Daten/Fakten  

   

Kommentar

Der Braunkohle-Skandal

Eigentlich ist es eine ganz einfache Rechnung. Im Pariser Klima-Übereinkommen heißt es klipp und klar, die globale Erwärmung soll „deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau“ gehalten und bei 1,5 Grad Celsius gestoppt werden, denn dahinter wird es schon bald ziemlich ungemütlich.
Man kann mit einiger Genauigkeit berechnen, wie viele Treibhausgase noch in die Luft geblasen werden dürfen, wenn diese Zielmarken nicht gerissen werden sollen. Viel ist das nicht. 340 Milliarden Tonnen sind es ab Anfang 2020 noch. Soviel emittiert die Menschheit derzeit – hauptsächlich natürlich die reichen Länder – in achteinhalb Jahren. Deutschlands Anteil wäre gemessen an der Einwohnerschaft 3,9 Milliarden Tonnen. So viel ginge noch, danach muss Schluss sein. Im Augenblick emittiert Deutschland jährlich zwischen 0,7 und 0,8 Milliarden Tonnen CO2. Die Bundesregierung mag diese Rechnung gar nicht. „Ach unter all diesen Tonnen kann sich doch keiner was vorstellen“, so Bundesumweltministerin Svenja Schulze letztes Jahr auf hartnäckige Nachfragen von Rundfunkjournalisten. Für diese Aversion hat sie einen guten Grund. An dieser Rechnung kann man nämlich sehr schnell ablesen, was von den Kohleausstiegsplänen ihre Regierung zu halten ist: Absolut gar nichts.
Schon der vor einem Jahr in der Kohlekommission gefundene Kompromiss war ein äußerst fauler, weil vollkommen unzureichend. Aber was jetzt Mitte Januar für die Braunkohle beschlossen wurde ist einfach nur noch skandalös. Bis 2038 sollen die letzten Braunkohlekraftwerke weiter laufen. Dabei müssten sie, als die besonders klimaschädlichen, als erste abgeschaltet werden. Allein die sechs Blöcke, die noch bis 38 laufen sollen, werden in dieser Zeit mindestens ein Milliarde Tonnen CO2 ausstoßen, also bereits ein Viertel dessen was Deutschland sich noch leisten kann.
Mit anderen Worten: Die Bundesregierung pfeift auf Klimaschutz und internationale Verträge, lügt dabei noch, dass sich die Balken biegen und schmeißt RWE und der ostdeutschen LEAG über vier Milliarden Euro für ihre Uralt-Kraftwerke hinterher, die längst abgeschrieben sind. Kein Wunder, dass sich selbst in Kiel SPD-Kommunalpolitiker meinen, hinter Polizeihundertschaften verstecken zu müssen, wenn sie ein neues Kraftwerk einweihen. Eine solche Politik lässt sich gegenüber den betrogenen Generationen auf Dauer nur mit massiver Repression und gegenüber den besonders betroffenen Menschen im Süden nur mit Krieg durchsetzen. Danke Union, danke SPD. (wop)

Kiels neues Kraftwerk:

Auch Erdgas heizt das Treibhaus

Nun hat Kiel also ein Gaskraftwerk, ein Kraftwerk, das zunächst und auf absehbare Zeit mit Erdgas betrieben wird. Die örtlichen Honoratioren klopfen sich gegenseitig auf die Schulter, weil das Kohlekraftwerk stillgelegt wurde. Zwar wollten sie es eigentlich durch ein neues, viel größeres Kohlekraftwerk ersetzen, wovon sie erst heftiger Bürger-Protest abbringen musste. Aber davon reden sie nicht so gerne, schließlich wollen sie die Kieler nicht ermutigen, ihnen noch mal in den Arm zu fallen.
Nun also Erdgas. Und damit ist die Klimakrise abgewendet? Mitnichten. Erdgas ist zwar besser als Kohle, denn bei seiner Verbrennung wird deutlich weniger Kohlendioxid freigesetzt, aber eben nur weniger, nicht null. Auch das neue Kraftwerk wird eine Quelle von Treibhausgasen sein.

Der Klimanotstand

Wie passt das aber mit dem Beschluss des Klimanotstands zusammen, den die Ratsversammlung letztes Jahr gefasst hat? Klimawissenschaftler wie Stefan Rahmstorf von Potsdam Institut für Klimafolgenforschung – der übrigens in Kiel promoviert hat – mahnen seit Jahren unermüdlich, dass wesentlich mehr geschehen muss.
Wenn Deutschland seinen auch nur halbwegs gerechten Anteil zur Erfüllung der Pariser Klimaziele beitragen will, müssen die Emissionen bis 2035 auf Null runter sein, so Rahmstorf. Das Ziel lautet, die globale Erwärmung auf „deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“ und nach Möglichkeit auf 1,5 Grad Celsius. 1,1 Grad Celsius ist bereits erreicht.

Werden die Emissionen nicht in den nächsten Jahren drastisch reduziert, dann könnten 1,5 Grad globale Erwärmung bereits in den 30er Jahren erreicht sein. Die Folgen wären u.a. das Absterben sämtlicher Korallenriffe in den tropischen und subtropischen Gewässern, zunehmende Dürren, deutlich gewalttätigere Stürme und eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass an den Polen einige der großen Eismassen unwiederbringlich destabilisiert werden.

CO2-Emissionen

Erdgas kann also besten Falls eine Übergangslösung sein, denn bei der Verstromung von Erdgas fallen in einem modernen Kraftwerk immer noch 410 bis 430 Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde elektrischer Energie an. In einem Braunkohlekraftwerk sind es hingegen in den besten 980 und in vielen älteren Anlagen, wie sie in Deutschland immer noch laufen, bis zu 1280 Gramm pro Kilowattstunde. Die Steinkohlekraftwerke liegen mit 790 bis 1080 Gramm pro Kilowattstunde dazwischen.

Die Angaben stammen aus der Süddeutschen Zeitung und berücksichtigen auch die Emissionen aus dem Energieaufwand für Gewinnung und Transport der Brennstoffe sowie dem Bau der Kraftwerke. Sie setzen unter anderen voraus, dass konventionelles Erdgas eingesetzt wird, wie in Deutschland bisher üblich. Mit den geplanten Flüssiggasterminals an der Nordseeküste, eines davon in Brunsbüttel, könnte jedoch künftig auch Fracking-Gas aus den USA ins deutsche Gasnetz eingespeist werden. Dazu unten mehr.

Die Emissionsbilanz des Kieler Kraftwerks verbessert sich zudem in dem Maße, wie es gleichzeitig Fernwärme liefert, also Emissionen überflüssig macht, die andernfalls durch Heizungen in den Häusern entstehen würden. Wie stark dieser positive Effekt zu Buche schlägt, hängt aber stark von der Nutzung des Kraftwerks in der Praxis ab:

Wird es tatsächlich nur in dem Maße betrieben, wie es Bedarf an seiner Abwärme gibt? Oder wird es eher so betrieben, dass möglichst viel Strom produziert und am Markt verkauft wird? Letzteres wäre aus Sicht der Energieeffizienz und damit der Emissionsminderung nur sinnvoll, wenn die gerade nicht benötigte Wärme für späteren Bedarf gespeichert werden könnte.

Erdgas und Alternativen

Noch besser wäre es allerdings, wenn ganz auf Erdgas verzichtet würde, denn auch dieser Brennstoff ist alles andere als unproblematisch. Zum einen enthält Erdgas im Rohzustand allerlei giftige Bestandteile, die ausgewaschen werden müssen. Dazu gehören neben CO2, Quecksilber, Schwefel, Schwefeldioxid und Schwefelwasserstoff.

Gereinigtes Erdgas besteht hauptsächlich aus Methan und kann einen kleineren Teil Wasserstoff enthalten. Methan ist auch der wichtigste Teil des Biogas, weshalb gereinigtes Biogas – auch aus diesem muss u.a. Schwefel entfernt werden – problemlos ins Erdgasnetz eingespeist werden kann.

Das Problem beim Biogas ist natürlich, dass es viele Flächen braucht, die dann für die Erzeugung von Nahrungsmitteln fehlen. Daher ist eine weitere Ausweitung eigentlich kaum sinnvoll. Besser ist es, Biogas aus Abfallstoffen zu gewinnen, was sicherlich vermehrt geschehen könnte.

Die bisher üblichen Maiswüsten, mit denen die Biogasanlagen gefüttert werden, müssen nicht unbedingt sein. Das Gas könnte, mit leicht verminderter Ausbeute zum Beispiel aus speziellen Blumenwiesen mit viel Lupinen und anderen mehrjährigen Pflanzen gewonnen werden. Dafür wäre gezielte Förderpolitik und ein bisschen mehr Forschung nötig.

Außerdem kann Wasserstoff elektrolytisch mit Strom erzeugt und dem Erdgas beigemischt werden. Letzteres ist eine Option, die zur Speicherung eines Überangebots von Wind-Strom diskutiert und zum Teil auch in einigen Pilotprojekten bereits praktiziert wird. Zum Beispiel seit 2016 in Hamburg oder ab diesem Jahr in Haurup bei Flensburg.

Methan-Emissionen

Beim Bio- wie beim Erdgas muss man besonders aufpassen, dass es nicht in die Atmosphäre entweicht. Zum einen natürlich, weil das Verschwendung wäre und Brandgefahren verursachen kann. Zum anderen aber, weil Methan ein sehr potentes Treibhausgas ist.

Ein einzelnes Methanmolekül ist wesentlich effektiver als ein CO2-Molekül, wenn es um das Einfangen von Wärmestrahlung also um die Erwärmung unseres Klimas geht. Aber es ist nicht so langlebig. Von dem durch Entwaldung und aus fossilen Brennstoffen emittierten CO2 wird knapp die Hälfte von Pflanzen und Ozeanen aufgenommen, aber die andere Hälfte verbleibt mehrere Jahrtausende in der Atmosphäre. Methan wird hingegen innerhalb weniger Jahrzehnte durch chemische Prozesse abgebaut. Es wirkt also nur kurzfristig, sofern nicht ständig neues Methan nachgeliefert wird.

Daher wird gewöhnlich der Zeithorizont mit eingerechnet, wenn man Methan und CO2 vergleicht. Betrachtet man die ersten 20 Jahre nach der Emission so ist ein Methanmolekül rund 86mal so wirksam wie ein CO2-Molekül, schaut man sich 100 Jahre an, so ist die Wirksamkeit noch 28 bis 34mal so hoch.

Auf jeden Fall also gute Gründe, Methan-Emissionen zu vermeiden und mit Erdgas sehr sorgsam umzugehen. Denn der Methangehalt der Atmosphäre steigt genauso wie der von CO2 an und liegt inzwischen deutlich über dem Niveau zu Beginn der Industrialisierung. In den 1990er hatte es schon etwas voreilige Entwarnung gegeben, weil diverse Quellen wie etwa alte Mülldeponien in der EU, ausgeschaltet werden konnten. Die Konzentration stieg nicht mehr weiter an.

Doch zu früh gefreut. Seit etwa 2007 geht es wieder aufwärts. Dafür hat es vermutlich mehrere Gründe, die noch nicht restlos identifiziert sind. Kandidaten sind unter anderem der auftauende Boden in der Arktis sowie Emissionen aus Seen und vom Meeresboden im hohen Norden. Eventuell setzt dort bereits ein selbst verstärkender Effekt der Klimakrise ein.

Aber vor allem wird das zusätzliche Methan auch dem Fracking zugeordnet. Die im vergangenen Jahrzehnt stark expandierte US-Frackinggas-Produktion wird allein für ein Drittel des Anstiegs verantwortlich gemacht. Die USA produzieren inzwischen so viel, dass sie das Gas verflüssigen und mit Tanlern auch exportieren. Hinzu kommt Fracking in anderen Ländern, das nicht selten von US-Firmen betrieben wird, z.B. im Süden Argentiniens. Oder demnächst auch in China. Washington hat Beijing (Peking) gerade ein Abkommen abgerungen, dass den US-Fracking-Firmen dort für einige Jahre freien Zugang gibt.

Erdgas ersetzen

Fazit: Das Kieler Erdgaskraftwerk ist für den Anfang ganz schön – ein Anfang der allerdings schon vor 20 oder 25 Jahren hätte gemacht werden müssen –, aber es sollte vor allem für die Fernwärmeerzeugung genutzt werden. Außerdem darf das Erdgas auf keinen Fall aus Fracking stammen, und es müsste möglichst schnell ergänzt und schließlich ersetzt werden. Diskussionswürdig wären u.a. eine Biogasanlage zur Abfallverwertung direkt neben das Kraftwerk zu setzen. Ebenso wäre eine Elektrolyse für die Wasserstoffproduktion aus Windstrom denkbar. In beiden Fällen könnte eventuell anfallende Abwärme für die Fernwärme genutzt werden.

(wop)

„Blauer“ Wasserstoff

Es gibt eine gewisse Verwechselungsgefahr oder auch ein Etikettenschwindel beim Wasserstoff. Das eine wäre sogenanntes Windgas, das heißt, per Elektrolyse mit überschüssigem Windstrom erzeugter Wasserstoff, der zum Speichern ins Gasnetz eingespeist wird.

Daneben gibt es eine sogenannte Wasserstoffinitiative von Industrie und Bundesregierung bei der es vor allem um den großen Wasserstoffbedarf der chemischen Industrie und nebenbei die nicht besonders sinnvollen Pläne der deutschen Automobilindustrie geht, in der einige meinen, mit einem Wassertstoffantrieb einen Sonderweg gehen zu können.

Bisher deckt die chemische Industrie ihren Wasserstoffbedarf mit Erdgas. Ein Methanmolekül besteht nämlich aus vier Kohlenstoff- und einem Wasserstoffmolekül. Chemisch lässt sich das aufbrechen, wobei aus zwei Methan-Molekülen ein Wasserstoffmolekül (H2) und acht CO2-Moleküle entstehen. Mit anderen Worten: Der Prozess ist CO2-intensiv und kann je nach Erdgaspreis auch teuer sein.

Deshalb soll künftig mehr Wasserstoff per Elektrolyse erzeugt werden. Werden diese Pläne unter den gegebenen heutigen Rahmenbedingungen umgesetzt, werden sie vermutlich dazu führen, die Auslastung der Braunkohlekraftwerke zu verbessern, das heißt mehr Treibhausgase zu produzieren.

Oder anders ausgedrückt: Den Erdgashunger der chemischen Industrie mit Wasserstoff zu befriedigen würde nur Sinn machen, wenn die erneuerbaren Energieträger schneller ausgebaut würden. Im Augenblick geschieht jedoch das Gegenteil: Der Ausbau der Windenergie ist von der Bundesregierung drastisch ausgebremst worden und hat bereits zum Verlust von über 30.000 Arbeitsplätzen geführt. Mancher davon auch in Schleswig-Holstein, wo Senvion im letzten Jahr in Konkurs ging. Nur der kleinere Teil der Mitarbeiter wurde von Siemens Gamesa übernommen. (wop)

Klimapolitik in Kiel:

Erfolg der Kohlekraftgegner verschwiegen

Am 16.1.2020 wurde das neue Küstenkraftwerk der Kieler Stadtwerke offiziell in Betrieb genommen. Gefeiert wird es als modernstes Kraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung von der Stadt Kiel, den Stadtwerken, dem Mehrheitseigener MVV Mannheim und dem Münchener Kraftwerksanlagenhersteller KAM. 20 Gasmotoren mit einer Leistung von 190 Megawatt für die Kieler Fernwärmeversorgung ersetzen nach 48 Jahren das alte Kohlekraftwerk (Gemeinschaftskraftwerk, EON), dass ursprünglich nur für die Stromerzeugung gebaut war.
Vergessen und verschwiegen ist die harte Auseinandersetzung Kieler Umweltaktivisten, die einen ausdauernden Kampf gegen ein neues Mega-Kohlenkraftwerk in Kiel geführt haben.

2007 gegründeten Mitglieder von Attac, BUND, Greenpeace, Energiestammtisch, NABU, Die Grünen, Die Linke, MLPD, SPD der Ostufergemeinden und viele Einzelmitglieder das Bündnis „BürgerInneninitiative umweltfreundliche Energieversorgung für die Region Kiel“ (www.keine-kohle-kiel.de), nachdem bekannt geworden war, dass EON ein neues 1,2 MegaWatt Kohlekraftwerk auf dem Kieler Ostufer errichten wollte.

Die grundlegenden sechs Ziele:
1. Weder Atomkraft noch Kohlekraft, sondern konsequenter Klimaschutz
2. Ausrichtung auf eine Regionalversorgung für Kiel und Umgebung
3. Energie sparen und Effizienz erhöhen
4. Nachhaltige Energieversorgung auf dezentraler Basis
5. Arbeitsplätze für die Region erhalten und neue schaffen
6. Rekommunalisierung der Stadtwerke und demokratische Kontrolle

Vorgeschichte

• Die BI forderte von der Stadt eine öffentliche Diskussion über die Kraftwerksplanung und die Einberufung von Einwohnerversammlungen.

• Die BI organisierte eine Großdemo zum Kohlekraftwerk auf dem Ostufer mit über 600 TeilnehmerInnen und sammelte 4.000 Unterschriften, die der CDU-Oberbürgermeisterin Frau Volquartz beim Runden Tisch mit den Stadtwerken überreicht wurden. Parallel veranstaltete die BI einen öffentlichen alternativen Runden Tisch in der Innenstadt.

• Die Stadtwerke/MVV ließen von zwei sog. unabhängigen Instituten, u.a. vom Öko-Institut, Gutachten über 6 Kraftwerksvarianten erstellen.

• Die BI forderte die Veröffentlichung und Diskussion der Gutachten. Auf einem Runden Tisch von Stadtwerken und Parteien werden die Gutachten über Kraftwerksvarianten präsentiert. Danach sei nur das Großkohlekraftwerk wirtschaftlich und rechne sich für die Dividende der Konzerne (MVV und EON) und auch für die Stadt Kiel. Später wurde die Aufschiebung der Planungen um 3-5 Jahre verkündet, angeblich weil bis dahin die Technik für die CO2-Abscheidung entwickelt sei.

• Parteien und Ratsversammlung scheuten vor der Wahl die öffentliche Auseinandersetzung um das Kohlekraftwerk. Die BI kündigte an, jetzt selber eine öffentliche Veranstaltung zu den Kraftwerksplänen von EON und MVV zu machen. Daraufhin luden die Stadtwerke kurzfristig zur Podiumsdiskussion mit Gutachtern am selben Tag ein. Die BI verzichtete auf ihre eigene Veranstaltung. Aber auf der Veranstaltung der Stadtwerke mit ca. 600 Teilnehmern hingt das Transparent gegen Kohlekraft.

• In der Diskussion über die Gutachten verhärten sich die Gegensätze. MVV und Gutachter bleiben dabei, nur ein Kohlkraftwerk von 800 MW sei wirtschaftlich. Dem stimmt auch des Öko-Institut zu und entlarvt sich als Interessenvertretung der Konzerne. Die Konzernleitung besteht auf der Renditeerwartung.

• Die BI bestand auf ihre ökologische und soziale Sichtweise und machte eine eigene Veranstaltung, auf der u.a. die IPPNW über die gesundheitlichen Folgen von Kohleverbrennung aufklärte. Der BUND untersuchte die Folgen für die Umwelt. Attac referierte über die sozialen Auswirkungen, enthüllte die Politik der Energiekonzerne und stellte die Anti-Stromkonzernkampagne vor.

• Die BI forderte den Rat der Stadt Kiel auf, endlich das 1995 beschlossene Energiekonzept vorzulegen und wies darauf hin, dass der Bau eines Groß-Kohlekraftwerkes mit den erklärten Zielen einer Klimaschutzstadt Kiel unvereinbar ist.

• 2008, kurz vor der Kommunalwahl legte das Umweltamt ohne öffentliche Debatte ein Energiekonzept vor, das mehrheitlich noch schnell von allen Parteien beschlossen wurde und u. a. eine jährliche Verminderung des CO2-Ausstoßes um 10% umsetzen wollte.

• Die Kommunalwahlen wurden ein Disaster für CDU und SPD. Die CDU verlor die absolute Mehrheit und hatte weniger Stimmen als die SPD, die aber auch Federn lassen musste. Die Grünen kamen auf 16% und die Linke kam auf Anhieb mit 11 % in den Rat. Die Grünen kündigen ihre jahrelange Zusammenarbeit mit der CDU auf und koalierten mit SPD. Alle Parteien verabschieden sich vom Kohlekraftwerksbau, aber in der SPD träumten einige immer noch von der guten Dividende durch billigen Kohlestrom, um die Haushaltsverschuldung zu senken.

• EON machte Druck und erklärte, sie wollen entweder ein 800 MW-Kraftwerk oder garnichts.

• Die BI fand „garnichts“ sehr gut und fordert nach wie vor die Rekommunalisierung der Stadtwerke. Das Schwergewicht soll auf Energieeinsparung und umweltfreundliche dezentrale Energieversorgung gelegt werden. Die BI fordert die demokratische Kontrolle der Energieversorgung in kommunaler Hand. Der BI und den Umweltverbänden wurde ein Mitspracherecht bei der Umsetzung des Energiekonzeptes versprochen. Die BI diskutierte Alternativen zum neuen Kraftwerk: Windkraft, Geothermie, Solarthermie, Photovoltaik, Biomasse/Biogas, BHKW, Energieeinsparung. Durch Rekommunalisierung müssten die Kieler Stadtwerke wieder in die öffentliche Hand gelangen und zukünftig unter demokratischer Kontrolle im Interesse der Bürgerinnen und Bürger gestaltet werden.

• Das Verhältnis zu Stadtwerken und auch Betriebsrat verschlechterte sich zusehens und es wurde mit dem Argument des Verlustes von Arbeitsplätzen gedroht, die angeblich verloren gehen, wenn kein Kohlekraftwerk gebaut wird. So sollte die Bewegung gespalten werden. Die MVV versuchte der Belegschaft vorzugaukeln, dass wenn die Rendite der Aktionäre sicher seien, dann wären auch ihre Arbeitsplätze sicher. Und sie haben am Tag der Entscheidung in der Ratsversammlung für ein neues Kohlekraftwerke demonstriert.

• Am 9.10.2008 nach der Kommunalwahl beschloss die Kieler Ratsversammlung die Erarbeitung eines umweltfreundlichen Energiekonzeptes für Kiel und beschließt: „In Kiel wird kein neues Kohlekraftwerk gebaut“. Es soll an der Klimaschutzstadt Kiel festgehalten werden und eine Energiepolitik verfolgt werden, die die Klimaschutzziele von 40% Co2-Reduzierung bis 2020 über Energieeinsparung, Steigerung der Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien verwirklicht. Außerdem wurde die Erstellung von eigenen städtischen Gutachten für ein klimafreundliches Energiekonzept beschlossen.

• Für das Nachbargrundstück vom Kohlekraftwerk beschloss die Stadt einen Bebauungsplan, der verhindern soll, dass ein größeres Kraftwerk gebaut werden kann und das Landschaftsbild der Kieler Förde erhalten bleibt, sowie den Schutz der Bevölkerung vor Feinstaubbelastung.

• Die BI forderte wiederholt: Eine nachhaltige Energieversorgung auf dezentraler Basis unter Ausnutzung der erneuerbaren Energien wie Solarenergie, Geothermie, Windkraft und Biomasse kann erreicht werden. Eventuelle Versorgungsengpässe können dabei mit größtmöglichem Wirkungsgrad durch Kraft-Wärme-Koppelung mit kleineren Gaskraftwerken überbrückt werden.

• Die Stadtwerke Kiel erklärten am 14.7.2009 auf den Bau eines Kohlekraftwerkes zu verzichten, nachdem es einem von EON und Stadtwerken beauftragten Institut nicht gelungen war, die Kraftwerksgegner zu beschwichtigen und Ratsbeschluss zu kippen.

• Bis Ende 2009 sollten die Ergebnisse der städtischen Energie-Gutachten vorliegen. Auch die Stadtwerke wurden mit in die Erstellung von klimafreundlichen Energiekonzepten einbezogen. Die BI forderte mehrfach, die Debatte darüber öffentlich zu führen und hatte selbst ein alternatives Energiekonzept erstellt, weil die Stadt nicht voran kam.

• Auch Innerhalb der Stadtwerke spitzte sich die Lage zu. Im Juni 2010 wollten die MVV die Kieler Stadtwerke komplett demontieren und zu einer MVV-Filiale umzubauen. Die Konzernzentrale von MVV plante mit dem Projekt „Einmal gemeinsam“ alle Aufgaben in Mannheim zu konzentrieren und 400-500 Stellen abzubauen, davon ein Drittel in Kiel. Die Furcht vor dem Verlust der Eigenständigkeit der Kieler Stadtwerke, sowie der Ärger über die restriktive Informationspolitik des MVV-Konzerns haben die Kieler Ratsversammlung am 10.Juni 2010 zur Verabschiedung einer Resolution „Partnerschaft auf Augenhöhe“ bewogen. Die drei Bürgermeister aus Kiel, Offenbach und Solingen erklärten kurz darauf gemeinsam, dass sie das MVV-Konzept ablehnen und bestanden auf der Eigenständigkeit ihrer Stadtwerke.

• Die Stadt Kiel diskutierte dann 2011 im Rahmen der Umsetzung des umweltfreundlichen Energiekonzeptes die Finanzierung eines Gaskraftwerkes. Investoren wie z. B. die Stadtwerke und MVV hatten ein Interesse daran, dass das neue Gaskraftwerk mit mind. 400 MW dimensioniert ist, damit es nicht nur für die Region nötigen Verbrauch liefern kann, sondern mit der Stromproduktion etwas mehr Gewinn abwirft. Im alternativen Energiekonzept der BI ist man der Überzeugung, dass ein 100 oder 200 MW Gaskraftwerk als Übergangskraftwerk ausreicht und auch gedrosselt werden kann, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien in Kiel vorankommt.

• Die Stadt Kiel unter Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke OB Albig beschloss am 9.6.2011 eine Mogelpackung. Statt dezentrale Kraftwerke zu planen, wollte die Stadt Kiel die Versorgung der Fernwärme über eine 35 km lange Fern­wärmeleitung aus Neumünster. Nach einem Besuch der BI in der Müllverbrennungsanlage (Thermischen Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage - TEV) in NMS stellte sich heraus, dass diese gerade die eigene Fernwärmeversorgung in Neumünster decken können, aber darüberhinaus mit drei Kohlekraftwerksblöcken zuheizen. Nach Protest gaben die Stadtwerke Kiel und Neumünster im Dez. 2011 die Beendigung des gemeinsamen Fernwärmeprojekts wegen angeblicher wirtschaftlicher Risiken bekannt.

• Nachdem das Projekt einer Wärmeversorgung Kiels durch das Kohlekraftwerk Neumünster gescheitert war, bot sich die Chance, umweltfreundliche Alternativen zu entwickeln. Dafür blieb nicht mehr viel Zeit, denn spätestens 2015 sollte das Kieler Kohlekraftwerk stillgelegt werden. Diskutiert wurde die Erdwärmeversorgung für die Region Kiel. Eine Veranstaltung der BI am 6. Dezember 2011 im Naturerlebniszentrum Kollhorst mit dem Referent Dr. Reinhard Kirsch, Geologisches Landesamt war sehr informativ. In Kiel ist ein Erdwärmekraftwerk geografisch und technisch möglich, aber es bleiben Unsicherheiten bei den Erfolgsaussichten von Bohrungen. Die Stadtwerke sollen es angeblich nach eigener Prüfung aus finanziellen Gründen abgelehnt haben. Es wäre aber für die Zukunft die beste Variante für CO2-freie Wärmeenergie.

• Die Stadt Kiel beschloss auf der Ratsversammlung am 16.02.2012 das geplante Gas-Motoren-BHKW-Konzept im Klimaverträglichen Energieerzeugungs- und Versorgungskonzepts Kiel (EVKK, Ratsbeschluss vom 9.6.2011) in Abstimmung mit den Kieler Stadtwerken fortzuschreiben. Dies war möglich, nachdem das Problem einer ausreichenden Gasversorgung durch die DEUDAN (Deutsch/Dänische Erdgastransport-Gesellschaft mbH) geklärt war.
In der Begründung heißt es: „Das neue Energieversorgungskonzept der Kieler Stadtwerke mit 20 Blockheizkraftwerksblöcken bestehend aus Gasmotoren mit einer Kapazität von je 10 MWel verbindet Klimaschutz, effiziente Erzeugung von Strom und Wärme, Flexibilität und lokale Wertschöpfung.“ Eine endgültige Entscheidung sollte es bei den Stadtwerken 2012 geben. Dem Beschluss vorausgegangen war der erfolgreiche Rückkauf des Grundstückes nördlich des GKK, das EON ursprünglich vorausschauend für den Bau eines neuen Kohlekraftwerkes von der Stadt Kiel erworben hatte.

• Das neue 200 MW Gasmotorenkraftwerk sollte ca. 200 Mio. Euro kosten. Da die Rendite für ein neues Gaskraftwerk für die MVV nicht ausreichend sei, wollen sie die Stadt Kiel und Stadtwerke Kiel an den Investitionen beteiligen. An dem angeblich erforderlichen Eigenkapital von 50 Mio. Euro soll sich die Stadt Kiel mit 25 Mio. beteiligen. Also fordern die MVV-Aktionäre von der Stadt zukünftig auf die Dividendenzahlungen (ca. 10 Mio. pro Jahr) zu verzichten und es für das neue Kraftwerk zu Verfügung zu stellen. Angesichts der Finanzlage des Kieler Stadthaushalts ist das allerdings eine böse Erpressung, währenddessen die MVV-Aktionäre nicht auf ihre Dividende verzichten wollen. Zugleich wird angedroht, dass die Fernwärmepreise wohl stark steigen werden. In der Folge wurden von den Stadtwerken die derzeit für Verbraucher günstigen Fernwärmeverträge gekündigt und mit einem hohen Grundbetrag neu abgeschlossen. Energiesparmaßnahmen durch den Verbraucher lohnen sich seit dem finanziell kaum noch.

• Anfang 2014 will sich die MVV endgültig aus Kiel verabschieden, weil das Kraftwerk nicht genug Gewinn bringt - unsere Forderung nach Rekommunalisierung ist greifbar nahe.

• Wegen dem Neubau des Kraftwerks wollen die Mannheimer aussteigen. MVV will Stadtwerkeanteile zu völlig überhöhten Wert von 197 Mio. verkaufen. Aber an wen? Stadt hat kein Geld und die Politik will nicht. Ratsversammlung und Betriebsrat sind empört - die Partnerschaft erschüttert - Die Ratsversammlung forderte von MVV die Vertragserfüllung und Pflichten bei der Versorgung wahrzunehmen.

• Bei den Parteien gibt es kein Interesse an Rekommunalisierung - Die hohe Verschuldung der Stadt, von fast 1 Mrd. Euro gäbe der Stadt keinen Handlungsspielraum. Obwohl die Kredite noch nie so günstig waren und es doch sog. rentierliche Investitionen sind, Bürgermeister Kämpfer hält den Rückkauf wegen der städt. Finanzlage für unrealistisch.

• Grüne versprachen politischen Einsatz für Rückkauf der Mehrheitsanteile - aber nichts passiert!

Das neue Gasmotorenkraftwerk der Stadtwerke Kiel wurde bereits 2012 in Auftrag gegeben. Lange hat es gedauert, bis die Förderfähigkeit bescheinigt werden konnte. Es stand bis zuletzt das Ja der EU-Kommission aus. Davon hatten es auch die Mehrheitsanteilseigner der Mannheimer Energieversorger abhängig gemacht, denn eigentlich wollten sie in Kiel aussteigen, wenn das Kraftwerk nicht genug Profit abwirft.

Heute arbeiten Kraftwerke angeblich nur noch wirtschaftlich (übersetze: profitabel), wenn es staatliche Förderung dafür gibt. Für das neue Kraftwerk soll jetzt die Förderung durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) gelten. Das bringt pro Jahr ca. 3 Mio. Euro Zuschuss. Ohne die Prüfung und Zustimmung durch die EU-Kommission konnte der Bau aber nicht beginnen. Nachdem das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die Förderung bestätigte, hatte Ende September 2012 der Aufsichtsrat die Finanzierung durch das Unternehmen genehmigt. Die Investitionen von 290 Mio. Euro für das gesamte Kraftwerk werden jetzt zum größten Teil über einen Kredit bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) finanziert. Für 105 Mio. Euro übernimmt der „Europäische Fond für Strategische Investitionen“ die Garantie. Die Investitionsbank Schleswig-Holstein arbeitet angeblich eng mit der EIB zusammen, woraus wohl vermutet werden kann, dass sie den Restkredit über ein Bankenkonsortium finanziert. Unter dem Druck des MVV-Ausstiegs hatte auch die Stadt Kiel einen Kredit aus ihrem Haushalt von 40 Mio. beschlossen, ohne dass die kommunale Finanzaufsicht Widerspruch eingelegt hat. Der MVV-Konzern ist also finanziell wieder fein raus.

Gleichzeitig bekommt die Stadt eine geringere Dividende SWK 8,8 Mio. (statt sonst 12 Mio.). MVV wälzt die Finanzierungskosten für das Kraftwerk ohne Gegenleistung auf die Stadt Kiel ab. Eine Anpassung der Mehrheitsanteile zu Gunsten der Stadt Kiel wurde gar nicht in Erwägung gezogen, weil die Stadt froh war, dass die MVV nun doch wieder dabei ist.

Eine wesentliche Ursache der Privatisierungen ist die Unterfinanzierung der Kommunen.
Die Folgen sind gravierend: Kaum noch Einfluss auf die Entwicklung der Daseinsvorsorge in Kiel. Das Ziel der Kohlekraftgegner nach Rekommunalisierung konnte bisher nicht erreicht werden, obwohl die Bedingungen gut waren.

Demonstration gegen geplantes Kohlekraftwerk am 2.2.2008

Was brauchen wir in Kiel?

- umweltfreundliche Energieversorgung
- Energieeinsparungen in den Betrieben und Haushalten
- sozialverträgliche Stromtarife
- kein Serviceabbau
- kein Arbeitsplatzabbau
- Versorgungssicherheit
- Keinen unkontrollierten Rückbau der Netze
- demokratische Kontrolle und Bürgerbeteiligung

Das alles geht nur mit der Rekommunalisierung der Stadtwerke oder einem Eigenbetrieb in städtischer Hand. Die Netze sind ein natürliches Monopol und müssen wieder in Bürgerhand d. h. in kommunales Eigentum. Der Erhalt und Ausbau der Netze muss gesichert werden. Dies ist eine Aufgabe von Land und Kommunen.
Ab 2015 versuchte eine Initiative aus der BI umweltfreundliche Energieversorgung das Konzept einer Bürger-Energie-Genossenschaft umzusetzen, um mehr Druck für eine Rekommunalisierung der Stadtwerke und die Umsetzung einer bürgernahen regionalen Lösung für eine umweltfreundliche Energieversorgung zu erzeugen. Leider scheiterte es an der konkreten Umsetzung.
Wir stehen zu unserem Erfolg, ein neues Kohlekraftwerk verhindert zu haben. Das Gasmotorenkraftwerk muss eine Übergangslösung sein. Zur Diskussion um die Versorgung der Region Kiel mit regenerativer Energie als alleinige Grundlage der Energieversorgung in der Region Kiel mit Strom und Wärme entwickelte die BI umweltfreundliche Energieversorgung 2015 ein Energiekonzept als Diskussionsvorlage für die Klimaschutzstadt Kiel. (siehe unter http://www.keine-kohle-kiel.de/index.php/energiekonzept)

Alternativen

Die folgenden regenerativen Alternativen zum Gasmotorenkraftwerk sind meiner Meinung möglich und zukunftsfähig, aber nur als kommunale oder Bürgerenergiekraftwerke, weil sie nicht wie im vorherrschenden Wirtschaftsmodell profitabel sind:

1.) Beispiel Marstal (Dänemark/Ärö) mit Solartermie, Wärmespeicher, Wärmepumpe, Windkraft, Holzschnitzel

2.) Beispiel Erdwärme (in Kiel geografisch möglich, aber bei der Realisierung teuer)

Uwe Stahl

Weitere Infos und Dokumente unter: www.keine-kohle-kiel.de

Präsentation der Gutachten für ein Kohlekraftwerk bei den Stadtwerken Kiel 2008

Stadtwald:

Umweltschutz, der bares Geld spart!

Die „Bewirtschaftung des stadteigenen Waldes zur Produktion von Holz und Nebenprodukten, incl. Verkauf“ bringt der Stadt laut dem Teilplan 555 „Land- und Forstwirtschaft“ in den kommenden Jahren konstante Einnahmen von 17.600 € jährlich. Die Kosten dafür belaufen sich allerdings im Jahr 2020 auf 133.500 €. Und im Gegensatz zu den Einnahmen steigen die Kosten jedes Jahr an.

„Wenn wir die alte Forderung von Naturschutzverbänden wie dem BUND und dem NABU erfüllen würden, auf die Bewirtschaftung unseres Stadtwaldes verzichten und ihn stattdessen komplett in Naturwald umwandeln würden, würde uns das also bares Geld sparen!“, so Ratsfrau Svenja Bierwirth, umweltpolitische Sprecherin der Ratsfraktion DIE LINKE.

Ängste, dass darunter die Verkehrssicherheit leiden könnte, oder gar Waldkindergärten geschlossen werden müssten, sind unbegründet:

Die Mittel für Verkehrssicherheit sind nicht im Teilplan 555, sondern im Teilplan 551 (Öffentliches Grün / Landschaftsbau), genauer im Produkt 551002 (Pflege und Bewirtschaftung der öffentlichen Grün- und Freiflächen), dessen Auftragsgrundlage u.a. das Landeswaldgesetz und die Verkehrssicherungspflicht sind, enthalten.

Und natürlich dürfen Naturwälder, genau wie bewirtschaftete Wälder, von der Allgemeinheit betreten werden und für die Verkehrssicherung auf den von Waldkindergärten genutzten Bereichen gelten die gleichen Regeln und Zuständigkeiten wie in allen anderen Wäldern.

Gleichzeitig haben Naturwälder laut BUND aber eine Reihe von entschiedenen Vorteilen, die sie zu einem wichtigen Bestandteil eines funktionierenden Waldnaturschutzes machen und sind ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz.

„Kostengünstiger lässt sich Natur- und Klimaschutz in Kiel an keiner anderen Stelle umsetzen. Dass hier Kooperation und Verwaltung nicht sofort zustimmen, ist sowohl umweltpolitisch als auch haushalterisch einfach nur bedauerlich!“, so Bierwirth abschließend.

(12.12.2019, Florian Jansen, Geschäftsführer der Ratsfraktion DIE LINKE, Kiel)

Kommentar

Klimaschutzversager

Versagen auf der ganzen Linie. Die Regierenden der reichen Länder haben sich auf der UN-Klimakonferenz einmal mehr als unfähig, als komplette Versager erwiesen. Obwohl inzwischen wirklich keine Zeit mehr bleibt, endlich die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren, konnten sie sich nicht einmal auf eine substanzielle Abschlusserklärung einigen. Nicht einmal Finanz-Zusagen für die vom Klimawandel in den ärmeren Ländern angerichteten Schäden. Das Verursacherprinzip scheint für die Reichen und Mächtigen nicht zu existieren.
Dabei hatte der sogenannte Weltklimarat, der IPCC, den Regierungen erst im letzten Jahr ins Stammbuch geschrieben, wie sehr inzwischen die Zeit drängt, hatte deutlich gemacht, dass die angestrebte Begrenzung der Erwärmung auf „deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau“ die Menschheit nicht vor ernsthaften Risiken und Gefahren schützen wird, hatte angemahnt, die Grenze also eher bei 1,5 Grad zu ziehen. (Rund ein Grad Erwärmung ist bereits erreicht.)
Doch Sachargumente zählen nicht. Nicht nur die extreme Rechte von Trump über Bolsonaro bis hin zum parlamentarischem Arm der deutschen Neu-Nazis hat mit der Wissenschaft ihre Schwierigkeiten. Auch Union und SPD drücken sich die Ohren ganz fest zu, wollen sogar noch den faulen Kohlekompromiss weiter verwässern und würgen den Ausbau der Windenergie ab. Alles im Interesse der großen Energiekonzerne und der Automobilindustrie, die weiter ihre spritfressenden Straßenpanzer verkaufen will.
Natürlich wird nun das übliche Spielchen einsetzen. Die gewohnt destruktive Rolle der US-Delegation bietet sich für die anderen Regierungen geradezu an, sich hinter ihr zu verstecken. Doch davon sollten wir uns nicht verwirren lassen. Die Bundesregierung hätte mit einer konsequenten Klimaschutzpolitik auch auf der internationalen Ebene Druck aufbauen können. Statt dessen stellt sich der Chef des Umweltbundesamtes hin und verteidigt in Madrid auch noch die Absicht seiner Regierung, im nächsten Jahr mit Datteln 4 ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb gehen zu lassen. Aber immerhin hat er damit der Klimaschutzbewegung einen der großen Brennpunkte für das nächste Jahr auf dem Silbertablett serviert. Wer nicht auf die Wissenschaft hören will, muss den Widerstand der Straße fühlen. Kohleausstieg und Klimaschutz bleiben, das haben die unwilligen Regierungen in Madrid einmal mehr demonstriert, Handarbeit. (wop)