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IG BAU kritisiert Schieflage am Kieler Arbeitsmarkt
Anteil „atypischer“ Jobs in der Stadt auf 45 Prozent gestiegen
„Auf dem heimischen Arbeitsmarkt ist einiges in Schieflage geraten“: Arno Carstensen, Bezirksvorsitzender der IG BAU Schleswig- Holstein Nord, beanstandet die Zunahme prekärer Jobs.
Immer mehr unsichere Jobs: Rund 62.700 Menschen in Kiel arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen. Damit ist der Anteil der so genannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 45 Prozent gestiegen. Das kritisiert die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Kieler Arbeitsmarkt seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs noch bei 34 Prozent.
IG BAU-Bezirkschef Arno Carstensen spricht von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagt Carstensen. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die IG BAU Schleswig-Holstein Nord.
Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat in Kiel besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 21.600 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 bereits rund 37.900 – ein Anstieg von 75 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, ist Arno Carstensen überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.
Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 21.200 Menschen in Kiel waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 16.800). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafter Carstensen. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.
Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG BAU Schleswig-Holstein Nord von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Carstensen. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.
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