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Gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der

Sozialdemokratie...

„Die SPD lässt kein Jubiläum aus“, vermerkten die „Kieler Nachrichten“ am 30. Mai 2013. Die Partei feiert in diesen Tagen nicht nur die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins vor 150 Jahren, den sie als ihre Vorläuferorganisation ansieht, sondern auch ihre erste Regierungsübernahme in Schleswig-Holstein durch Björn Engholm im Mai 1988. Dem KN-Artikel beigegeben ist ein Foto, auf dem Heide Simonis ihre Vor- bzw. Nachgänger Engholm und Albig unterhakt. Alle drei strahlen erhebliche Zufriedenheit aus.
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Der Historiker Uwe Danker, der sich einige Verdienste um die Erforschung und Darstellung der schleswig-holsteinischen Geschichte – nicht zuletzt der Nazizeit – erworben hat, schildert das mit Engholm begonnene „sozialdemokratische Projekt“ als einen fundamentalen Bruch mit der von der CDU-Politik geprägten „geschlossenen Gesellschaft“ und als doppelten Paradigmenwechsel: „Die innere wie äußere Öffnung des Landes sowie die kulturell-mentale Annahme des Wandels, also das verspätete Ankommen Schleswig-Holsteins in der Moderne.“ (KN online)

 Björn Engholm hat damals allerdings keine fünf Jahre gebraucht, um durchaus belastbare Verbindungen zur CDU herzustellen und sich ihr nicht zuletzt auch „kulturell-mental“ anzunähern. Seine Partei ist ihm dabei gefolgt; nicht ohne Streit und Widerspruch, aber eben doch. Ein unvergessener Höhepunkt dieses „Wandels“ ist die gemeinsam vollbrachte Beseitigung des Asylrechts in Deutschland. Björn Engholm hat in der Vorbereitung dieser Tat nicht allein als schleswig-holsteinischer Ministerpräsident, sondern auch als Vorsitzender der SPD im Bund und designierter Kanzlerkandidat eine herausragende Rolle gespielt. (Von wegen „innere und äußere Öffnung des Landes“!) Deshalb könnte die SPD in ihre „Erfolgsbilanz“ die Mitverantwortung für die Ermunterung der deutschen Faschisten, die vor 20 Jahren in Solingen fünf Menschen ermordeten, getrost mit einbeziehen.

„Einer musste die Reißleine ziehen“

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Die Morde von Solingen folgten nur drei Tage nach der Beseitigung des Grundrechts auf Asyl (formal: der Ersetzung des Art. 16 durch einen Art. 16a im Grundgesetz) durch den Deutschen Bundestag. Zahlreiche Gewalt- und Mordtaten wie in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und Mölln waren dem bereits vorausgegangen. Begleitet von einem massiven Mediendruck, mit dem der Forderung nach einer Verfassungsänderung zur gesetzlichen Absicherung der Bekämpfung von AsylbewerberInnen immer mehr Nachdruck verliehen wurde. In dieser Situation fürchtete Engholm bereits im Jahr 1992 um die Chancen der SPD bei der kommenden Bundestagswahl; er wollte als Kanzlerkandidat „Handlungsfähigkeit“ beweisen. Er wollte auch das Wort des CDU-Politikers Volker Rühe, in Zukunft sei jeder neue Asylbewerber ein „SPD-Asylant“, nicht auf sich sitzen lassen, und dieser Demagogie etwas entgegenzusetzen, dazu waren Engholm und die gesamte SPD-Führung nicht in der Lage. So konnte dann der KN-Politikredakteur Falk Osberger, selbst ein Gegner des Asylrechts, erleichtert feststellen: „Die Skinheads … haben den Parteien offenbar Beine gemacht.“---
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Engholm sprach nicht nur von „Handlungsfähigkeit“. Durchaus in bewährter SPD-Tradition fand er drastischere Worte zur Begründung seiner Bereitschaft, ein Grundrecht zu beseitigen, für das auch viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kampf gegen den deutschen Faschismus eingetreten und in dessen Genuss sie in der Zeit der Verfolgung in anderen Ländern der Welt selbst gekommen waren. In einem Interview mit den „Kieler Nachrichten“, veröffentlicht am 6. November 1992 , sagte er unter anderem: „Die Zuwanderung hat innerhalb der letzten zwölf Monate drastisch zugenommen. Das offene weite Herz, das im letzten Jahr noch seine politische Begründung gehabt haben mag, kann in diesem Jahr nicht mehr so offen sein und im nächsten angesichts der steigenden Zahlen noch weniger.“ Und dann: „… angesichts der Steigerung der Zuwanderung (hat) eben jemand die Reißleine ziehen müssen – zu dem Preis, dass er jetzt verprügelt wird.“ Ja, der Feingeist Engholm, der sein bis dahin so offenes Herz verschloss und den ihn Prügelnden tapfer auch noch die andere Wange hinhielt, er scheute die Verantwortung nicht.

In diesem Zusammenhang sei nur am Rande erwähnt, dass Engholm seine menschenverachtende Heuchelei um eine Kampfansage gegen die arbeitenden Menschen in Schleswig-Holstein ergänzte. Er bereitete die Bevölkerung auf „ganz bittere Friktionen in diesem Lande“ angesichts einer angeblich alternativlosen Sparpolitik vor (“Wer heute für Zuwächse demonstriert, lebt in einer fröhlichen Scheinwelt“) und versuchte die KN-Reporter zu beruhigen: „Wir haben doch die ersten Kürzungen schon vorgenommen. Es geht aber um strukturelle Veränderungen, das heißt wir müssen noch effektiver werden. Beispielsweise in der Verwaltung, über die Privatisierung bisher staatlicher Aufgaben und die Überprüfung aller noch vorhandenen Leistungen.“ Willkommen in der Moderne… Engholm selbst hatte von seinem Einsatz gegen das Grundrecht auf Asyl gar nichts mehr. Schon Anfang Mai 1993 musste er im Zuge der „Schubladen-Affäre“ nach seiner Falschaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss alle Parteiämter niederlegen und auch die Aussicht auf die Kanzlerschaft aufgeben.

Heide Simonis führte die Politik in Schleswig-Holstein in Engholms Sinne fort. Als wir im Juni 1993 in Kiel mit vielen Tausend Menschen gegen Rassismus und faschistische Gewalt demonstrierten, fand die neue Frontfrau der SPD auf der Abschlusskundgebung mehr Worte des Abscheus gegen DemonstrantInnen, die die Mitschuld der PolitikerInnen an dem überbordenden Rassismus anprangerten (u. a. mit dem Spruch „Sozialdemokraten – Rassismus in Raten“), als gegen die Mörder von Solingen.
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25 Jahre (Mit-)Regierung der SPD in Schleswig-Holstein. Wirklich ein Grund zum Feiern? Wenn ja, für wen?

Die Überschrift dieses Artikels erinnert übrigens – kundige LeserInnen haben es gemerkt – an einen Abschnitt sozialdemokratischer Geschichte, in dem die deutsche Sozialdemokratie noch das Vorbild der revolutionären sozialistischen Arbeiterbewegung in ganz Europa war. Vor etwa 135 Jahren, am 21. Oktober 1878, ließ „Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser etc. pp.“ mit diesen Worten ein Gesetz überschreiben, das die Organisationen der SozialdemokratInnen in Deutschland für 12 Jahre in die Illegalität zwang – es ist als „Sozialistengesetz“ bekannt geworden. Diese Bewährungsprobe bestanden die Genossinnen und Genossen glänzend und erarbeiteten sich eine stetig zunehmende Verankerung in der Arbeiterklasse. Wir werden auf dieses Thema, auf den Jahrestag des Ausnahmegesetzes und die „heroischen Jahre“ der deutschen Sozialdemokratie, beizeiten noch zurückkommen.

D.L.
Kein Vergessen – kein Vergeben!

Am 29. Mai 1993 verübten vier deutsche Faschisten einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus in Solingen. Fünf Menschen kamen dabei ums Leben: Hülya Genç (9 Jahre alt), Gülüstan Öztürk (12 Jahre) und Hatice Genç (18 Jahre) starben in den Flammen. Gürsün İnce (27Jahre) und Saime Genç (4 Jahre) versuchten sich durch einen Sprung aus dem Fenster zu retten und erlagen ihren Verletzungen. Ein sechs Monate alter Säugling, ein dreijähriges Kind und der 15 Jahre alte Bekir Genç wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Bekir Genç erlitt schwerste Verbrennungen und musste sich sich seit dem Anschlag 30 Operationen unterziehen. 14 weitere Familienmitglieder wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Die Täter sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.
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Demonstration in Solingen am 27. Mai 2013

Dokumentiert:
„Die Bundesregierung hat ‚die Türken‘ den Nazis als Opfer angeboten“  Nach den Morden von Solingen: Rede von Dietrich Lohse, Antifaschistische Initiative Gaarden, auf der Abschlusskundgebung der Kieler Demonstration am 05. Juni 1993 auf dem Rathausplatz.
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Wir verneigen uns voll Trauer vor den Opfern faschistischer Gewalttaten.
Wir versprechen ihren Angehörigen, es beim Trauern nicht zu belassen.
Wir erheben uns voll Wut über die Täter und die Verursacher der Taten.
Aber erkennen wir sie denn?

Mancher fragt sich, warum Herr Kohl allen Trauerfeiern fernbleibt. Nun, hier bleibt er sich selber treu: Als die CDU mit Hilfe der FDP vor etwa 10 Jahren die Regierungsgewalt in Bonn erschlich, erklärte Herr Kohl, die Zahl der Türken in der BRD sei „zu groß“ und müsse verringert werden, denn es sei „wahr, dass wir die jetzige Zahl der Türken in der Bundesrepublik nicht halten können, dass das unser Sozialsystem, die allgemeine Arbeitsmarktlage nicht hergibt.“ (WAZ, 4.10.82)

Man achte auf die Begründung. Denn die Inhalte der Kohlschen Regierungserklärung und seiner Politik wurden von den Unternehmerverbänden, vom Deutschen Industrie- und Handelstag vorgegeben, die dann bald eine Ausländer-„Rückführungs“-Aktion starteten. Für die Unternehmer zählen wir alle nur, solange sich unsere Arbeitskraft profitabel nutzen lässt. Sonst werden wir „freigesetzt“, und von der Arbeitslosigkeit sind unsere ausländischen Kolleginnen und Kollegen am stärksten betroffen. Spaltung der Belegschaften war und ist die Absicht.

Die CDU formulierte schon im Juni 1982: „Wenn man von der ‚Ausländerschwemme‘ in unserem Land spricht, meint man vor allem die Türken – und das nicht zu Unrecht (…) Das Ausländerproblem ist heute eigentlich ein Türkenproblem.“ (CDU-Zeitung Bochum)

Die Faschisten waren begeistert. Die Deutsche National Zeitung schrieb am 8.10.82: „Die neue CDU/CSU/FDP-Regierung hat ein Programm zur Ausländerpolitik vereinbart, das in vielen Punkten den Forderungen der Freiheitlichen entspricht.“ Also: Die Bundesregierung hat „die Türken“ den Nazis als Opfer angeboten. Angesichts der Toten macht sich regierungsoffizielle Hetze gegen Türken nicht so gut. Aber die Politik der Spaltung einer zu unterdrückenden Bevölkerung wird weiter betrieben, z. B. durch Horst Eylmann, den Vorsitzenden des Rechtsausschusses im Bundestag: „Als wir diese Asylbewerberzahlen noch nicht hatten, hat es doch im Zusammenleben gerade mit den Türken überhaupt keine nennenswerten Schwierigkeiten gegeben.“ (KN, 3.6.93)

Also los, gemeinsam auf die Schwächsten… Die Nazis lachen sich ins Fäustchen.

Und als sich vor wenigen Tagen mehr als 2/3 der Mitglieder des Bundestages, den noch immer ein bedeutender Teil der Bevölkerung nicht mitwählen darf, freiwillig, ohne Not, mit erheblicher krimineller Energie und im Bewusstsein über die Folgen in einer Vereinigung zur Liquidierung von Grundrechten zusammenschlossen, gaben sie damit den Mördern das Zeichen, weiter zu morden.

Schleswig-Holstein war führend beim Zustandekommen des „Asylkompromisses“, von dem die FreundInnen des Deutsch-Türkischen Volkshauses in ihrem Demonstrationsaufruf zu Recht schreiben, dass er „nur einen Meilenstein im Kampf gegen die bundesdeutsche Demokratie darstellt. Kaum ist dieses Ziel erreicht, schon wird eine neue Etappe angegangen.“ Heide Moser, wessentlich an der Verständigung von CDU und SPD beteiligt und von den KN seitdem als „Asylexpertin“ gehandelt, wurde zum Lohn Sozialministerin. Wir vergessen das nicht und lassen uns nicht den Mund verbieten. Falsche Freunde sind oft schlimmer als sichtbare Feinde.

Diese ganze Gesellschaft befindet sich in einer Krise. In aller Welt schafft bundesdeutsche Politik Fluchtgründe. Und obwohl es Reichtum und Geld in Deutschland im Überfluss gibt, verelenden Menschen, werden –zig Milliarden auf ausländische Sonderkonten und in die internationale Börsenspekulation geschoben, werden Sozialleistungen in verbrecherischer und auch verfassungswidriger Weise gekürzt bzw. zum Abschuss freigegeben. Das muss zu Verzweiflung und Wut führen, und damit sich diese nicht gegen die Schuldigen richtet, werden diese den von ihnen ersonnenen Rassismus und nationalen Größenwahn auch weiterhin brauchen. Uralte Mechanismen. Bertolt Brecht sagte deshalb einmal: „Wer den Privatbesitz an den Produktionsmitteln nicht preisgeben will, der wird den Faschismus nicht loswerden, der wird ihn brauchen.“ – Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Wir alle gemeinsam, ob Deutsche unterschiedlicher Nationalitäten, Türken, Kurden, Roma und Sinti, Ghanaer, egal – wehren wir uns gegen die Brandstifter und Biedermenschen. Leisten wir Widerstand in jeder geeigneten Form. Wir sind keine Sündenböcke und keine Opferlämmer! Wir sehen hin und greifen ein, denn wer einen von uns angreift, greift uns alle an!

Kämpfen wir für gleiche Rechte und die Beseitigung der Sondergesetze, für die Wiederherstellung des Asylrechts und das Bleiberecht für alle. Die doppelte Staatsbürgerschaft muss eine Selbstverständlichkeit und nach kurzer Zeit des Aufenthalts automatisch zuerkannt werden. Die Existenz und Propaganda faschistischer Organisationen muss verboten und wirkungsvoll beendet werden. Wir müssen eine Kurswende in der Sozialpolitik erzwingen. Misstrauen wir allen Versprechungen. Nur Taten überzeugen. Nehmen wir unsere gemeinsame Zukunft in die eigenen Hände. So ehren wir die Toten am besten.

D.L.
   

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