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Iltisbunker:
„Das Denkmal und Kunstwerk darf nicht zerstört werden“
01. Oktober 2018 Auf einem Pressegespräch am 31.8. in der Räucherei übergaben Mitglieder der "Initiative zum Erhalt des Fassadengemäldes 'Revolution und Krieg' am Iltisbunker" Pressevertretern eine Presseerklärung und erläuterten Hintergründe und Zielsetzungen der Initiatoren. Zu Beginn gab Walter Ehlers eine Einführung über die politischen Hintergründe, die zur Erstellung des Gemäldes führten und beschrieb kenntnisreich die Bildmotive des Wandgemäldes.
Presseerklärung
"Das hochpolitische Kunstwerk wurde im Zeitraum 1988/89 von dem Künstler Shahin Charmi mit seiner ABM-Arbeitsgruppe erstellt. Vorausgegangen war ein intensiver öffentlicher Diskussions-und Auseinandersetzungsprozess, der letztendlich zu einer Akzeptanz sowie Realisierung dieses Werkes führte. Nach Fertigstellung zum 70-jähringen Jubiläum der Novemberrevolution erfuhr das imposante Fassadengemälde auch weit über Kiel hinaus viel Aufmerksamkeit und Anerkennung und entwickelte sich zu einem wichtigen Bezugspunkt der Erinnerungskultur sowie der Identifikation mit dem Matrosen- und Arbeiteraufstand.
Der im Zeitraum 2012 bis 2015 zwischen dem Künstler und der Stadt Kiel gestartete Versuch, zum hundertsten Jubiläum im Jahre 2018 eine gemeinsame Grundlage für eine Restaurierung bzw. Wiederherstellung des durch vernachlässigte Pflege, was durch die Stadt zu verantworten ist sowie durch Witterungseinflüsse lädierten Kunstwerks zu finden, scheiterte. So wie es unsere Initiative nach umfangreicher Recherche beurteilt, hat in erster Linie die Stadt Kiel diese bedauernswerte Entwicklung zu verantworten: sie wollte diese höchst anspruchsvolle Restaurierung auf low-cost-Basis durchführen lassen und setzte dabei auf die ehrenamtliche Tätigkeit Dritter unter Ausschluss des Künstlers . Diesem wurde öffentlich später unterstellt, eine Restaurierung sei aufgrund seiner zu hohen Honorarforderung nicht möglich, was Herr Charmi vehement bestreitet. Über ein konkretes Honorar sei zu keinem Zeitpunkt verhandelt worden.
Als nun im April/ Mai 2018 allmählich bekannt wurde, dass die Stadt Kiel unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit den Entschluss gefasst hatte, das Kunstwerk abtragen zu lassen – also zu zerstören- und durch ein anderes zu ersetzen, bildete sich spontan unsere Initiative zum Erhalt des alten Gemäldes. Die das imposante, über 600 qmÇ große Kunstwerk dominierende Rosa Luxemburg, die zu den konsequentesten Kriegsgegnerinnen und Kämpferinnen gegen die auf Revanche und Erhalt der alten Herrschaftsverhältnisse setzenden reaktionären Kreise gehörte, wurde - offensichtlich mit Wissen und Zustimmung von Noske und Ebert - am 15.Januar 2019 von dem Freikorp Garde-Kavallerie-Schützen-Division ermordet. Zum hundertsten Jubiläum des Matrosenaufstands soll sie auf Betreiben der Stadt nun erneut von der Bildfläche verschwinden ! Eine von der Stadt beauftragte Jury selektierte unter mehreren Eingaben drei Entwürfe, von denen durch einen kleinen Kreis Kieler Bürger mit unter zweihundert Stimmen das Werk des Künstlers Piotr Nathan “Ich hatte einen Schuss in der Milchkanne“ ausgewählt wurde.
Das Abstimmungsverfahren mit einer derart geringen Teilnahme (bei 250.000 Kieler Einwohnern) wurde als demokratischer Prozess gelobt , was nur als absurd beschrieben werden kann. Dass dieses Werk von Herrn Nathan, das kaum einen Bezug zur Novemberrevolution erkennen läßt, nun das alte Bild ersetzen soll, stellt eine Provokation aller geschichtsbewußten Bürger dar!
Unsere Initiative zum Erhalt des alten Fassadengemäldes entschloss sich daraufhin, das undemokratische Vorgehen der Stadt anzuprangern und durch das Sammeln von inzwischen über elfhundert Unterschriften den Erhalt des alten, mittlerweile denkmalschutzwürdigen Gemäldes von Shahin Charmi einzufordern. Die Stadt Kiel, die offensichtlich nicht einmal bereit ist, dieses Werk ohne Restaurierung einfach “ausleben“ zu lassen, reduziert sich bei der Erinnerung an die Novemberrevolution weitgehend auf den Demokratieanspruch, verstößt jedoch dabei, was die Durchsetzung ihres Zerstörungsplans angeht, in massiver Weise sogar selbst gegen diesen Anspruch. Bei den intensiven Diskussionen mit den Kielern über den Erhalt des Gemäldes “Revolution und Krieg“ waren wir als Initiative überrascht über den vielfältigen Zuspruch, den wir erhielten, und uns wurde dabei auch immer wieder bewusst, wie wichtig die Mahnungen , die die Novemberrevolution sowie das Gemälde in Hinblick auf Verelendung, Rechtsentwicklung , Ungleichheit, Kriegsgefahr und Krieg repräsentieren auch heute noch insbesondere für Kiel von Bedeutung sind: mit seinen vielen sozialen Problem, mit seiner boomenden Rüstungsindustrie bis hin zur Produktion von U-Booten für eine atomare Bewaffnung, mit seiner militaristisch ausgerichteten Kieler Woche , mit dem Ostuferhafen als einem Hauptumschlagplatz für Waffentransporte der Nato an die russische Grenze und einer Marine, die durch Beteiligung an spannungsverstärkenden Großmanövern , die eindeutig gegen Russland gerichtet sind, die Kriegsgefahr weiter erhöht."
Shahin Charmi schreibt an die Initiative
Liebe Leute,
Eure Bemühung ehrt mich und ist eine warme Bestätigung für die Entscheidung, die ich vor 30 Jahren getroffen habe, dieses leuchtende Moment an jenem Ort zu fixieren, der in seiner physischen Größe das deutlichste Mahnmal an Krieg und Zerstörung sein sollte. Ich finde, dass die Presseerklärung gut, sachlich und vor allem aufrichtig formuliert ist und wünsche Euch, dass morgen Eure Stimme die „stumpfen Schädel“ der Verantwortlichen erreicht. Es scheint mir, dass dieses Bildes auf seine Weise die Verkündung von Rosa Luxemburg durchlebt: „Die Revolution wird sich morgen schon rasselnd wieder in die Höh’ richten und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: Ich war, ich bin, ich werde sein!“ Ihr trägt das weiter.
Shahin