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Unbefristeter Streik im Sozial- und Erziehungsdienst
01. Juni 2015 Seit dem 8. Mai befinden sich die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst bundesweit im unbefristeten Streik. Nachdem in fünf Verhandlungsrunden keinerlei positive Entwicklung für die Beschäftigten erkennbar war, haben sich die ver.di-Mitglieder in einer Urabstimmung mit überzeugender Mehrheit für einen unbefristeten Streik ausgesprochen. Der Sozial- und Erziehungsdienst umfasst dabei eine wesentlich breitere Gruppe von Tätigkeiten als lediglich pädagogisches Personal in Kitas. Von den Streiks sind genauso betroffen die Sozialzentren, Betreuungseinrichtungen für Jugendliche oder behinderte Menschen, offene Ganztagsschulen, Schulsozialarbeiter.
Lautstark - mit Trillerpfeifen, Fahnen und Transparenten ausgestattet - zogen in Kiel am ersten Streiktag 650 Kolleg*innen aus dem Sozial- und Erziehungsdienst durch die Kieler Innenstadt. Am 18. Mai fand eine Kundgebung mit Streikenden aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg Vorpommern in Lübeck mit über 1.500 Teilnehmern statt. Seit dem 8. Mai treffen sich jeden Tag ca. vier bis fünfhundert Streikende im Kieler Gewerkschaftshaus, diskutieren über ihre Arbeitsbedingungen und beraten über das weitere Vorgehen.
Wir sind solidarisch an eurer Seite!
Beschäftigte aus verschiedenen Kinderhäusern vom AWO Kreisverband Kiel, von Pädiko, dem Kieler Fenster, aus Evangelischen-und DRK-Kitas sowie der Lebens- und Werkgemeinschaft Grebinsrade haben ihre Solidarität mit den streikenden Kolleg*innen bekundet. Ein ver.di-Aktivenplenum im Kieler Gewerkschaftshaus am 9. Mai bot den Rahmen für einen Austausch zwischen streikenden Kolleginnen und Kollegen des Öffentlichen Dienstes und deren Kolleginnen und Kollegen, die zwar ebenfalls im Sozial- und Erziehungsdienst tätig sind, allerdings bei freien oder christlichen Trägern, die von der laufenden Tarifrunde nicht direkt betroffen sind. Dort wurde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: "Wir sind an eurer Seite"! Alle Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst verdienen eine Aufwertung ihrer Arbeit. Die Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst machen jetzt den Anfang. Wichtig ist auch, dass sich die Eltern und die Öffentlichkeit solidarisch mit den Erzieherinnen und Erziehern sowie Sozialpädagogen zeigen.
Die Forderungen von ver.di und GEW:
ver.di und GEW fordern eine finanzielle Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe, durch die Neuregelung der Eingruppierungsvorschriften und Tätigkeitsmerkmale. Dies würde für die rund 240.000 Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst zu Einkommensverbesserungen von durchschnittlich zehn Prozent führen. Zum kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst gehören unter anderem Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagogen, Fachkräfte für Arbeits- und Berufsförderung, Kinderpflegerinnen sowie Heilpädagogen. Indirekt profitieren von einem Tarifergebnis mit den kommunalen Arbeitgebern auch die mehr als 500.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst bei freien und kirchlichen Trägern. Die Forderungen im Einzelnen lauten:
• Statusverbessernde Einkommenserhöhungen für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst durch Neuregelung der Eingruppierungsvorschriften und der Tätigkeits-merkmale innerhalb der S-Tabelle im Umfang von durchschnittlich 10 Prozent.
• Zusätzliche Verbesserungen für die Behindertenhilfe.
• Zwingende Anerkennung aller Vorbeschäftigungszeiten bei der Stufenzuordnung.
• Belegbare Plätze, Gruppenanzahl und Beschäftigtenzahl als alternative Heraushebungs-kriterien für die Kita-Leitungen.
• Verbesserung der Eingruppierung bei nicht erfüllter Formalqualifikation (z.B. bei Einsatz von Sozialassistentinnen als Erzieherinnen)
Die kommunalen Arbeitgeber haben sich bislang stur verhalten, die Forderungen der Gewerkschaften seien "nicht bezahlbar", heißt es stereotyp in ihren Erklärungen. Die starre Haltung der Kommunen ist erklärbar. Die Hauptverantwortlichen dafür, dass den Städten und Gemeinden das Geld fehlt, um Erzieherinnen, Erziehern, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern mehr zu zahlen, sitzen in Berlin: Die Bundesregierung hat mit ihrer Politik, in der "die Schwarze Null" und die "Schuldenbremse" Dreh- und Angelpunkte ihrer sozialfeindlichen Austeritätspolitik sind, die Kommunen in diese missliche Lage gebracht. Die Erzieherinnen sind berechtigterweise nicht länger bereit, die Suppe dieser falschen Politik auszulöffeln.
Kieler Treffpunkt während des Streiks ist an jedem Arbeitstag um 8.00 Uhr das Gewerkschaftshaus (Legienstrasse 22). Dort finden beim Streikfrühstück auch die laufenden Aktionsplanungen statt.
(gst)