 2015 übernommen haben ernsthaft nachkommen wollen. Die Zerstörung von Lützerath und die Verbrennung der Kohle wäre ein weiterer Schritt Richtung Verschärfung der Klimakatastrophe und bedroht direkt die Gesundheit und das Leben der Menschen. Jede Tonne CO2 die ausgestoßen wird führt dazu, dass noch mehr Menschen unter Hitzewellen, Extremwetter, Dürren, Hunger und sich ausbreitenden Krankheiten leiden werden. Jede weitere Tonne CO2 destabilisiert die Lebensbedingungen der Zukunft weiter, – deshalb muss die Kohle unter Lützerath im Boden bleiben, das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.

Wir haben inzwischen das Vertrauen in die Regierungspolitik auf Länder- und Bundesebene verloren. Angesichts der Klimakatastrophe, die mit brennenden Wäldern, ausgetrockneten Flüssen, Extremhitze vor unseren Haustüren angekommen ist, rufen wir alle Menschen auf sich am gewaltfreien zivilen Widerstand in Lützerath und anderswo zu beteiligen und die Politik und die Konzerne unter Druck zu setzen. Insbesondere die Wissenschaftler*innen dürfen sich nicht hinter komplizierten Modellen und Forschungsprojekten verschanzen, sondern müssen viel offensiver die Gesellschaft und die Politik über die drohenden Gefahren aufklären und sich dafür Verbündete in Medien und in der Zivilgesellschaft suchen. Eine Pressemitteilung reicht nicht zur Verbreitung der Wahrheit!

Es gibt keine Energiekrise, sondern eine lebensgefährliche Energie- und Ressourcenverschwendung

Wir fordern die Überwindung der Zwangswachstumsgesellschaft und ihrer unverantwortlichen Klima- und Verkehrspolitik durch geeignete, konsequente ordnungspolitische Maßnahmen, d.h. auch durch Verbote (z.B. von Kurzstreckenflügen und von Autowerbung), durch die Streichung und Umlenkung von fossilen Subventionen, den konsequenten Ausbau und die Subventionierung von ÖPNV und Zugverkehr, ein Tempolimit auf Autobahnen und warum nicht, durch ein wechselndes Fahrverbot in Abhängigkeit von der Endziffer des Nummernschildes, wie es die Internationale Energieagentur (IEA) vorschlägt? E-Autos sind keine Lösung der Klimakrise und nicht klimafreundlich, – schon wegen dem CO2-Rucksack ihrer Batterien. Der motorisierte Individualverkehr müsste insgesamt bald ein weitestgehendes Ende finden und wieder Raum geben für die Menschen und die Natur. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien müssen vor allem Energie, Rohstoffe und Transporte eingespart werden,- es muss also endlich der Übergang zu einer regional orientierten, naturverträglichen, klimaneutralen und lebensdienlichen Wirtschaftsweise in Angriff genommen werden.
Machen wir Lützerath zum Fanal eines Aufbruchs in diese Richtung und zum Symbol des Widerstands gegen die weitere Zerstörung der Lebensgrundlagen,- setzen wir der fossilen Wirtschaft und Politik endlich Grenzen. Seien wir ungehorsam, – aus wissenschaftlicher Einsicht und aus Liebe zu allem Lebendigen bleibt uns nichts anderes übrig.

Gemeinsame Erklärung von Wissenschaftlern, Autoren, Politikern, Klimaaktivisten und Bürgerrechtlern zur gewaltsamen Räumung von Lützerath

Foto von der Demonstration „Wir haben es satt!“ am 21.1.2023 in Berlin (wop)

 

Räumung in Lützerath:

Das war erst der Anfang

Es ist wirklich schwer verdaulich, was da Anfang Januar im Rheinischen Braunkohlerevier zwischen Aachen und Köln geschah. Nicht nur das Ausmaß der Polizeigewalt gegen größtenteils gewaltfreie und ungeschützte Demonstrantinnen und Demonstranten. Nicht nur die Zerstörungswut der Beamten oder die Nonchalance mit der nach Berichten der Betroffenen das Leben von Menschen in den Baumhäusern und auf Pfahlkonstruktionen gefährdet wurde. Sondern das all das geschieht, um wertvollen Acker mit Deutschlands bestem Boden zu zerstören und den dreckigsten aller fossilen Energieträger aus der Erde zu buddeln. Und das rund 34 Jahre nachdem erstmalig ein Bericht einer Bundestags-Enquete-Kommission umfangreich die Ursachen und Gefahren des Klimawandels aufgezeigt hatte und nicht ganz 31 Jahre nach Unterzeichnung der Klimaschutzrahmenkonvention auf dem großen Erdgipfel in Rio de Janeiro.

Doch NRWs Innenminister Herbert Reul (CDU), der im Hitzesommer 2018 schon den illegalen Polizeieinsatz im nahegelegenen Hambacher Forst zu verantworten hatte, bei dem seinerzeit ein Video-Journalist starb, wirft den prominenten Aktivistinnen Luisa Neubauer und Greta Thunberg vor, sich nicht von den „Radikalen“ abzugrenzen. Wobei „radikal“ für Reul jeder zu sein scheint, der eine Polizeiabsperrung umgeht, um direkt in Lützerath oder an der Tagebaukante gegen die Räumung zu protestieren. Dem kann man nur mit UN-Generalsekretär António Guterres entgegen halten: „Die gefährlichen Radikalen sind in Wirklichkeit jene Länder, die die Produktion fossiler Brennstoffe steigern.“

Dem Vernehmen nach hat RWE die Räumung hinter vorgehaltener Hand nicht zuletzt politisch begründet. Die Protestierer dürften nicht ermutigt werden, sonst sei womöglich auch andernorts mit Blockaden zu rechnen. An diesem Punkt hat man sich ganz offensichtlich erheblich verrechnet. An den Tagen nach der Räumung wurden im Rheinischen Revier mehrere der der riesigen Braunkohlebagger besetzt. Auch eine Werkbahn, die das im gleichen Revier stehende Braunkohlekraftwerk Neurath versorgt, wurde mit einer Sitzblockade gestört. Außerdem machten Demonstrantinnen und Demonstranten die Zufahrt zum Tagebaus Garzweiler II dicht. An den darauffolgenden Wochenenden gab es weitere Demonstrationen am Tagebau und in der Nachbarschaft Lützeraths. Solidaritätsaktionen gab es auch andernorts, zum Beispiel in Berlin, wo Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Scientist Rebellion sich vor den Eingang der nordrhein-westfälischen Landesvertretung setzen und Kohlestücke verteilten.

Alles sieht danach aus, als ob die Räumung nicht der Endpunkt sondern ein neuer Höhepunkt der Klimaschutzbewegung gewesen ist, und das wäre auch bitter nötig. Der Klimawandel macht nämlich keine Pause. Allein im vergangenen Hitzesommer sind in West- und Südeuropa über 100.000 Menschen gestorben. Und das ist erst der Anfang. Der Kampf um Klimagerechtigkeit ist dringender denn je. (wop)