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Gegen transatlantischen Freihandel:

Auch in Kiel Aktionen gegen TTIP, CETA und TiSA

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01. November 2014 Hunderttausende in ganz Europa sind am 11. Oktober auf die Straßen gegangen, um laut NEIN zu sagen gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU. Allein in Deutschland gab es in mehr als 150 Städten Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen gegen TTIP, CETA und TiSA.  Darüber hinaus haben europaweit bereits mehr als 730.000 Menschen die selbst organisierte Europäische Bürgerinitiative des Bündnisses "Stop TTiP" unterzeichnet (Stand 24.10.14).

Auch in Kiel hatte sich in Vorbereitung des Aktionstages ein Bündnis aus attac, verdi, IG Metall, BUND, Greenpeace, DFG/VK, Piratenpartei und regionalen Bürgerinitiativen gegen Atomanlagen, Fracking und CO2-Endlager zusammengefunden. In einem gemeinsam erarbeiteten Informationsblatt wurde - neben der grundsätzlichen Kritik an den sog. Freihandelsabkommen - anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, welche Auswirkungen diese Abkommen für Schleswig-Holsteiner haben könnten. Das Fazit: Konzerne profitieren – Menschen und Umwelt verlieren.

Zentrale Forderungen des Bündnisses sind:

•    TTIP, CETA und TISA-Verhandlungen sofort beenden und alle Dokumente    veröffentlichen!

•    Keine Sonderklagerechte für private Unternehmen!

•    Investitions- und Handelspolitik müssen an den Interessen der Bürger und an dem Schutz der Umwelt ausgerichtet werden!

•    Demokratie und Bürgerbeteiligung sind aus- und nicht abzubauen!

TTIP

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An sechs Orten in Kiel (Vineta Platz, Hörnbrücke, Europa Platz, Asmus Bremer Platz, Holstenbrücke und Dreiecksplatz) wurde am Vormittag mit Infotischen und Aktionen über die geplanten Abkommen aufgeklärt und es wurden Unterschriften unter der Bürgerinitiative gesammelt. Um 14.00 Uhr fand dann eine gemeinsame Abschlussveranstaltung auf dem Asmus Bremer statt, auf der aus unterschiedlichen Perspektiven begründet wurde, weshalb Widerstand gegen die geplanten Abkommen vonnöten ist -  insbesondere sei weitere Aufklärungsarbeit zu leisten und es wurde zur massiven Mobilisierung für die Unterschriftensammlung der Europäische Bürgerinitiative aufgerufen.

Zur Vorbereitung des Aktionstages hatte am 1.Oktober im Kieler Gewerkschaftshaus eine Informationsveranstaltung stattgefunden, auf der Frank Hornschu (DGB), Reiner Heyse (IG Metall) und Leo Mayer (isw, marxistische linke) über Hintergründe der sog. Freihandelsabkommen und über den Stand der aktuellen Auseinandersetzungen informierten. Die Moderation der Veranstaltung hatte Susanne Schöttke (ver.di - Geschäftsführerin) übernommen. 

Leo Mayer (isw– institut für sozial-ökologische wirtschaftsforschung, marxistische linke) gab einen Einblick in den gegenwärtigen Stand der Auseinandersetzungen um TTIP: Sigmar Gabriel hat die SPD-Linke auf dem SPD-Parteikonvent am 20. September ziemlich raffiniert ausgetrickst: Erst gewann er den neuen DGB-Vorsitzenden für TTIP, dann versprach er den Delegierten des SPD-Konvents Änderungen am Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada (CETA).  Dabei hatte die Bundesregierung das fertig verhandelte CETA mit Kanada an die Bundesländer bereits mit dem Hinweis verschickt, „umfassende Änderungsanträge“ seien „nicht mehr zielführend“. Denn auch die deutsche Regierung hat der EU-Kommission das Verhandlungsmandat für den Investorenschutz bei CETA übertragen hat.

Unterstützung holte sich der Parteivorsitzende, indem er dem Konvent vorschlug, die Verhandlungen auf Grundlage eines mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund erstellten Positionspapiers zu führen. So sollten »rote Linien« gezogen werden – gegen den Investitionsschutz und die Absenkung von arbeits- und verbraucherpolitischen Standards. Mit diesem „Gefälligkeitsdienst“ für die SPD-Führung hat sich der DGB in Kontrast zur IG Metall und zu ver.di – und zu seiner eigenen Beschlusslage - gebracht, die sich dafür ausgesprochen haben, die Verhandlungen zu TTIP sofort zu stoppen. Inzwischen haben IGM und ver.di noch einmal bekräftigt, dass die Verhandlungen zu TTIP sofort abzubrechen sind. Inzwischen fordert auch der DGB, dass CETA nicht unterzeichnet werden darf. Aber Fakt ist: Dieser Wechsel des DGB vom »So nicht« zum »Ja, aber« hat dazu beigetragen, dass die von Sigmar Gabriel befürwortete Fortsetzung der TTIP-Verhandlungen und CETA mit riesiger Mehrheit - 200 Delegierte bei sieben Nein-Stimmen und drei Enthaltungen – abgenickt worden ist.

Seiner Ansicht nach ist das jüngst von der EU und Kanada unterzeichnete Handelsabkommen CETA eine Blaupause für TTIP. Und so lasse CETA erahnen, was mit TTIP auf die Menschen zukäme. In der Öffentlichkeit drehe sich ein Großteil der Diskussionen um Hormonfleisch, Genmais, Chlorhühnchen. Nach seiner Ansicht lenken die Begriffe vom Kern des Abkommens ab - TTIP  werde vor allem die Arbeitsbedingungen in Europa verschlechtern, die Tarifautonomie einschränken und die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge vorantreiben. Noch gefährlicher sei ein geplanter Investorenschutz. Sollten sich Gesetze in einem Land ändern, könnten Konzerne, die dort investiert haben, vor einem Schiedsgericht und ohne Beteiligung der ordentlichen nationalen Gerichte klagen, weil ihnen möglicherweise ein erwarteter Gewinn entgeht. Das schwedische Unternehmen Vattenfall hat die Bundesrepublik bereits auf Grundlage eines internationalen Abkommens im Energiesektor verklagt – weil Deutschland den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat. Und das Canadian Center for Policy Alternatives kommt nach Studium des CETA-Vertragstextes zu dem Ergebnis, dass EU- Mitgliedsstaaten künftig sogar bei Bankenabwicklungen oder Schuldenschnitten haftbar gemacht werden könnten und gegenüber den Investmentfonds zu Schadenersatzzahlungen verpflichtet seien.

Frank Hornschu (DGB) unterstrich in seinem Beitrag, dass der DGB und seine Gewerkschaften zur breiten Beteiligung am europaweiten Aktionstag gegen TTIP aufriefen. Er räumte ein, dass das zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem DGB ausgehandelte gemeinsame Papier zu Anforderungen an Freihandelsgespräche „anfänglich zu einer gewissen Verwirrung  geführt“ hätte. Er verwies darauf, dass aus seiner Sicht das Papier „im Wesentlichen“ die Beschlusslage des DGB-Bundeskongresses vom Mai 2014 widerspiegele und somit ein weiterer „Baustein der Widerstands- und Protestbewegung“ gegen TTIP sei und dass Reiner Heyse (IG Metall) verwies in seinem Beitrag auf den jahrzehntelangen Kampf der Gewerkschaften und der sozialen Bewegungen gegen Freihandelsabkommen zu Lasten von Beschäftigten und Verbrauchern. Die erfolgreichen Kampagnen gegen MAI und ACTA zeigten, was internationaler Widerstand bewirken könne. Nun werde in Gestalt von TTIP/CETA/TISA ein neuer Versuch unternommen, die sozialen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte zurückzunehmen.

Am 23. Oktober führte das Bündnis "Meine Landwirtschaft Schleswig-Holstein" im Neuen Rathaus Kiel eine mit 150 Anwesenden sehr gut besuchte Informationsveranstaltung zu TTIP/CETA durch. Am Beispiel der Landwirtschaft und des Verbraucherschutzes wurden die Gefahren dieser geheim verhandelten Abkommen aufgezeigt. In seinem Grußwort outete sich Bürgermeister Todeskino (Grüne) als TTIP-Gegner, der sich durchaus vorstellen könne, dass die Kieler Ratsversammlung darüber berät, einen Anti-TTIP-Beschluss zu fassen, wie dies schon mehrere Kommunen getan hätten. 

Eine Einführung in das Thema TTIP/CETA mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft gab Jürgen Maier vom Bündnis "TTIP unfairhandelbar". Er hob hervor, dass ein Großteil des Vertragstextes (CETA) den Agrarbereich, die Zulassung von Chemikalien (z.B. in der Kosmetik) und die Dienstleistungen betrifft. „Das Ergebnis von TTIP wäre ein Wettlauf hin zu den niedrigsten Standards: Alle Versprechen, dass es diesen Wettlauf nach unten nichgt geben werde sind Makulatur. Denn die ganze Logik der 'regulatorischen Harmonisierung' zielt darauf ab, höhere Regulierungsstandards zu einem Wettbewerbsnachteil zu erklären und sie so auszuhebeln. Darum geht es im Kern bei diesem Projekt.“ Als zweiten Knackpunkt machte Maier das „Schiedsgerichtsverfahren“ aus. „Zur Erinnerung: TTIP bedeutet 'Transatlantic Trade und Investment Partnership', es geht also auch um den Schutz von Investoren. Jede Maßnahme, die ein ausländischer Investor als unfaire Behandlung oder indirekte Enteignung ausgibt, kann vor den geheim tagenden Schiedsgerichten angegriffen werden. Unter indirekter Enteignung kann dabei alles summiert werden, was geeignet scheint, die 'legitimen Gewinnerwartungen' der Konzerne zu reduzieren. Damit erhielten sie einen Freifahrtschein, Regierungen zu verklagen: Aktuelles Beispiel ist die Klage der Atom-Energiekonzerne gegen die Bundesregierung.“

Vertreter des Bundesverbandes deutscher Milchviehhalter, von der Landesvereinigung Ökologischer Landbau und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft führten konkrete Bespiele an, was sie auf die regionale Landwirtschaft zukommen sehen und was sie zu einem entschiedenen NEIN zu TTIP/CETA kommen lassen. Einzig Stefan Bock von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein wollte sich dieser einhelligen Kritik nicht anschließen, sondern sprach sich für „eine differenzierte Sichtweise“ der Freihandelsabkommen aus und plädierte für ein „Ja, aber“.

Auf jeden Fall hat die Bewegung gegen TTIP/CETA im Oktober in Kiel viel Schwung bekommen – Gemeinsam können wir es stoppen.               

(gst)

   

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