Beiträge
Düsternbrook:
Kiel braucht kein Wohlstandsghetto!
Die Motivation dieses Antrages liegt in den zunehmenden Beschwerden der eigenheimbesitzenden Bewohner von Düsternbrook, bezüglich einer „eklatanten funktionalen wie baulichen Veränderung des Quartiers“. Die Nachfrage nach dieser Wohnlage würde zu einer extremen baulichen Verdichtung führen. Ziel müsse es sein beispielsweise mit einem Bebauungsplan Düsternbrook als gehobenes Wohnviertel mit grünem Naherholungscharakter zu erhalten. Der Schutz der Villenbebauung gilt dem Bürgermeister hier als wichtiges Naturschutzziel. ...
Aber nicht nur aus dieser polemischen Sicht ist der Antrag politisch fragwürdig. Wirft man einen Blick in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept der Stadt Kiel von 2010 erscheint auch die Stoßrichtung falsch. Dort wird auf Seite 16 festgestellt, dass Kiel von dem Problem der sozialräumlichen Polarisierung betroffen ist. Vereinfacht gesagt heißt das, dass in Düsternbrook die Villenbesitzer wohnen und in Gaarden die Transferleistungsbezieher gesammelt werden. Auf Seite 73 wird festgestellt, dass es einen katastrophalen Engpass an preisgünstigem Wohnraum in der Stadt gibt. Nimmt man beide Sachverhalte zusammen, ergibt sich die Erkenntnis, dass der vorhandene, günstige Wohnraum ungleich über das Stadtgebiet verteilt ist. Vor diesem Hintergrund scheint die Forderung von Seite 72, dass gerade im innerstädtischen bzw. innenstadtnahen Bereich Wohnbebauung stattfinden muss logisch. Offensichtlich bietet Düsternbrook dazu noch Potenzial.
Die Einsicht müsste sein, dass es wichtig ist, dass in Düsternbrook eine Nachverdichtung stattfindet. ... Das heißt, es müsste diskutiert werden, wie die derzeitige Entwicklung des Stadtteiles so beeinflusst werden kann, dass dort neuer Wohnraum entsteht, der aber nicht wie bisher vor allem im gehobenen Segment bis hin zu Eigentumswohnungen zu verordnen ist. Nur so bekommt man die gesamtstädtische Problemlage, dass einzelne Quartiere zu verelenden drohen, in den Griff. ... Es darf in Kiel weder Wohlstandsghettos noch Armenquartiere geben! Wenn Menschen benachteiligter sozialer Klassen in einzelnen Stadtteilen gesammelt werden, wird das Empfinden der relativen Armut gesteigert, die Bereitschaft gesellschaftlichen Übereinkünften, Normen und Werten zu folgen sinkt. Wer beständig signalisiert bekommt, dass er an der Gesellschaft nicht teilhaben darf; wer tatsächlich auch räumlich seine Ausgrenzung erfährt, neigt eher dazu sich von der Gesellschaft abzuwenden.
Ein von mir für DIE LINKE im Ortsbeirat eingebrachter Änderungsantrag wurde verworfen, weil angeblich nicht durchführbar. Es wurde so dargestellt, als wäre die Forderung des Antrages morgen in Düsternbrook mehrere sozialistische Plattenbauten zu errichten. Dabei war die Intention nur, dass wir anstatt über die Besitzstandswahrung und den Status quo eines noblen Stadtteiles zu diskutieren, eher darüber reden, wie wir eine verträgliche Nachverdichtung bewerkstelligen können, grade auch aus gesamtstädtischer Sicht. ... Der offensichtliche Handlungszwang wird in der Kieler Politik beständig ignoriert, obwohl das Integrierte Stadtentwicklungskonzeptes feststellt: Der Wohnungsmarkt versagt.
Das freie Spiel von Angebot und Nachfrage hat keinen sozialen Verstand. Das blanke Profitstreben ist mit hohen gesellschaftlichen Kosten verbunden. Die Politik muss aktiv und umfassend in das Marktgeschehen eingreifen, um die Folgekosten zu begrenzen. Letztlich aber haben die Menschen in dieser Stadt schlicht ein Recht auf ganz Kiel und nicht nur auf einzelne Stadtteile!