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Stadthaushalt Kiel 2020: 

Jedenfalls tiefer ins Schuldenloch

Der neue Stadtkämmerer Christian Zierau hat jetzt auch entdeckt, dass es mit dem Haushalt der Stadt Kiel gar nicht so rosig aussieht. Das Haushaltsplus aus dem Jahr 2018 war bejubelt worden, weil trotz erwarteten Defizit ein Überschuss von 42,8 Mio. herauskam. Vermutlich handelte es sich um unerwartete Gewerbesteuereinnahmen, aber Genaues wird ja nicht verraten. Jetzt ist klar geworden, dass es sich um einen einmaligen Vorgang gehandelt hat. Besonders schmerzlich sind ausfallende Gewerbesteuereinnahmen, wenn z.B. große Finanzinstitute abgewickelt werden oder große Firmen ihren Hauptsitz verlegen usw. Klar ist nur, dass einige wenige Betriebe den größten Anteil zahlen. Welcher Betrieb aber wieviel Gewerbesteuer in Kiel zahlt, bleibt ein Geschäftgeheimnis.

Anfang des Jahres hatten wir in der LinX, Februar 2019 die jahrzehntelange Unterfinanzierung des Stadthaushalt mit Zahlen dargestellt und vorausgesagt, dass die Gesamtverschuldung in diesem Jahr die Milliarden-Grenze überschreiten wird. Die Stadt ist tatsächlich seit ca. 20 Jahren dauerhaft unterfinanziert. Trotzdem wurde der Haushaltsabschluss bejubelt und die tatsächliche finanzielle Lage der Stadt schöngeredet. 

Aber das ist jetzt anscheinend vorbei. Im aktuellen Haushaltsergebnis von 2019 steht die Gesamtverschuldung für Ende 2019 bei 1.112.400.000 Euro (1,112 Mrd.) und ein positiver Haushaltsabschluss für die Jahre 2020-2022 wird nicht erwartet. Im Gegenteil, es wird mit einem Defizit von ca. 180 Millionen gerechnet. Ursache sei der Rückgang der Schlüsselzuweisungen aufgrund der guten Steuerlage der Landeshauptstadt (also wirken sich zu viel Gewerbesteuereinnahmen auch schlecht aus).

Erwartet wird weiterhin, dass Mehrbelastungen für die Kommunen zu erwarten sind, z.B. sind wegen „Aufwendungen im Bereich der sozialen Hilfen in ihrer Struktur und Höhe aufgrund der Änderungen durch das neue Bundesteilhabegesetz und durch das zweite und dritte Pflegestärkungsgesetz“ hohe Unsicherheiten und steigenden Kosten zu erwarten.

In Anbetracht der schlechten Haushaltsentwicklung will der Stadtkämmerer jetzt eine neue Finanzstrategie vorlegen und „die Zügel anziehen“. Aber das ist bekanntlich nicht neu, sondern bedeutet Kürzungen. Der Personalzuwachs soll auf max. 50 neue Stellen pro Jahr begrenzt werden, der hohe Krankenstand soll reduziert werden durch „Gesundheitsmangement“ und es soll alles effizienter und besser geplant werden. Die Eigenbetriebe sollen mehr Eigenwirtschaftlich werden und es soll wie überall „nachhaltig“ werden. Das größte Problem wird dabei sein, dass Herr Zierau auch an die freiwilligen Zuwendungen der Stadt ran will. Das trifft dann vor allem die Verbände und Vereine, Kultur, Freizeit und Sport und all das, wo etwas bei den Menschen in der Stadt direkt ankommt.

Aber der kommunale Kassenwart will auch Bund und Land in die Pflicht nehmen. „Was Bund und Land der Stadt aufbürden müssen sie auch bezahlen und strukturell sichern.“ soll er den KN gesagt haben. Möglicherweise hat er erkannt, wo die wirklichen Ursachen dieser Verschuldung liegen. „Der Großteil der Erträge ergibt sich aus Mitteln aus dem kommunalen Finanzausgleich (21,4%), aus den Kostenerstattungen und Kostenumlagen (19,6%) sowie aus der Gewerbesteuer (15,7%).“ Tatsächlich bekommt die Stadt aus der Einkommens- und Umsatzsteuer nur 13,1 %. Hier liegt der Hase im Pfeffer: Die Kommunen werden vom Bund geradezu ausgehungert. Der Anteil müsste mindestens auf 20 % gesteigert werden, damit die Städte und Gemeinden mit den steigenden Ausgaben klar kommen. Darüberhinaus müssten die Städte entschuldet werden, denn wer glaubt denn wirklich, dass die Stadt Kiel, ihre Bürger und Betriebe eine Milliarde Euro erwirtschaften können, um die Stadt von den Schulden zu befreien? In der nächsten Ausgabe der LinX werden wir den Haushalt etwas genauer betrachten und wollen sehen, wie sich das mit den nötigen Investitionen darstellt. (uws)

Letzter Artikel zum Kieler Stadthaushalt 2018 in der LinX Februar 2019 siehe hier: 02-2019 Kieler Stadthaushalt 2018