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Climate Emergency:
23-Punkte-Programm für mehr Klimaschutz in Kiel
Dreistellige Millionen-Investitionen werden in Gang gesetzt
Oberbürgermeister Ulf Kämpfer und Stadträtin Doris Grondke schlagen für die Landeshauptstadt Kiel ein 23 Punkte umfassendes Programm für mehr Klimaschutz vor. Ziel ist es, die Klimaneutralität schneller zu erreichen. Die Ratsversammlung hatte im Mai eine Resolution zum „Climate Emergency“ beschlossen und die Verwaltung beauftragt, ein solches Programm vorzulegen. Auf ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause, am 22. August, wird sich die Selbstverwaltung mit den aktuellen Vorschlägen befassen.
„Die Landeshauptstadt Kiel ist Klimaschutzstadt“, sagt OB Kämpfer. „Von den 250 Maßnahmen aus unserem Masterplan 100% Klimaschutz sind nach etwa anderthalb Jahren schon 119 in der Umsetzung oder sogar schon abgeschlossen. Die aktuellen Prognosen der Klimaforscher treiben uns alle jedoch zur Eile. Wir wollen nicht erst 2050 die Klimaneutralität erreichen, sondern sofort alle Schritte einleiten, die in unserer Macht stehen, um die Klimaneutralität eher zu erreichen. Das sind wir unseren nachfolgenden Generationen schuldig.“ Kiels Oberbürgermeister weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Stadt die Klimaneutralität nur erreichen kann, „wenn es einen Konsens in der Stadtgesellschaft über die dringend notwendigen Maßnahmen und Schritte sowie ein gemeinsames Handeln gibt. Jede und jeder Einzelne, die Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch Land und Bund sind gefordert, damit wir gemeinsam die Klimaneutralität schon vor 2050 erreichen.“ Das neu eingerichtete Gremium „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“ mit Vertretern aus Wirtschaft, Institutionen, Selbstverwaltung und Verwaltung ist dafür ein wichtiges Instrument.
Zum 23-Punkte-Programm gehören folgende Maßnahmen:
Ausstieg aus der Kohle
Eine wesentliche Forderung der Fridays-for-Future-Bewegung wurde in Kiel bereits eingelöst: der Ausstieg aus der Kohle. Mit dem Bau des neuen Gasturbinenkraftwerkes, einer Investition von rund 290 Millionen Euro der Stadtwerke Kiel AG, kann die Stadt das Klimaschutzziel von 2020 aller Voraussicht nach erreichen. Die CO2-Emissionen werden um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 reduziert.
Mehr erneuerbare Energie
Kiel will auch die Erzeugung erneuerbarer Energien im Stadtgebiet erhöhen. Über ein Energieverbundprojekt gemeinsam mit der KielRegion und dem Land soll noch schneller eine Antwort auf die Frage gefunden werden, wie das Gasturbinenkraftwerk durch erneuerbare Energien betrieben werden kann.
„Der Einsatz von erneuerbaren Energien gewinnt höchste Priorität“, sagt Doris Grondke, Stadträtin für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt: „Dort, wo kein Anschluss an das Fernwärmenetz wirtschaftlich darstellbar ist, soll verpflichtend die Nutzung erneuerbarer Energien geprüft werden, beispielsweise Wärmepumpen oder Nahwärmenetze, die sich aus erneuerbaren Energien speisen.“
Photovoltaik auf städtischen Dächern
Der Ausbau erneuerbarer Energien soll gefördert werden, indem auf allen städtischen Dachflächen, auf denen es technisch möglich ist, Photovoltaik-Anlagen errichtet werden. Auch Freiflächen sollen für die Nutzung erneuerbarer Energien geprüft werden.
Energetische Gebäudesanierung und Energieeffizienz im Neubau
Bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen von städtischen Liegenschaften, bei denen ein Anschluss an die Kieler Fernwärmeversorgung nicht möglich ist, wird künftig eine Wärmeversorgung durch regenerative Energien obligatorisch geprüft. Bei bereits im Bau befindlichen Neubau- und Sanierungsvorhaben ist zu prüfen, ob regenerative Energieerzeugungsanlagen noch nachträglich eingesetzt werden können. Städtische Gebäude – wie das Betriebsgebäude des ABK – sollen mustergültig energetisch saniert werden und damit Vorbild für weitere Bauprojekte sein.
Steigerung der Energieeffizienz in Großanlagen
„Großanlagen in Kiel leisten ihren Beitrag zum Klimaschutz. Das nahezu energieautarke Klärwerk Bülk, die bundesweit effizienteste Müllverbrennungsanlage, aber auch die in diesem Jahr eröffnete Landstromanlage des Seehafens Kiel zeigen, dass die Landeshauptstadt im bundesweiten und internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle einnimmt“, so Doris Grondke.
Energieeffiziente Beleuchtung
Die Stadt will zusätzlich über ein LED-Beleuchtungsprogramm, die verpflichtende Beschaffung energieeffizientester Geräte, die Reduzierung des Stromverbrauchs in Rechenzentren sowie Stromsparkampagnen für Haushalte ihre Anstrengungen erhöhen und den Stromverbrauch in Verwaltung und Privathaushalten weiter senken.
Diese Maßnahmen können durch bundesweite Förderprogramme finanziell unterstützt werden. Seit Beginn der Umsetzung des Masterplans 100% Klimaschutz akquirierte das Klimaschutzteam bereits Fördermittel in Höhe von circa 3,5 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen im Stadtgebiet.
„Wir stellen selbstverständlich auch eigene Mittel ein. Für den eigenen Handlungsbereich soll der Etat des Innerstädtischen Contractings im Jahr 2020 auf 750.000 Euro erhöht werden. Mit diesem bewährten Instrument werden Klimaschutzmaßnahmen über einen Zeitrahmen von zehn Jahren finanziell unterstützt. Außerdem soll zur Finanzierung der Effizienzmaßnahmen in privaten Haushalten der Klimaschutzfonds ausgeweitet werden“, erläutert Grondke.
Mehr Tempo in der Mobilitätswende
Mit dem Masterplan Mobilität der KielRegion und dem Green City Plan für die Landeshauptstadt Kiel zur Gestaltung nachhaltiger und emissionsfreier Mobilität hat sich die Stadt längst auf den Weg zur Mobilitätswende gemacht. Ein wichtiger Baustein ist dabei der konsequente Ausbau des ÖPNV, beispielsweise durch die Erneuerung der Busflotte der KVG (Einsatz von Hybridbussen mit Anschaffungskosten von insgesamt 12,8 Millionen Euro) und die Umsetzung des E-Bus-Konzeptes (allein in Stufe 1 die Anschaffung von E-Bussen für 32 Millionen Euro mit 7 Millionen Euro für die dazugehörende Infrastruktur) sowie ergänzend die umweltfreundliche Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge für 550.000 Euro.
Dafür sind auch der Umbau und die Sanierung der städtischen Busbetriebshöfe (circa 32 Millionen Euro) notwendig sowie die Elektrifizierung von vier Busendhaltestellen mit der Aufstellung von Pantographen, an denen die Busse geladen werden können.
Auch die Schiffsflotte der SFK soll auf den beiden Linien F1 und F2 erneuert werden. Dabei setzt man auf umweltfreundliche Antriebe und den Ausbau der Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder (zunächst vier „Fördedampfer“ sowie eine E-Fähre für die Schwentinelinie mit circa 20 Millionen Euro Investitionsvolumen).
All diese Maßnahmen umfassen schon zum jetzigen Zeitpunkt eine Investitionssumme von fast 100 Millionen Euro. Insgesamt werden aber auch Förderungen des Bundes in Höhe von voraussichtlich 20 bis 30 Millionen Euro erwartet.
Weiterhin sind die Förderung des Rad- und des Fußverkehrs oder die Einrichtung von Mobilitätsstationen zu nennen. Im 23-Punkte-Programm sieht die Stadt nun eine beschleunigte Radwegesanierung vor sowie die Umwandlung von Fahrstreifen des Kfz-Verkehrs zugunsten des Radverkehrs, einen Ausbau der Fahrradinfrastruktur sowie eine Neuordnung der Parkraumbewirtschaftung.
In der Stadtverwaltung sollen durch ein betriebliches Mobilitätsmanagement die Transportwege nachhaltiger werden. E-Fahrzeuge werden obligatorisch und mit Car-Sharing und Diensträdern sollen die Dienstfahrten optimiert werden.
OB Kämpfer sieht die Landeshauptstadt Kiel bei der Mobilitätswende auf einem guten Weg: „Die Maßnahmen aus dem 23-Punkte-Programm sind noch nicht abschließend, sie stellen einen weiteren Schritt bei der Umstellung der verkehrlichen Infrastruktur und der Organisation von Mobilität dar und ergänzen unsere bisherigen Aktivitäten. Mit der Umsetzung des Beschlusses für ein hochwertiges trassengebundenes ÖPNV-System für Kiel werden wir den erforderlichen Quantensprung auch bei der Mobilitätswende erreichen.“
Verwaltung stärkt Klimaschutzstrukturen
Weiterhin sieht das 23-Punkte-Programm vor, dass die Ratsversammlung bei allen relevanten Beschlüssen die Auswirkungen auf das Klima berücksichtigt. Hierzu sollen Leitlinien aufgestellt werden, nach denen die Beschlüsse beurteilt werden können.
Ein nachhaltiges Beschaffungswesen soll gestärkt werden und die guten Erfahrungen während der Kieler Woche mit einem nachhaltigen Veranstaltungsmanagement sollen auf alle städtischen sowie externen Events ausgeweitet werden. Das Gremium, das zur Umsetzung des Masterplans 100% Klimaschutz eingesetzt wurde, wird mit weiteren Mitgliedern aufgestockt und der Sitzungsturnus verstetigt.
Neue Stellen in der Verwaltung
Um die Ziele des vorgeschlagenen 23-Punkte-Programms für den Klimaschutz voranzutreiben und die Umsetzung zu koordinieren, sollen neue Stellen, unter anderem in der Klimaschutzabteilung des Umweltschutzamtes und im Verkehrsbereich, eingerichtet werden. Damit sollen unter anderem die gemeinsamen Aktivitäten mit allen Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft noch intensiver koordiniert und gestärkt werden.
„Kiel packt an“ –
Klimaschutzwerkstatt
Bereits vom 20. bis 22. September wird eine breit angelegte öffentliche Klimaschutzwerkstatt unter dem Titel „Kiel packt an!“ stattfinden. Ziel des Klimawochenendes ist es, konkrete Maßnahmen aus dem Masterplan 100% Klimaschutz festzulegen, die von einer breiten Öffentlichkeit getragen und gemeinsam umgesetzt werden.
Forderungen an Bund und Land
Die Stadt sieht aber auch das Land und den Bund in der Verantwortung, mehr für den Klimaschutz zu tun. Die städtischen Initiativen enden dort, wo die gesetzlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen zu hohe oder nicht überwindbare Hürden aufbauen. „Wie bereits in unserem Masterplan 100% Klimaschutz formuliert, brauchen wir eine Bepreisung von CO2-Emissionen, damit deutliche Anreize an die Wirtschaft und die Verbraucher gesendet werden. Damit würden viele unserer Maßnahmen wesentlich leichter und schneller umsetzbar sein. Ich denke da nur an unsere Energiequartiere in der Stadt, in denen wir schon heute eine intensive Beratung anbieten“, so Oberbürgermeister Ulf Kämpfer. Er verweist auch auf viele andere Kieler Maßnahmen über das 23-Punkte-Programm hinaus, die bereits auf den Weg gebracht sind. „Ich denke da an unsere neue SprottenFlotte, an das vollelektrische Fahrgastschiff für die Schwentinelinie oder unsere Anstrengungen zur Einführung des Ein-Euro-Tickets im ÖPNV.“ In die gleiche Richtung zielen die Pläne zur Stärkung des Job-Tickets für städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für Beschäftigte weiterer Betriebe in der Stadt, um Pendlern den Umstieg auf den ÖPNV zu erleichtern.
Hier finden Sie den Masterplan 100% Klimaschutz: https://www.kiel.de/de/umwelt_verkehr/klimaschutz/masterplan100prozentklimaschutz/index.php
oder unter: www.kiel.de/klimaschutz
Quelle: 6.8.2019, Presseerklärung der Landeshauptstadt Kiel, Pressereferat; Pressesprecherin Kerstin Graupner