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Kieler Stadtentwicklung:

Gaardener Arbeitslose als Werkzeuge

01. Juni 2011  Nun kommt auch in Kiel die Bürgerarbeit (basiert auf „Workfare“-Vorbildern) an. Man hat sich seitens der Stadt dazu entschlossen insbesondere in Kiel-Gaarden mit einem eigenen Programm zu starten. Das Programm BIWAQ (www.biwaq.de) wird vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung betreut. Es versucht eine „Verzahnung von Stadtentwicklungs- und Arbeitsmarktpolitik“. Man folgt dabei dem sogenannten „Integrierten Handlungsansatz“ um Ziele der Stadtteilentwicklung („Quartiersarbeit“) in Gaarden voranzutreiben.

Zielgruppe des Programms sind dabei ausschließlich in Gaarden ansässige Langzeitarbeitslose. Man bindet diese damit an ihren Stadtteil in einer unfreiwilligen Zwangsunion. So als ob ein Arbeitsloser aus Gaarden Mitverantwortung tragen würde, für die gescheiterte Stadtteilpolitik der Stadt Kiel. Die Jobcenter stellen dabei die Schaltstelle zu den lokalen Akteuren dar.

Zunächst gibt das Programm vor, dass für sechs Monate versucht wird, Langzeitarbeitslose in den Ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Danach werden den TeilnehmerInnen sogenannte „Bürgerarbeitsplätze“ angeboten. Diese beinhalten keine echte Weiterqualifizierung, für die es irgendwelche anerkannte Nachweise gäbe. Und die Dauer des Programms ist auch auf drei Jahre beschränkt. In einem Modellvorhaben in Sachsen-Anhalt gelang es (laut FAZ vom 10.7.2010) nur bei einem von 10 Arbeitslosen diesen durch das Programm in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Für die Mehrheit der Betroffenen wird dies nur eine weitere Maßnahme, eine weitere frustrierende Erfahrung werden, ohne dass sich für sie eine echte Perspektive eröffnet.

Profitieren tun hierbei nur die Architekten eines Stadtumbaus und (bedingt) die Akteure. Von Seiten der Organisatoren der Stadt Kiel wurde die Freiwilligkeit besonders betont. In einem Beitrag des Offenen Kanals Kiel vom 1.4.2011 (Redaktion Kiel Aktuell, die jetzt selber aus sechs Bürgerarbeitern besteht!) wurde aber berichtet, dass bei einem Informationstag zur Bürgerarbeit 500 Kieler Langzeitarbeitslose „dazu angehalten“ waren diese Messe zu besuchen und sich bereits auf einen Bürgerarbeitsplatz zu bewerben. Dies wirft ein Licht darauf, wie viel von der behaupteten Freiwilligkeit zu halten ist.

Interessant dabei auch, dass die TeilnehmerInnen sich schon vor dem sechsmonatigen Vermittlungsversuch auf Bürgerarbeitsplätze bewerben sollen. Dies belegt, dass die Vermittlung in den Ersten Arbeitsmarkt eine reine Feigenblattfunktion erfüllen soll.

Die „Verzahnung von Arbeitsmarkts- und Stadtentwicklungspolitik“ gibt Kommunen die Möglichkeit, billige Arbeitskräfte für den Umbau von Stadtteilen zu gewinnen. Durch die geplanten Aufwertungen sollen die Bedingungen für neue Firmen und neue BewohnerInnen geschaffen werden. Den HausbesitzerInnen soll es möglich gemacht werden, höhere Mieten zu nehmen, indem BürgerarbeiterInnen z.B. ihre Hinterhöfe schöner machen. Darüberhinaus sollen BürgerarbeiterInnen für die Stärkung der lokalen Ökonomie (Stadtmarketing) benutzt werden. Es sollen z.B. Entwicklungspotentiale für die Kreativwirtschaft geschaffen werden.

Dieses Vorhaben gilt es auf verschiedenen Ebenen zu Fall zu bringen, bevor „Workfare“ auch in Kiel und der ganzen Bundesrepublik zu einem gängigen Modell wird.

(Thilo Pfennig)

elisabethstrasse

Elisabethstraße, Kiel-Gaarden

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