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Auf dem Weg zur Revolution (VII)

November-Gedanken mit Tucho

Unsere kleine Reihe „Auf dem Weg zur Revolution“ hat die geneigten LeserInnen bis in die letzten Oktobertage des Jahres 1918 geführt. Die Ereignisse in Kiel in den ersten Tagen des November, als sich nach der genialen Idee der Marineleitung, die Schiffe mit den meuternden Matrosen aus der Nordsee nach Kiel zu verbringen, die Soldaten mit den Arbeitern zusammentaten und das Signal zur deutschen Revolution gaben, sind noch nicht dargestellt worden – und werden auch an dieser Stelle nicht geschildert. Sie werden sicher umfangreich beleuchtet auf der Veranstaltung der Kommunistischen Partei am 8. November.

Darüber wird die „LinX“ berichten, und auch die Ereignisse vom November 1918 bis mindestens Januar 1919 und ihre Auswirkungen werden hier noch behandelt. „Bitte, wenn irgend möglich, hervorragenden sozialdemokratischen Abgeordneten hierherzuschicken, um im Sinne der Vermeidung von Revolution und Revolte zu sprechen“, hatte der Kieler Gouverneur Souchon am 3. November 1918 nach Berlin depeschiert. Der Herr Noske, der dann kam, konnte das Übergreifen der revolutionären Bewegung aufs Reich zwar nicht mehr verhindern, gelangte aber aufgrund der mangelnden Zielklarheit der Arbeiter und Soldaten in kurzer Zeit an die Spitze des Soldatenrats und begann dort seine konterrevolutionäre Tätigkeit, die ihn schließlich zum „Bluthund“, zum blutbesudelten Schlächter revolutionärer ArbeiterInnen und Soldaten werden ließ. Zehn Jahre danach bilanzierte Kurt Tucholsky, der den Ereignissen des Jahres 1918 in seiner Enttäuschung über die nicht genutzten Möglichkeiten die Bezeichnung „Revolution“ gar nicht recht zuerkennen mochte: „Wir sind eine Republik. Mit Hilfe der Sozialdemokraten Halten wir uns die alten Kommisssoldaten – Die Revolution findet wegen schlechten Wetters im Saale statt – Wohl dem, der solch eine Republike hat! Immer hinein! Eintrittsgeld nach Belieben! Wir haben die Firma gewechselt. Aber der Laden ist der alte geblieben.“ Die Frage: „Was würden Sie tun, wenn Sie die Macht hätten?“, beantwortete Tucholsky 1928 so: „Für wen habe ich die Macht? Eine persönliche Diktatur gibt es nicht, sie ist ein Bürgertraum. Hätte ich die Macht mit den kommunistischen Arbeitern und für sie, so scheinen mir dies die Hauptarbeiten einer solchen Regierung zu sein: - Sozialisierung der Bergwerke; - Sozialisierung der Schwerindustrie; - Aufteilung des Großgrundbesitzes; - Absetzung der Länderbürokratie; - Radikale Personalreform in der Justizverwaltung; - Personalreform auf Schulen und Universitäten; - Abschaffung der Reichswehr; - Schaffung eines sittlichen Strafgesetzes anstelle jenes in Vorbereitung befindlichen kulturfeindlichen Entwurfs; - Steuerliche Erfassung der Bauern. Ich glaube, dass im Volk viele Kräfte schlummern, die heute von den Juristen und den uns regierenden Bürovorstehern abgetötet und in der Entwicklung gehemmt werden – mit diesen unverbrauchten Kräften ist auch dann viel zu erreichen, wenn sie ‚die Bestimmungen nicht kennen’, was ihre Kraft ausmacht. Die von mir genannten Ziele, die heute verlacht werden, weil sie die Wahrheiten von morgen sind, lassen sich nicht auf evolutionärem Wege erreichen – nötig wäre dazu die Revolution, deren Terminologie heute kompromittiert sein mag. Ihre Idee ist unbesiegbar.“„Die deutsche Revolution steht noch aus“, schrieb Tucholsky im selben Jahre in seinem Aufsatz „November-Umsturz“: „Bereiten wir sie gegen alle jene Parteien vor, die ein wirtschaftliches oder ideologisches Interesse haben, sie zu verhindern – die gefährlicheren unter ihnen sind die, die so tun als ob – und die unter alten Flaggen neue, aber verfaulte Ware verkaufen: überaltert, feige, verloren und seelisch korrupt.Gesetze fallen nicht vom Himmel. Erst, wenn dem Deutschen die revolutionäre Idee über das Gesetz, über die Be- stimmung und über seine eigene Nichtigkeit geht, werden wir einen 9. November erleben, der keinen Noske, keinen Ludendorff und keinen Otto Wels übrig lässt. Nieder mit den lebenden Leichnamen!

Es lebe die Revolution!“

In diesem Sinne…

 

D.L.

   

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