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Das verfassungswidrige Tarifeinheitsgesetz
Am 24. Januar und 25. Januar 2017 verhandelt der Erste Senat des Bundesverfassungs-gerichts über verschiedene Verfassungsbeschwerden , die gegen Vorschriften des Gesetzes zur Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz vom 3.Juli 2015 der Sozialdemokraten) . Durch das Gesetz wollen die Soizialdemokraten den Einfluss kleiner Gewerkschaften eindämmen bzw. verhindern, da zukünftig nur noch die mitgliederstärkste Gewerkschaft Tarifverträge abschließen darf. Diese Gesetz führt in der vorliegenden Form nicht nur zur Einschränkung des Streikrechts, es beraubt u.U. kleineren Fachgewerkschaften auch ihre Existenzgrundlage.
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Das Bundesverfassungsgericht (Pressemitteilung)
Das Gesetz zur Tarifeinheit fügt eine neue Kollisionsregel in das Tarifvertragsrecht ein. Sie greift, wenn sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften in einem Betrieb überschneiden. Nach § 4a Abs. 2 Satz 2 Tarifvertragsgesetz (TVG) wird der Kollisionsfall dahingehend gelöst, dass nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft im Betrieb Anwendung findet, die in diesem Betrieb die meisten Mitglieder hat. Eine Gewerkschaft, deren Tarifvertrag verdrängt wird, kann sich dem Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft durch eine Nachzeichnung anschließen. Neu eingeführt wurde mit § 2a Abs. 1 Nr. 6, § 99 ArbGG ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, in dem verbindlich mit Wirkung für alle geklärt werden kann, welcher Tarifvertrag nach der Kollisionsregel im Betrieb zur Anwendung kommt.
Vor der Verabschiedung des Gesetzes zur Tarifeinheit war der Fall einer Tarifkollision im Betrieb nicht gesetzlich geregelt. Bis zum Jahr 2010 setzte die Rechtsprechung im Kollisionsfall im gesamten Betrieb nach dem Spezialitätsprinzip denjenigen Tarifvertrag durch, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten stand und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs am ehesten gerecht wurde. Nach Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurden seit 2010 Tarifkollisionen hingenommen; Tarifkonflikte im einzelnen Arbeitsverhältnis lösten die Arbeitsgerichte in erster Linie weiter nach dem Spezialitätsprinzip, ohne damit jedoch betriebsweite Vorrangentscheidungen zu treffen. Nach dem Tarifeinheitsgesetz gilt nun im Kollisionsfall das Mehrheitsprinzip betriebsweit.
Mit den vorliegenden Verfassungsbeschwerden wenden sich Berufsgruppen- und Branchengewerkschaften, ein Spitzenverband sowie ein Gewerkschaftsmitglied gegen Vorschriften des Tarifeinheitsgesetzes, insbesondere gegen die Kollisionsregel in § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG sowie gegen Regelungen zum Beschlussverfahren. Die Beschwerdeführenden rügen eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 GG und teilweise auch von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie von Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GG. Mit dem Gesetz werde in mehrfacher Hinsicht in die Koalitionsfreiheit eingegriffen, weil insbesondere das Recht beeinträchtigt werde, effektiv wirkende Tarifverträge abzuschließen. Diese Eingriffe seien nicht zu rechtfertigen; insbesondere genüge das Gesetz nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Justizgewährungsanspruch sei verletzt, weil der Gesetzgeber kein effektives Verfahren zur Bestimmung des im Betrieb anwendbaren Tarifvertrags zur Verfügung gestellt habe und im Individualprozess Rechtsschutzlücken bestünden.
Bundesverfassungsgericht
Aktenzeichen: 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1588/15, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1043/16, 1 BvR 1477/16