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Freiheit statt Angst:

Gegen Vorratsdatenspeicherung!

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Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ fanden am 13. Juni in über 30 Städten in Deutschland Demonstrationen gegen den Überwachungsstaat statt. Anlass der diesjährigen Proteste waren die im Mai vom Bundeskabinett beschlossene Vorratsdatenspeicherung, der Geheimdienstskandal um NSA und BND sowie der allgemeine Trend zur Totalüberwachung der Bevölkerung durch Staat und Wirtschaft. Seit 2006 ruft ein breites Bündnis überwachungskritischer Gruppen alljährlich zu Demonstrationen auf.

Zentrale Forderungen des Bündnisses sind u.a.:

– Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und Europa verbieten
– Vollständige Aufklärung der Überwachung durch BND und NSA
– Kein Datenhandel durch die Handelsabkommen TTIP, TISA, CETA & Co.
– Kampfdrohnen verbieten und ächten
– Abschaffung der Erhebung biometrischer Daten für Ausweisdokumente
– Elektronische Krankenkarte stoppen

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Besondere Aktualität erhielt der diesjährige Protest durch das beginnende Gesetzgebungsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte am Freitag (12.6.15) im Bundestag die umstrittene Vorratsdatenspeicherung gerechtfertigt. Konkret handelt es sich bei den zu speichernden Daten unter anderem um IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten von Telefongesprächen. Beide sollen zehn Wochen gespeichert werden. Auch die Speicherung von Handy-Standortdaten sieht das Gesetz vor. Für die Daten, die potenziell auch die Erstellung von Bewegungsprofilen über jeden Handy-Besitzers ermöglichen, gelten allerdings kürzere Speicherfristen von vier Wochen.

Eine vehemente Kritikerin des Gesetzesvorhabens ist u.a. die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). „Mit der Vorratsdatenspeicherung wird die digitale Überwachung massiv ausgebaut. Die neue Vorratsdatenspeicherung entspricht einem schlecht gemachten Taschenspielertrick. Wo Speicherfristen draußen drauf stehe, stecke Vorratsdatenspeicherung drin“.

»Wir haben gegen die letzte Vorratsdatenspeicherung erfolgreich in Karlsruhe geklagt und werden auch diesmal gegen das grundrechtsfeindliche Vorhaben der großen Koalition gerichtlich vorgehen«, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz.

Der Linken-Fraktionsvize Jan Korte verwies darauf, dass sich alle Datenschutzexperten und Juristen darüber einig seien, „dass der Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung eklatante Mängel hat. Nur die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen wollen die Mängel des Gesetzes nicht sehen und bleiben auf Kollisionskurs mit dem demokratischen Rechtsstaat«, so Korte. Er verwies auf die Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 9. Juni 2015, in der es heißt: „Nach Ansicht der Konferenz der Datenschutzbeauftragten ist fraglich, ob dieser Gesetzentwurf den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Anforderungen genügt. Schon vorherige Regelungen waren vom Bundesverfassungsgericht und vom Europäischen Gerichtshof für unwirksam erklärt worden, weil unzulässig in Grundrechte, insbesondere in das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten, eingegriffen wurde. Mit einer Vorratsdatenspeicherung wird massiv in Freiheitsrechte von allen Menschen unabhängig von einem konkreten Verdacht eingegriffen.“

Und auch an der SPD-Basis rumort es. Dem Parteivorstand seien inzwischen Anträge von mehr als hundert sozialdemokratischen Gliederungen eingegangen, die eine Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung durch den Parteikonvent am 20. Juni forderten, berichtete die „Frankfurter Rundschau“ Ende Mai. Und dem netzpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Klingbeil, bereitet der Gesetzesentwurf von SPD-Justizminister Heiko Maas „große Bauchschmerzen“.

Von Kirchentag bis Journalistenverbänden gibt es breiten Widerstand gegen das Vorhaben, das vor dem Bundesverfassungsgericht schon einmal gescheitert war. Vor der ersten Lesung des umstrittenen Gesetzes zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung hatten auch Verbände und Unternehmen der Medienbranche dem Vorhaben der Bundesregierung eine klare Absage erteilt. Sie forderten die Große Koalition in einer gemeinsamen Erklärung auf, »die Pläne zur Neuauflage einer Vorratsdatenspeicherung nicht weiterzuverfolgen.. Die vorgesehene Speicherung von Telefonnummern, IP-Adressen und Standortdaten untergrabe den Schutz der Informanten, zu dem Journalisten und andere Medienmitarbeiter berechtigt und verpflichtet sind.

Auch in Kiel gingen 200 Demonstrant_innen auf die Straße um gegen die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung und Perfektionierung der Überwachung zu protestieren. Wenn auch zahlenmäßig überschaubar war doch die politische Breite der Widerständler ermutigend.

Patrick Breyer, Landtagsabgeordneter der Piratenpartei, führte zum Auftakt der Demonstration in seiner Rede noch einmal anschaulich alle Argumente vor Augen, die eine grundsätzliche Ablehnung von Vorratsdatenspeicherung als demokratischem Widerstandsakt erfordere.„Privatsphäre ist wie Sauerstoff: Erst wenn sie weg ist, werden wir merken, dass sie fehlt.“

Der Landesvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, Arfst Wagner, erinnerte an George Orwells 1984. Wer das Buch gelesen habe, habe eher ein Bewusstsein für die Gefahren des Überwachungsstaats.

Bettina Jürgensen vom Bündnis für Versammlungsfreiheit warnte vor dem schleswig-holsteinischen Versammlungsgesetz. Danach dürften Demonstrationen künftig per Hubschrauber, Mini-Drohne oder Kamerawagen gefilmt werden. „Die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht. Wir demonstrieren wann, wo und wie wir es wollen!“

Auf der Abschlusskundgebung lenkte der Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Thilo Weichert den Blick auf die zunehmenden Überwachungspraktiken durch Geheimdienste und die Gefahren von Big-Data-Analysen der Konzerne. Die Politik müsse endlich „die nötigen Schritte für eine freiheitliche informatisierte Weltgesellschaft einleiten, um ein Abdriften zu digitalen Diktaturen und fremdbestimmten Konsumgesellschaften zu vermeiden.“ Beunruhigende Anwendungsgebiete für Big-Data-Analysen gibt schon jetzt massenhaft – für Konzerne, Versicherungen, Banken, Geheimdienste. Diese dienten der Ausspähung, Überwachung und Manipulierung der Bürger.

In diesem Zusammenhang hob er die Bedeutung des Whistleblowers Edward Snowden hervor, der der Debatte über digitale Daten und Überwachung einen wichtigen Impuls gegeben habe. Deshalb erneuerte er seine Forderung: Asyl für Edward Snowden in Deutschland.

Text/fotos:gst

   

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