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Teurer Nahverkehr in SH:
BUND SH und PARITÄTISCHER SH fordern sozial-ökologische Mobilitätswende
Der SH-Tarif ist bereits jetzt teurer als das Deutschland-Ticket, ab dem 1. April sollen die Preise erneut steigen. Dies ist ein Schritt in die völlig falsche Richtung, wenn man Mobilität sozial-ökologisch gerecht ausgestalten will, meinen BUND SH und PARITÄTISCHER SH. Die beiden Verbände fordern umweltfreundlichen, kostenlosen und barrierefreien ÖPNV in ganz Schleswig-Holstein.
Angesichts der geplanten Preiserhöhungen im schleswig-holsteinischen Nahverkehr fordern BUND SH und PARITÄTISCHER SH ein entschlossenes Handeln der Landesregierung für eine sozial- und klimaverträgliche Mobilitätswende.
Nach wie vor ist der Verkehr in Schleswig-Holstein von klimaschädlichem Individualverkehr geprägt. Wem in ländlichen Regionen kein Auto zur Verfügung steht, ist oftmals mangels Alternativen wortwörtlich abgehängt, dies gilt insbesondere für einkommensschwache Haushalte. Die beiden Verbände fordern, dass die sozial- und umweltverträgliche Mobilität schnellstmöglich ausgebaut wird. Auch der angekündigte Klimastreik von Fridays for Future am 1. März stellt in diesem Jahr die klimafreundliche Mobilität in den Mittelpunkt.
„Wir wollen einen kompletten politischen Paradigmenwechsel hin zu nachhaltiger und sozialgerechter Mobilität – umweltfreundlich, ressourceneffizient, leise, barrierefrei und bezahlbar“, sagt Michael Saitner, geschäftsführender Vorstand des PARITÄTISCHEN SH. „Ziel muss sein, einen Zugang zu nachhaltiger, barrierefreier Mobilität für alle Menschen in unserem Land zu schaffen, in den Städten genauso wie im ländlichen Raum. Mobilität muss endlich als Teil der Daseinsvorsorge anerkannt werden, denn sie sichert die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“
„Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn alle Menschen unabhängig vom Einkommen klimaneutral mobil sein können. Das geht nur mit einem bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr“, bestätigt Dietmar Ulbrich, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH).
„Die Landesregierung muss die Verantwortung für den gesamten ÖPNV im Land übernehmen und das ÖPNV-Flickwerk durch ein Gesamtkonzept aus Zügen, Bussen und Rufbussen ersetzen. Nur so wird sie ihr Ziel erreichen, die Emissionen aus dem Verkehrssektor bis 2030 annähernd zu halbieren.“
Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V. ist ein Zusammenschluss freier gemeinwohlorientierter Initiativen, Vereine, Stiftungen und Gesellschaften in Schleswig-Holstein. Seine über 500 Mitgliedsorganisationen mit ihren mehr als 28.000 hauptamtlichen und zahlreichen ehrenamtlich Tätigen stehen für eine gemeinwohlorientierte Soziale Arbeit auf fachlich hohem Niveau. Auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Werte und Vorstellungen von Sozialer Arbeit bilden sie eine Gemeinschaft unter dem Dach des PARITÄTISCHEN SH.
Mehr Informationen unter www.paritaet-sh.org.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH) setzt sich seit mehr als 40 Jahren für den Schutz unserer Erde ein. Der Verband mit über 13.000 Mitgliedern engagiert sich nicht nur in den klassischen Feldern des Naturschutzes, sondern bezieht auch Stellung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen, von der Gentechnik über die Verkehrspolitik und Nachhaltigkeit bis hin zu erneuerbaren Energien. (28.02.2024)
Quelle: Der PARITÄTISCHE Schleswig-Holstein und BUND SH
BILD: Klimastreik, Sept. 2023 (Bildquelle: BUND)
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CCS-Freigabe durch die schleswig-holsteinischen Grünen:
Umweltschützer sind empört
Und wieder einmal sind die GRÜNEN umgeknickt. Bei den Landtagswahlen zogen sie noch mit dem Versprechen in die Öffentlichkeit, kein CO2-Lager zuzulassen. Nachdem der CDU-Koalitionspartner Ministerpräsident Daniel Günther im letzten Jahr verkündet hatte, dass er (und seine Industrielobby.red) CCS zum Erreichen der Klimaziele für nötig hält, wurde bei einer Anhörung im Landtag bei „internen Fachgesprächen“ ein neuer „abgewogener“ Beschluss gefasst, mit dem jetzt der schleswig-holsteinische Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter in die Öffentlichkeit gehen durfte. Er behauptet: „Wir haben jetzt eine andere Lage“, und könne aus heutiger Sicht die CCS-Technologie begründen.
Das dies „Verrat an den Wählern“ sei, wie es von der schleswig-holsteinischen BI gegen CO2-Endlager festgestellt wird, kann man gut nachvollziehen. Auch der Umweltverband BUND wirft den Grünen in Schleswig-Holstein vor, sich willfährig dem Wunsch ihres Landmanns, Parteifreunds und Bundeswirtschaftsministers unterzuordnen: „Das ist der lange Arm von Robert Habeck“ lästert laut Eckernförder Zeitung der BUND-Landeschef Ole Eggers, denn er findet es „falsch, jetzt die Tür für CO2-Endlager aufzumachen,“ und es wäre besser ein Konzept zur Ausweitung von natürlichen CO2-Speichern wie Mooren und Wäldern vorzulegen.
„Wir haben ja gesehen, wie schnell die Bundesregierung auf einmal für Autobahnen, LNG-Terminals oder Gaspipelines ein überragendes öffentliches Interesse festgelegt hat.“ Insbesondere für CO2-Emissionen aus der Zement- und Kalkindustrie und der Müllverbrennung sollen „unvermeidbare“ CO2-Abscheidungen „ausnahmsweise“ mit der CCS-Technik unter die Erde gebracht werden. Habeck arbeitet gerade an einer umfassenden Carbon-Management-Strategie, nachdem er noch vor zehn Jahren als Umweltminister in Schleswig-Holstein für CCS nicht nur per Bundesgesetz, sondern auch per Landesgesetz ein Verbot durchgesetzt hatte. Auch hier macht sich offenbar die „Zeitenwende“ ideologisch bemerkbar.
Auch der SSW übt scharfe Kritik an der geplanten CO2-Lagerung: „Schleswig-Holstein darf nicht zur Müllkippe der Nation werden“, so Parteichef Christian Dirschauer. „Es geht hier keinesfalls nur um ein kleines Lagerchen für ein paar Restemissionen aus der Zementindustrie“. Er fürchtet, dass „in gigantischem Ausmaß“ das CO2 aus der Erzeugung von blauem, also mit Erdgas hergestelltem Wasserstoff gelagert werden soll, um die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung umzusetzen.
(uws, Quelle z.T. Eckernförder Zeitung, 19./20.1.2024)
Erklärung der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e. V.:
Grüne Mandatsträger in SH machen Politik gegen die Bürger und die Natur
Vor 14 Jahren wurde unsere Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager gegründet. Daraufhin wurde der Initiator Werner Asmus zum Mensch des Jahres wegen seines Engagements gekürt. Gegen die gesellschaftliche Akzeptanz sollte es auch kein CCS (Kohlendioxidabscheidung und Deponierung) geben.
Bis heute ist CCS nicht ausreichend erforscht. Vor 2040 wird das nichts, waren sich die Wissenschaftler bei der Anhörung im Kieler Landtag zur Risikoabwägung von CCS einig. „Sie haben als Ziel, 2040 klimaneutral zu sein. Das heißt, da können Sie sich nicht darauf verlassen, dass CCS ausreichen wird“, sagte etwa Dr. Pao-Yu Oei, Professor für Ökonomie der Transformation von Energiesystemen an der Europa-Universität Flensburg.
Ist die Tür für CCS erst einmal einen Spalt geöffnet, besteht die Gefahr eines fossilen Wasserstoff Lock-ins statt unmittelbarem Einstieg in grünen Wasserstoff. Gasproduzenten, z. B. Norwegen, wollen den aus Erdgas gewonnenen, vermeintlich klimaneutralen Wasserstoff in Europa noch lange im Einsatz sehen.
Die Liste der gescheiterten CCS-Projekte ist lang. In den USA sind Milliarden US-Dollar an öffentlichen Geldern in mindestens 15 Projekten versickert, ohne dass dabei eine nennenswerte Menge an CO2 gebunden worden wäre. In Europa wurden rund 10 Mrd. Euro in 12 CCS-Projekten versenkt, weitere Milliarden Euro werden derzeit wieder dafür bereit gestellt.
Befürworter:innen von CCS stellen die Technologie oft so dar, als würde CO2 wie von Geisterhand abgesaugt und irgendwo vergraben. Dabei sind Transport und Lagerung von CO2 mit erheblichen Risiken und hohen Kosten verbunden. Die für den Klimaschutz notwendige dauerhafte Dichtigkeit von CO2-Endlagern ist wissenschaftlich nicht belegt. Der Energieaufwand und Rohstoffverbrauch der CCS-Technologie ist enorm. Es entsteht eine kritische Endlager-Infrastruktur mit hohem Haftungsrisiko und Überwachungskosten.
Und für Sparten wie Zement schreibt der BUND: „Die Zement-Industrie wird durch die angekündigte CCS-Option dazu verleitet, echte Dekarbonisierungsstrategien wie klinkerreduzierte Zemente, Zementrecycling oder alternative Bindemittel und Baustoffe nicht konsequent zu verfolgen. Die notwendige gesellschaftliche „Bauwende“ würde aufgeschoben.“
Wir bleiben dabei: CO2-Verpressung kann CO2-Reduktion nicht ersetzen! Die Zukunft ist erneuerbar! CCS ist Greenwashing! Das sagt auch der UN-Generalsekretär.
Hintergrund:
Die von Minister Habeck angestrebte Carbon-Management-Strategie ist nur umsetzbar, wenn die Grünen SH sich ihm anschließen und das Abscheiden und Endlagern von CO2 künftig auch in Schleswig-Holstein ermöglichen, wie jetzt anscheinend ihr Plan ist.
Dazu dürfte auch die im letzten Jahr vom Landtag beschlossene weitgehende Abschaffung von Bürgerbegehren dienen, damit die Bevölkerung nicht mehr gegen derartige Bauvorhaben abstimmen darf.
Dr. Reinhard Knof, 22.1.2024
https://keinco2endlager.de/)
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Für einen Nationalpark Ostsee!
Extrem-Lebensraum in Gefahr
Die Ostsee ist ein einzigartiger Extrem-Lebensraum: Nordsee-ähnlichem Salzgehalt im Westen bis zu fast-Süßwasserbiotopen an der baltischen Küste. Seegraswiesen, Tangwälder, Muschelbänke und Weichkorallenriffe sind einige Beispiele für besonders schützenswerte Lebensgemeinschaften, die Fischen und anderen Meerestieren als Kinderstuben dienen. Sie sind die Basis für die gesamte Nahrungspyramide bis hinauf zu Schweinswalen, Seehunden und Kegelrobben.
Doch diese Lebensräume sind gefährdet. Das hat unter anderem der aktuelle Ostsee Report „State of the Baltic Sea“ der Helsinki-Kommission (HELCOM) gezeigt. Die Gefährdung der Ostsee durch den Klimawandel wird verstärkt durch den Eintrag von Nährstoffen (Eutrophierung), von Giftstoffen, durch Überfischung und weitere wirtschaftliche Nutzung.
Die Entnahme von Steinen hat festen Untergrund entfernt, auf dem sonst Tang, Muscheln und Nesseltiere leben. Baumaßnahmen für Offshore-Windparks oder Tunnel vernichten Lebensräume langfristig. Aber der HELCOM-Bericht macht auch Hoffnung: Maßnahmen gegen die schädlichen Einträge und gegen die Übernutzung haben einen messbaren Effekt, wenn sie konsequent angewendet werden!
Gute Gründe für einen Nationalpark
Wir setzen uns für den konsequenten Schutz der Ostsee ein und sind überzeugt, dass dies am besten mit einem Nationalpark funktioniert.
Warum?
1. Nationalparke wurden dafür geschaffen, einzigartige Naturräume zu erhalten, damit auch unsere Kinder und Enkel hier noch beeindruckende Naturerlebnisse genießen können. Dies war bereits das Ziel des ersten Nationalparks der Welt, Yellowstone in den USA. Es beinhaltet also ganz klar, dass ein Nationalpark sowohl den Menschen als auch der Natur Raum bieten muss – in der Praxis geschieht das durch verschiedene Schutzzonen. Auch eine Wiederherstellung von zerstörten Lebensräumen gehört zum Nationalparkkonzept – genau richtig für unsere gebeutelte Ostsee.
2. Wer hier lebt oder hier Urlaub macht, liebt die Natur und möchte auch im nächsten Sommer noch in der blauen Ostsee baden, möchte Vögel und Seehunde sehen. Deshalb wollen wir die Natur schützen!
3. „Nationalpark“ ist eine international bekannte Schutzkategorie und eine echte Erfolgsmarke. Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen, gerade solche, die außerhalb der Hochsaison Ruhe und Erholung suchen, ihr Urlaubsziel bewusst nach der intakten Natur auswählen. Der Nationalpark kann den nachhaltigen Tourismus ankurbeln und für bessere Auslastung in der Nebensaison sorgen.
4. Ein Nationalpark hat eine eigene Verwaltung, die vom Land finanziert wird und Ressourcen für Tourismus-, Forschungs- und Umweltbildungsprojekte hat. Bisher sind die unteren Naturschutzbehörden von vier Kreisen und drei kreisfreien Städten für die schleswig-holsteinische Ostsee zuständig. Sie müssen zusätzlich viele andere Aufgaben im Binnenland bewältigen und sind von der klammen kommunalen Kassenlage abhängig. Mit einem alleinigen Ansprechpartner wird außerdem die Bürokratie vermindert, indem Anfragen und Maßnahmenvorschläge nicht mehr wie bisher durch zahlreiche Hände und Abteilungen wandern müssen.
5. Eine zentrale Nationalpark-Verwaltung sorgt zudem für passende Regelungen in den verschiedenen Schutzzonen. Dazu wird mit den Interessengruppen ausgehandelt, wo menschliche Aktivitäten Vorrang haben sollen und wo die Natur sich ungestört entfalten darf. Verhandlungspartner können unter anderem Wassersport-, Tourismus- und Fischereiverbände sein.
6. Lebensräume wie Seegraswiesen zu schützen, schützt auch das Klima: Seegraswiesen können große Mengen CO2 speichern. In sogenannten Kernzonen des Nationalparks können sie sich ausbreiten. Dies betrifft auch den Schutz vor zukünftigen Flächennutzungsinteressen wie industriellem Rohstoffabbau oder Offshore-Windkraft.
7. Umweltbildung spielt in jedem Nationalpark eine zentrale Rolle: Kinder- und Jugendgruppen, Labore und Ausstellungen für junge und erwachsene Naturinteressierte, Schnorcheltouren und Seehund-Safaris können von Nationalpark-Ranger*innen oder Nationalpark-Partnerbetrieben umgesetzt und durch die gemeinsame Marke „Nationalpark Ostsee“ beworben werden.
8. Durch einen Nationalpark könnten mehr Fördergelder für die Region zur Verfügung stehen, um zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den küstennahen landwirtschaftlichen Betrieben zu stärken und ihnen ein Auskommen mit umweltschonender Landwirtschaft zu ermöglichen. Fördermittel könnten auch für nachhaltige Tourismus-Projekte, eine Umstrukturierung der Fischerei und Umweltbildung eingesetzt werden.
9. Munitions-Altlasten in der Ostsee müssen so früh und so umfassend wie möglich geborgen werden – aber das ist völlig unabhängig von der Einrichtung eines Schutzgebiets und kann auch in einem Nationalpark geschehen.
Wie geht es der Ostsee jetzt?
Welche Maßnahme auch immer wir zuerst anpacken – klar ist: Wir müssen die Ostsee besser schützen! Dorsch, Hering und Co. werden immer seltener und Todeszonen breiten sich aus. Todeszonen sind lebensfeindliche Wasserschichten ohne Sauerstoff, die sich vor allem im Sommer am Grund der Ostsee bilden. Durch den übermäßigen Nährstoffeintrag wachsen viele Algen, die auf den Meeresgrund sinken und dort von Bakterien zersetzt werden, die dabei Sauerstoff verbrauchen. Ohne Sauerstoff sterben Fische, Muscheln und viele andere atmende Lebewesen.
Fake News zum geplanten Ostsee-Nationalpark
Ein Nationalpark bedroht unsere traditionelle Küstenfischerei in ihrer Existenz.
Die Fischerei ist vor allem dadurch bedroht, dass die Fische immer seltener werden. Dies liegt an der jahrelangen schlechten Bewirtschaftung durch zu hohe Fangquoten, an der schlechten Wasserqualität, an der Vernichtung von Lebensräumen und auch am Klimawandel. Beispielsweise kommt der Dorsch mit den höheren Wassertemperaturen nicht zurecht.
Ein Nationalpark trägt dagegen zum Schutz der Fischpopulationen bei: Die Wiederherstellung von Lebensräumen sowie fischereifreie Kernzonen ermöglichen es vielen Arten, sich zu erholen und Schutz zu finden. Erholte Fischbestände kommen der Küstenfischerei zu Gute. Eine Umstrukturierung der Fischerei hin zur Stärkung der kleinen Küstenfischerei mit schonenden Fanggeräten wäre dafür dringend nötig.
Im Nationalpark ist kein Wassersport möglich.
Wo welcher Sport möglich ist, wird zusammen mit den Verbänden ausgehandelt. Für Kite-Surfer wird es ausgewiesene Spots geben, sogar der Bau von Unterständen für Winter-Wassersportler ist denkbar. Segeln und Paddeln, was ruhiger abläuft und die Vögel weniger aufschreckt, wird fast überall erlaubt sein, ebenso das Baden an den bekannten Badestränden. Aber es muss auch Bereiche geben, in denen Tiere und Pflanzen völlig ungestört sind, denn im Gegensatz zu Menschen können sie nicht einfach ein paar hundert Meter weiter ihr nicht vorhandenes Wohnmobil aufstellen.
Entgegen vieler Behauptungen ist es übrigens allein im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer an 22 Stellen erlaubt, jeden Wassersport zu betreiben, der nicht auf Motor-Antrieb angewiesen ist. Dies bedeutet, auch Wingsurfen etc, ist in diesen Wassersport-Spots erlaubt! Motorboote können trotzdem zum Einsatz kommen, z. B. als Regatten-Begleitboote oder für Rettungsübungen und –Einsätze. Dies wird in der Befahrensverordnung klar geregelt!
Der BUND fordert
• Ausweitung der nutzungsfreien Zonen im Nationalpark sowie den marinen Naturschutzgebieten!
• Schutzgebiete mit Nullnutzungszonen im Meer einrichten!
• Verbindlicher Zeitplan für den zeitnahen Ausstieg aus der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer!
• Flüsse für Aal & Co. wieder durchgängig machen!
• Illegale Fischerei durch strenge Kontrollen verhindern!
• Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Entwicklung von Alternativen zu Stell- und Schleppnetzen!
(Quelle: https://www.bund-sh.de/meere/)
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Industriestrom:
Noch mehr Subventionen?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will einen besonders günstigen Stromtarif für Industriekunden einführen. Der DGB möchte diese Subventionen ebenfalls, auch die SPD, der Verband der chemischen Industrie und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Nur die FDP sträubt sich noch. Die Ampelparteien konnten sich in Berlin bisher nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen.
Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit sei gefährdet, heißt es von den Befürwortern. Die hiesige Industrie habe viel höhere Energiekosten als in anderen Ländern, schallt es seit Monaten aus fast allen Kanälen. Mal dahingestellt, ob das mit den höheren Kosten überhaupt stimmt, muss man aus globaler Perspektive jedoch fragen, wo eigentlich das Problem wäre, wenn die hiesige Exportwirtschaft mal ein wenig im Wettbewerb zurückfallen würde. Schließlich hat Deutschland seit Jahrzehnten einen notorisch hohen Handelsbilanzüberschuss, der für allerlei Ungleichgewichte im Welthandel sorgt und unter anderem auch maßgeblich zu den großen Problemen der südeuropäischen Länder beiträgt.
Aber natürlich verfängt hierzulande die Angstmacherei vor etwaigen Schwierigkeiten in der Exportindustrie und das Gerede von der drohenden Abwanderung der Industrie nur zu gut. Fest, sehr fest ist der Standortnationalismus in die Köpfe eingebrannt und blockiert dort naheliegende Fragen nach weltwirtschaftlichen Gleichgewichten, nach Sinnhaftigkeit und Umweltverträglichkeit des Produzierten oder nach auch Arbeitszeitverkürzung als Alternative zu Entlassungen bei Absatzrückgang.
Doch all das nur am Rande. Hier soll es um Habecks Industriestrompläne gehen. Der Minister möchte gern für energieintensive Unternehmen einen sogenannten Brückenstrompreis einführen. Bis 2030 sollen sie Strom aus dem öffentlichen Netz für sechs Cent pro Kilowattstunde beziehen können. Danach würde es dann – vor dem Hintergrund eines beschleunigten Ausbaus von Solar- und Windenergie – diverse Erleichterungen und Regelungen geben, die den Verbrauch von Grünstrom in den Betrieben verbilligt und besonders attraktiv machen.
Finanziert werden soll der Brückenstrom, so ein Arbeitspapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima, aus öffentlichen Mitteln, und zwar aus dem „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ der während der Corona-Pandemie geschaffen wurde und mit der Aufnahme von Krediten gefüllt wird. Allerdings will das Ministerium den Empfängerkreis klar eingegrenzt sehen. Das Ministerium spricht vor allem von der Grundstoffindustrie im Bereich der Chemie-, Stahl-, Metall-, Glas- oder Papierindustrie, die gefördert werden müsse. Auch Batteriefabriken, Fotovoltaik-Produktion, Halbleiterfertigung und ähnliches kann man sich als Empfänger vorstellen.
Der Preisnachlass sollte nach den Vorstellungen des Habeck-Ministeriums nur auf 80 Prozent des Verbrauchs gewehrt werden, um Anreize zum Stromsparen zu erhalten. Immerhin sind die Einsparpotenziale in der Industrie allem Gejammer über die hohen Preise zum Trotz noch immer beachtlich, wie auch das Bundeswirtschaftsministerium konstatiert.
Der Zuschuss soll sich nach dessen Vorstellungen nicht am tatsächlich gezahlten Preis orientieren, sondern am durchschnittlichen Börsenstrompreis im Jahr. Liegt dieser über sechs Cent pro Kilowattstunde – was auf absehbare Zeit der Fall sein wird –, dann bekommt das Unternehmen diesen Differenzbetrag für 80 Prozent des im Jahr verbrauchten Strom ausbezahlt. Auch wenn dieser tatsächlich günstiger eingekauft wurde.
Die Idee dabei ist, die Unternehmen dazu anzuhalten, trotzdem nach den günstigsten Angeboten zu suchen. Diese gibt es meist, wenn besonders viel Sonnen- oder Windstrom im Netz ist, den die Übertragungsnetzbetreiber bei den derzeitigen Regeln des Erneuerbare-Energie-Gesetzes zu jeden Preis an der Börse verkaufen, manchmal gar verschenken müssen. Wer seinen Verbrauch flexibel steuern kann oder sich größere Speicher zulegt, könnte auf diese Weise unter Umständen ein richtiges Schnäppchen machen. 25 bis 30 Milliarden Euro könnten diese Geschenke bis 2030 kosten, wird laut Tagesschau.de geschätzt.
Die Förderung sowohl mit dem Brückenstrompreis als auch mit den Programmen für vergünstigten Grünstrom nach 2030 soll an verschiedene Verpflichtungen der Unternehmen gebunden werden, wie etwa langfristige Standortgarantien, Klimaneutralität bis 2045 und Tariftreue. Das wären immerhin deutlich mehr Bedingungen, als in den letzten beiden Jahrzehnten mit Konjunktur- und Krisenprogrammen wie zuletzt während der Pandemie verbunden waren.
Aber das sind, wie gesagt, zunächst nur die Vorschläge aus dem Wirtschaftsministerium. Wie viele der positiv zu wertenden Einschränkungen und Vorbedingungen dann tatsächlich im koalitionsinternen Handel und einem etwaigen Gesetzgebungsprozess überleben, ist eine ganz andere Frage. Die FDP macht sich zur Zeit in der Frage Industriestrompreis zum Vertreter mittelständischer Unternehmen. Deren Verbände sind wenig erfreut von den Plänen, weil sie leer ausgehen würden und die Stärkung der großen Konkurrenz befürchten. Denkbar wäre also, dass im Ergebnis dieses Gezerres die Subventionen letztlich doch eher mit der Gießkanne verteilt und auf Garantien seitens der begünstigten Unternehmen verzichtet wird.
Unklar ist auch noch, ob die Subventionen den Segen der Wettbewerbswächter in der EU-Kommission bekämen. Letztlich wird das vermutlich von den neuen Regeln für den Strommarkt abhängen, über die die Regierungen derzeit verhandeln. Frankreich will unbedingt neue Vertragsformen einführen, die seinen alten und uralten Meilern sichere Einnahmen verschafften und ihren möglichst langen Weiterbetrieb absicherten. Die Bundesregierung hat wiederholt dagegen polemisiert, doch inzwischen scheint ein Kuhhandel möglich.
Zeit vielleicht noch einmal daran zu erinnern, dass der Strom für Industriekunden und Großabnehmer ohnehin seit eh und je in unterschiedlichen Formen vergünstigt ist. Zum Beispiel dadurch, dass Privatkunden einen höheren Preis bezahlen müssen. Die diversen Steuern und Abgaben außer Acht gelassen zahlten Private 2023 bisher im Durchschnitt 33,8 Cent pro Kilowattstunde für Beschaffung, Vertrieb und Netzentgelte. Industriekunden mussten hingegen im Durchschnitt nur 23,64 Cent pro Kilowattstunde für diesen Teil des Strompreises hinlegen.
Ist das soviel mehr, als in anderen Ländern? „Exorbitant hohe Strompreise“ zahle die deutsche Industrie im Vergleich zu Ihrer Konkurrenz, meinte im Mai BDI-Präsident Siegfried Russwurm gegenüber der Tagesschau. Stimmt das?
Das EU-Statistikamt gibt für das erste Halbjahr 2023 einen Preis für Nichthaushaltskunden von knapp 27 Cent pro Kilowattstunde an. Der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft gibt für das erste Halbjahr 2023 einen durchschnittlichen Preis von 26,5 Cent pro Kilowattstunde an. Davon sind knapp drei Cent Steuern und Abgaben. (Private Verbraucher zahlen in Deutschland derzeit pro Kilowattstunde Strom im Durchschnitt 12,47 Cent an Steuern und Abgaben.)
In Italien, Belgien, den Niederlanden und in einigen osteuropäischen Ländern muss die Industrie laut Eurostat mehr bezahlen, andere Länder, wie etwa Frankreich, aber seit neuestem auch Dänemark, haben den Industriestrompreis zum Teil schon deutlich gedrückt. Nach Angaben der Plattform GlobalPetrolPrices.com mussten im März in China Gewerbekunden umgerechnet acht und in den USA 13,1 Euro-Cent pro Kilowattstunde zahlen, aber das sind nur bedingt vergleichbare Momentaufnahmen.
Von „exorbitant“ kann also nicht die Rede sein, wohl aber davon, dass Deutschland sich mit seinen Industriestrompreisen im oberen Drittel bewegt, und dass es trotz EU offensichtlich einen Wettbewerb gibt, die heimische Industrie mit niedrigen Strompreisen zu begünstigen. Aber ist das ein Grund auch hierzulande Großverbraucher noch mehr als ohnehin schon zu belohnen? Sollte man nicht eher Stromsparen stärker fördern?
Die Industrie ist nach Angaben des Umweltbundesamtes für 45 Prozent des hiesigen Stromverbrauchs verantwortlich, und dieser Anteil wird vermutlich weiter steigen, wenn zum Beispiel die Stahlproduktion und die Wasserstofferzeugung für die Chemieindustrie auf Strom umgestellt werden.
Da wird es eigentlich dringend Zeit mal darüber nachzudenken, ob wir tatsächlich 48,8 Millionen Pkw brauchen. Oder ob VW nicht doch lieber Busse und Straßenbahnen produzieren sollte. Das wäre sogar arbeitsintensiver als die Pkw-Produktion, aber es müsste weniger Material und Energie aufgewandt werden. Und es könnten in Wolfsburg zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden, statt diese – wie derzeit geplant – zu reduzieren.
Doch die Prioritäten der Bundesregierung und der Industrie sehen anders aus. Das machte kürzlich auch die Initiative Energien Speichern e.V. deutlich. Der Verein ist ein Zusammenschluss von Betreibern deutscher Gas- und Wasserstoffspeicher und gibt regelmäßig Prognosen zur Gas-Versorgungssicherheit ab, wie zuletzt Mitte Oktober. Demnach müsse man sich beim Gas keine allzu großen Sorgen machen, die Speicher seien zu fast 100 Prozent befüllt. Nur wenn es extrem kalt werden sollte, könne es zu einer „Gasmangellage“ kommen. In einer solchen Situation könne „vor allem die Gruppe der Haushalte und Gewerbekunden durch Einsparmaßnahmen einen großen Beitrag zum Erhalt industrieller Produktionsprozesse in Deutschland leisten“. Frieren zum Wohle der Exportindustrie? Zeit aus Standortnationalismus und Wachstumswahn auszubrechen. (wop)
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BUND:
1.000 Kraniche für ein Ende der Brennelemente-Industrie in Deutschland
Der Kranich steht in Japan für Glück und Gesundheit, aber auch für die Anti-Atomkraft-Bewegung. Anlässlich des Atomausstiegs in Deutschland Mitte April will der BUND Landesverband Schleswig-Holstein mit 1.000 Kranichen ein Zeichen für einen Atomausstieg setzen. Eine japanische Legende besagt, dass jemand, der 1.000 Papierkraniche faltet, einen Wunsch erfüllt bekommt. Inspiriert durch diesen Gedanken will der BUND Schleswig-Holstein am Do., 13. April 2023 mindestens 1.000 Papierkraniche im Hiroshima Park in Kiel aufhängen:
Für den Ausstieg aus der industriellen Fertigung von atomaren Brennstoffen auf deutschem Boden. Anlässlich des 10. Jahrestags des dreifachen GAUs in Fukushima haben wir uns 2021 mit dieser Aktion bereits eine gelingende Endlagersuche auf Augenhöhe in Deutschland gewünscht und begleiten seitdem diesen Prozess kritisch.
Auch in diesem Jahr benötigen wir eure Hilfe! Die Papierkraniche können aus beliebigen quadratischen Papierstücken gefaltet werden – gerne aus buntem, recyceltem Material. Persönliche Wünsche und Nachrichten machen die Kraniche noch individueller. Eine Anleitung findest du im Anhang und auf der Homepage des BUND SH.
Ein witziges Video unter https://youtu.be/uNobXnw1m0o zeigt dir im Schnelldurchlauf das Entstehen eines Papierkranichs.
Schicke uns deine gefalteten Kraniche per Post bis zum 3. April 2023 oder bring ihn uns vorbei.
Bund für Umwelt und Naturschutz
Schleswig-Holstein e.V. (BUND SH)
Lorentzendamm 16, 24103 Kiel
www.bund-sh.de
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Gemeingut in Bürgerhand:
Lauterbachs Reform = Krankenhauskahlschlag
Analyse der Vorschläge der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“
Am 6. Dezember 2022 stellten der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die Mitglieder der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ ihre Vorschläge für Reformen im Krankenhausbereich vor. Die nachfolgende kritische Analyse des Bündnis Klinikrettung fasst die wichtigsten Punkte der geplanten Reform zusammen:
1) die Beibehaltung der Fallpauschalenfinanzierung (DRG, Diagnosis Related Groups),
2) die Deckelung der Krankenhauskosten auf Bundesebene,
3) die strenge Aufspaltung und Aufteilung der Krankenhauslandschaft (durch die Einführung von Krankenhauslevels und Leistungsgruppen mit strengen Strukturvorgaben) und
4) die zunehmende Ambulantisierung im Krankenhausbereich.(1)
Werden diese Maßnahmen beibehalten, wird die Reform das Kliniksterben in Deutschland nicht stoppen, sondern signifikant verschärfen.
Die Reformvorschläge tragen die deutliche Handschrift der Schließungslobbyisten Prof. Dr. Reinhard Busse und Prof. Dr. Boris Augurzky, die sich seit spätestens 2008 für den Krankenhauskahlschlag einsetzen. Bei der Vorstellung der Reformvorschläge in der Bundespressekonferenz wurde ihnen folgerichtig ausdrücklich für ihren besonderen Beitrag gedankt. Die Vorschläge für eine Vorhaltefinanzierung, für Ambulantisierung und für die Einführung von Hybrid-DRGs decken sich in wesentlichen Teilen mit Policy-Vorstößen der privaten Münch-Stiftung des Rhön-Kliniken-Gründers Eugen Münch (Vorstandsvorsitzender: Prof. Dr. Augurzky) und der AOK. Es sind also InteressensvertreterInnen der privaten Klinikkonzerne, der Beratungsfirmen und der Krankenkassen, die einen prägenden Einfluss auf die Reform geübt haben. Die von Lauterbach mehrfach betonte Unabhängigkeit der Kommission ist nur vorgetäuscht. VertreterInnen von PatientInnen, Beschäftigten und kleineren Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung wurde die Beteiligung an der Kommissionsarbeit verwehrt.
1. Beibehaltung der Fallpauschalenfinanzierung
Die Fallpauschalen sollen mit der Reform erhalten bleiben. Sie werden lediglich um Vorhaltepauschalen ergänzt, die nach komplexen Berechnungsformeln und strengen Regulierungsvorschriften zu ermitteln sind. Die DRGs sollen dazu auf bis zu 60% ihres bisherigen Niveaus abgesenkt, um bis zu 40% der Ausgaben über Vorhaltepauschalen zu finanzieren. Hinzu kommt, dass stationäre Fallpauschalen um neue, preislich abgesenkte Fallpauschalen für tagesstationäre Behandlungen in Krankenhäusern nach § 115e SGB V und um Hybrid-DRG für spezielle sektorengleiche Vergütung nach § 115f SGB V ergänzt werden sollen.(2)
Diese Änderungen werden den Verwaltungsaufwand für das medizinische Personal im Krankenhaus weiter erhöhen und diese Ressourcen der PatientInnenbehandlung und -Pflege entziehen.
(1) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/regierungskommission-legt-krankenhauskonzept-vor.html
(2) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/3te_Stellungnahme_Regierungskommission_Grundlegende_Reform_KH-Verguetung_6_Dez_2022_mit_Tab-anhang.pdf
2. Deckelung der Krankenhauskosten
Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft fehlen den Krankenhäusern aktuell jährlich 15 Mrd. Euro an operativen Finanzmitteln, bedingt durch Mehrkosten der Corona-Pandemie, extrem gestiegene Energie- und andere Kosten sowie durch Corona-bedingte Verschiebungen von planbaren Behandlungen.(3) Bereits vor der Pandemie waren Allgemeinkrankenhäuser unterfinanziert. Mit der angestrebten Reform wird es aber definitiv nicht mehr Geld für die finanziell angeschlagenen und von Insolvenz bedrohten Krankenhäuser geben. Denn die Reform soll kostenneutral sein, die Finanzmittel lediglich innerhalb der verschiedenen Finanztöpfe (verschiedene Kategorien der Fallpauschalen, Vorhaltekosten) umverteilt werden.(4)
Um Kosten zu sparen und mehr Geld im System zu haben, will Lauterbach auf die Reduktion von „unnötigen“ Operationen und die Einführung von tagesstationären Behandlungen (Letzteres als Teil des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes, KHPflEG) setzen(5). Mit den tagesstationären Behandlungen werden aber vor allem Mittelkürzungen in den Kliniken einhergehen und die Finanzdefizite weiter vergrößert.
Wie Lauterbach signifikant die Zahl der „unnötigen“ Operationen verringern möchte, bleibt sein Geheimnis. Denn die durch das DRG-System geförderten hohen Mengen an lukrativen Herz- oder Hüft-Operationen sind das Kernstück des Geschäftsmodells der privaten Fachkliniken. Das aber wird durch die Reformvorschläge überhaupt nicht in Frage gestellt. Die Mengen dieser Behandlungen werden also absehbar gleich hoch bleiben. Mit seinem Vorstoß zielt Lauterbach also vor allem auf die kleineren Allgemeinkrankenhäuser ab, denen schon heute die meisten komplizierten Eingriffe verwehrt sind. Die Zahl der „überflüssigen“ Operationen kann so nicht verringert werden.
Solange private Krankenhausketten existieren und sich lukrative Behandlunge als Rosinen rauspicken können, werden keine grundlegenden finanziellen Verbesserungen möglich sein. Alleine die vier größten Klinikkonzerne haben im Jahr 2021 knapp eine Milliarde Euro Gewinne erwirtschaftet – das stellt alle aktuell angedachten Einsparungen in den Kliniken in den Schatten.
(3) https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/krankenhausreform-braucht-den-konsens-mit-den-laendern-und-darf-nicht-auf-struktureller- unterfinanzierung-aufsetzen/
(4) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/3te_Stellungnahme_Regierungskommission_Grundlegende_Reform_KH-Verguetung_6_Dez_2022_mit_Tab-anhang.pdf
(5) https://www.gemeingut.org/beratung-im-bundestag-lauterbachs-reform-fuehrt-zu-weiteren-schliessungen/
3. Strenge Aufspaltung und Aufteilung der Krankenhauslandschaft, Klinikkahlschlag
Zu den Reformvorschlägen gehört auch eine strenge Aufspaltung und Aufteilung der Krankenhauslandschaft durch die Einführung von Krankenhauslevels und Leistungsgruppen mit strengen Strukturvorgaben. Die aktuell in den Bundesländern existierenden Versorgungsstufen der Grund-/Regelversorgung, der Schwerpunktversorgung und der Maximalversorgung sollen durch Level 1 bis 3 ersetzt werden. Welches Krankenhaus zu welchem Level zählen wird, und was die Krankenhäuser innerhalb ihres Levels behandeln und abrechnen dürfen, entscheiden
Leistungsgruppen mit strengen Strukturvorgaben. Die Leistungsgruppen sind auch maßgeblich für die Höhe der Vorhaltepauschalen.(6)
Das alles erhöht den Verwaltungsaufwand massiv: Leistungsgruppen sind zu beantragen und zu begründen, Strukturen sind laufend zu dokumentieren, der Medizinische Dienst überprüft das Vorhandensein der Strukturen und die Berechtigung zur Abrechnung. Klinisches Personal wird auch hier durch zusätzliche Verwaltungsaufgaben signifikant belastet.
Eine gravierende, bisher in der Öffentlichkeit wenig beachtete Folge der Reform ist die Aufteilung von Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung in die Level 1n und 1i. Nur Krankenhäuser des Levels 1n sollen noch eine Notfallversorgung bereitstellen. Krankenhäuser des Levels 1i hingegen sollen nicht unbedingt ärztlich, sondern von speziell ausgebildeten Pflegekräften geleitet werden, lediglich über stationäre Pflegebetten verfügen und ambulante ärztliche Behandlung nur auf Abruf leisten. Die Einrichtungen des Levels 1i werden also keine ärztliche Verfügbarkeit an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr gewährleisten und daher vielfach nicht in der Lage sein, bei Notfällen zu helfen.
Aktuell verfügen geschätzte 650 der knapp 1.900 Krankenhäuser über keine strukturierte Notfallversorgung nach den Vorschriften des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). All diese Krankenhäuser einschließlich bisheriger Sicherstellungskrankenhäuser müssen damit rechnen, zukünftig dem Level 1i zugeordnet zu werden. Besonders betroffen sind Bundesländer mit vielen dünn besiedelten ländlichen Regionen. Bayern verfügt über 143 der 351 Krankenhäuser (= 40%) ohne strukturierte Notfallversorgung, die um ihre Zukunft als akutstationäre Krankenhäuser bangen müssen.(7)
4. Zunehmende Ambulantisierung
Die Ambulantisierung der Krankenhäuser gehört auch zu den Vorschlägen der Regierungskommission und wurde bereits am 2. Dezember 2022 als Gesetzesentwurf im Bundestag gebilligt. Ein Teil des im Bundestag beschlossenen Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes (KHPflEG) betrifft die vorgesehenen tagesstationären Behandlungen. Laut Kommissionsmitglieder sollen mit ihrer Einführung bis zu 25 Prozent der bisherig stationär erbrachten Behandlungen ambulant erfolgen. Im Gesetz ist vorgesehen, dass dies nur in medizinisch vertretbaren Fällen und mit Einwilligung der PatientInnen erfolgt.(8)
Für die Krankenhäuser bringt die Finanzierung über die niedriger vergüteten tagesstationären Behandlungen eine Einnahmenkürzung. Das wird dazu führen, dass Kliniken Personal entlassen und Abteilungen schließen müssen.
Für das Personal entsteht dadurch ein vermehrter Verwaltungsaufwand. Die Ressourcen beim Entlassungsmanagement müssen deutlich erweitert werden.
Für viele PatientInnen, insbesondere weniger mobile, multimorbide ältere Menschen, wird das zu einer Verschlechterung der Versorgung führen. Denn für die Kosten zur wiederholten Fahrt ins Krankenhaus infolge einer tagesstationären Behandlung besteht, außer in bestimmten gesetzlich definierten Fällen, „ab dem Zeitpunkt der ersten Aufnahme im Krankenhaus kein Anspruch“.
(6) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/3te_Stellungnahme_Regierungskommission_Grundlegende_Reform_KH-Verguetung_6_Dez_2022_mit_Tab-anhang.pdf
(7) Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern: https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/kliniken-in-not/geplante-klinikschlie%C3%9Fungen/
(8) https://dserver.bundestag.de/btd/20/047/2004708.pdf
Fazit
Die Krankenhausreform der Regierungskommission wird:
- klinische MitarbeiterInnen durch Dokumentation und Kodierung zusätzlich belasten
- Krankenhäuser im Rahmen der Ambulantisierung zur Reduktion des Klinikpersonals zwingen und die klinischen MitarbeiterInnen zusätzlich belasten
- die Schließung von Krankenhäusern insbesondere in ländlichen Regionen forcieren, da viele Krankenhäuser durch Einrichtungen des Level 1i oder Ambulante Gesundheitszentren ersetzt werden.
Selbstkostendeckung
Kleine Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung befinden sich insbesondere in ländlichen Regionen, die daher durch die geplante Reform hauptsächlich betroffen sind. Um Krankenhausschließungen und dem damit einhergehenden Kollaps der stationären Notfallversorgung vorzubeugen, hat das Bündnis Klinikrettung das Konzept der Selbstkostendeckung der Krankenhäuser entwickelt. Es löst die Probleme, die ein ökonomisch orientiertes Fallpauschalensystem bisher verursacht hat. Denn mit der Selbstkostendeckung
• gibt es keine Klinikschließungen mehr, weil die Krankenhäuser ihre Kosten exakt zu 100% erstattet bekommen,
• verschwindet die Personalnot, denn durch Verzicht auf die DRG-Kodierung und Dokumentation stehen zusätzlich geschätzt 143 Tsd. Vollzeitkräfte als vorwiegend medizinisches Personal zur Verfügung,
• wird die flächendeckende klinische Versorgung gesichert, weil nicht mehr die Ökonomie entscheidet, welche Region ein Krankenhaus in unmittelbarer Nähe vorfindet,
• entstehen keine pandemie- oder krisenbedingte Erlösausfälle für die Kliniken und keine ungedeckten krisenbedingten Kostensteigerungen (z.B. Energiekosten), denn zum Jahresende werden die Jahreskosten der Krankenhäuser geprüft und ausgeglichen. Ebenso wenig gibt es Gewinne, denn auch die Einnahmenseite wird geprüft und spitz abgerechnet.
Die Selbstkostendeckung ist kein Freibrief für Krankenhäuser. Die Jahresergebnisse werden von WirtschaftsprüferInnen abgenommen. Zum aktuellen Zeitpunkt sind das in der Regel private Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Wir sehen es als notwendig an, für die Einrichtungen der Daseinsvorsorge eine demokratisch kontrollierte Instanz dazu zu beauftragen, wie zum Beispiel die Landes- oder auch kommunalen Rechnungshöfe.
Krankenhäuser werden bundesweit nach ihrer Versorgungsstufe und Bettengröße geclustert. Ist- Kosten der Krankenhäuser, die signifikant über den Abschlagszahlungen des gleichen Jahres liegen, müssen gegenüber den Wirtschaftsprüfern begründet werden. Damit wird ausgeschlossen, dass Krankenhäuser beliebige Kosten erzeugen und sich erstatten lassen.
Berlin, den 13. Dezember 2022
GiB Gemeingut in BürgerInnenhand
www.gemeingut.org
Die Studie „Selbstkostendeckung der Krankenhäuser“ des Bündnis Klinikrettung:
https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/12/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung_aktualisierte_Ausgabe_2022-12-12.pdf
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Bündnis Klinikrettung:
Solidarisch heißt Selbstkostendeckung
Kaum jemand bezweifelt mehr, dass das Fallpauschalensystem krachend gescheitert ist. Kostensteigerungen, Arbeitsverdichtung, Krankenhausschließungen – das sind seine katastrophalen Folgen. Von seiner Einführung haben maßgeblich private Krankenhauskonzerne profitiert, die Milliardengewinne aus der Fallpauschalen-Abrechnung ziehen. Es ist höchste Zeit, die Fallpauschalen abzuschaffen und durch ein gemeinwohlorientiertes Finanzierungsmodell zu ersetzen.
Diese Alternative gibt es, sie heißt Selbstkostendeckung der Krankenhäuser. Das Prinzip ist einfach: Alle Kosten, welche einem Krankenhaus durch die Behandlung von PatientInnen gemäß seinem Versorgungsauftrag entstehen, erstatten ihm die Krankenkassen. Im Laufe des Jahres sichern Abschlagszahlungen den Betrieb. Zum Jahresende legt das Krankenhaus sein Jahresergebnis offen. Nach einer Prüfung durch die Landesrechnungshöfe gleichen die Krankenkassen eventuelle Defizite aus, oder das Krankenhaus zahlt Überschüsse zurück. Die duale Finanzierung wird beibehalten, wobei sichergestellt wird, dass die Länder ihrer Verpflichtung zur Übernahme der Investitionskosten nachkommen.
Grundlage der Kostendeckung muss eine echte Bedarfsplanung sein. Die Planung geschieht in einem demokratischen Prozess unter Einbeziehung der Betroffenen. Auch medizinische und andere wissenschaftliche Expertise fließt ein. Bei der Planung wird ermittelt, welche medizinischen Bedarfe es gibt und welche Versorgungsstrukturen zu ihrer Erfüllung gebraucht werden. Daraus ergibt sich der Versorgungsauftrag für die Krankenhäuser. Reserven für Krisen, beispielsweise Pandemien oder Naturkatastrophen, werden mit eingeplant. Die Tarifbindung für alle Beschäftigten sowie eine ausreichende Personalbemessung für alle Berufsgruppen werden dabei gesetzlich vorgeschrieben, ebenso das Recht aller EinwohnerInnen, binnen maximal 30 Fahrzeitminuten ein Allgemeinkrankenhaus mit stationärer Notfallversorgung zu erreichen.
Die Vorteile der Selbstkostendeckung sind gewichtig: Da keine Gewinne mehr mit dem Betrieb von Krankenhäusern erzielt werden können, fließen die Gelder vollständig in die Gesundheitsversorgung. Und da keine Verluste mehr mit dem Krankenhausbetrieb gemacht werden können, wird die Schließung notwendiger Krankenhäuser und Fachabteilungen aus betriebswirtschaftlichen Gründen beendet. Die ökonomischen Anreize für die Überbelastung des Personals und für die Durchführung unnötiger Behandlungen entfallen. Der Dokumentationsaufwand für die Fallpauschalen-Bürokratie entfällt. Dadurch würden Ressourcen in einem Umfang von 143.000 klinischen Arbeitskräften frei.
Die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung stellt eine sinnvolle Ergänzung dieser Finanzierungsreform dar. Sie verteilt die Lasten von Krankheit gerecht auf alle BürgerInnen, beteiligt Reiche an der Finanzierung der Solidarkasse, spart zusätzlich Milliarden an Verwaltungskosten ein und erleichtert die Abrechnung der selbstkostendeckenden Finanzierung der Krankenhäuser deutlich.
GiB Gemeingut in BürgerInnenhand
www.gemeingut.org
„Die Zeit ist reif. Wo bleibt die Revolution?“ – die neue Zeitung vom Bündnis Klinikrettung
Die Zeitung kann hier online angesehen und verbreitet werden:
https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/gib_kh-beilage_DOWNLOAD_030223.pdf
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Landeshauptstadt Kiel:
Gerwin Stöcken zur imland-Entscheidung
Zur Entscheidung des Gläubigerausschusses zur Zukunft der imland Kliniken erklärt Gerwin Stöcken, Gesundheitsdezernent und Aufsichtsratsvorsitzender des städtischen Krankenhauses:
„Wir bedauern sehr, dass unsere Ideen für eine optimale Gesundheitsversorgung in der Region nicht zum Zuge kommen. Die Landeshauptstadt, das Städtische Krankenhaus und die politischen Gremien in Kiel haben sich alle gemeinsam enorm ins Zeug gelegt, um eine kommunale Perspektive für die imland Kliniken aufrecht zu erhalten. Dass die Entscheidung nun anders ausgefallen ist, ist bitter. Wir hätten gerne eine verlässliche Zukunftsperspektive für den Gesundheitsstandort KielRegion entwickelt.“
PR Stadt Kiel, 17.03.2023
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CCS (Carbon Capture and Storage):
Eine Gefahr für Mensch und Umwelt
CO2-Abscheidung und Deponierung ist keine Alternative zur CO2-Reduzierung
Carbon Capture and Storage (CCS) ist im großtechnischen Maßstab angewandt eine Technik des Geoengineering. Technisch abgeschiedenes Kohlendioxid soll in Endlagern auf Jahrtausende von der Atmosphäre isoliert werden. Im Unterschied zu Verfahren zur biologischen, chemischen oder physikalischen Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR) geht es bei CCS um die Abscheidung von CO2 aus der Nutzung von fossilen Energieträgern und Industrieabgasen. Damit entfällt der Druck zur Dekarbonisierung der Wirtschaft und die Energiewende wird ausgebremst.
Die Erfahrung mit der CCS-Technik ist, dass sie nicht effektiv funktioniert. Trotz jahrzehntelanger Forschung mit Milliarden Euro öffentlicher Gelder konnte kein klimarelevanter Nutzen nachgewiesen werden. Trotzdem forcieren die Gas- und Energiewirtschaft sowie Teile der Industrie und der Politik einen schnellen Einstieg in die CCS-Wirtschaft unter massivem Einsatz öffentlicher Mittel.
Im Referentenentwurf des Kohlendioxidspeichergesetzes (KSpG) 2012 wurde im „Zweck des Gesetzes“ noch der Klimaschutz aufgeführt. In dem verabschiedeten Gesetz ist der „Klimaschutz“ als Gesetzeszweck gestrichen, denn CCS dient nicht dem Klimaschutz, sondern schadet ihm.
Was sind die Probleme:
I. Falsche Weichenstellung
für eine Fortsetzung der Kohlenstoffwirtschaft und gegen den Klimaschutz: Mit dem Hochfahren von CCS setzen Energie- und Schwerindustrie langfristig auf höheren Energieverbrauch und CO2-Deponien statt auf Emissionsminderung und -vermeidung.
• Der Ausbau einer CCS-Infrastruktur dauert lange, forciert einen fossilen Lock-In und wäre mit erheblichen Investitionen verbunden, die den Umstieg auf klimafreundliche Verfahren mit erneuerbaren Energien massiv ausbremsen
• Die CCS-Technologie an sich erfordert hohe Mengen Energie und steigert damit den Energieverbrauch noch mehr - das läuft der Notwendigkeit zuwider den Energieverbrauch zu senken. Außerdem lässt sich das CO2 nicht vollständig abscheiden.
• Blauer Wasserstoff ist nichts anderes als die weitere Ausbeutung von fossilem Erdgas mit nachgeschalteter CO2-Abscheidung. Die Wasserstoffherstellung aus fossilen Rohstoffen mit CCS (blauer Wasserstoff) verursacht signifikante Treibhausgasemissionen. Auch als sogenannte Übergangstechnologie ist die Technik ungeeignet, da die dafür notwendige neue Infrastruktur die Transformation zu erneuerbaren Energien verzögert.
• Industrieprozesse lassen sich anders wesentlich effektiver dekarbonisieren. Die Wärme- und Dampferzeugung in der chemischen Industrie kann mit Power-to-Heat auf erneuerbaren Strom umgestellt werden. Stahl kann unendlich oft recycelt oder unter Einsatz von grünem Wasserstoff CO2-neutral hergestellt werden.
Es entstehen hohe ökologische Risiken mit generationenübergreifenden Kontroll- und Haftungsfragen („Ewigkeitslast“)
Mit dem Aufweichen gesetzlicher Anforderungen (Deregulierung) von CCS wird praktisch eine Risikoverlagerung auf den Staat und auf zukünftige Generationen vollzogen.
Umweltrisiken von CCS mit CO2-Deponien unter dem Meeresboden:
• Die CO2-Abscheidung ist ein energieaufwendiger und schmutziger Prozess. Der Transport kostet Energie, braucht Leitungen, Zwischenspeicher und Häfen. Das CO2 mit allen Beimischungen ins Gestein oder unter den Meeresboden zu pressen birgt große Risiken für die marinen Ökosysteme durch den notwendigen hohen Druck, aufsteigendes Formationswasser und unbekannte Reaktionen (Cocktail Effekt). Die in alten Erdöl- und Erdgaslagerstätten sowie Sandsteinschichten geplanten Kohlendioxiddeponien sind nicht dicht, sondern laut einer Untersuchung von GEOMAR zu rund 2/3 bereits jetzt undicht. In der Nordsee gibt es rund 15.000 alte Bohrlöcher.
• Das KSpG, das sich intensiv dem Thema Undichtigkeiten widmet, bestätigt das Problem von Leckagen, ohne eine Lösung zu nennen. Auch die EU-CCS-Direktive geht von Leckagen aus. Zukünftigen Generationen werden Ewigkeitslasten hinterlassen, die dauerhaft kontrolliert werden müssen.
• Die Umweltrisiken und -folgen von CCS sind noch nicht ausreichend erforscht und erst zum Teil erkennbar. Umfassende Monitoringtechniken sind noch nicht entwickelt.
Klimawirkung
• Diffuse oder plötzliche Entweichungen aus CO2-Deponien sind wahrscheinlich. Ein klimarelevanter Nutzen von CCS ist noch nie nachgewiesen worden.
• Mit dem falschen Versprechen von CCS unterbleiben Reduktionsanstrengungen – und damit steigen die CO2-Emissionen im Vergleich zu ambitionierter tatsächlicher Emissionsreduktion ohne CCS und damit das Overshootrisiko, also die Aktivierung von Kipppunkten.
II. Es gibt bessere Alternativen
Viele klimafreundliche Verfahren mit erneuerbaren Energien für Stahl, Chemie und die Baubranche (z. B. Elektrifizierung durch Industriewärmepumpen, Elektrodenkessel, grüner Wasserstoff) sind bereits entwickelt, befinden sich im Hochlaufen, oder stehen in wenigen Jahren zur Verfügung. Alle Anstrengungen sollten in die Weiterentwicklung und Implementierung solcher zukunftsfähigen Technologien gesteckt werden, anstatt durch neue Investitionen fossile Produktionsprozesse langfristig zu zementieren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss damit Hand in Hand gehen. Zusätzlich können durch hohe Energieeffizienz, Prozessverlagerung, Materialeffizienz (z.B. Recycling) und Materialsubstitution (z.B. innovative Zemente, alternative Bindemittel) und Kreislaufwirtschaft erhebliche Mengen Energie und CO2-Emissionen eingespart und die sogenannten „unvermeidbaren“ Restemissionen auf nahe Null gesenkt werden.
Forderungen
Stoppt CCS:
1. Kein Hochlaufen einer CCS-Wirtschaft:
o CCS nicht als Alternative zu Vermeidung von Emissionen im Industriesektor zulassen
o Es darf durch staatliche Subventionen kein Markt für CCS-Technik geschaffen werden. Keine CO2-Pipeline-Infrastruktur
o Keine ökonomischen Anreize durch Steuergelder für CCS auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene
o Geplante Subventionen für CCS-Prozesskette stoppen; Keine direkten oder indirekten Subventionen für blauen Wasserstoff (Wasserstoff aus Erdgas plus CO2-Deponierung)
2. Meeresschutz:
o Keine Ratifizierung und keine provisorische Anwendung der Ausnahmeregel für CO2-Exporte im London Protokoll
3. Strenge Prinzipien der Vorsorge und Verursacherhaftung
o Alle Kosten, gesellschaftlichen Folgekosten und Risiken von CCS müssen ermittelt und gegen Alternativen abgewogen werden.
o Eine unbegrenzte Haftung der Verursacher für CO2-Emissionen und -Deponien ist erforderlich.
4. Wir fordern einen ambitionierten Ausstiegsplan aus dem fossilen Energieträger und Rohstoff Erdgas und ein umfassendes Maßnahmenpaket für einen dekarbonisierten Industriesektor.
5. Statt CCS fordern wir die Förderung der natürlichen CO2-Senken (Aufforstung und Schutz der Wälder, der Salzwiesen und der Meereslebensräume (insbesondere Kelp-Wälder, Seegraswiesen, Wiedervernässung der Moore usw.).
6. Erforderlich ist Energiesparen, hohe Energieeffizienz und Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien. Produktion von grünem Wasserstoff ausschließlich auf Basis von 100% Erneuerbaren Energien. Keine Verschwendung erneuerbarer Energien für die Herstellung synthetischer Verbrenner-Kraftstoffe.
Quelle: Dr. Reinhard Knof, 5.3.2023, Initiative
Stoppt CO2-Endlager und Fracking
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Kommentar
Finster in Neumünster
Frechheit siegt, war wahrscheinlich das Motto der Verwaltung des Neumünsteraner Stadtparlaments als sie am 13.12.2022 unter Ausschluss der Öffentlichkeit den Verkauf der kompletten Anteile der städtischen Stadtwerke an den Strom- und Gasnetzen beschlossen. Und dies bei vorheriger Geheimhaltung und ohne öffentliche Diskussion. Und natürlich an die Tochtergesellschaft einen der größten deutschen Energie-Konzerne nämlich EON. Dann gleich innerhalb von drei Tagen den Kaufvertrag notariell abschließen und sofort das Geld fließen lassen. Das sieht sehr nach einem gut durchdachten Plan aus, um Bürgerproteste und Bürgerbegehren im Keim zu ersticken und mögliche Einsprüche zu verhindern. Von Transparenz kann man da schon gar nicht reden. Eher von einem gut eingefädeltem Deal.
Das hatte wohl einen Grund, denn es ist nicht lange her als die Neumünsteraner Initiative „Unsere SWN – Unsere Wärme“ erfolgreich verhindert hat, dass die Stadtwerke einen Teil ihrer lukrativen Müllverbrennungsanlage an Remondis verkauft. Diesen Schock wollte sich die Politik nicht wieder antun und dafür musste jetzt die Demokratie etwas ausgehebelt werden.
Der EON-Konzern ist auch dafür bekannt, dass er mit seiner Schleswig-Holstein Netz AG erfolgreich in Kommunen und Gemeinden hausieren geht, ihnen eine hohe Gewinnbeteiligung verspricht und angeblich von den Sorgen um die Wartung, Pflege und Verwaltung der Netze befreit. Der Einfluss der Städte und Kommunen auf die Netze als Teil der Daseinsvorsorge geht zunehmend verloren. Dabei sind die Gewinne durch die Netzentgelte sicher und steigen ständig. Die Bundesnetzagentur garantiert für die Netz-Einnahmen und den Stadtwerken geht diese Einnahmequelle verloren. Und natürlich auch der Einfluss darauf, wo sinnvollerweise ausgebaut wird und wo nicht. Ein Rückkauf ist nahezu unmöglich, denn das wird meistens viel teurer. Den kommunalen Stadtwerken fehlt das Geld, weil die Stadtfinanzen seit Jahren vom Bund ausgehungert werden. Gerade etwa 12-13 % erhalten Städte und Kommunen aus der Einkommensteuer, was niemals ausreicht, um die Ausgaben für die Daseinsvorsorge zu decken. Die Folgen sind bekannt: Es wird privatisiert um die Schulden in den städtischen Haushalten und Betrieben zu senken. Die gewinnbringenden Geschäfte landen bei den Konzernen, während der weniger lukrative und arbeitsintensive Aufgaben bei den Kommunen bleiben. (uws)
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Drohender Verkauf der kommunalen Netzbeteiligung am Neumünsteraner Strom- u. Gasnetz:
Bürger wehren sich mit Bürgerbegehren
Die Ratsversammlung der Stadt Neumünster hat – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – am 13.12.2022 den Verkauf der SWN Stadtwerke Beteiligungen GmbH- Anteile an der Neumünster Netz Beteiligungs-GmbH (NNB) ohne vorherige öffentliche Diskussion und volle Transparenz genehmigt!
Neumünster, den 21.12.2022. „Unsere SWN – Unsere Netze“ – unter diesem Namen hat sich das schon einmal erfolgreiche Klimaschutzbündnis in Neumünster (Unsere SWN – Unsere Wärme) heute der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Bündnis hat zur Verhinderung des Teilverkaufs ein formales Bürgerbegehren eingeleitet.
Das Stromnetz versorgt rund 80.000 Einwohner*innen in Neumünster. Von den ca. 39.000 Haushalten, sind rd. 25.000 an die Fernwärmeversorgung angeschlossen, die übrigen 14.000 Haushalte heizen überwiegend mit Gas. Wie wichtig die Netze sind zeigt sich darin, dass bei Kommunen und Städten mit eigenem Netzbetrieb die Endverbraucherpreise in aller Regel niedriger sind als dort, wo Großkonzerne den Netzbetrieb regeln. NNB gehört zu 50,1 Prozent der HanseWerk AG, die wiederum zum E.ON SE – Konzern in Essen gehört.
„Wir wollen erreichen, dass Neumünster seine Netzanteile behält und langfristig die kommunale Daseinsvorsorge zu 100% in kommunaler Hand und damit in der Hand von allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Neumünster zurückholt. Erfahrungen zeigen, dass spätere Rückkäufe stets teurer waren, als vorher beim Verkauf erlöst wurde. Wir fordern die Ratsversammlung auf, die Entscheidung zurückzunehmen.“, fordert Martin Reinhardt von der Initiative „Unsere SWN – Unsere Netze“.
Aus Sicht der KlimaInitiative werden die Strom- u. Gaskunden in Neumünster das Nachsehen haben. Die Netzentgelte stiegen in den letzten Jahren stetig! Und sie sind nach Aussagen des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen auch alles andere als transparent.
Vor allem aber schadet der Verkauf der letzten Netzanteile der Stadt Neumünster bei der zukünftigen Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten für die kommunale Daseinsvorsorge. Ihre finanzielle Entscheidungshoheit nimmt ab. Die Strom- u. Gasnetze der Stadt sind nach dem Deal unter hundertprozentiger E.ON-Kontrolle. Auffällig ist auch, dass lt. Bundeskartellamt „ein Trend zur Rekommunalisierung zu beobachten“ ist.
Und Renate Richter – auch von der Initiative ergänzt: „Obwohl der Ausgang des letzten Bürgerbegehrens die Skepsis vieler Neumünsteraner*innen zu Fragen der Privatisierung von Daseinsvorsorge klar gezeigt hat, wurde das Vorhaben der SWN-Geschäftsführung erneut (oder nun gerade?) unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorbereitet. Jetzt sollen noch in diesem Jahr endgültige Tatsachen hinter verschlossenen Türen geschaffen werden. Das ist nicht Transparenz und Partizipation sondern eher eine Frechheit!“
Dabei hatte gerade das Bündnis „Unsere SWN – Unsere Wärme“ im November 2021 in einem Brief an den OB, die Ratsversammlung und die SWN (-Geschäftsführung, -Aufsichtsrat und -Gesellschafter) „um einen vertiefenden, konstruktiven Gedankenaustausch zum weiteren Vorgehen“ gebeten und an „Größtmögliche Transparenz auf allen Seiten“ appelliert. „Die Geheimniskrämerei muss ein Ende haben“. Also Beschlussvorlagen für den Aufsichtsrat der SWN und für die Ratsversammlung müssen rechtzeitig veröffentlicht werden, da es sich um öffentliches Eigentum und nicht um eine privatwirtschaftliche Aktiengesellschaft handelt.
Die Strom- u. Gasnetze der Stadt sind nach dem Deal unter hundertprozentiger E.ON-Kontrolle. Die Stadt verliert ihren Einfluss auf die Versorgungssituation und scheint sich in die falsche Richtung zu bewegen. Zu denken geben sollte auch, dass lt. Bundeskartellamt ein „Trend zur Rekommunalisierung“ zu beobachten ist. Als hätte Neumünster den (Warn-) Schuss nicht gehört!
Pressekontakt und Ansprechpartner der Initiative:
Martin Reinhardt
Pressemitteilung „Unsere SWN – Unsere Netze“, 21.12.2022
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Privatisierung bei den Stadtwerken Neumünster:
Neumünster im „Finstern“, ohne Netz und (am) Boden
• Ein in Wirtschaftskreisen als harter Sanierer und Privatisierer bekannter Manager, der vom Aufsichtsrat der Stadtwerke Neumünster (SWN) und von der örtlichen Politik an die Spitze der Stadtwerke geholt wurde, um den übergroßen Schuldenberg abzutragen. Ein wichtiger Teil seines Konzeptes: Möglichst große, lukrative, gern auch außerhalb der Stadtgrenzen angesiedelte Dienstleistungs-Coups mit „potenten“ privaten Geldgebern.
• Ein Aufsichtsrat, der zu wenig Aufsicht führt und willfährig die SWN von der Politik abkoppelt, aber zugleich mehr Gewinne und „Klimaneutralität“ bis 2035 erwartet.
• Eine Ratsversammlung, die grundsätzlich alles, was irgendwie mit privaten Finanzdaten zu tun hat, unter Ausschluss der Öffentlichkeit abhandelt und sich nicht scheut, diese Gewohnheit auch ganz gezielt im Rahmen einer hinterlistigen Strategie einzusetzen.
• Ein neuer SPD-Oberbürgermeister, der aber in der Ratsversammlung keine stabile Mehrheit hinter sich hat.
• Eine aktive Klimainitiative Neumünster die sich mit dem Schwerpunkt Energiewende und ihrer Nähe zu Bürgerbegehren zu Wort meldet.
• Ein großer Wirtschaftskonzern, der gerne noch Zugang zu weiteren Profiten in der Daseinsvorsorge sucht.
• Eine Landesregierung, die zum Zwecke eines durchgreifenden Regierens die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide einschränken will.
Dunkle Vorboten
2021 fand in Neumünster ein erfolgreiches Bürgerbegehren gegen die Teilprivatisierung der SWN-Wärmeerzeugung im Umfeld der Bürgermeister-Wahlen statt. Die Beteiligung des weltweit agierende Konzern Remondis wurde verhindert und die Politik erlitt ein Debakel mit dem Bürgerwillen. Erst spät wurde die Öffentlichkeit über die Privatisierungspläne und auch nur über die Presse unterrichtet. Erstmalig rückt die Forderung nach Transparenz in den Vordergrund, blieb aber bis heute folgenlos.
Ein neues Spiel mit der Privatisierung
In enger Abstimmung mit dem Aufsichtsrat und der städtischen Mutter schmiedet der bekannte Manager schon bald den nächsten Plan. Durch den Verkauf der letzten Anteile am Strom- und Gasnetz will er beim Netzbetreiber Hanse Werk AG (einer Eon-Tochter) über 40 Millionen € erzielen. Hinter vorgehaltener Hand wird vom Schuldenabbau als Ziel gesprochen. Später gesellen sich weitere vorgebliche Verwendungszwecke für den Geldsegen hinzu (Verbesserung der Kreditfähigkeit, Bezahlung anstehender Zusatz-Ausgaben, Quersubvention von defizitären Eigengeschäftsbereichen und Erreichung des von der Ratsversammlung selbst gesteckten Ziels der Klimaneutralität bis 2035). Wobei der besagte Manager persönlich lieber nur von „Klimafreundlichkeit“ redet. Natürlich laufen alle diesbezüglichen Aktivitäten unter dem Mantel der Verschwiegenheit. Die Öffentlichkeit erfährt am 28.11.2022 aus den Kieler Nachrichten (KN), also erst kurz vor der Ratsversammlung, vom geplanten SWN-Millionen-Deal.
Die Informationsquelle bleibt geheim. Am 15.12.22 berichtet der Neumünsteraner Courier über eine unerwartete Protest-Kundgebung der Klimainitiative Neumünster vor der Ratsversammlung. Die Ratsversammlung folgt schon am 13.12.2022 dem Vorschlag der Verwaltung und des Managers und beschließt, den Verkauf der Netzanteile ausdrücklich unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandeln.
Am Tag darauf wird die Nachricht verbreitet, dass alle anwesenden Ratsmitglieder für den Verkauf gestimmt haben, mit Ausnahme einer NPD-Enthaltung und einer Nein-Stimme von den GRÜNEN. Der Presse ist zu entnehmen, dass der fertige Kaufvertrag noch in 2022 unterzeichnet werden soll. Die bezüglich Privatisierung bereits vorsensibilisierte Klimainitiative Neumünster entscheidet, schnellstmöglich ein Bürgerbegehren gegen den Ratsbeschluss zu starten.
Mit Schreiben vom 20.12.22 an den OB und an die Kommunalaufsicht in Kiel werden die gesetzlich verlangten Vorbedingungen erfüllt. Mit einer Information an alle lokalen Medien will die Klimainitiative Neumünster am 21.12.23 die Öffentlichkeit über ihr Vorhaben unterrichten. Während die KN tatsächlich postwendend noch am 21.12.22 berichtet, hält sich der vor Ort verbreitete Courier bis zum 28.12.22 zurück. Die Nachricht, dass trotz aller Geheimhaltung eine bereits unterrichtete Öffentlichkeit aufmerksam zuschaut, sollte wohl verhindert werden. Später stellte sich allerdings heraus, dass der Kaufvertrag über die besagten Netzanteile bereits drei Tage nach dem Ratsbeschluss unterzeichnet und notariell abgesegnet wurde und die 44 Millionen Euro wenig später flossen. Das auf den Weg gebrachte Bürgerbegehren war also schon bei seiner Antragstellung chancenlos, da es sich gegen einen inzwischen rechtsgültigen Vertrag richtete, dessen Geschäftsziele bereits umgesetzt wurden. Dieser perfekte Privatisierungs-Plan ging dank der Geheimhaltung und diverser vorbereitender Hinterzimmer-Gespräche fast geräuschlos vonstatten.
Im Hintergrund beabsichtigt auch noch die schwarz-grüne Landesregierung das Bürgerbegehren und die Bürgerentscheide durch eine Gesetzesänderung noch vor der Kommunalwahl am 14.5.2023 erheblich zu erschweren. Wogegen sich auch bereits ein breites landesweite Bündnis gebildet hatte.
Wie soll man damit umgehen?
Nahezu alle handelnden Personen und Institutionen haben es verdient, bei der anstehenden Kommunalwahl die Folgen zu tragen. Sowohl die öffentliche Diskussion, wie auch die Herausbildung eines evtl. möglichen gesellschaftlichen Konsens wurde bewusst verhindert. Zurück bleibt ein Lehrstück misslungener Demokratie und eine empfindliche Beschädigung des demokratischen Zusammenhalts der Gesellschaft. Die Frage nach konkreten positiven Lösungen drängt sich auf.
Der schwerste Regelverstoß im Rahmen der öffentliche Mehrheitsmeinung besteht darin, dass es hierbei um Tafelsilber aus dem Bereich der Daseinsvorsorge geht, die an eine profitorientierte Aktien-Gesellschaft eines Monopolkonzerns verhökert wird, die ohnehin schon Mehrheitseignerin der gewinnträchtigen Netze ist.
Im Besonderen wird mit dem Besitzerwechsel jeder spätere Netzrückkauf verteuert bzw. unmöglich gemacht. Bis zu einer möglichen Rekommunalisierung der Netze bleiben die städtischen Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung eines bürgernahen Energiekonzeptes stark eingeengt.
Die Nicht-Einbeziehung der betroffenen Menschen ist schwer erträglich. Hier ist eine Selbstkritik der Akteure aus Politik und Verwaltung unumgänglich. Es darf in Zukunft keine einzige Entscheidung mehr geben, die die Bürger und Bewohner als politischen Souverän in dieser Weise ausschließt.
Umfassende Information, Transparenz und Bürgerbeteiligung im Sinne einer verbesserten Demokratie gilt es jetzt als Selbstverpflichtung per Ratsbeschluss in Neumünster festzuschreiben, zu praktizieren und zu verstetigen. Im Vertrauen darauf, dass sich im Zweifel doch die sozialen Seiten durchsetzen, sollte das kommunale Gemeinwesen künftige Auseinandersetzungen meistern und damit vielleicht auch zur Demokratiebildung und zu einem engeren Schulterschluss mit den gewählten, ehrenamtlich tätigen Politikvertretern beitragen. Jegliche Einschränkungen der demokratischen Rechte sollten abgewehrt werden.
Gemäß der Gemeindeordnung (Landesgesetz) müssen in der Ratsversammlung sensible Finanzdaten von Personen und Wirtschaftsdaten von Unternehmen vor der Öffentlichkeit geschützt werden werden. Nichts würde aber dagegen sprechen, die das Allgemeinwohl und die Daseinsvorsorge betreffenden Kernbotschaften von den Finanzdaten abzutrennen und sie der Öffentlichkeit von der Planung bis zur Umsetzung in einer gut verständlichen und leicht erreichbaren Form verfügbar zu machen.
Die großen Finanzierungsprobleme bei der Gewährleistung der Daseinsvorsorge und des Klimaschutzes sind nicht durch Steuereinnahmen, über die eigenen Wirtschaftsbetriebe oder durch Veräußerung von Tafelsilber zu lösen. Das gilt um so mehr, wenn die Stadtkasse hoch verschuldet ist und unter Haushaltskontrolle steht. Land und Bund müssen auch die überfällige gesetzliche Verpflichtung der Kommunen zum Klimaschutz nachschieben und für ausreichende Finanzmittel zur Umsetzung der ureigenen kommunalen Aufgaben sorgen.
Bericht aus der
Klimainitiative Neumünster, 3.02.2023
SWN-Beteiligungsstruktur:
Quelle: https://www.stadtwerke-neumuenster.de/unternehmen/swn-konzern/zahlen-und-fakten
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Demonstration auch in Kiel:
„Lützerath bleibt !“
Rund 300 Demonstrierende haben am 21. Januar 2023 mit einem Protestzug durch die Kieler City ihre Solidarität mit den Klimaaktivist:innen in Lützerath bekundet und eine klimagerechte Zukunft gefordert. „Klimagerechte Zukunft, 1,5-Grad-Kurs einfordern!“ lautete das Motto der Kundgebung und Demo. Aufgerufen hatten Einzelpersonen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht am Protest vor Ort in Lützerath beteiligten konnten und durch diese Aktion ihre Lützerath-Solidarität zum Ausdruck bringen wollten. Sichtbare Unterstützung (in Form von mitgeführten Fahnen und Transpis) fanden die Akivist:innen von FridaysForFuture, der Grünen Jugend und solid.
In den Redebeiträgen wurden neben den Forderungen nach praktischen Konsequenzen zur Erreichung des „1,5-Grad-Ziels“ auch persönliche Erfahrungen von Aktivistinnen geschildert, die den Protest in Lützerath mehrere Wochen lang mitgestaltet hatten.
Lützerath ist das Dorf im Rheinland, das für die Profite eines internationalen Großkonzerns zerstört werden soll. RWE will das Dorf abreißen, um 650 Millionen Tonnen Braunkohle zu verfeuern. Unzählige Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung leisten vor Ort entschlossenen Widerstand. An der großen Demonstration gegen die Räumung und den Abriss des Ortes beteiligten sich am 14. Januar 2023 über 35.000 Menschen. Und der Protest und Widerstand geht dort auch nach der „Räumung“ weiter. (gst)
(Siehe weitere Berichte in dieser Ausgabe.)
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LNG-Terminalschiff:
Fossile Rückwende – Energiewende in Schleswig-Holstein
Gut 10 Jahre nach der Etablierung eines Energiewendeministeriums in Schleswig-Holstein feiern der ehemalige und der jetzige Energiewendeminister einen weiteren „Meilenstein“ der von Ihnen vorangetriebenen Energiewende: die Ankunft einer FSRU, eines schwimmenden LNG-Terminals in Brunsbüttel. Soll damit der seit 10 Jahren beschrittene Weg zurück zu einer fossilen Energiewirtschaft mit Verträgen bis 2043 langfristig gesichert werden?
Ab 2013 – bereits mit Habeck als Energiewendeminister in Schleswig-Holstein – wird der Ausbau der Wind- und Solarenergie in Deutschland, auch in Schleswig-Holstein, weitgehend ausgebremst: Der Zubau von Solaranlagen von ursprünglich 7 bis 8 GW/Jahr und auch von Windparks wurde auf je 2,5 GW/Jahr begrenzt und kam z.T. ganz zum Erliegen. Dadurch wurden in Deutschland nach den Daten aus dem Bundeswirtschaftsministerium über 100.000 Arbeitsplätze der Erneuerbaren Energien vernichtet. Stattdessen wurden in Schleswig-Holstein ab 2013 auf rund einem Drittel der Landesfläche neue Lizenzen für die Aufsuchung und Förderung von Erdöl erteilt. (s. Karte des LBEG)
Soll jetzt mit der massiven Förderung von LNG eine fossile Konkurrenz zu grünem Wasserstoff aufgebaut werden? Heute Nachmittag standen in Nordfriesland von 150 Windkraftanlagen, die von einem Punkt erkennbar waren, trotz geringer Windstärke 138 Anlagen still, weil zu viel Strom im Netz war, da Kohle- und Atomkraftwerke voll durchlaufen. Statt aus überschüssigem Windstrom grünen Wasserstoff herzustellen, wird alleine in Schleswig-Holstein jedes Jahr für über 200 Mio. Euro abgeregelt. Dafür soll aus Erdgas „blauer“ Wasserstoff hergestellt und die dabei anfallenden großen Mengen Kohlendioxid als gefährlicher Abfall unter der Nordsee endgelagert werden. Da verwundert der Beifall der fossilen Energiewirtschaft für diese Projekte nicht. Denn es geht bei der Endlagerung von Kohlendioxid (CCS) nicht um unvermeidbare Industrieemissionen, sondern vorrangig um die langfristige Nutzung von Erdgas.
Inzwischen sind es nicht mehr nur die Umweltverbände, die vor den völlig überzogenen Planungen für LNG-Terminals warnen. Auch die Bundesnetzagentur sieht, ebenso wie der zuständige Ausschuss des Bundestages, massive Überkapazitäten, die nicht der Versorgungssicherheit dienen. Die deutschen Gasspeicher konnten ohne eigene Terminals bereits im Sommer aufgefüllt werden und dürften nach Schätzungen der Bundesnetzagentur am Ende des Winters noch zur Hälfte gefüllt sein.
Das LNG-Terminalschiff Hoegh Gannet soll in Brunsbüttel zunächst ohne emissionsschutzrechtliche Genehmigung oder UVP betrieben werden. Das ist ungesetzlich. Trotzdem begrüßt Robert Habeck heute vor Ort die Ankunft des Schiffes.
Für die Bürger ist heute kein Tag zum Feiern. Weder wird die Versorgungssicherheit erhöht, noch gegen die Klimakatastrophe vorgegangen. Vielmehr tragen die Bürger bereits jetzt die massiven Kostensteigerungen durch das zu massiv überhöhten Preisen eingekaufte LNG. Darüber hinaus werden die Bürger die Folgen des Klimawandels und der Kohlendioxidendlager tragen müssen. Sie werden auch die Kosten für überdimensionierte LNG-Terminals mit Steuermitteln begleichen und die Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Deutschland durch ein Festhalten an fossilen Energieträgern ertragen müssen. Ausschließlicher Gewinner wird die fossile Energiewirtschaft sein, die maßgeblich für die Klimakatastrophe, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und Despoten, für Luftverschmutzung mit jährlich zehntausenden von Toten und noch viel mehr Erkrankten verantwortlich ist, die Öffentlichkeit ein halbes Jahrhundert belogen und betrogen hat und durch die Energiekrise exorbitante Gewinne zu Lasten der Bürger einfährt. Heute feiern ihre willigen Helfer ihren „Erfolg“.
Dr. Reinhard Knof, 20. Januar 2023
Bild: LNG-Terminalschiff „Hoegh Gannet“ hier im Panamakanal. Den Liegeplatz in Brunsbüttel musste das Schiff schon am 23.1.2023 wieder räumen und liegt auf einer Warteposition in der Nordsee bei Helgoland, wie viele andere LNG-Tanker weltweit auch. Das Schiff ist 294 m lang und hat einen Tiefgang von 10.40 m, Heimathafen Singapore.
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Lützerath:
Die Politik hat den Ernst der Lage nicht begriffen
Schon die ersten Tage des Jahres erinnerten uns daran, dass 2023 viel auf dem Spiel steht. Bei sommerlichen Temperaturen zu Silvester und einem bisher etwa 10 Grad zu warmen Januar hat jeder empfindende und denkende Mensch mittlerweile das mulmige Gefühl, dass wir ganz bestimmt keine 20 Jahre Zeit mehr haben um die Klimakatastrophe noch zu verhindern.
Doch die Stimmen des fossilen „Weiter so!“ sind noch viel zu laut in der Gesellschaft und die Macht der Fossillobby scheint ungebrochen.
Es macht uns fassungslos, dass sich die Politik entgegen der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimakatastrophe für die Zerstörung des Dorfes Lützerath und weitere Braunkohleverstromung entschieden hat. Lützerath ist ein Beleg dafür, wie wenig ernst die Politik den Klimaschutz und ihre eigenen Gesetze nimmt.
Am 24. Juni 2021 wurde ein neues Bundesklimaschutzgesetz verabschiedet. Zweck dieses Gesetzes ist „die Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele sowie die Einhaltung der europäischen Zielvorgaben zu gewährleisten. Grundlage bildet die Verpflichtung nach dem Übereinkommen von Paris aufgrund der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Danach soll der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden, um die Auswirkungen des weltweiten Klimawandels so gering wie möglich zu halten.“ (Bundes-Klimaschutzgesetz, Gesetze und Verordnungen, BMUV, 2021).
Der „Expertenrat für Klimafragen“ dessen Mitglieder von der Bundesregierung ernannt werden stellt fest, dass eine „sehr große Lücke“ zu den Zielen des Klimaschutzgesetzes besteht, dessen erlaubte Restemissionen sogar auf mindestens 2 Grad Erderwärmung hinauslaufen würden. Doch auch diese ungenügenden Verpflichtungen werden nicht eingehalten. https://www.expertenrat-klima.de/content/uploads/2022/11/ERK2022_Zweijahresgutachten.pdf
Wir sind weiter völlig ungebremst in Richtung Klimakatastrophe unterwegs. Laut einer aktuellen Studie der Weltmeteorologieorganisation WMO, könnte eine Erderwärmung von 1,5 Grad bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre erreicht sein und damit eine eskalierende Klimakettenreaktion drohen.
Eine brandaktuelle Studie namhafter Klimawissenschaftler mit dem Titel „Klima-Endspiel“ (2022) verweist auf die bisherige Vernachlässigung und Unterschätzung von Kipppunkten im Klima- und Erdsystem und auf eine bisher viel zu optimistische Einschätzung von Risiken.
Eine schnelle Erderwärmung von 3 Grad gefährdet möglicherweise bereits das Überleben der Menschheit (siehe: Klimakrise: Was passiert bei drei Grad Erderwärmung?, Spektrum der Wissenschaften). https://www.spektrum.de/news/klimakrise-was-passiert-bei-drei-grad-erderwaermung/2044870
Wird die Kohle unter den Garzweiler-Dörfern verbrannt, sind die Pariser Klimaziele für Deutschland nicht einzuhalten. Der 2030-„Kompromiss“ mit RWE bedeutet nur, dass die gleiche Menge Kohle früher verheizt ist.
Die 1,5-Grad-Grenze verläuft vor Lützerath
Wir zeigen uns solidarisch mit den Aktivist:innen vor Ort und unterstützen ihre Forderungen. Unser noch verfügbares CO2-Budget erlaubt keine weitere Verschwendung. Es ist nur noch schnelle konsequente Emissionseinsparung möglich, wenn wir der Verantwortung die wir in Paris 2015 übernommen haben ernsthaft nachkommen wollen. Die Zerstörung von Lützerath und die Verbrennung der Kohle wäre ein weiterer Schritt Richtung Verschärfung der Klimakatastrophe und bedroht direkt die Gesundheit und das Leben der Menschen. Jede Tonne CO2 die ausgestoßen wird führt dazu, dass noch mehr Menschen unter Hitzewellen, Extremwetter, Dürren, Hunger und sich ausbreitenden Krankheiten leiden werden. Jede weitere Tonne CO2 destabilisiert die Lebensbedingungen der Zukunft weiter, – deshalb muss die Kohle unter Lützerath im Boden bleiben, das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.
Wir haben inzwischen das Vertrauen in die Regierungspolitik auf Länder- und Bundesebene verloren. Angesichts der Klimakatastrophe, die mit brennenden Wäldern, ausgetrockneten Flüssen, Extremhitze vor unseren Haustüren angekommen ist, rufen wir alle Menschen auf sich am gewaltfreien zivilen Widerstand in Lützerath und anderswo zu beteiligen und die Politik und die Konzerne unter Druck zu setzen. Insbesondere die Wissenschaftler*innen dürfen sich nicht hinter komplizierten Modellen und Forschungsprojekten verschanzen, sondern müssen viel offensiver die Gesellschaft und die Politik über die drohenden Gefahren aufklären und sich dafür Verbündete in Medien und in der Zivilgesellschaft suchen. Eine Pressemitteilung reicht nicht zur Verbreitung der Wahrheit!
Es gibt keine Energiekrise, sondern eine lebensgefährliche Energie- und Ressourcenverschwendung
Wir fordern die Überwindung der Zwangswachstumsgesellschaft und ihrer unverantwortlichen Klima- und Verkehrspolitik durch geeignete, konsequente ordnungspolitische Maßnahmen, d.h. auch durch Verbote (z.B. von Kurzstreckenflügen und von Autowerbung), durch die Streichung und Umlenkung von fossilen Subventionen, den konsequenten Ausbau und die Subventionierung von ÖPNV und Zugverkehr, ein Tempolimit auf Autobahnen und warum nicht, durch ein wechselndes Fahrverbot in Abhängigkeit von der Endziffer des Nummernschildes, wie es die Internationale Energieagentur (IEA) vorschlägt? E-Autos sind keine Lösung der Klimakrise und nicht klimafreundlich, – schon wegen dem CO2-Rucksack ihrer Batterien. Der motorisierte Individualverkehr müsste insgesamt bald ein weitestgehendes Ende finden und wieder Raum geben für die Menschen und die Natur. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien müssen vor allem Energie, Rohstoffe und Transporte eingespart werden,- es muss also endlich der Übergang zu einer regional orientierten, naturverträglichen, klimaneutralen und lebensdienlichen Wirtschaftsweise in Angriff genommen werden.
Machen wir Lützerath zum Fanal eines Aufbruchs in diese Richtung und zum Symbol des Widerstands gegen die weitere Zerstörung der Lebensgrundlagen,- setzen wir der fossilen Wirtschaft und Politik endlich Grenzen. Seien wir ungehorsam, – aus wissenschaftlicher Einsicht und aus Liebe zu allem Lebendigen bleibt uns nichts anderes übrig.
Gemeinsame Erklärung von Wissenschaftlern, Autoren, Politikern, Klimaaktivisten und Bürgerrechtlern zur gewaltsamen Räumung von Lützerath
Foto von der Demonstration „Wir haben es satt!“ am 21.1.2023 in Berlin (wop)
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Räumung in Lützerath:
Das war erst der Anfang
Es ist wirklich schwer verdaulich, was da Anfang Januar im Rheinischen Braunkohlerevier zwischen Aachen und Köln geschah. Nicht nur das Ausmaß der Polizeigewalt gegen größtenteils gewaltfreie und ungeschützte Demonstrantinnen und Demonstranten. Nicht nur die Zerstörungswut der Beamten oder die Nonchalance mit der nach Berichten der Betroffenen das Leben von Menschen in den Baumhäusern und auf Pfahlkonstruktionen gefährdet wurde. Sondern das all das geschieht, um wertvollen Acker mit Deutschlands bestem Boden zu zerstören und den dreckigsten aller fossilen Energieträger aus der Erde zu buddeln. Und das rund 34 Jahre nachdem erstmalig ein Bericht einer Bundestags-Enquete-Kommission umfangreich die Ursachen und Gefahren des Klimawandels aufgezeigt hatte und nicht ganz 31 Jahre nach Unterzeichnung der Klimaschutzrahmenkonvention auf dem großen Erdgipfel in Rio de Janeiro.
Doch NRWs Innenminister Herbert Reul (CDU), der im Hitzesommer 2018 schon den illegalen Polizeieinsatz im nahegelegenen Hambacher Forst zu verantworten hatte, bei dem seinerzeit ein Video-Journalist starb, wirft den prominenten Aktivistinnen Luisa Neubauer und Greta Thunberg vor, sich nicht von den „Radikalen“ abzugrenzen. Wobei „radikal“ für Reul jeder zu sein scheint, der eine Polizeiabsperrung umgeht, um direkt in Lützerath oder an der Tagebaukante gegen die Räumung zu protestieren. Dem kann man nur mit UN-Generalsekretär António Guterres entgegen halten: „Die gefährlichen Radikalen sind in Wirklichkeit jene Länder, die die Produktion fossiler Brennstoffe steigern.“
Dem Vernehmen nach hat RWE die Räumung hinter vorgehaltener Hand nicht zuletzt politisch begründet. Die Protestierer dürften nicht ermutigt werden, sonst sei womöglich auch andernorts mit Blockaden zu rechnen. An diesem Punkt hat man sich ganz offensichtlich erheblich verrechnet. An den Tagen nach der Räumung wurden im Rheinischen Revier mehrere der der riesigen Braunkohlebagger besetzt. Auch eine Werkbahn, die das im gleichen Revier stehende Braunkohlekraftwerk Neurath versorgt, wurde mit einer Sitzblockade gestört. Außerdem machten Demonstrantinnen und Demonstranten die Zufahrt zum Tagebaus Garzweiler II dicht. An den darauffolgenden Wochenenden gab es weitere Demonstrationen am Tagebau und in der Nachbarschaft Lützeraths. Solidaritätsaktionen gab es auch andernorts, zum Beispiel in Berlin, wo Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Scientist Rebellion sich vor den Eingang der nordrhein-westfälischen Landesvertretung setzen und Kohlestücke verteilten.
Alles sieht danach aus, als ob die Räumung nicht der Endpunkt sondern ein neuer Höhepunkt der Klimaschutzbewegung gewesen ist, und das wäre auch bitter nötig. Der Klimawandel macht nämlich keine Pause. Allein im vergangenen Hitzesommer sind in West- und Südeuropa über 100.000 Menschen gestorben. Und das ist erst der Anfang. Der Kampf um Klimagerechtigkeit ist dringender denn je. (wop)
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Lützerath:
Proteste gehen weiter
Erkelenz. Trotz Schnee und Kälte versammelten sich am 22. mehrere hundert Menschen zu einer Kundgebung in Keyenberg am Tagebau Garzweiler II. Der Protest-Spaziergang zog von dort weite ins Nachbardorf Kuckum ziehen, wo die Veranstaltung mit einem Konzert von Dota Kehr und The Detectors abschloss. Klima-Aktive, die sich gegen den Abriss von Lützerath eingesetzt haben, machten ihre Entschlossenheit deutlich, den Widerstand gegen Kohleabbau fortzuführen. „Die Kohle muss im Boden bleiben – unter Lützerath und überall“, sagte eine Sprecherin.
Im Rückblick auf die Proteste für den Erhalt von Lützerath betonten verschiedene Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung die Legitimität zivilen Ungehorsams.
Ralf Bussberg von Alle Dörfer Bleiben kommentiert: „Tausende Menschen sind am Samstag auf Felder gegangen, die RWE gesperrt hatte, um den Kohleabbau zu ermöglichen. Dieser bewusste Regelübertritt war legitim und notwendig. In Umfragen 2021 und vor wenigen Tagen sprach sich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland gegen die Ausweitung der Braunkohle-Tagebaue aus. Wenn die Regierung das zugunsten der Interessen von Konzernen ignoriert, ist ziviler Ungehorsam angebracht! In der Vergangenheit haben soziale Bewegungen auf diese Weise grundlegende Rechte für uns erkämpft“
„Angesichts der Klimakatastrophe sollte weltweit keine einzige Tonne fossiler Brennstoffe mehr subventioniert und verbrannt werden. Die Zerstörung von Lützerath steht für das Ignorieren wissenschaftlicher Erkenntnisse durch politische Entscheider:innen. Garzweiler II lässt die sichere Klimazone für die Menschheit noch weiter im Rückspiegel verschwinden“, sagt Dr. Matthias Schmelzer von Scientist Rebellion.
Im Januar hatten etwa 1.300 WissenschaftlerInnen ihre Unterstützung für friedlichen zivilen Ungehorsam ausgesprochen [https://scientistrebellion.com/open-letter-against-the-expansion-of-the-open-cast-lignite-mine-garzweiler-ii/].
Für die Initiative Lützerath Lebt! äußert sich Mara Sauer: „Die Aufmerksamkeit für Polizeigewalt durch die Räumung Lützeraths ist so wichtig wie überfällig. Die Polizei war nicht erst auf der Demonstration am 14.01. gewalttätig, sondern hat auch schon zuvor in Lützerath während der Räumung Menschenleben gefährdet. Darüber hinaus ist die Gewalt, die wie hier erlebt haben brutaler Alltag für viele Menschen. Allein 2022 hat die Polizei in Deutschland dreißig Menschen ermordet wie auch zuletzt den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé - und immer wieder wird diese Gewalt durch Rassismus sowie Ausgrenzung gedeckt und legitimiert.“
Sumejja Dizdarević, Pressesprecherin für Fridays for Future NRW: „Wir haben in Lützerath wieder gezeigt, wie viele wir sind, die sich seit Jahren organisieren um gemeinsam für Klimagerechtigkeit zu kämpfen. Lützerath ist ein Ort der Bewegung und wir haben viel voneinander gelernt, was jetzt in alle Städte getragen wird. Der Kampf gegen fossile Energien in Deutschland ist so verbündet wie nie zuvor und wir werden weiter das Versagen von Regierungen aufzeigen: Heute in Keyenberg, in vielen Städten in den nächsten Tagen und am 03.03.2023 beim Globalen Klimastreik.“
Luka Scott von Ende Gelände: „Auch wenn RWE Lützerath zerstört, wir kämpfen weiter: Bis keine Kohle mehr verbrannt, kein Fracking-Gas mehr angelandet, keine Autobahn mehr gebaut wird. Lützerath steht für alles, was falsch läuft im fossilen Kapitalismus. Die Politik handelt im Hinterzimmer antidemokratische Deals mit Konzernen aus und setzt sie anschließend mit Polizeigewalt durch, um die Profite des fossilen Kapitals zu sichern. Lützerath steht aber auch für den Zusammenhalt und die Power der Bewegung für Klimagerechtigkeit. Ab jetzt ist Lützerath überall!“
Presseerklärung des Bündnisses „alle Dörfer bleiben“ vom 22. Januar 2023
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Protestdemos in Kiel:
„Preise runter. Die Reichen zur Kasse!“
Bis zu 300 Demonstrant*innen zogen am heutigen Samstagnachmittag (03.12.2022) unter dem Motto Demo „Preise runter – die Reichen zur Kasse!“ vom Bootshafen in der Kieler Innenstadt zum Südfriedhof. Die Veranstaltung forderte Preisstopps und Vergesellschaftungen bei Gütern und Infrastruktur der Grundversorgung sowie die umfassende Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten.
Trotz des regnerischen Wetters war die Demo durch eine laute, kämpferische und inhaltsstarke Außenwirkung geprägt. Durchgehend wurden in allen Bereichen des Aufzugs Sprechchöre gerufen, hunderte Flugblätter verteilt und Durchsagen zum Anliegen der Demonstration vorgetragen. Desweiteren heizte die Trommelgruppe Rythyms of Resistance gegen die ungemütlichen Temperaturen ein.
Bei einer Zwischenkundgebung am Hauptbahnhof forderte das Bündnis „Preise runter!“ zur Finanzierung der Krisenkosten Milliardäre und profitable Konzerne zur Verantwortung zu ziehen. In der Harmstraße sprach ein Mieter des Wohnraumkonzerns LEG über untragbare Zustände in Objekten des Spekulanten in der Mühlenstraße. An zwei gut frequentierten Supermärkten am Südfriedhof sprach ein Bündnis-Redner über die aktuell historisch hohe Inflation und rasante Preissteigerungen und forderte Preisbremsen und die Besteuerung von Reichtum und Krisenprofiteuren. Auf der Abschlusskundgebung sprachen zwei Beschäftigte aus dem Gesundheits- und Erziehungssektor und prangerten jeweils unverantwortliche und unwürdige Arbeitsbedingungen an. Zentrale Forderungen der Redner*innen waren, Gesundheitsversorgung und Fürsorge von der fatalen Profitlogik des Marktes zu befreien. Außerdem wurden alle solidarischen Menschen dazu aufgerufen, laufende und bevorstehe Arbeitskämpfe insbesondere in diesen Bereichen zu unterstützen.
Die heutige Demo kann als inhaltlich überzeugend und in Anbetracht der allgemeinen Rahmenbedingungen zufriedenstellend bewertet werden. Bereits im Oktober hatten in Kiel 600 Teilnehmer*innen unter selbiger Losung demonstriert. Das veranstaltende Bündnis kündigte Folgeproteste an. (gst)
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Preise runter, die Reichen zur Kasse!
Unter der Parole „Preise runter, die Reichen zur Kasse“ gingen in Kiel im Oktober und Dezember letzten Jahres auf zwei Demonstrationen rund 600 bzw. 250 Menschen lautstark auf die Straße.
Rede von Andreas Meyer auf der Kundgebung am 3.12.2022 in Kiel
In den Reden und Forderungen wurde deutlich, zu welcher dramatischen sozialen Schieflage diese Krise und die Maßnahmen der Regierung führen. Während auf der einen Seite infolge der Inflation und der Einkommensverhältnisse viele Menschen den Gürtel enger schnallen müssen, um bis zum Monatsende überhaupt über die Runden zu kommen, streichen große Konzerne Extraprofite ein und gönnen sich Manager und Aktionäre selbst in subventionierten Konzernen noch satte Dividenden und Boni. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer mehr. Nach einer Oxfam Studie zählt Deutschland im internationalen Vergleich zu den Industrieländern mit der größten Verteilungsungerechtigkeit. Diese Entwicklung kann nur durch eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums gestoppt werden.
In der Daseinsvorsorge hat die ständig zunehmende Privatisierungen und die damit verbundene Profitorientierung zu einer starken Unterversorgung und zu einer maroden Infrastruktur geführt. Überfüllte Krankenhäuser, fehlende oder gestresste Pflegekräfte, Lehrermangel und undichte Fenster in Schulen sind u.a. der traurige Ausdruck davon. Daher ist es zwingend notwendig, durch eine Vergesellschaftung in diesen Bereichen eine Versorgung herzustellen, die nicht dem Gewinninteresse privater Investoren dient, sondern einer bedarfsgerechten Daseinsvorsorge.
Wachsende Überschuldung und Armut durch die Inflation und Einkommensentwicklung
Neben diesen grundsätzlichen Forderungen der Demonstrationen soll im Folgenden konkreter auf die sozialen Folgen der Inflation eingegangen werden. Wer heute in den Supermarkt geht, reibt sich bei den gestiegenen Preisen die Augen. Wir haben seit den 1950er Jahren mit über 10 Prozent die höchste Inflation in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch diese 10 Prozent sagen als Durchschnittswert nichts über die allgemeinen Lebenshaltungskosten aus. Die schnellen noch viel stärker durch die Decke. Das gilt besonders für Energiekosten und Lebensmittel.
Die Verbraucherpreise für Energie sind laut statistischem Bundesamt im November um 43 Prozent gestiegen und die für Nahrungsmittel um über 20 Prozent. Doch auch das sind Durchschnittswerte, die von vielen Nahrungsmitteln deutlich überschritten werden. So lag die Preissteigerung im Oktober 2022 gegenüber dem Vorjahr zum Beispiel bei Speisefetten und Speiseölen bei 49 Prozent, bei Molkereiprodukten und Eiern bei 29 Prozent und bei Gemüse bei 23 Prozent.
Kann man zur Not auf einen Restaurant- oder Kinobesuch verzichten, sind die Einsparmöglichkeiten bei Lebensmitteln des täglichen Bedarfs kaum noch möglich. Das gilt nicht nur für Menschen, die sich mit einer Grundsicherung von rund 450 € durch das Leben schlagen müssen, sondern auch für Familien mit einem mittleren oder niedrigen Einkommen. Die Erhöhung der viel zu niedrigen Grundsicherung um rund 50 Euro (+ 11%) fängt nicht einmal die Preissteigerungen bei den Lebenshaltungskosten auf. Daher fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband mindestens eine Erhöhung von 200 Euro. Doch stattdessen wurde im Zusammenhang mit dem sog. Bürgergeld in Politik und Medien eine unsägliche Debatte darüber geführt, ob der Einkommensabstand zwischen Hartz IV-Empfänger*innen und Empfänger*innen von Mindestlöhnen ausreichend genug ist.
Statt das ungeheure Gefälle zwischen Arm und Reich in diesem Land zum Thema zu machen, wurde versucht, Menschen mit niedrigem Einkommen gegen arme Menschen auszuspielen. Beim Treten nach unten bleiben in unserer sozialen Hierarchie am Ende noch Migrant*innen und Flüchtlinge.
Doch abgesehen von diesem miesen Spiel wurde bei dem Einkommensvergleich auch noch mit falschen Zahlen operiert. Eine Berechnung des DGB hat entgegen der Propaganda aus neoliberalen Kreisen ergeben, dass beispielsweise ein kinderloses Paar, das 28,5 Stunden für den Mindestlohn arbeitet, 2.290 Euro netto im Monat verdient. Einem Paar, das “Bürgergeld“ erhält, steht inklusive Warmmiete nach Statistik der Arbeitsagentur 1.485 Euro zur Verfügung. Das ergibt einen Unterschied von 832 Euro. Obwohl diese Differenz deutlich ist, ist auch klar, dass beide Einkommen nicht für ein auskömmliches Leben reichen.
Doch auch die durchschnittlichen Einkommen hinken weit hinter der Inflationsrate hinterher. Vergleicht man die Inflation mit der Lohnentwicklung 2022, so ergibt sich laut statistischem Bundesamt für das 3. Quartal 2022 ein Reallohnverlust von 5,7 Prozent. Dabei wird die Inflationsrate insgesamt zugrunde gelegt. Der Kaufkraftverlust der Einkommen fällt im Bereich der Lebenshaltungskosten, wie oben gezeigt, noch viel deutlicher aus.
Über 40 Prozent der Menschen in diesem Land haben keine Rücklagen, mit denen sie unvorhergesehene Ausgaben auffangen können. Dadurch sind besonders Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen von Überschuldung und auch von Armut bedroht. Das zeigen unter anderem die langen Schlangen vor den Tafeln. Vielerorts können sie den Bedarf nicht mehr decken. Mehr und mehr Bedürftige stehen inzwischen vor verschlossenen Türen.
Dabei ist die Tatsache, dass diese karitativen freiwilligen Hilfsangebote inzwischen ein fester Bestandteil in der Armutsversorgung in diesem Staat geworden sind, ein sozialpolitischer Skandal. Eigentlich müssten sie durch eine auskömmliche staatliche Grundsicherung überflüssig sein.
Wer bei diesen Verhältnissen auch noch eine neue Wohnung suchen muss, ist bei den explodierenden Mieten besonders bei Neuvermietungen völlig angeschmiert. Allein die durchschnittliche Kaltmiete liegt in Kiel 2022 bei 9.66 Euro pro qm. Das macht bei 70 qm eine Kaltmiete von 676 Euro. Mit Heizung, Strom und Betriebskosten liegt eine solche Wohnung im Schnitt deutlich über 1.000,- €.
Die Mietpreisentwicklung der letzten Jahre führte dazu, dass mehr und mehr Menschen 40 Prozent und mehr für ihre Wohnung ausgeben müssen. Durch die Explosion der Energiekosten, wird sich diese Entwicklung noch verschärfen. Schon jetzt sind in Kiel nicht zuletzt infolge zu hoher Mieten wachsender Überschuldung und eines dramatischen Mangels an sozialen Wohnungen über 2000 Menschen wohnungslos.
Die von der Bundesregierung beschlossenen Hilfspakete und die Gaspreisbremse können bestenfalls die Kostenexplosion für das Heizen etwas abfedern. Doch hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Inflation insgesamt sind sie weitgehend wirkungslos. Auch die Konstruktion der Hilfsmaßnahmen ist sozial völlig unausgewogen. Anstatt die Hilfen an diejenigen zu verteilen, die sie benötigen, werden sie mit der Gießkanne auch an diejenigen verteilt, die sie überhaupt nicht brauchen.
Die vorgesehenen abgabenfreien Einmalzahlung von maximal 3.000 Euro für Arbeitnehmer*innen sind für Arbeitgeber freiwillige Leistungen. Schon jetzt wird laut Angaben der Gewerkschaft deutlich, dass sich viel Firmen nicht daran halten, die Beträge deutlich unterschreiten oder sie mit dem Weihnachtsgeld verrechnen.
Inflationstreiber und Krisengewinner
Natürlich ist der wesentliche Faktor für die Inflationsentwicklung besonders in Deutschland der Verzicht auf vergleichsweise günstiges Gas und Öl aus Russland. Das ist eine politische Reaktion der Regierung auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit dem Ziel, Russland in seiner Kriegsführung zu schwächen. Darüber, ob diese Sanktionen berechtigt, sinnvoll und hinsichtlich des beabsichtigten Ziels wirksam sind, kann man sich streiten. Sie aber als eine zwangsläufige Folge des Ukraine-Krieges darzustellen, wie das von Politik und in Medien oft geschieht, ist schlicht irreführend. Der Verzicht auf russisches Gas und Öl folgt keinem Naturgesetz, sondern er ist die bewusste politische Entscheidung dieser Regierung, die sie auch zu begründen und politisch zu verantworten hat.
Die Verknappung von Gas und Öl auf dem Weltmarkt und der Verzicht auf vergleichsweise günstige Energie aus Russland hat besonders den Energiekonzernen exorbitante Gewinne ermöglicht. Allein die sechs größten Öl- und Gaskonzerne haben ihre Gewinne im ersten Halbjahr 2022 um 60 Milliarden Dollar erhöht. Davon fallen für den deutschen Markt Übergewinne von 38 Milliarden Euro für Öl und 25 Milliarden für Gas an. Diese Beträge sollen nun insgesamt nach Vorstellungen unseres Finanzminister Lindner mit einer Übergewinnsteuer von läppischen 1 Milliarde Euro besteuert werden.
Doch nicht nur die großen Energiekonzerne nutzen die Krise zur Gewinnmaximierung, sondern auch viele andere Firmen, die mit dem Hinweis auf gestiegene Energiekosten staatliche Finanzhilfen einstreichen und überschüssiges subventioniertes Gas weiterverkaufen, oder aber ihre Preise weit über die gestiegenen Kosten erhöhen. Dazu gehören neben Lebensmittelkonzernen auch Produzenten erneuerbarer Energien. Darüber hinaus verdienen sich Aktionär*innen von Rüstungskonzernen mit über hundert Milliarden schweren Aufrüstungsprogrammen goldene Nasen.
Schluss mit der Armut, Reichtum umverteilen !
Wir sehen also, diese Krise erhöht noch einmal die Kluft zwischen Arm und Reich. Die Inflation und eine viel zu niedrige Grundsicherung stürzen Menschen mit niedrigem Einkommen in existenzielle Krisen und auch die Mittelschicht ist von erheblichen Einschränkungen bis hin zur Armutsgefährdung betroffen. Um diese soziale Ungerechtigkeit zu verringern, müssen endlich die Reichen zur Kasse gebeten werden.
Dazu gehören mindestens :
• eine deutliche Erhöhung der Erbschaftssteuer
• die Wiedereinführung der Vermögenssteuer
• eine Vermögensabgabe bei Privatvermögen ab 2 Millionen Euro
• eine Übergewinnsteuer, die die Übergewinne insgesamt abschöpft
• ein Mietpreisdeckel
• die Vergesellschaftung von Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge und
großer Wohnungskonzerne
(Andreas Meyer, attac Kiel)
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Europas wahnsinnige Energiepolitik
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sich die Staaten der EU, allen voran Deutschland, weitgehend von russischem Pipelineerdgas entkoppelt. Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg aussieht, ist in Wirklichkeit in vielfacher Hinsicht eine Ansammlung von Katastrophen.
Mit dem Leerkaufen der internationalen LNG-Märkte (LNG, Liquid Natural Gas = verflüssigtes Erdgas) wurde die Energieversorgung im Globalen Süden empfindlich geschädigt. Das hat dramatische Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Energieversorgung und die politische Stabilität und fördert gleichzeitig Armut und Hunger. Gleichzeitig hat diese Europa-first-Politik dem Globalen Süden erneut vor Augen geführt, wie wenig die „werteorientierte“ Politik der EU im Krisenfall wert ist. In ihrer vom Westen verursachten Not wenden sich die Länder des Globalen Südens Russland zu. So haben z.B. Pakistan und Indien mit Russland langfristige Lieferverträge für Öl und Gas abgeschlossen bzw. verhandeln diese derzeit. Damit machen sie sich unabhängig von den politischen Entscheidungen der EU, was ihre Energieversorgung betrifft. Dafür steigt der russische Einfluss im Globalen Süden derzeit stark an.
Nach dem Scheitern von Nord-Stream 2 soll jetzt eine massiv überdimensionierte LNG-Infrastruktur ohne Rücksicht auf die Umwelt, das Klima oder demokratische Beteiligungsrechte durchgedrückt werden. Die mit heißer Nadel gestrickte gesetzliche Grundlage musste nach wenigen Monaten erneut verschärft werden, um die geplanten Vorhaben der gerichtlichen Kontrolle noch weiter zu entziehen. Gleichzeitig explodieren die Kosten innerhalb weniger Monate für die Steuerzahler von ursprünglich rund 3 Mrd. Euro auf derzeit rund 10 Mrd. Euro. Ein Ende der Kostenexplosion ist genauso wenig absehbar, wie die Realisierung der Vorhaben.
Absehbar ist jedoch, dass durch den massiven Ausbau der LNG-Infrastruktur, insbesondere in Deutschland, das Erreichen des 1,5°C-Ziels torpediert wird. Die Gasversorgung Europas von der arabischen Halbinsel wird dort zur Erschließung weiterer Vorkommen führen. Bereits die von Katar geplante Förderung von Erdgas reicht aus, um das gesteckte Klimaziel zu verfehlen, wenn man nur das CO2 aus der Verbrennung des Erdgases betrachtet. Werden alle Emissionen der Prozesskette, also auch die Methanverluste bei Förderung, Verflüssigung, Transport, Regasifizierung, erneutem Transport und Nutzung des Erdgases betrachtet, dann ist mit einer vielfach höheren Klimaauswirkung zu rechnen.
Das Ziel, Russland die Mittel zur Führung des Ukrainekrieges zu entziehen, ist richtig. Allerdings wird dieses Ziel verfehlt: 1. Russland verkauft seine , Kohle-, Öl- und Gasvorräte statt an die EU an Länder, die unter der rücksichtslosen Beschaffungspolitik der EU leiden, 2. Europa bezieht ca. 50% des für Atomkraftwerke benötigten Urans aus Russland und 3. Die Staaten der EU haben das billige russische Pipelineerdgas zu einem erheblichen Teil durch teures russisches LNG ersetzt. Wie aus Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervorgeht, bezieht Deutschland derzeit rund 5 bis 6 Prozent seines Erdgases über russisches LNG. Europa importiert rund 13 Prozent seines LNG aus russischen Quellen, bisher im Jahr 2022 insgesamt für 27 Mrd. Euro. Der Bundeswirtschaftsminister verweigert bis heute rechtswidrig Auskunft zum bisherigen Bezug von LNG für Deutschland, insbesondere über den russischen Anteil an den Lieferungen, da er damit die Absurdität der deutschen Energiepolitik offenbaren würde. Warum wird nicht das russische Erdgas durch unser Biogas ersetzt, das ins Gasnetz eingespeichert werden könnte?
Warum werden die falschesten Anreize gesetzt, die möglich sind, indem mit der geplanten Übergewinnsteuer von (Bürger-)Wind- und Solarparks 90%, von Braunkohle- und Atomkraftwerkskonzerne 33 % und von Steinkohle- und Gaskraftwerksbetreibern null Prozent der zusätzlichen Gewinne abgeschöpft werden sollen? Warum werden die Übergewinne der Mineralölkonzerne gar nicht erwähnt? Was ist das für eine Klima- und Energiepolitik?
Die einzige Alternative zu dieser rückwärtsgewandten fossilen Energiepolitik ist ein konsequenter schneller Ausbau der Erneuerbaren Energien, der „Freiheitsenergien“. Wir erwarten von einem grünen Wirtschaftsminister, dass er alle Mittel einsetzt, die sauberen einheimischen Energien (Wind, Sonne, Wasser, Erdwärme…) zu fördern, statt durch Zigmilliarden Euro für LNG-Terminals die fossile Abhängigkeit von autokratischen Staaten zu zementieren.
Infos: https://fragdenstaat.de/anfrage/russische-lng-importe/
Pressemitteilung vom 12. Dezember 2022
Dr. Reinhard Knof, https://www.keinco2endlager.de/
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Imland-Klinik:
Gesundheitsversorgung auf dem Abstellgleis
Nachdem die kommunale Imland-Klinik gGmbH in Rendsburg und Eckernförde am 9.12.2022 beim Amtsgericht Neumünster einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverantwortung gestellt hat, geht die Diskussion im Kreistag Rendsburg-Eckernförde um die Zukunft der Klinik weiter.
Auf der letzten Hauptausschusssitzung am 8.12.2022 hatte der Kreis über den zukünftigen Haushalt verhandelt und für die Klinik nur 6 Mio. Euro Unterstützung bewilligt. Weil die Sparkasse Mittelholstein angeblich das Sanierungkonzept der Klinik nicht mitträgt, hatte sie ihr Pfandrecht ausgeübt und der Klinik 5 Mio. Euro entzogen. Das Handeln der Bank ist eine bewusste Provokation, um die Privatisierung der Klinik zu erzwingen. Im nächsten Jahr kommen zu den steigenden Kosten für Energie und Sachausgaben, wie Wäscherei, Lebensmittel und Medizinprodukte auch die berechtigten Tarifsteigerungen für das Personal, so dass die Klinikleitung mit einem weiteren Defizit von 26 Mio. rechnet. Hinzu kommt das Minus von 46 Mio. aus dem bisherigen Betrieb der Klinik, die der Kreis als Gesellschafter aufbringen muss.
Als Grund für die Insolvenz wurde dringende Zahlungsunfähigkeit und eine komplizierte Rechtslage nach dem Bürgerentscheid genannt. Die Patientenversorgung mit über 800 Betten sei aber weiterhin gesichert und auch die Gehälter der 2400 Beschäftigten, die in den nächsten drei Monaten von der Arbeitsagentur übernommen werden.
Nach dem eindeutigen Ergebnis des Bürgerentscheids für den Erhalt der Kliniken mit Gynäkologie und Geburtshilfe, sowie Notaufnahme in Eckernförde versuchte die Klinik-Geschäftsführung für weitere Einschnitte Stimmung zu machen. In der Versorgung durch Reduzierung auf nur noch 400 Betten in Rendsburg und Zusammenlegung von Fachabteilungen sowie weiteren Einschnitten im Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe. Dies wird vor allem aber begründet mit zunehmendem Personal- und Fachärztemangel.
Bis klar ist, ob von der Landesebene finanzielle Unterstützung über den zukünftigen Krankenhausplan kommt, wurden zunächst vom Kreis 16 Mio. Euro versprochen, worüber der Kreistag am 19.12. entscheiden muss. Das würde aber bei Weitem nicht reichen, die fehlenden 46 Mio. Euro auszugleichen. Die jetzt zugesagten 6 Mio. reichen gerade um den Boykott der Bank auszugleichen.
Die CDU-Mehrheit im Kreistag RD-ECK und der Landrat Rolf-Oliver Schwemer beabsichtigt die Privatisierung der Klinik, weil „der Kreis mit dem Betrieb eines Krankenhauses strukturell überfordert“ sei. Man befinde sich in einem „existenzgefährdenen Dilemma“.
Vorauseilend hat der Landrat Schwemer bereits Gespräche mit privaten Krankenhausbetreibern geführt, die weitgehende Zugeständnisse gaben, wie Verbleib der Beschäftigten im Tarif des öffentlichen Dienstes und den Standort Eckernförde langfristig zu erhalten, aber das stehe fest, ohne Gynäkologie und Geburtshilfe. Genau dass, was im mehrheitlich entschiedenen Bürgerentscheid im November gefordert wurde.
Die vom Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Reform der Krankenhausfinanzierung, die angeblich mehr Geld für Leistungen und Einrichtungen bereitstellen soll, statt sich wie bisher an Fallpauschalen zu orientieren, kommt möglicherweise zu spät. In den nächsten drei Monaten muss die im Amt verbleibende Geschäftsführung zusammen mit einem vom Gericht bereitgestellten Sachverwalter ein Sanierungskonzept erarbeiten. Dafür stehen schon Unternehmensberater bereit, die für die Privatisierung spezialisiert sind. Die SPD im Kreis erklärte, dass sie weiterhin zum Erhalt beider Standorte der Imland-Klinik stehen. „Wir sind nach wie vor bereit, eine Insolvenz durch ein vom Kreis als Träger gelenktes und finanziertes Sanierungskonzept abzuwenden.“
Welche Einschnitte dabei herauskommen und ob sie eine Privatisierung der Klinik abwenden können, darauf dürfen wir gespannt sein. Nach einem Aufruf des Bündnisses Klinikrettung sei bundesweit die Schließung oder Privatisierung von 700 Krankenhäusern beabsichtigt. Die Pflegekräfte fliehen aus dem Beruf, weil die Arbeitsbedingungen katastrophal sind. Die Gesundheitsversorgung gerade auch im ländlichen Raum ist in Gefahr.
(uws)
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