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Rassismus und Realitätsverlust

01. Juli 2018 Es ist schon atemberaubend, wie die CSU derzeit ihre Koalitionspartner vor sich her treibt  und nicht nur die Regierung sondern sogar die jahrzehntealte Allianz mit der CDU in Frage stellt. Atemberaubend, wie wenig Protest und Gegenwind es dagegen in den deutschen Medien gibt. Die Linke – sowohl die Partei als auch die breiteren außerparlamentarischen Milieus – scheint paralysiert, vielleicht auch, weil der Vorgang so unfassbar ist und man sich fragen muss, was Seehofer und Söder eigentlich wollen. Tatsächlich die AfD beerben und die Union sprengen? Und dafür auch noch die EU weiter in die Krise hinein treiben? Letzteres freilich im Verbund mit faschistischen und rechtsbürgerlichen Kräften diversen anderen Ländern. Man kann die EU als Lohnabhängiger schlecht lieben, aber so lange sich keine wirkliche soziale, demokratische und pazifistische Gegenmacht formiert, ist die Entwicklung ziemlich beängstigend. Die Alternative zur realexistierenden EU wird nämlich dann einfach noch mehr Nationalismus und noch mehr Rassismus in einer üblen Mischung mit wirtschaftlichem Niedergang sein.

Derweil zeigt die Hetze gegen Flüchtlinge und Einwanderer dieser Tage mal wieder ihre Funktion: Zeitungen und Funkmedien sind voll mit den Ausfällen der CSU-Politiker, während die wirklichen Probleme kaum Beachtung finden. Kaum einer spricht über die Katastrophe in der Pflege, die sich stetig weiter verschlechternden ärztlichen Versorgung, die verbreitete Kinderarmut, die Hungerrenten, die vielen von uns drohen, die Ausrüstung der Bundeswehr mit Drohnen, die vielen, vielen Menschen, die immer noch im Mittelmeer ertrinken, die Unterstützung der Bundesregierung (einschließlich der SPD) für den Terrorpaten und IS-Freund Recep Tayyip Erdogan. Keiner spricht über den Klimawandel, darüber, dass die Kohlekraftwerke möglichst schnell abgeschaltet werden müssten, keiner will etwas von der tiefen Existenzkrise wissen, auf die die deutsche Automobilindustrie – immerhin eines der Herzstücke des hiesigen Kapitalismus – zusteuert. Die Verweigerung der Herrschenden und Regierenden, sich mit den realen Problemen der Gesellschaft auseinanderzusetzen ist beängstigender denn je; und Gegenmacht von unten um so wichtiger.                      

  (wop)