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Fehlende Beratung riskiert Verzweiflungstaten:
Zum Todesfall eines afghanischen Geflüchteten im Kieler Hafen
Zum Fall des am Freitag, dem 13.11.2020, im Kieler Hafenbereich verunglückten afghanischen Geflüchteten nimmt der Flüchtlingsrat wie folgt Stellung:
Insbesondere unter afghanischen Geflüchteten herrscht derzeit eine große Verunsicherung. Anteil daran haben zurückgehende Anerkennungen von afghanischen Asylgesuchen, die gleichzeitig im Herkunftsland eskalierende Aufstandsgewalt und organisierte Kriminalität, Nachrichten über die vom Bund dennoch betriebene Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Kabul - trotz der sich in Afghanistan ausweitenden Pandemie, Berichte über die Überlebensnot von Rückkehrenden und Todesfälle von Abgeschobenen ...
Unter geflüchteten Afghan*innen, die hierzulande am Asylverfahren gescheitert sind, verbreitet sich angesichts ihrer formalen Ausreisepflicht Angst. Die Betroffenen fühlen sich in dieser Situation allerdings allzu oft alleingelassen. Doch eine gute Beratung - zumal als unabhängige Rechtsberatung für Geflüchtete - wird vom Land Schleswig-Holstein nicht mehr gefördert. Da aber, wo guter Rat fehlt, verbreiten sich Verzweiflung und aus der Not geborenes Fehlverhalten. Als Letzteres muss eine versuchte Weiterflucht nach Schweden, das schon lange hemmungslos nach Afghanistan abschiebt, verstanden werden.
Schleswig-Holstein schiebt derzeit keine Geflüchteten nach Afghanistan ab - und stellt sich Avancen des Bundes zur Ausweitung von Abschiebungen entgegen. Ausreisepflichtige können durch eine erfolgreiche sprachliche, soziale und Arbeitsmarktintegration Gründe für eine Aufenthaltsverfestigung schaffen. Dies zu wissen, kann Leben retten. Wem die Rechts- und Verordnungslagen transparent sind und wer Zugang zu diesbezüglich guter Beratung und Begleitung findet, geht nicht verloren.
„Wem mögliche Wege gewiesen werden, der verirrt sich nicht in seiner Angst“, ist Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, überzeugt.
Der Flüchtlingsrat appelliert dringend an die Landesregierung Schleswig-Holstein, die seit Jahresbeginn eingestellte Förderung von unabhängiger Verfahrens- bzw. Rechtsberatung wieder aufzunehmen. Guter Rat wird teuer - für uns alle - wenn er fehlt.
(Presseerklärung 18.11.20)