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2 Jahre Mindestlohn: 16 Prozent mehr Gastro-Jobs in Kiel
Unter 8,84 Euro geht nichts mehr
„Januar-Lohn-Check“ lohnt sich
Keine „Null-Tarif-Überstunden“: NGG warnt vor Lohn-Tricksereien durch Chefs. Ein „Cent-Lohn-Plus“ quer durch alle Jobs und Branchen, das einer Vollzeitkraft unterm Strich aber weit über 50 Euro pro Monat bringt. Egal, ob Küchenhilfe oder Verkäuferin im Backshop: Wer in Kiel vom Chef nur den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, verdient im Januar mehr Geld – und zwar 34 Cent pro Stunde. „Genau zwei Jahre gibt es den gesetzlichen Mindestlohn. Und jetzt ist er zum ersten Mal geklettert – auf 8,84 Euro“, sagt Finn Petersen von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Die NGG ruft alle Mindestlohn-Beschäftigten in Kiel auf, einen „Januar-Lohn-Check“ zu machen. „Sobald die Lohnabrechnung vorliegt, sollte jeder seinen Stundenlohn bis auf den letzten Cent nachrechnen. Die tatsächlich geleisteten Stunden und das Geld müssen dabei am Ende passen“, so Petersen. Der NGG-Geschäftsführer warnt zudem vor „Lohn-Tricksereien durch die Hintertür“: „Es ist eine beliebte Chef-Masche, die Menschen länger arbeiten zu lassen, die Überstunden dabei aber nicht zu bezahlen. Das ist illegal.“
Vom „Schreckgespenst Mindestlohn“ spricht keiner mehr, so die NGG Schleswig-Holstein Nord. „Auch Arbeitgeber, die vor dem gesetzlichen Mindestlohn als ‚Job-Killer‘ und ‚Konjunktur-Bremse‘ gewarnt haben, sind in der Realität angekommen und kleinlaut geworden. Der absolute ‚Pflichtlohn für den Chef‘ ist auch von den Arbeitgebern akzeptiert. Mehr noch: Er hat sich bewährt und dazu beigetragen, die ruinöse Dumpinglohnspirale nach unten zu stoppen“, sagt Finn Petersen.
Als Zwei-Jahres-Bilanz zum Mindestlohn hat die NGG jetzt eine Beschäftigungsanalyse vorgelegt. Dazu hat das Pestel-Institut in Hannover Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag der Gewerkschaft untersucht. Im Fokus dabei steht auch die Job-Entwicklung in Kiel. Ein Ergebnis: Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind mehr reguläre Arbeitsplätze entstanden. Schon Mitte vergangenen Jahres waren in der Landeshauptstadt 119.500 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – knapp vier Prozent mehr als zwei Jahre zuvor, als es den gesetzlichen Mindestlohn noch nicht gab.
Gerade Kieler Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten haben in der Mindestlohn-Phase mehr Personal eingestellt: Hier arbeiteten vor einem halben Jahr rund 3.190 Menschen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job. Im Vergleich zu 2014 macht das ein Plus von 15,6 Prozent.
Die NGG Schleswig-Holstein Nord hatte sich für den gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht. Der Gewerkschaft ging es dabei insbesondere auch um die Situation der Frauen. „Denn viele von ihnen wurden mit Niedrigstlöhnen abgespeist. Jetzt profitieren gerade sie von einem steigenden Mindestlohn“, sagt Finn Petersen. So seien in Kiel derzeit rund 50 Frauen weniger arbeitslos gemeldet als bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vor zwei Jahren.
Doch für Petersen ist beim Mindestlohn noch „deutlich Luft nach oben“. Der NGG-Geschäftsführer spricht sich für eine rasche Anhebung des untersten Lohnsockels aus: „Wir müssen Richtung 10 Euro pro Stunde – und dann weiter. Da werden wir dranbleiben. Denn alles unter einem Stundenlohn von 11,50 Euro ist Niedriglohnbereich. Und der bedeutet später Altersarmut.“
Finn Petersen
Geschäftsführer
der NGG-Region Schleswig-Holstein Nord