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Afghanische Flüchtlinge bedroht:

Abschiebung in den Krieg?

01. Dezember 2016 Die große Koalition in Berlin will Menschen, die unglaubliche Strapazen, Gefahren und hohe Kosten auf sich genommen haben, um aus Afghanistan nach Europa zu fliehen, dorthin zurückschicken. Zwangsweise. 13.000 Menschen sind akut bedroht, nach dem die Bundesregierung Afghanistan unter Druck gesetzt hat, einem Rücknahmeab-kommen zuzustimmen. Anfang Oktober wurde es unterzeichnet und Bundesinnenminister Thomas de Mezière will nun den Vertrag „schnell mit Leben erfüllen“.

Afghanische Flüchtlinge werden außerdem wie Flüchtlinge zweiter Klasse behandelt. Im Durchschnitt müssen sie derzeit 14 Monate auf einen Entscheid über ihren Asylantrag warten und die meisten von ihnen haben in dieser Zeit keinen Zugang zu Integrationskursen, ihnen wird also nicht beim Erlernen der Deutschen Sprache geholfen. Das haben sie mit Flüchtlingen vom Balkan gemein, bei denen es sich meist um Roma handelt. Syrer, Iraker und einige andere können hingegen derzeit mit einer zügigen Behandlung ihrer Anträge rechnen und bekommen schon vorher Deutsch- und Integrationskurse finanziert.

Der Mediendienst Integration zitiert EU-Angaben, wonach 2015 mehr als 180.000 Afghanen einen Asylantrag in der Europäischen Union und davon 32.000 in Deutschland gestellt haben. Laut Asylstatistik wurden 2015 47,6 Prozent der Anträge von Afghanen positiv beschieden. Damit haben Afghanen laut Definition der Bundesregierung keine sichere Bleibeperspektive, ergo werden ihnen im Anerkennungsverfahren keine Sprachkurse finanziert und ihre Integration damit erschwert.

Übrigens: Nicht alle, deren Asylanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt wird, müssen auch das Land verlassen. Zum einen kann – innerhalb extrem kurzer Fristen – Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt werden, zum anderen gibt es auch humanitäre Abschiebehindernisse wie Krankheit oder die unsichere Lage im Herkunftsland, die den Behörden eine Abschiebung verbieten. Letzteres muss mitunter vor Gerichten oder dem Gang zum Petitionsausschuss des Landtags erkämpft werden.

Genau das macht das Netzwerk antirassistische Aktion Kiel (NARA), dass eine Onlinepetition gestartet hat. Sie richtet sich zugleich an die Innenminister des Landes und des Bundes und fordert eine sofortigen Stop der Abschiebungen nach Afghanistan sowie das Bleiberecht für die Betroffenen.

Ein Land im Krieg

Was ist das für ein Land, dass unsere Politiker fast aller Parteien für sicher halten? Ein Land, in dem noch immer 980 deutsche Soldaten stationiert sind? Ein Land, in dem 2009 der deutsche Oberst Georg Klein in der Stadt Kundus einen Luftangriff auf einen Tanklaster anordnete, wohlwissend dass das die zahlreichen Unbeteiligten Zivilisten in seiner Nähe das Leben kosten musste? Über hundert Menschen, durchweg Zivilisten, starben. Klein wurde nie dafür belangt sondern später zum Brigadegeneral befördert.

Wie sieht es heute in Afghanistan aus? Der Krieg geht dort unvermindert weiter. „Der Einsatz von Militär trifft wie in jedem Krieg zuallererst die Zivilbevölkerung“, heißt es in der erwähnten Petition. „So sind allein in der ersten Hälfte des Jahres 2015 über 3.500 Todesopfer und fast 7.500 verletzte Zivilist*innen zu beklagen gewesen. Diese schrecklichen Zahlen reihen sich ein in über 58.000 zivile Opfer zwischen 2009 und 2015 und stellen zugleich eine Verdoppelung zum Jahr 2013 dar. (…) Bereits im April 2016 ist die Zahl der Binnenflüchtlinge auf über 1,2 Millionen gestiegen. Afghanistan ist ein Land im Krieg!“

Erst Anfang November berichtete die Solidaritätspartei Afghanistan, eine unter schwierigen, oft gefährlichen Bedingungen arbeitende linke Partei, die zum Teil im Untergrund agieren muss, von einem neuen Massaker westlicher Militärs an Zivilisten in Kundus. In der Nacht vom 3. auf den 4. November sei die Stadt einem mehrstündigen Bombenangriff von US-Flugzeugen ausgesetzt gewesen. 30 Zivilisten seien dabei ums Leben gekommen, darunter 15 Minderjährige, einige von ihnen noch Babys und Kleinkinder.


Der Bericht der afghanischen Webseite schließt: „Kunduz hat in den letzten Jahren zum einen unter dem Konflikt zwischen den Taliban und der afghanischen Armee schwer gelitten, zum anderen unter den keine Unterschiede machenden Angriffen und Bombardements der NATO-Kräfte. Die wirklichen Opfer waren wie immer die gewöhnlichen, unschuldigen Menschen.“                         

 

(wop)

 


Link zum englischsprachigen Bericht auf der Internetseite der Solidaritätspartei Afghanistans:
http://www.hambastagi.org/new/english-section/reports/2013-us-airstrikes-massacred-afghan-civilians-in-kunduz.html

Link zur Petition:
https://www.openpetition.de/petition/online/keine-abschiebungen-in-den-krieg-schutz-fuer-gefluechtete-aus-afghanistan

   

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