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Erklärung der bundesweiten ATTAC-AG „Globalisierung und Krieg“ zum
türkischen Angriffskrieg

Die bundesweite ATTAC-AG „Globalisierung und Krieg“ (BAG GuK) verurteilt die verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Bombardements im Rahmen der türkischen Militäroffensive ‚Claw-Lock‘ auf Nord-Syrien und den Nord-Irak und fordert eine klare Verurteilung auch seitens der Bundesregierung gegenüber dem NATO-Mitglied Türkei.

Die Türkei bombardierte am vergangenen Wochenende wieder Städte in Syrien und im Irak, darunter auch Kobanê, Shengal, Qamişlo sowie viele weitere Ziele in der Autonomen Administration Nord-Ostsyrien. Die Angriffe richten sich in Rojava gegen den gesamten 30 km tiefen und 700 km langen Grenzstreifen. Es ist eine groß angelegte Luftoperation, die nicht aus dem Nichts kommt.
Seit Monaten haben Erdogan und der türkische Staat angekündigt, einen neuen Angriffskrieg zu starten. Erst am 18.10.2022 waren von den kurdischen Volksverteidigungskräften (HPG) 17 Identitäten preisgegeben worden als vermutliche Opfer eines türkischen Giftgasangriffes. Auch die Organisation „Internationale Ärzt*innen zur Verhütung des Atomkrieges/Ärzt*innen in sozialer Verantwortung“ (IPPNW) berichtet von Indizien auf den türkischen Einsatz verbotener chemischer Waffen, die eine unabhängige Untersuchung durch die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) dringend erforderlich machen.(1)
Von den Angriffen sind laut Meldungen der kurdischen Nachrichtenagentur ANF nicht nur Guerillakämpfer*innen betroffen, sondern auch Zivilist*innen. Auch eine Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages kommt zu der Einschätzung, dass das „Rechtfertigungsnarrativ der Türkei sich völkerrechtlich als kaum tragfähig“ erweist.(2)
Bei den neuerlichen massiven Bombardements von Samstag- auf Sonntagnacht kamen wieder mehr als 30 Menschen ums Leben. Entgegen der Berichterstattung in den Hauptmedien, die hauptsächlich die transparenten Rechtfertigungsversuche des Erdogan-Regimes zitieren, galten die Angriffe eben weniger Stellungen der als terroristisch eingeordneten PKK, vielmehr zivilen Zielen wie Einrichtungen der Energie-, Gesundheits- und Nahrungsversorgung sowie Geschäften und Häusern. Etliche Zivilpersonen und ein Journalist sind nach verschiedenen Meldungen unter den Opfern.
Seit dem 24. Februar tönt uns täglich die Empörung über den Völkerrechtsbruch des russischen Angriffskrieges aus den Medien entgegen. Sicher nicht zu Unrecht. Nur: Was immer die Absichten Erdogans sein mögen, der Einsatz seiner Armee gegen die kurdische Bevölkerung im eigenen Land ist schlimm genug. Aber wo steht geschrieben, dass er das Recht hat, seine Armee jenseits eigener Staatsgrenzen einzusetzen? Wo bleibt die mediale Skandalisierung dieses erneuten Völkerrechtsbruches?
Die türkische Regierung nutzt den furchtbaren Anschlag in Istanbul vom 13. November, um die Angriffe zu begründen, obwohl die Hintergründe dieses Anschlags noch vollkommen ungeklärt sind. Angesichts dessen erscheint es als Farce, dass ausgerechnet die Bundesinnenministerin Faeser in die Türkei gereist ist, um mit ihrem türkischen Amtskollegen über „Terrorismusbekämpfung“ zu reden, obwohl wir genau wissen, dass diese der türkischen Regierung immer wieder als Vorwand dient, um kurdische Städte anzugreifen, um Oppositionelle zu inhaftieren und demokratische Parteien zu verbieten.
Apropos Terrorbekämpfung: Seit Jahrzehnten verbreiten türkische Regierungen Terror gegen die kurdische Bevölkerung, im eigenen Land sowie jenseits ihrer Staatsgrenzen. Deren Opposition und Selbstverwaltungsbestrebungen passen nicht ins grosstürkische Machtkalkül. Erdogan schreckt noch nicht einmal davor zurück, tatsächlich terroristische Kräfte aus den Reihen des IS für seine verbrecherischen Zwecke einzusetzen.
Aus dem gleichen Grund – Kampf gegen Opposition - erfolgen nun auch wieder Angriffe des Teheraner Regimes gegen Kurdengebiete im Nord-Irak. Die Beschwörung eines Feindes von außen ist eine uralte, transparente Taktik, von den eigenen Fehlentwicklungen im Inneren abzulenken.
Vor wenigen Wochen standen Frauen von den GRÜNEN bis zur CDU medienwirksam mit der Forderung Jin Jihan Azadi vor der Kamera, um sich mit den Frauen im Iran zu solidarisieren. Frauen – Leben – Freiheit, das ist der Ausruf der Frauen in Rojhilat, im Nordirak wie in Rojava, die dabei sind, ein zukunftsweisendes Gesellschaftsmodell aufzubauen und geholfen haben, den IS zu besiegen, aber nun gerade bombardiert werden.
Letzten Meldungen zufolge hat die türkische Regierung nun auch den Einsatz von Bodentruppen angekündigt.
Die deutsche Regierung muss ihr Schweigen endlich brechen und alle Angriffe auf Gebiete mit vorwiegend kurdischer Bevölkerung unmissverständlich verurteilen - eben gerade auch die ihres NATO-Partners Türkei.
Die BAG GuK fordert ein Ende der Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung und fordert den Stopp von Rüstungsexporten auch in die Türkei.
Die BAG GuK weist darauf hin, dass der entsprechende Luftraum unter Kontrolle der USA und (!) Russlands steht. Beide hätten die Macht, die Bombardements sofort zu beenden. Die BAG GuK steht solidarisch an der Seite der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten und ruft zur Teilnahme an Solidaritätsveranstaltungen in den nächsten Wochen auf.

Bundesweite ATTAC AG Globalisierung und Krieg, Frankfurt (Main), 28.11.2022
www.attac-netzwerk.de/ag-globalisierung-und-krieg

(1) IPPNW, Bericht v. 12.10.2022, vgl. www.heise.de/tp/features/Indizien-fuer-tuerkischen-Einsatz-verbotener-Chemiewaffen-7308222.html
(2) www.bundestag.de/resource/blob/896494/ffc70eb3fc4286a190efaebf52509eb9/WD-2-031-22-pdf-data.pdf

   

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